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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer, den Hofrat Dr. Sutter und die Hofrätin Dr.in Sembacher als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des B A, vertreten durch Dr. Patrick Swoboda, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Tuchlauben 11/18, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. September 2019, I422 2223225-1/4E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber stellte am 10. Februar 2019 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er zusammengefasst damit begründete, aus Ghana zu stammen und dort landesweit von einem einflussreichen Politiker verfolgt zu werden, weil er dessen Sohn geschlagen habe.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) führte eine Einvernahme des Revisionswerbers durch, in welcher dieser Fragen zu der Währung, dem Präsidenten, den Landessprachen, der innerstaatlichen Gliederung, den Telefonanbietern, Fernsehsendern und Feiertagen hinsichtlich Ghanas nicht oder nicht vollständig beantworten konnte. Auf dieser Basis sowie aufgrund einer durchgeführten Sprachanalyse stellte das BFA fest, dass der Revisionswerber aus Nigeria stamme und wies dessen Antrag mit Bescheid vom 1. August 2019 zur Gänze ab. Unter Einem erteilte es keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte die Zulässigkeit der Abschiebung des Revisionswerbers nach Nigeria fest, legte keine Frist für die freiwillige Ausreise fest und erkannte einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig.
4 Begründend schloss sich das BVwG im Wesentlichen der Beweiswürdigung des BFA an und kam - so wie dieses - zu der Feststellung, der Revisionswerber stamme nicht aus Ghana, sondern aus Nigeria. Ergänzend führte es aus, der Revisionswerber habe auch nicht glaubhaft machen können, dass ein mehrjähriger Aufenthalt im Ausland der Grund für sein mangelndes Länderwissen zu Ghana und seine untypische Sprachfärbung sei, weil er sich auch diesbezüglich mehrfach widersprochen habe. Die im Beschwerdeverfahren vom Revisionswerber vorgelegte Eintragung im ghanaischen Geburtenregister stelle mangels Lichtbild kein identitätsbezeugendes Dokument dar und spreche überdies erneut gegen die Glaubwürdigkeit des Revisionswerbers, weil darauf dessen angeblich verstorbener Vater als Informant angeführt werde. Das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers beziehe sich jedoch ausschließlich auf Ghana, weshalb eine asylrelevante Verfolgung in seinem tatsächlichen Herkunftsstaat Nigeria nicht glaubhaft gemacht worden sei. Da die Länderberichte zur Lage in Nigeria keine Situation erkennen ließen, die ein reales Risiko einer Verletzung von Art.2 oder 3 EMRK indiziere, sei dem Revisionswerber auch kein subsidiärer Schutz zu gewähren. Die Rückkehrentscheidung sei zu erlassen, weil der Revisionswerber in Österreich kein Familienleben führe und sich innerhalb des zudem sehr kurzen Aufenthaltszeitraums in Österreich nicht maßgeblich integriert habe.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Zu ihrer Zulässigkeit bringt sie vor, die vom BVwG vorgenommene Beweiswürdigung sei unschlüssig, weil der Revisionswerber nachvollziehbar dargelegt habe, dass sowohl die Lücken im Hinblick auf sein Wissen zu den Gegebenheiten in Ghana als auch sein für Ghana untypischer Dialekt daraus resultierten, dass er im Alter von fünf bis 25 Jahren im Ausland gelebt habe. Die vorgelegte Geburtsurkunde habe das BVwG nicht berücksichtigt. Darauf aufbauend seien dem BVwG Ermittlungsmängel anzulasten, weil es sich weder mit dem Vorbringen des Revisionswerbers im Hinblick auf die drohende Verfolgung in Ghana auseinandergesetzt noch Länderberichte zur Situation in Ghana herangezogen habe. Bei Unterbleiben dieser Ermittlungsmängel wäre das BVwG zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Revisionswerber Asyl oder zumindest subsidiärer Schutz zuzuerkennen sei.
6 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Die Revision wendet sich vor allem gegen die Beweiswürdigung des BVwG, mit der dem Revisionswerber ein zentraler Punkt seines Vorbringens - nämlich aus Ghana und nicht aus Nigeria zu stammen - nicht geglaubt wurde. Diese Beweiswürdigung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen nicht revisibel. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung könnte nur dann vorliegen, wenn das BVwG die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa VwGH 21.3.2018, Ro 2017/18/0004, mwN).
11 Das BVwG legte dar, aufgrund welcher Widersprüche und Ungereimtheiten es das Vorbringen des Revisionswerbers für unglaubwürdig befand. Es berücksichtigte im Rahmen seiner Beweiswürdigung - entgegen dem Revisionsvorbringen - auch das von diesem vorgelegte Dokument zum Nachweis seiner ghanaischen Staatsangehörigkeit und führte aus, warum es dieses für ungeeignet erachtete, dessen Vorbringen zu stützen. Dass die vorgenommene Beweiswürdigung unvertretbar im Sinne der hg. Rechtsprechung wäre, vermag die Revision nicht aufzuzeigen.
12 Vor dem Hintergrund, dass das BVwG demnach vertretbar von der nigerianischen Staatsangehörigkeit des Revisionswerbers ausging, ist dem weiteren Zulässigkeitsvorbringen der Revision entgegenzuhalten, dass das Verwaltungsgericht auch nicht gehalten war, nähere Ermittlungen zur Lage in Ghana oder den ausschließlich Ghana betreffenden Fluchtgründen durchzuführen, weil sich Prüfungen nach dem AsylG 2005 immer nur auf den Herkunftsstaat beziehen (§§ 3 und 8 AsylG 2005).
13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 4. März 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019180434.L00Im RIS seit
17.07.2020Zuletzt aktualisiert am
17.07.2020