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E1ENorm
AsylG 2005 §55Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer, den Hofrat Mag. Nedwed, den Hofrat Dr. Sutter, die Hofrätin MMag. Ginthör und die Hofrätin Dr.in Sembacher als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des S J, vertreten durch Dr. Philip Rosenauer, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, als bestellter Verfahrenshelfer, dieser vertreten durch Mag. Armin Windhager, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5/9, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Mai 2019, I415 2217469-1/7E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird im Anfechtungsumfang, nämlich soweit die Beschwerde des Revisionswerbers gegen die Spruchpunkte III. bis V. und VII. bis VIII. des verwaltungsbehördlichen Bescheides abgewiesen und in dessen Abänderung ein Einreiseverbot in der Dauer von drei Jahren verhängt worden ist, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber ist Staatsangehöriger von Gambia. Er stellte am 22. September 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er zusammengefasst damit begründete, dass er im Herkunftsstaat in einen Erbstreit verwickelt gewesen sei, im Zuge dessen ihn seine Stiefgeschwister vergiften hätten wollen. Bei einer Rückkehr fürchte er um sein Leben. Zudem sei er mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet.
2 In einer Stellungnahme vom 14. November 2018 brachte der Revisionswerber vor, seine Gattin sei als Produzentin von Räucherwaren selbständig erwerbstätig. Sie habe sich in einem näher genannten, drei Monate überschreitenden, Zeitraum in Italien aufgehalten, um Geschäftskontakte zu knüpfen, wobei sie ihr Freizügigkeitsrecht in Anspruch genommen habe. Aus diesem Grund sei der Revisionswerber als begünstigter Drittstaatsangehöriger zu qualifizieren.
3 Mit Bescheid vom 6. März 2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag auf internationalen Schutz des Revisionswerbers sowohl hinsichtlich Asyls (Spruchpunkt I.), als auch subsidiären Schutzes (Spruchpunkt II.) ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), stellte fest, dass seine Abschiebung nach Gambia zulässig sei (Spruchpunkt V.), und erkannte einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2, 3 und 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.). Zudem hielt das BVwG fest, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VII.), und stellte fest, dass der Revisionswerber gemäß § 13 Abs. 2 AsylG 2005 sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet verloren habe (Spruchpunkt VIII.). Schließlich erließ es gegen den Revisionswerber ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt IX.).
4 Eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis VIII. des Bescheides als unbegründet ab. Hingegen gab das BVwG der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt IX. des Bescheides statt und sprach aus, dass die Dauer des befristeten Einreiseverbotes auf drei Jahre herabgesetzt werde. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig.
5 Begründend führte das BVwG - zusammengefasst und soweit für das gegenständliche Revisionsverfahren von Relevanz - aus, es habe keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft gemacht werden können und es lägen auch die Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes nicht vor. Zur Rückkehrentscheidung erwog das BVwG, dass der Revisionswerber zwar mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei, diese aber - mangels Vorlage ausreichender Nachweise - bei ihrem mehr als dreimonatigen Aufenthalt in Italien nicht von ihrem Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht habe, womit es sich beim Revisionswerber nicht um einen begünstigten Drittstaatsangehörigen im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG handle. 6 In der Folge führte das BVwG eine Interessenabwägung iSd Art. 8 EMRK durch. In diesem Zusammenhang legte es dar, der Revisionswerber sei seit Jänner 2018 mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet und lebe mit ihr und ihren Kindern in einem gemeinsamen Haushalt. Die Beziehung sei zu einem Zeitpunkt begonnen worden, als sich der Revisionswerber seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein habe müssen. Seine bisherige Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet betrage rund zweieinhalb Jahre. Der Revisionswerber verfüge weder über besonders ausgeprägte Deutschkenntnisse, noch sei er Mitglied in einem Verein oder habe bislang eine legale Erwerbstätigkeit ausgeübt. Es bestünden anhaltende Bindungen zum Herkunftsstaat, zumal er dort den überwiegenden Teil seines Lebens verbracht habe und sozialisiert worden sei. Ebenso sei das strafgesetzwidrige Fehlverhalten des Revisionswerbers - eine Verurteilung wegen des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel gemäß § 28 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten -
zu Lasten des Revisionswerbers zu berücksichtigen. Gegenständlich überwögen die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung gegenüber dem Privat- und Familienleben des Revisionswerbers. 7 Eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG habe wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben können.
8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die gegenständliche außerordentliche Revision, die sich sowohl in der Anfechtungserklärung, in den Revisionspunkten und in den Revisionsgründen erkennbar nur gegen die Erlassung der Rückkehrentscheidung, die Entscheidung betreffend den Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und die Erlassung eines Einreiseverbots wendet.
9 Die Revision macht zur Zulässigkeit und in der Sache insbesondere geltend, das BVwG habe seine Verhandlungspflicht verletzt. Das Vorliegen dieses Verfahrensmangels begründet die Revision zusammengefasst damit, dass einer mündlichen Verhandlung hinsichtlich der Beurteilung des Privat- und Familienlebens sowie der dem Einreiseverbot zu Grunde liegenden Gefährlichkeitsprognose besondere Bedeutung zukomme. Auch zur Überprüfung, ob im Revisionsfall ein Freizügigkeitssachverhalt nach Art. 7 der Freizügigkeitsrichtlinie verwirklicht worden sei, hätte die Ehegattin des Revisionswerbers einvernommen werden müssen. 10 Das BFA hat zu dieser Revision keine Revisionsbeantwortung erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
11 Die Revision ist zulässig und berechtigt.
12 Hinsichtlich des von der Revision gerügten Verstoßes des BVwG gegen die Verhandlungspflicht ist festzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Absehen von der mündlichen Verhandlung dann gerechtfertigt ist, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet worden sein, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. grundlegend VwGH 28.5.2015, Ra 2014/20/0017 und 0018, sowie etwa VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0235, mwN).
13 Der Verwaltungsgerichtshof hat schon mehrfach betont, dass es bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen - ausgenommen in eindeutigen Fällen - auch der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks bedarf (vgl. VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0130, mwN).
14 Ein solcher eindeutiger Fall lag im gegenständlichen Revisionsfall jedoch nicht vor. In diesem Zusammenhang ist nämlich darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner rezenten Judikatur eine Trennung von einem österreichischen oder in Österreich dauerhaft niedergelassenen Ehepartner in der Regel nicht alleine wegen eines unrechtmäßigen Aufenthalts, sondern im Ergebnis nur dann für gerechtfertigt erachtete, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, wie insbesondere bei Straffälligkeit des Fremden (vgl. VwGH 22.8.2019, Ra 2019/21/0162, mwN). Diesbezüglich legte der Verwaltungsgerichtshof dar, dass die durch eine aufenthaltsbeendende Maßnahme bewirkte Trennung von Familienangehörigen im großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Suchtgiftkriminalität in Kauf zu nehmen ist. Zur Beurteilung dieses öffentlichen Interesses bedarf es jedoch einer einzelfallbezogenen Einschätzung der vom Fremden aufgrund seiner Straffälligkeit ausgehenden Gefährdung, wozu es näherer Feststellungen über die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild bedarf (vgl. erneut VwGH 22.8.2019, Ra 2019/21/0162, mwN). 15 Eine nähere Auseinandersetzung mit diesen relevanten Umständen im Hinblick auf die Straffälligkeit des Revisionswerbers ist jedoch im Revisionsfall unterblieben, wozu es auch einer mündlichen Verhandlung bedurft hätte.
16 Im Übrigen ist dem BVwG noch aus einem weiteren Grund eine Verletzung der Verhandlungspflicht anzulasten:
17 Im Revisionsfall brachte der Revisionswerber im verwaltungsbehördlichen Verfahren vor, seine Ehegattin habe durch einen drei Monate überschreitenden Aufenthalt in Italien von ihrem Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht, weshalb er als begünstigter Drittstaatsangehöriger zu qualifizieren sei.
18 Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG ist der Ehegatte einer Österreicherin, die ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen hat, ein begünstigter Drittstaatsangehöriger. Ein solches Aufenthaltsrecht kommt nach Art. 7 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2004/38/EG über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (Freizügigkeitsrichtlinie), u.a. Unionsbürgerinnen zu, wenn diese im Aufnahmemitgliedstaat Selbstständige sind.
19 Hinsichtlich begünstigter Drittstaatsangehöriger könnten weder eine Rückkehrentscheidung nach § 52 FPG noch ein Einreiseverbot nach § 53 FPG erlassen werden und käme auch eine amtswegige Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 nicht in Betracht, weil diese Bestimmung des 7. Hauptstücks gemäß § 54 Abs. 5 AsylG 2005 nicht für diese Personengruppe gilt. Stattdessen wären andere Bestimmungen des FPG heranzuziehen (vgl. näher und mwN VwGH 15.3.2018, Ra 2018/21/0014; VwGH 13.11.2018, Ra 2018/21/0103; zur unterschiedlichen aufenthaltsrechtlichen Behandlung von drittstaatszugehörigen Familienangehörigen von Österreichern abhängig von der Verwirklichung eines Freizügigkeitssachverhaltes vgl. auch VfGH 16.12.2009, G 244/09 ua, Slg. 18968).
20 Fallgegenständlich hielt das BFA in seinem Bescheid fest, dass nicht festgestellt habe werden können, dass die Ehegattin des Revisionswerbers die behauptete selbstständige Tätigkeit bei ihrem Aufenthalt in Italien, die die Inanspruchnahme der unionsrechtlichen Freizügigkeit begründen würde, tatsächlich ausgeübt habe, weshalb der Revisionswerber rechtlich nicht als begünstigter Drittstaatsangehöriger zu qualifizieren sei. Beweiswürdigend verwies das BFA darauf, dass das behauptete Bemühen um den Aufbau von Geschäftsbeziehungen im bisherigen Verfahren - weder vor dem BFA noch vor dem Magistrat der Stadt Wien im parallel anhängigen Verfahren nach dem NAG betreffend ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht - durch Unterlagen (wie etwa durch Schriftverkehr mit potentiellen Geschäftspartnern oder sonstige Aufzeichnungen) untermauert worden sei. Zudem seien keinerlei Anstrengungen unternommen worden, die Kinder der Ehegattin in Italien zur Schule anzumelden, sondern seien diese weiterhin in Österreich gemeldet gewesen.
21 Dem trat der Revisionswerber in seiner Beschwerde jedoch substantiiert entgegen. Dabei verwies er zunächst auf die vorgelegten Urkunden (Wohnsitzantrag, Mietvertrag und Personalausweis einer italienischen Gemeinde bei Neapel). Zudem führte er aus, dass seine Ehegattin an einer Ausweitung des Absatzmarktes ihrer in selbstständiger Tätigkeit hergestellten Produkte über den heimischen Markt hinaus sehr wohl besonderes Interesse gehabt und daher den Aufenthalt in Italien nachhaltig und ernsthaft für die Knüpfung von Geschäftsbeziehungen und die Werbung für ihre Produkte genutzt habe. Die Kinder der Ehegattin hätten sie nicht nach Italien begleitet, sondern wären bei ihrem Vater verblieben, sollte doch im Sinne des Kindeswohls deren Schulbesuch in Österreich nicht unterbrochen werden. Dies widerspreche dem Vorbringen zur Inanspruchnahme des Freizügigkeitsrechts jedoch nicht. Eine Übersiedlung der Kinder sei nämlich keine Voraussetzung dafür. Eine Übersiedlung der Familie nach Italien sei auch nie geplant gewesen, zumal der Vater der Kinder in Wien lebe und sich die Kinder abwechselnd bei ihm und der Ehegattin des Revisionswerbers aufhielten.
22 Vor dem Hintergrund dieses Vorbringens hätte sich das BVwG durch eine mündliche Verhandlung sowie detaillierte Befragung des Revisionswerbers sowie seiner Ehegattin selbst ein persönliches Bild darüber machen müssen, ob die Ehegattin des Revisionswerbers bei ihrem unstrittig mehr als drei Monate andauernden Aufenthalt in Italien tatsächlich und nachhaltig ihr Freizügigkeitsrecht - insbesondere durch entsprechend ernsthafte Bemühungen der Geschäftsanbahnungen und Kundenakquise - in Anspruch genommen habe.
23 Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich zu spiegelbildlichen Fallkonstellationen des Aufenthalts von Unionsbürgern in Österreich unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH bereits festgehalten, dass nicht jede auch noch so geringfügige Ausübung des Freizügigkeitsrechts Relevanz entfaltet. Vielmehr ist es erforderlich, dass mit einer gewissen Nachhaltigkeit von der Freizügigkeit Gebrauch gemacht wird, wobei diesbezüglich auf die Rechtsprechung des EuGH zum Arbeitnehmerbegriff zu verweisen ist. Für die Qualifikation als Arbeitnehmer wird dabei eine "tatsächliche und echte Tätigkeit" verlangt, die keinen so geringen Umfang hat, dass es sich um eine "völlig untergeordnete und unwesentliche Tätigkeit" handelt. Dieser Maßstab lässt sich allgemein dergestalt auf alle Freizügigkeitsrechte übertragen, dass eine "tatsächliche und effektive" Ausübung derselben vorliegen muss (vgl. mwN VwGH 29.9.2011, 2009/21/0386; VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0130, sowie VwGH 19.12.2017, Ra 2017/09/0034).
24 Sofern die Revision darüber hinaus vorbringt, dass die Ehegattin des Revisionswerbers im Zeitraum ihrer Niederlassung in Italien auch über ausreichende Existenzmittel und eine ordnungsgemäße Krankenversicherung für sich und ihre Familie verfügt habe, stellt sie erkennbar auf das Vorliegen eines Freizügigkeitstatbestandes nach Art. 7 Abs. 1 lit. b der Freizügigkeitsrichtlinie ab. Da zu diesem Tatbestand, und zwar insbesondere betreffend das Vorliegen eines umfassenden Krankenversicherungsschutzes im Aufnahmemitgliedstaat, im bisherigen Verfahren kein Vorbringen erstattet wurde, war darauf schon im Hinblick auf das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bestehende Neuerungsverbot nicht weiter einzugehen.
25 Die angefochtene Entscheidung ist demnach in Bezug auf die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, die Rückkehrentscheidung und die darauf aufbauenden Spruchpunkte (Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und der fehlenden Frist für die freiwillige Ausreise, die Feststellung nach § 13 Abs. 2 AsylG 2005 sowie die Erlassung eines Einreiseverbots) mit der Verletzung eines tragenden Verfahrensgrundsatzes belastet und war daher zu beheben. 26 Das angefochtene Erkenntnis war demnach gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
27 Der Kostenzuspruch gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 15. April 2020
Schlagworte
Begründung BegründungsmangelBesondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019180270.L00Im RIS seit
16.06.2020Zuletzt aktualisiert am
16.06.2020