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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §55Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Pfiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des K A in S, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11. Oktober 2019, G314 2198293-1/7E, betreffend Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 und Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der 1991 geborene Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Republik Kosovo, hält sich seit Mai 2014 im Bundesgebiet auf. Ihm waren bis April 2017 Aufenthaltsbewilligungen als Studierender erteilt worden. Ein diesbezüglich zuletzt gestellter Verlängerungsantrag vom 22. März 2017 wurde mit Bescheid vom 26. September 2017 mangels Studienerfolgs (rechtskräftig) abgewiesen. Der Revisionswerber hatte das für ein (von ihm beabsichtigtes) ordentliches Studium an der Universität Salzburg erforderliche Sprachniveau B2 nicht nachgewiesen; dieses Sprachniveau hat er bislang nicht erreicht.
2 Am 9. Mai 2018 beantragte der Revisionswerber die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005.
3 Mit Bescheid vom 14. Mai 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag gemäß § 55 AsylG 2005 ab. Zugleich erließ es gemäß § 52 Abs. 3 FPG eine Rückkehrentscheidung, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass eine Abschiebung des Revisionswerbers in den Kosovo zulässig sei, und bestimmte gemäß § 55 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
4 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 11. Oktober 2019 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) eine dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Es sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
5 Begründend führte das BVwG - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - aus, der unbescholtene Revisionswerber sei alleinstehend und kinderlos. Er habe in Österreich Sprachkurse absolviert, dadurch Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 erworben und sei wiederholt geringfügig beschäftigt gewesen. Es habe eine Selbstversicherung nach dem ASVG bestanden. In Österreich habe er einen Freundeskreis, jedoch keine Angehörigen. Ein Bruder lebe mit seiner Familie in der Schweiz, die Eltern im Herkunftsstaat. Abgesehen von der aktiven Teilnahme in einem Fußballverein sei er weder bei anderen Vereinen noch ehrenamtlich engagiert.
Bei der nach § 9 BFA-VG vorgenommenen Interessenabwägung berücksichtigte das BVwG die eben genannten Umstände, insbesondere die Aufenthaltsdauer seit Mai 2014. Allerdings seien dem Revisionswerber nur befristete Aufenthaltsbewilligungen für den Zweck seines Studiums erteilt worden. Es bestehe kein Familienleben in Österreich. Zwar habe er Bekanntschaften und Freundschaften geschlossen und habe (nach den erwähnten geringfügigen Beschäftigungen) einen Vollzeitarbeitsplatz in Aussicht. Diese integrationsbegründenden Umstände seien jedoch dadurch relativiert, dass sie im Bewusstsein eines unsicheren Aufenthalts entstanden seien, weil der Revisionswerber - zumal angesichts ausbleibenden Studienerfolgs - nicht von einer Erlaubnis zu einem mehr als vorübergehenden Verbleib im Bundesgebiet habe ausgehen dürfen. Kontakte zu im Bundesgebiet lebenden Bezugspersonen könnten durch Besuche oder im Weg moderner Kommunikationsmittel aufrechterhalten werden.
Demgegenüber bestünden maßgebliche Bindungen zum Heimatstaat, wo er den weitaus überwiegenden Teil seines Lebens verbracht habe, wo seine Eltern lebten, er die Landessprache auf Muttersprachenniveau beherrsche und mit den Gepflogenheiten vertraut sei. Angesichts dieser Kontakte, bestehender Ersparnisse und bisher gesammelter Berufserfahrungen sei mit der Möglichkeit einer Reintegration im Herkunftsstaat zu rechnen. Sein persönliches Interesse an der Fortsetzung des Privatlebens in Österreich habe somit hinter das große öffentliche Interesse am geordneten Vollzug fremdenrechtlicher Vorschriften zurückzutreten. Gründe, die seine Abschiebung unzulässig machten, seien nicht hervorgekommen.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem BVwG habe gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG auf Grund des ausreichend geklärten eindeutigen Sachverhalts abgesehen werden können.
6 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 28. November 2019, E 3888/2019, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
7 Die in der Folge ausgeführte Revision erweist sich als unzulässig:
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
9 In dieser Hinsicht bemängelt der Revisionswerber die vom BVwG vorgenommene Interessenabwägung und rügt in diesem Zusammenhang die Unterlassung der Durchführung der in der Beschwerde beantragten mündlichen Verhandlung.
10 Bei diesen Ausführungen bezieht sich die Revision allerdings nur auf die ohnehin vom BVwG festgestellten und in seine Interessenabwägung einbezogenen Umstände, ohne nachvollziehbar aufzuzeigen, dass das BVwG davon ausgehend zu einem anderen Ergebnis hätte kommen müssen.
11 Die in der Revision behauptete Argumentation mit einem „Visumsmissbrauch, um Deutsch zu lernen“, mit einem Aufenthalt des Bruders und der Schwägerin des Revisionswerbers in Österreich (statt richtig: in der Schweiz) sowie dem gänzlichen Fehlen eines Privatlebens wird vom BVwG ebenso wenig angestellt, wie auch von einer - in der Revision unterstellten - Zulässigkeit der Abschiebung des Revisionswerbers nach Serbien im angefochtenen Erkenntnis nicht die Rede ist.
12 Unter Berücksichtigung des unbestrittenen Fehlens familiärer Bindungen sowie einer ausgeprägten beruflichen Integration des Revisionswerbers in Österreich durfte das BVwG vertretbar auch vom Vorliegen eines eindeutigen Falles ausgehen, der es ihm - entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht - ausnahmsweise erlaubte, von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Verschaffung eines persönlichen Eindrucks vom Revisionswerber abzusehen (vgl. dazu etwa VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0242, Rn. 11, sowie VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0210, Rn. 9).
13 Insgesamt vermag die Revision somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.
Wien, am 16. April 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019210390.L00Im RIS seit
08.07.2020Zuletzt aktualisiert am
14.07.2020