Index
E3L E05200510Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des B W in I, vertreten durch Dr. Peter Wallnöfer, LL.M., und Mag. Eva Suitner, BSc., Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Meraner Straße 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 16. Dezember 2019, LVwG-2017/27/0747-3, betreffend Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags und der besoldungsrechtlichen Stellung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der 1969 geborene Revisionswerber steht als Beamter der Verwendungsgruppe B in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Landeshauptstadt Innsbruck. Bei Begründung des privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses als Vertragsbediensteter mit 1. April 1990 wurden ihm für die Ermittlung des Vorrückungsstichtags Zeiten nach Vollendung des 18. Lebensjahrs teilweise zur Gänze und teilweise zur Hälfte - insgesamt im Ausmaß von zwei Jahren, vier Monaten und 27 Tagen - angerechnet und der Vorrückungsstichtag mit 4. November 1987 festgesetzt. (Schul-)Zeiten vor Vollendung des 18. Lebensjahrs wurden bei der Festsetzung des Vorrückungsstichtags nicht berücksichtigt.
2 Mit Stadtsenatsbeschluss vom 8. Juni 1994 wurde der Revisionswerber mit Wirkung vom 1. Juli 1994 zum provisorischen Beamten der allgemeinen Verwaltung auf einen Dienstposten der Verwendungsgruppe B, II. bis V. Dienstklasse ernannt. Als Vorrückungsstichtag wurde der 4. November 1987 festgesetzt. Ab 1. Juli 1994 gebührten ihm Bezüge der Verwendungsgruppe B, III. Dienstklasse, 1. Gehaltsstufe mit nächster Vorrückung am 1. Jänner 1996.
3 Auf Grundlage des Stadtsenatsbeschlusses vom 2. Dezember 1998 wurde der Revisionswerber mit Wirkung vom 1. Jänner 1999 zum Beamten der Verwendungsgruppe B, IV. Dienstklasse, befördert, wodurch er in dieser die besoldungsrechtliche Stellung der 4. Gehaltsstufe mit nächster Vorrückung am 1. Jänner 2001 erlangte.
4 Mit Stadtsenatsbeschluss vom 11. Dezember 2002 wurde er mit Wirkung vom 1. Jänner 2003 in der Verwendungsgruppe B in die V. Dienstklasse befördert. Dadurch erlangte er die besoldungsrechtliche Stellung der 2. Gehaltsstufe der V. Dienstklasse der Verwendungsgruppe B mit nächster Vorrückung mit 1. Jänner 2005.
5 Zuletzt wurde der Revisionswerber aufgrund des Stadtsenatsbeschlusses vom 5. Dezember 2007 mit Wirkung vom 1. Jänner 2008 zum Beamten der VI. Dienstklasse, Verwendungsgruppe B, befördert, wodurch er in dieser die besoldungsrechtliche Stellung der 1. Gehaltsstufe mit nächster Vorrückung am 1. Jänner 2010 erlangte.
6 Mit E-Mail vom 3. Dezember 2015 beantragte der Revisionswerber die Neuberechnung und bescheidmäßige Festsetzung seines Vorrückungsstichtags und in weiterer Folge seiner besoldungsrechtlichen Stellung durch Berücksichtigung jener Ausbildungszeiten, die vor seinem 18. Geburtstag gelegen seien. 7 Ausgehend von dem zuvor zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt wies das Landesverwaltungsgericht Tirol diesen Antrag mit dem angefochtenen, im Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnis ab. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig.
8 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht in der Sache aus, dass die Beförderungen des Revisionswerbers nicht aufgrund einer gesetzlichen Automatik, sondern durch im Ermessen des Stadtsenats liegende rechtsgestaltende Akte erfolgt seien. Weder habe ein Anspruch des Revisionswerbers auf eine Beförderung in die Dienstklassen IV, V und VI bestanden, noch ein solcher auf eine Beförderung zum frühestmöglichen Zeitpunkt.
Beförderungsrichtlinien seien ein verwaltungsinternes Instrument und dienten ausschließlich dazu, eine Gleichbehandlung innerhalb der Beamtenschaft der Stadtgemeinde sicherzustellen. Daraus ließen sich jedoch keine durchsetzbaren Ansprüche auf Beförderung ableiten.
9 Der Revisionswerber habe mit 1. Jänner 1999 die Dienstklasse IV, mit 1. Jänner 2003 die V. Dienstklasse und mit 1. Jänner 2008 die VI. Dienstklasse jeweils durch freie Beförderung erreicht, sodass seine besoldungsrechtliche Stellung nicht mehr durch den von ihm bekämpften Vorrückungsstichtag bestimmt (gewesen) sei. Dessen Festlegung habe sich daher ab dem 1. Jänner 1999 nicht mehr nachteilig für ihn auswirken können. Selbst wenn das Unterbleiben einer früheren freien Beförderung in die Dienstklasse IV im Zeitraum zwischen der Begründung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses am 1. Juli 1994 und dem 1. Jänner 1999 auch durch die damals geltende Rechtslage bezüglich der Ermittlung des Vorrückungsstichtags motiviert gewesen sein sollte, wäre dies unionsrechtlich keineswegs verpönt gewesen, weil die Richtlinie 2000/78/EG damals weder erlassen noch von Österreich umzusetzen gewesen sei. Gleiches gelte für seine freie Beförderung in die Dienstklasse V mit Wirkung vom 1. Jänner 2003. Die besoldungsrechtliche Stellung des Revisionswerbers sei somit am 1. Jänner 2004 nicht mehr durch den Vorrückungsstichtag bestimmt gewesen.
10 Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht mit dem Fehlen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.
11 Gegen diese Erkenntnis richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend machende außerordentliche Revision. 12 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird. 13 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 14 Der Revisionswerber führt zur Zulässigkeit seiner Revision aus, dass bereits vor der Konkretisierung in der Richtlinie 2000/78/EG das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters vom Gerichtshof der Europäischen Union als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts definiert worden sei. Dieses Verbot enthalte auch Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Zudem sei anerkannt, dass der Grundrechtecharta entgegen Art. 51 GRC im Bereich der Diskriminierung Drittwirkung zukomme. Anders als das Verwaltungsgericht annehme, sei daher nicht erst infolge der RL 2000/78/EG und des Beitritts Österreichs zur Europäischen Union die Richtlinie innerstaatlich umzusetzen gewesen. Vielmehr habe diese Richtlinie einen allgemeinen und tragenden Rechtsgrundsatz des Unionsrechts nur näher konkretisiert.
15 Hinsichtlich der Rechtskraft der vor dem 1. Jänner 2004 erlassenen Vorrückungsbescheide sei mit Inkrafttreten des unionsrechtlichen Diskriminierungsverbots aus dem Grunde des Alters gemäß Art. 2 der RL 2000/78/EG eine die Rechtskraft des Bescheids durchbrechende Änderung der Rechtslage eingetreten (Hinweis auf VwGH 9.9.2016, Ro 2015/12/0025). Das Handeln der Behörde in Bezug auf Beförderungen und das diesem zugrunde liegende Vorschlagswesen sei wegen der entsprechenden Richtlinien als faktische Gestion des Verwaltungshandelns im Sinn einer - selbstbindenden - Verwaltungspraxis zu definieren. Im Rahmen der Beförderungsrichtinien - seien diese auch nur eine "Richtschnur" - sei der Vorrückungsstichtag stets eine entscheidende Determinante. Das ergebe sich allein daraus, dass durch die erste Beförderung zwar eine Einreihung in eine Dienstklasse erfolge, jedoch in eine solche Gehaltsstufe, dass das bisherige Gehalt nicht unterschritten werde. Wären daher in seinem Fall die Schulzeiten vor dem 18. Lebensjahr diskriminierungsfrei angerechnet worden, wäre er bei der ersten Beförderung in einer entsprechend höheren Gehaltsstufe der bisherigen Dienstklasse gewesen. Es möge zwar kein subjektives Recht auf die Beförderung bestehen, dennoch habe die Behörde in ständiger Übung diese Verwaltungspraxis zum Vorschlag zur Beförderung gemäß den Richtlinien angewendet und seien die Beförderungen vom Stadtsenat so vorgenommen worden. Der (frühestmögliche) Zeitpunkt einer Beförderung richte sich demnach immer noch nach dem Vorrückungsstichtag, der daher insoweit auch bei oder nach einer Beförderung als Determinante in der Zeitachse vorhanden bleibe.
16 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
17 Unstrittig erlangte der Revisionswerber seine gehaltsrechtlichen Stellungen (mit 1. Jänner 1999 die Dienstklasse IV, mit 1. Jänner 2003 die V. Dienstklasse und mit 1. Jänner 2008 die VI. Dienstklasse) infolge freier Beförderungen. Dass die besoldungsrechtliche Stellung des Revisionswerbers zum 1. Jänner 2004 auf Grund der in Rn 15, vierter und fünfter Satz angesprochenen Bestimmung auch angesichts seiner weiteren Beförderungen auf Grund einer gesetzlichen Anordnung vom Vorrückungsstichtag bestimmt gewesen wäre, behauptet die Zulässigkeitsbegründung nicht.
18 Wie der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang bereits wiederholt ausgesprochen hat, besteht weder eine Bindung an sogenannte "Beförderungsrichtlinien", noch ist aus dem Unionsrecht ein wirksames Gebot ableitbar, wonach im Ermessen der Dienstbehörde liegende Ernennungsakte als mit Wirksamkeit an anderen (für den Beamten optimalen) Zeitpunkten vorgenommen zu gelten hätten (siehe dazu etwa VwGH 21.2.2017, Ro 2016/12/0019; 22.6.2016, Ra 2016/12/0055; 21.12.2011, 2011/12/0102; 12.11.2008, 2005/12/0241; 24.3.2004, 2003/12/0164). Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht nicht abgewichen. Argumente, die ein Abgehen von dieser Judikatur erforderten, zeigt die Revision nicht auf. Seinem in Rn 14 wiedergegebenen Argument ist das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 31. Jänner 2006, 2005/12/0099, entgegenzuhalten, wonach die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts nur in dessen Anwendungsbereich zur Geltung kommen. 19 Soweit der Revisionswerber mit dem Erkenntnis vom 9. September 2016, Ro 2015/12/0025, argumentiert, übersieht er, dass in dem dort vom Verwaltungsgerichtshof behandelten Fall die besoldungsrechtliche Stellung der Beamtin nach wie vor vom Vorrückungsstichtag abhängig war, weshalb insoweit ein nicht vergleichbarer Sachverhalt vorlag. Die dort angesprochene Rechtskraftsdurchbrechung betraf vor dem 1. Jänner 2004 ergangene Feststellungsbescheide und nicht eine Fiktion abweichender Beförderungsakte wie in Rn 18 behandelt.
20 Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 17. April 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020120011.L00Im RIS seit
01.07.2020Zuletzt aktualisiert am
01.07.2020