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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision der H A in W, vertreten durch Dr.in Julia Ecker, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Opernring 7/18, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Jänner 2020, Zl. W155 2182403-1/16E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde in der Sache der Antrag der Revisionswerberin, einer afghanischen Staatsangehörigen, auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen. Dem Antrag wurde insoweit stattgegeben, als der Revisionswerberin (im Familienverfahren, abgeleitet von ihren zwei minderjährigen Kindern) der Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG 2005 zuerkannt und ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt wurde. Die Revision erklärte das BVwG für unzulässig. 2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 5 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vor, das BVwG habe der Revisionswerberin infolge ihrer "westlichen Orientierung" die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten zu Unrecht verweigert und dadurch gegen näher genannte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verstoßen.
6 Dazu ist zunächst auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach nicht jede Änderung der Lebensführung einer Asylwerberin während ihres Aufenthalts in Österreich, die im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht mehr aufrecht erhalten werden könnte, dazu führt, dass ihr deshalb internationaler Schutz gewährt werden müsste (vgl. VwGH 5.9.2018, Ra 2018/01/0179-0181; 12.6.2018, Ra 2018/20/0177; 14.12.2018, Ra 2018/01/0184, jeweils mwN).
7 Das BVwG hat sich mit der behaupteten "westlichen Orientierung" der Revisionswerberin auseinandergesetzt, ist jedoch - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit näherer Begründung zu dem Ergebnis gelangt, dass ein westlicher Lebensstil kein wesentlicher Bestandteil der Identität der Revisionswerberin geworden sei. Dabei berücksichtigte das BVwG insbesondere die Lebensumstände der Erstrevisionswerberin in Österreich, ihre Kleidung, ihre sozialen Kontakte sowie ihre Ausbildungsabsichten. Vor diesem Hintergrund zeigt die Revision nicht auf, dass die Annahme des BVwG, die Erstrevisionswerberin habe keine westliche Lebensführung angenommen, einzelfallbezogen unvertretbar wäre (vgl. VwGH 28.11.2019, Ra 2018/19/0213).
8 Soweit die Revisionswerberin moniert, das BVwG habe Ermittlungen zur überdies behaupteten westlichen Orientierung ihrer vierjährigen Tochter unterlassen (was unter dem Blickwinkel des Familienverfahrens auch für die Revisionswerberin von Relevanz sei), ist dem zu entgegnen, dass das BVwG zu Recht davon ausgegangen ist, dass bei einer Vierjährigen - insbesondere mit Blick auf deren anpassungsfähiges Alter - die Verfestigung eines entsprechenden Lebensstils nicht angenommen werden könne. 9 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 23. April 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020010088.L00Im RIS seit
10.06.2020Zuletzt aktualisiert am
10.06.2020