TE Vwgh Beschluss 2020/4/27 Ra 2019/12/0034

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Veröffentlicht am 27.04.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens und Hofrätin Mag. a Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des E K in M, vertreten durch Riel/Grohmann/Sauer, Rechtsanwälte in 3500 Krems an der Donau, Gartenaugasse 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. April 2019, GZ. W255 2195324-1/23E, betreffend Ruhegenussbemessung (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde: Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, nunmehr: Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Streitkräfteführungskommandos vom 6. Oktober 2015 wurde der Revisionswerber gemäß § 14 Abs. 1, 2 und 4 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), von Amts wegen in den Ruhestand versetzt.

2 Begründend wurde ausgeführt, das ärztliche Sachverständigengutachten habe folgende Diagnose ergeben:

1.

Chronische Rhinosinusitis und Sinubronchiales Syndrom,

2.

Funktionelle Stimmstörung, 3. Moderates persistierendes nichtallergisches Asthma bronchiale, 4. Zustand nach Rauchgasvergiftung 2009 mit konsekutivem RADS (Anerkennung als Berufskrankheit mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20%). Im Vordergrund der Leistungseinschränkung stünde beim Revisionswerber eine chronisch rezidivierende Rhinosinusitis, die zu einer chronischen Veränderung der Stimmbänder geführt habe. Daher sei die Stimme rau, leise und heiser. Ein Sprechberuf, der zu mehr als 50% auf Kommunikation basiere (Telefon, Vorträge, Unterricht uäm.) könne nicht weiter ausgeübt werden. Die weitere berufliche Tätigkeit als Presseoffizier und Pressesprecher des Militärkommandos Niederösterreich könne nicht ausgeübt werden. Es liege ein Dauerzustand vor.

3 Es liege daher dauernde Dienstunfähigkeit gemäß § 14 Abs. 1 und 2 BDG 1979 vor. Betreffend den Unfall vom 15. Juni 1983 (offener Trümmerbruch der Nase auf einer Hindernisbahn) liege eine Anerkennung als Dienstunfall im Personalakt nicht auf. Die Feststellung, ob die Dienstunfähigkeit auf einen oder mehrere Dienstunfälle bzw. auf eine Berufskrankheit zurückzuführen sei, obliege dem Pensionsservice der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter.

4 Mit Bescheid vom 3. Juni 2016 stellte die Versicherungsanstalt öffentlich Bedienester (BVA) fest, dass dem Revisionswerber vom 1. Dezember 2015 an eine Gesamtpension von monatlich brutto EUR 2.534,49 gebühre. Diese bestehe aus einem Ruhegenuss von monatlich brutto EUR 1.987,76, einer Nebengebührenzulage von monatlich brutto EUR 182,80 und einer Pension nach dem Allgemeinen Pensionsgesetz (APG) von monatlich brutto EUR 363,93. Dieser Ruhegenussbemessung wurde eine gemäß § 5 Abs. 2 des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965) gekürzte Ruhegenussbemessungsgrundlage (62% der Ruhegenussberechnungsgrundla ge) zugrunde gelegt. Weiters wurde eine entsprechende Kürzung der Nebengebührenzulage vorgenommen.

5 In der dagegen erhobenen Beschwerde brachte der Revisionswerber vor, dass er am 6. April 2009 eine Rauchgasvergiftung erlitten habe. Dieser Vorfall sei als Dienstunfall anerkannt, dem Revisionswerber sei aufgrund der Folgen dieses Dienstunfalles mit Bescheid der BVA eine Versehrtenrente zuerkannt worden. Es hätte daher gemäß § 5 Abs. 4 PG 1965 eine Kürzung der Ruhegenussberechnungsgrundlage nicht erfolgen dürfen.

6 Mit Beschwerdevorentscheidung der BVA vom 23. August 2016 wurde der Bescheid der BVA vom 3. Juni 2016 gemäß § 14 VwGVG aufgehoben. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, nach dem bisherigen Verfahrensstand sei nicht davon auszugehen gewesen, dass der Dienstunfall (Rauchgasvergiftung im Jahr 2009) in einem kausalen Zusammenhang mit der Ruhestandsversetzung stehe. Im Hinblick auf das Vorbringen des Revisionswerbers in der Beschwerde und im weiteren Verfahren seien weitere gutachterliche Erhebungen zur Feststellung der Kausalität durchzuführen. Daher sei der erstinstanzliche Bescheid aufzuheben und das Ermittlungsverfahren wieder aufzunehmen.

7 Nach Einholung weiterer (Ergänzungs)Gutachten und Stellungnahmen des Revisionswerbers gelangte die BVA mit Bescheid vom 13. März 2018 neuerlich zu dem Ergebnis, dass dem Revisionswerber unter Kürzung der Ruhegenussberechnungsgrundlage gemäß § 5 Abs. 2 PG 1965 eine Gesamtpension von monatlich brutto EUR 2.534,49 gebühre. Begründend wurde unter Wiedergabe der eingeholten (Ergänzungs)Gutachten ausgeführt, nach § 5 Abs. 4 Z 2 PG 1965 sei die Ruhegenussbemessungsgrundlage nicht zu kürzen, wenn die Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit überwiegend auf einen Dienstunfall oder mehrere Dienstunfälle (§§ 90 und 91 des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes - B-KUVG) oder eine Berufskrankheit zurückzuführen sei und der Beamtin oder dem Beamten aufgrund dieses Dienstunfalles oder dieser Dienstunfälle oder dieser Berufskrankheit vom zuständigen Unfallversicherungsträger rechtskräftig eine Versehrtenrente oder die Anhebung einer bereits bestehenden Versehrtenrente nach dem B-KUVG zugesprochen worden sei. Der rechtskräftig festgestellte Anspruch auf Versehrtenrente müsse - allenfalls auch aufgrund rückwirkender Zuerkennung - zum Zeitpunkt des Anfalles des Ruhebezuges bestehen.

8 Mit Bescheid der BVA vom 11. Dezember 2012 sei der Unfall, den der Revisionswerber am 6. April 2009 erlitten habe, als Dienstunfall anerkannt worden. Es sei festgestellt worden, dass ihm ab 23. November 2011 eine Versehrtenrente als Dauerrente im Ausmaß von 20 v.H. der Vollrente gebühre. Der Revisionswerber habe bei dem Dienstunfall eine chronisch obstruktive Atemwegserkrankung nach einem Inhalationstrauma durch Rauchgas erlitten. Als Folgen bestünden eine Lungenfunktionseinschränkung sowie glaubhafte subjektive Beschwerden. Aus den im Ruhestandversetzungsverfahren erstellten Sachverständigengutachten gehe zusammenfassend hervor, dass das einmalige Ereignis einer Rauchgasvergiftung 4/2009 mit der Entwicklung einer Stimmbandstörung in keinem ursächlichen Zusammenhang stehe und darüber hinaus ein chronischer Reizhusten und Heiserkeit keine nachvollziehbaren Folgen einer Rauchgasvergiftung seien. Es bestehe daher kein Kausalzusammenhang zwischen dem Dienstunfall des Revisionswerbers vom 6. April 2009 und seiner Ruhestandsversetzung.

9 In der dagegen erhobenen Beschwerde vertrat der Revisionswerber den Standpunkt, die Rhinosinusitis und das sinubronchiale Syndrom seien nicht der Grund für seine Dienstunfähigkeit gewesen, sondern lediglich Umstände, die die Symptome der Rauchgasvergiftung aus dem Jahr 2009 verstärkt hätten. Ausgelöst seien sie entgegen der Meinung der von der belangten Behörde beigezogenen Gutachter sehr wohl durch den im Jahr 1983 in Ausübung des Dienstes erlittenen schweren Unfalls, der einen Nasenbeinbruch mit Verschiebung der Nasenscheidewand zur Folge gehabt habe. Bestätigt werde diese Tatsache von den langzeitbehandelnden Fachärzten und dem Hausarzt des Revisionswerbers. Die Rhinosinusitis und das sinubronchiale Syndrom würden ihrerseits aber durch die im Jahr 2009 erlittene Rauchgasvergiftung erheblich verstärkt. Dies wiederum führe zum Reizhusten mit dadurch ausgelösten Panikattacken, Heiserkeit und schließlich zur Dienstunfähigkeit infolge Stimmbandveränderung. Selbst wenn also die Rauchgasvergiftung entgegen dem Standpunkt des Revisionswerbers für sich alleine tatsächlich nur eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20% verursacht haben sollte, so sei die Rauchgasvergiftung doch jedenfalls die ausschlaggebende und damit wesentliche Ursache für die eingetretene Dienstunfähigkeit. Weiters wurde umfangreiches Vorbringen gegen Ausführungen in den zahlreichen, bereits eingeholten Sachverständigengutachten erstattet. Da dem Revisionswerber aufgrund des Dienstunfalles vom 6. April 2009 eine Versehrtenrente zuerkannt worden sei, hätte eine Kürzung gemäß § 5 Abs. 4 PG 1965 nicht stattzufinden gehabt. 10 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig. Nach Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde und Logopädie sowie eines Sachverständigengutachtens

aus dem Fachgebiet der Lungenkrankheiten traf das Bundesverwaltungsgericht unter anderem folgende Feststellungen:

"Der BF erlitt am 15.06.1983 einen Unfall, der einen offenen Trümmerbruch der Nase bewirkte und in dessen Folge der offene Nasenbeinbruch eingerichtet wurde. Dieser Unfall wurde nicht als Dienstunfall anerkannt. Der BF bezieht keine Versehrtenrente wegen dieses Unfalles.

Der BF erlitt am 6.04.2009 einen Unfall. Dieser Unfall wurde mit Bescheid der BVA, Unfallversicherung, vom 11.12.2012, Zl. 4078 210161-003, als Dienstunfall anerkannt. Es wurde festgestellt, dass dem BF ab 23.11.2011 eine Versehrtenrente als Dauerrente im Ausmaß von 20% der Vollrente gebührt. Begründend wurde ausgeführt, dass der BF bei seinem Dienstunfall am 06.04.2009 eine chronisch obstruktive Atemwegserkrankung nach einem Inhalationstrauma durch Rauchgas erlitten hat und als Folge eine Lungenfunktionseinschränkung sowie glaubhafte subjektive Schmerzen bestehen.

...

Gegen den Bescheid der BVA vom 13.08.2018, Zl. 4078- 210161/24, brachte der BF am 16.04.2018 zusätzlich zu der an das Bundesverwaltungsgericht gerichteten Beschwerde Klage beim Landesgericht Krems ein. Diese Klage des BF vom 16.04.2018 wurde mit Beschluss des Landesgericht Krems vom 07.05.2018, Zl. 7 Cgs 86/18g, wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen.

Die Ruhestandsversetzung des BF wegen Dienstunfähigkeit ist nicht überwiegend auf den Unfall vom 15.06.1983 zurückzuführen.

Die Ruhestandsversetzung des BF wegen Dienstunfähigkeit ist nicht überwiegend auf den Dienstunfall vom 06.04.2009 zurückzuführen.

Die Ruhestandsversetzung des BF wegen Dienstunfähigkeit ist nicht überwiegend auf eine Zusammenwirkung des Unfalles vom 15.06.1983 und des Dienstunfalles vom 06.04.2009 zurückzuführen."

11 Das Bundesverwaltungsgericht nahm eine umfangreiche Beweiswürdigung unter Eingehen auf die von ihm und dem Verwaltungsbehörden eingeholten Sachverständigengutachten vor. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei die nach § 5 Abs. 4 Z 2 PG 1965 maßgebliche Frage der Rückführbarkeit der Dienstunfähigkeit des Revisionswerbers auf den Dienstunfall vom 06.04.2009 und/oder den Unfall vom 15.06.1983 und/oder eine Zusammenwirkung dieser beiden Unfälle. Dabei sei zu beachten, dass dem Revisionswerber aufgrund seines Dienstunfalles vom 06.04.2009 zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung eine Versehrtenrente in Höhe von 20% gewährt worden sei. Die Ruhestandsversetzung wegen dauernder Dienstunfähigkeit müsse nicht ausschließlich, sondern nur überwiegend auf einen Dienstunfall bzw. mehrere Dienstunfälle oder auf eine Berufskrankheit zurückzuführen sein. Diese Klarstellung entspreche der bis zum Pensionsreformgesetz 2000 geübten Vollziehungspraxis. Die Frage des Überwiegens sei im Zweifelsfall anhand eines medizinischen Gutachtens zu beurteilen (Hinweis auf Fellner, BDG 1979 § 5 PG 1965).

12 Gegenständlich sei festgestellt worden, dass die Ruhestandsversetzung des Revisionswerbers wegen Dienstunfähigkeit nicht überwiegend auf einen Dienstunfall bzw. mehrere Dienstunfälle zurückzuführen sei. Diese Frage sei - wie in der Beweiswürdigung ausgeführt - von drei Gutachtern unabhängig voneinander klar, schlüssig und nachvollziehbar beantwortet worden.

13 Vollständigkeitshalber werde noch einmal darauf hingewiesen, dass der Unfall vom 15.06.1983 ohnehin nicht als Dienstunfall anerkannt worden und dem Revisionswerber diesbezüglich keine Versehrtenrente gewährt worden sei. Folge man dem Vorbringen des Revisionswerbers, wären durch diesen Unfall vom 15.06.1983 die Rhinosinusitis und das sinubronchiale Syndrom ausgelöst worden und diese Erkrankungen würden die maßgeblichste Erkrankung/Grund für die Dienstunfähigkeit darstellen. Mangels Anerkennung als Dienstunfall und mangels Gewährung einer diesbezüglichen Versehrtenrente würde selbst die Feststellung, dass die Rhinosinusitis und das sinubronchiale Syndrom für die Dienstunfähigkeit des Revisionswerbers überwiegend kausal gewesen wären, nichts am Ergebnis ändern, da diese mangels Gewährung einer Versehrtenrente irrelevant wären.

14 Aus den Gutachten ergebe sich jedoch ohnedies, dass die Ruhestandsversetzung - selbst unter Berücksichtigung des Unfalls vom 15.06.1983 - nicht überwiegend auf diesem und/oder eine Zusammenwirkung der beiden Unfälle vom 15. Juni 1983 und 6. April 2009 zurückzuführen sei.

15 Die Berechnung des Ruhegenusses durch die BVA sei daher zurecht in Anwendung des § 5 PG 1965 unter Zugrundelegung einer Kürzung der Ruhegenussbemessungsgrundlage von 80% auf 62% erfolgt, da die Voraussetzungen für einen Entfall der Kürzung nach § 5 Abs. 4 Z 2 PG 1965 nicht vorlägen.

16 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof durchzuführen und in der Sache selbst zu entscheiden und das angefochtene Erkenntnis dahin abzuändern, dass dem Antrag des Revisionswerbers stattgegeben werde und ihm die volle Ruhegenussbemessungsgrundlage gemäß § 5 Abs. 1 PG 1965 in Höhe von 80% der Ruhegenussberechnungsgrundlage zuerkannt und keine Kürzung vorgenommen werde; in eventu wird beantragt, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

17 Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet. 18 Zur Zulässigkeit der Revision wird u.a. eine unrichtige Auslegung des § 5 Abs. 4 Z 2 PG 1965 geltend gemacht. Es liege eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 133 Abs. 4 B-VG vor, weil die Auslegung des § 5 Abs. 4 Z 2 PG durch das Verwaltungsgericht fehlerhaft erfolgt sei und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis führe. Das Verwaltungsgericht vertrete nämlich die Ansicht, dass jedes Ereignis, das zu einer Dienstunfähigkeit führe, eine Zuerkennung einer Versehrtenrente bedürfe, um nicht zur Anwendung der Kürzungsbestimmung zu führen. Entscheidend für die Beurteilung der gegenständlichen Rechtssache sei, dass die Ausnahme von der Kürzungsbestimmung des § 5 PG 1965 auch dann vorliege, wenn die Ruhestandsversetzung wegen einer Berufskrankheit, aufgrund derer eine rechtskräftige Zuerkennung einer Versehrtenrente erfolgt sei, auch mit Umständen begründet worden sei, die durch einen der Berufskrankheit vorangegangen Dienstunfall ausgelöst worden seien, für welchen zwar für sich alleine - aus welchem Grunde auch immer -

keine Versehrtenrente zugesprochen worden sei, die aber zusammen betrachtet einen überwiegenden Grund für die Versetzung in den Ruhestand darstellten. Dass der Nasentrümmerbruch nicht als Dienstunfall anerkannt und dafür eine Versehrtenrente nicht zugesprochen worden sei, sei nicht das Versäumnis des Revisionswerbers, sondern des Dienstgebers. Der Wortlaut des § 5 Abs. 4 Z 2 PG 1965 lasse jedenfalls den Schluss zu, dass es durchaus genügend sei, wenn aufgrund einer Berufskrankheit oder eines Dienstunfalles eine Versehrtenrente zugesprochen worden sei, wenngleich die Beeinträchtigung teilweise durch einen vorangegangen Unfall im Dienst verursacht worden sei, für den offenbar versehentlich nicht ebenfalls bereits eine Versehrtenrente zugesprochen worden sei. Erfolge die Ruhestandsversetzung überwiegend - also nicht auch aus schwerwiegenderen anderen Gründen - nur wegen einer einzigen Berufskrankheit, schade es der Anwendung der Ausnahmebestimmung nicht, wenn auch noch weitere Dienstunfälle oder eine weitere Berufskrankheit die Versetzung in den dauernden Ruhestand ebenfalls rechtfertigten. Als andere Gründe seien solche zu verstehen, die eben nicht in einer Berufskrankheit oder einem Unfall im Dienst ("Dienstunfall") bestünden. Unter Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 30. Mai 2011, 2007/12/0074, und vom 13. September 2007, 2006/12/0191, vertrat der Revisionswerber den Standpunkt, der Verwaltungsgerichtshof habe über diese spezielle Frage bisher noch nicht, jedenfalls nicht eindeutig entschieden. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes stehe aber im Widerspruch zum zuletzt zitierten Erkenntnis. Jedenfalls fehle es aber an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu diesem Thema, das für eine große Zahl anderer Rechtsfälle von Bedeutung sein könne, zumal es häufig vorkomme, dass ein und derselben Person neben Berufskrankheiten bzw. Diensterkrankungen auch Dienstunfälle zustießen.

19 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt.

20 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

21 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 22 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 23 Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 5 Abs. 4 Z 2 PG 1965 bereits ausgesprochen, wie sich aus dem klaren Wortlaut des ersten Satzes dieser Bestimmung ergebe, seien die Voraussetzungen für die Abstandnahme von der Kürzung nicht schon dann erfüllt, wenn die Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit überwiegend auf Dienstunfälle oder Berufskrankheiten zurückzuführen sei, für die eine Versehrtenrente gebührt; vielmehr ist es erforderlich, dass für diese Unfälle/Berufskrankheiten eine Versehrtenrente oder eine Anhebung einer bereits bestehenden Versehrtenrente nach dem B-KUVG vom zuständigen Unfallversicherungsträger rechtskräftig zugesprochen wurde. Wie sich weiters aus dem zweiten Satz der genannten Gesetzesbestimmung ergibt, muss der rechtskräftig festgestellte Anspruch auf Versehrtenrente - allenfalls auch aufgrund rückwirkender Zuerkennung - zum Zeitpunkt des Anfalls des Ruhebezuges bestehen (VwGH 17.10.2008, 2008/12/0166). 24 Aus diesen Ausführungen ergibt sich einerseits, dass die Kürzung gemäß § 5 Abs. 4 Z 2 PG 1965 nur dann zu entfallen hat, wenn die Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit überwiegend auf berentete Dienstunfälle oder berentete Berufskrankheiten zurückzuführen ist, und andererseits, dass zum Zeitpunkt des Anfalls des Ruhebezuges bereits ein Anspruch auf Versehrtenrente bezüglich jedes dieser Dienstunfälle oder Berufskrankheiten rechtskräftig festgestellt sein muss.

25 Im Revisionsfall steht aber unbestritten fest, dass lediglich der Unfall vom 6. April 2009 als Dienstunfall anerkannt und diesbezüglich zum Zeitpunkt des Anfalls des Ruhebezuges ein Anspruch auf Versehrtenrente festgestellt worden war. Da die Ruhestandsversetzung des Revisionswerbers aber ausgehend vom im angefochtenen Erkenntnis festgestellten Sachverhalt nicht überwiegend auf diesen Dienstunfall zurückzuführen ist, scheidet ein Entfall der Kürzung gemäß § 5 Abs. 4 Z 2 PG 1965 aus. 26 Auch in dem vom Revisionswerber zitierten Erkenntnis vom 30. Mai 2011, 2007/12/0074, wurde ausgesprochen, dass die Anwendbarkeit des § 5 Abs. 4 Z 2 PG 1965 nur dann gegeben ist, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind:

1. Die überwiegende Rückführbarkeit der für die Ruhestandsversetzung des Beamten maßgebenden Dienstunfähigkeit auf einem Dienstunfall oder eine Berufskrankheit und

2. dass dem Beamten aufgrund dieses Dienstunfalles oder dieser Dienstunfälle oder dieser Berufskrankheit vom zuständigen Unfallversicherungsträger rechtskräftig eine Versehrtenrente oder die Anhebung einer bereits bestehenden Versehrtenrente nach dem B-KUVG zugesprochen wurde. Der rechtskräftig festgestellte Anspruch auf Versehrtenrente muss zum Zeitpunkt des Anfalles des Ruhebezuges bestehen.

27 Auch mit diesem Erkenntnis wurde somit eindeutig ausgesprochen, dass lediglich zum Zeitpunkt des Anfalles des Ruhebezuges berentete Dienstunfälle oder Berufskrankheiten den Entfall der Kürzung bewirken.

28 Diesem Ergebnis steht auch nicht das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 13. September 2007, 2006/12/0191, entgegen, wurde dort doch nur ausgesprochen, dass eine Kürzung gemäß § 5 Abs. 4 Z 2 PG 1965 dann nicht zu entfallen habe, wenn sich der berentete Dienstunfall erst nach Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit des Beamten ereignete. Für den vorliegenden Revisionsfall ist aus diesem Erkenntnis nichts zu gewinnen. 29 Eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde daher im Zusammenhang mit der Auslegung des § 5 Abs. 4 Z 2 PG 1965 in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht aufgezeigt. 30 Weiters wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision als Verfahrensmangel das Unterlassen der beantragten Einvernahme des Zeugen Dr. med. K. gerügt. Das Verwaltungsgericht habe die Nichtanwendung der Kürzungsbefreiung des § 5 Abs. 4 Z 2 PG 1965 damit begründet, dass die Ruhestandsversetzung des Revisionswerbers überwiegend weder auf den Unfall vom 15. Juni 1983 noch auf den Dienstunfall vom 16. April 2009 oder eine Zusammenwirkung der vorgenannten beiden Unfälle zurückzuführen sei. Es habe seine Tatsachenfeststellungen auf die Gutachten Dris. H., Dris. P. und Dris. Z. und das Obergutachten, welches ebenfalls von Dr. Z. stamme, gegründet, wobei Dr. Z das Obergutachten erstattet habe, ohne den Revisionswerber persönlich untersucht zu haben. Auch die Sachverständigen Dr. H. und Dr. P. hätten den Revisionswerber nur ein einziges Mal persönlich untersucht. Dr. H. habe ausgeführt, dass der Revisionswerber schon vor seinem im Dienst erlittenen Unfall vom 15. Juni 1983 an einer anlagebedingten Verengung der Zugangswege zu den Nasennebenhöhlen gelitten habe, welche weit überwiegend zu den chronischen Entzündungen in der Nase geführt hätten. Von einer unfallkausalen chronischen Rhinosinusitis könne nicht gesprochen werden, weil keine sinusspezifischen Veränderungen in den Nasenhöhlen vorhanden gewesen seien. Ursachen für die Beschwerden seien weit überwiegend anatomisch bedingte Veränderungen gewesen und nicht der Nasenbeinbruch im Jahr 1983. Mit der Nasenscheidewandoperation sei der belüftungsrelevante Anteil der Veränderung korrigiert und somit auch der unfallkausale Anteil zur Gänze behoben worden. Die beantragte Einvernahme des HNO-Facharztes Dr. K. hätte ergeben, dass der Revisionswerber vor dem Unfall im Jahr 1983 beschwerdefrei gewesen sei und als Leistungssportler (militärischer Fünfkampf, Leichtathletik, Fußball, Handball, Tennis, Tischtennis) ohne krankheitsrelevante Veränderungen im HNO-Bereich tätig gewesen sei, und dass seine Beschwerden erstmals und durch den Unfall im Jahr 1983 aufgetreten seien und diese trotz der Operation im Jahr 2008 im Zusammenhang mit dem Rauchgasunfall im Jahr 2009 jedenfalls zur Dienstunfähigkeit geführt hätten. Die Beschwerden seien entgegen den Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. nicht sofort aufgetreten, sondern erst nach dem Unfall. Überdies sei die Einholung des Obergutachtens durch den Sachverständigen Dr. Z., der selbst das erste Gutachten erstellt habe, in Wahrheit kein Obergutachten, sondern lediglich eine Selbstbestätigung des eigenen Gutachtens des Sachverständigen. Dieses Gutachten habe der Sachverständige Dr. H. seinem Gutachten zugrunde gelegt.

31 Die Zulässigkeit einer Revision setzt neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird (z.B. VwGH 19.4.2016, Ra 2016/12/0029). Dass der Unfall im Jahr 1983 bei der Beurteilung der Anwendbarkeit des § 5 Abs. 4 Z 2 PG 1965 nicht zu berücksichtigen war, ergibt sich jedoch schon aus den obigen Ausführungen, weil es sich nicht um einen anerkannten Dienstunfall handelt, für den eine Versehrtenrente zuerkannt worden war. 32 Auch im vorliegenden Zusammenhang wurde daher eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgeworfen. 33 Als weiteren Verfahrensmangel macht die Zulässigkeitsbegründung der Revision die unterlassene Einvernahme eines fachkundigen Fachoffiziers für Personalwesen zur Einstufung des Klägers in einen Sprechberuf geltend. Wäre dieser einvernommen worden, hätte sich herausgestellt, dass die Tätigkeit bzw. die Berufsanforderung an den Revisionswerber unter Level II (Berufssprecher wie Lehrer, Dozenten, Telefonisten etc.) zu subsumieren sei und daher eine Berufsausübung für ihn nicht in Frage kommen könne.

34 Auch mit diesem Vorbringen wird die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels schon deshalb nicht dargetan, weil ausgehend von den vorliegenden Sachverständigengutachten und den Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis die funktionelle Stimmstörung und die weiteren für das Sprechen relevanten Gesundheitsbeeinträchtigungen des Revisionswerbers, die zur Ruhestandsversetzung wegen dauernder Dienstunfähigkeit geführt hatten, jedenfalls nicht überwiegend Folgen des berenteten Dienstunfalls des Revisionswerbers im Jahr 2009 waren. Eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde daher auch diesbezüglich nicht aufgeworfen.

35 Weiters rügt der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung die Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung. Die Rüge eines Verfahrensmangels als Zulässigkeitsgrund versagt allerdings immer dann, wenn dieser Verfahrensmangel in der Revisionsbegründung nicht mehr ausgeführt wird, was auch betreffend die Rüge des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung vom Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen wurde (vgl. z.B. VwGH 27.4.2017, Ra 2017/12/0030). Da in der vorliegenden Revision das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in der Revisionsbegründung nicht ausgeführt wurde, versagt die Rüge des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung als Zulässigkeitsgrund.

36 Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

37 Die vorliegende Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 27. April 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019120034.L00

Im RIS seit

01.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

01.07.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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