TE Vwgh Beschluss 2020/5/4 Ra 2020/16/0016

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.05.2020
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht
41/01 Sicherheitsrecht

Norm

BAO §143
B-VG Art130 Abs1 Z2
B-VG Art133 Abs4
SPG 1991 §39 Abs3 Z3
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des M D in J, Slowenien, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 8. Oktober 2019, Zl. RM/4100002/2018, betreffend Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt St. Veit Wolfsberg), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber erhob mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2018 Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG vor dem Bundesfinanzgericht. Er sei am 13. September 2018 im Zuge einer Glücksspielkontrolle der Landespolizeidirektion Kärnten in der Nähe der V. straße in K. angetroffen und durchsucht worden. Von Organen der Finanzpolizei, Finanzpolizei Team xx, dieses offenbar für das Finanzamt St. Veit Wolfsberg, sei der von ihm gehaltene Pkw durchsucht worden. In der Folge sei er als (angeblich) gemäß § 143 BAO zur Auskunft verpflichtete Person einvernommen worden. Er sei durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in verfassungsgesetzlich gewährleisteten und in einfachgesetzlichen Rechten verletzt worden.

2        In dieser Beschwerde beantragte der Revisionswerber den Ausspruch:

„Die am 13.09.2018 von der Finanzpolizei Team [xx] für das Finanzamt St. Veit Wolfsberg erfolgte Durchsuchung des vom Beschwerdeführer gehaltenen Pkw mit dem slowenischen Kennzeichen [KR-xxxxx] in der Nähe der [V. Straße xx] in [K] war rechtswidrig.“

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

4        Organe des Landeskriminalamtes hätten am 13. September 2018 das in Slowenien zugelassene Fahrzeug des in Slowenien wohnhaften Revisionswerbers in Anwendung des § 39 Abs. 3 Z 3 SPG „(Suchtmittelverdacht)“ am Parkplatz vor dem Geschäftslokal einer G. GmbH in der V. straße xx durchsucht und dabei einen Ordner mit Geschäftsbriefen auf der Rücksitzbank des Fahrzeugs gefunden.

5        Zu diesem Zeitpunkt hätten in allen drei Geschäftslokalen dieser GmbH in K. Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz durch die Finanzpolizei und „weitere Behörden“ stattgefunden. Zwei Organe der Finanzpolizei seien zur Durchführung einer „NOVA Kontrolle“ zum Parkplatz beordert worden. Die Organe des Landeskriminalamtes hätten die beim in Rede stehenden Fahrzeug eintreffenden Organe der Finanzpolizei auf den aufgefundenen Ordner aufmerksam gemacht. Ein Finanzpolizist habe den Ordner an sich genommen und beim Durchblättern festgestellt, dass sich darin geöffnete und nicht geöffnete Briefe betreffend die G. GmbH befunden hätten. Nach Durchführung einer Hauptwohnsitzabfrage habe kein weiterer Anlass für die Fortsetzung der „NOVA Kontrolle“ bestanden. In der Folge seien zwei Finanzpolizisten und der Revisionswerber zur Einvernahme des Revisionswerbers als Auskunftsperson zu einem der anderen Einsatzorte gefahren, weil sich dort die Dolmetscherin für die slowenische Sprache befunden habe. Die Geschäftsbriefe habe ein Finanzpolizist zur Einvernahme mitgenommen. Gegenstand der Befragung des Revisionswerbers sei dessen Verhältnis zur G. GmbH und deren möglichen Machthabern sowie die Frage gewesen, wie der Ordner mit den Geschäftsbriefen des kontrollierten Unternehmens (G. GmbH) in das Fahrzeug des Revisionswerbers gelangt sei. Im Zuge der Einvernahme seien die Briefe abgelichtet worden.

6        Eine Durchsuchung des Fahrzeuges sei von den Organen des Landeskriminalamtes, nicht von der Finanzpolizei vorgenommen worden, die Befragung des Revisionswerbers zu dem Ordner mit den Geschäftsbriefen und des Verhältnisses des Revisionswerbers zur G. GmbH sei durch § 143 BAO gerechtfertigt.

7        Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

8        Der Revisionswerber erachtet sich im Recht verletzt, dass „ein auf ihn zugelassener und von ihm gehaltener Pkw nicht durchsucht wird, wie insbesondere auch, dass nicht in in diesem von ihm gehaltenen Pkw befindliche Ordner mit Briefen, welche sich in seinem Gewahrsame und Besitz befinden, ohne sein Einverständnis Einblick genommen wird, dabei Kuverts geöffnet werden, Briefe entnommen werden und diese abgelichtet bzw. fotokopiert werden.“

9        Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10       Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden; er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11       Der Revisionswerber wirft zur Zulässigkeit seiner Revision die Fragen auf, ob die Abgabenbehörden im Rahmen einer NOVA-Kontrolle berechtigt seien, ohne Zustimmung des kontrollierten Zulassungsbesitzers und Halters des Pkw in im Pkw aufgefundene Briefe Einsicht zu nehmen und zu diesem Zweck Briefe aus Briefkuverts zu entnehmen und ob - anschließend an eine NOVA-Kontrolle - die Abgabenbehörden berechtigt seien, im Rahmen einer Einvernahme als Auskunftsperson in zuvor aufgefundene Urkunden ohne Zustimmung der Auskunftsperson Einblick zu nehmen und diese abzulichten. Weiters habe für die Durchsuchung des Fahrzeugs durch die belangte Behörde keine gesetzliche Ermächtigung bestanden.

12       Soweit der Revisionswerber im Zulässigkeitsvorbringen die Durchsuchung des in Rede stehenden Fahrzeugs anspricht, entfernt er sich vom Sachverhalt, den das Bundesfinanzgericht angenommen hat, denn demnach wurde die Durchsuchung des Fahrzeugs von Beamten des Landeskriminalamtes durchgeführt und sind die Organe der Finanzpolizei erst daran anschließend zum Fahrzeug hinzugekommen.

13       Gegenstand der Beschwerde war ausschließlich die Durchsuchung des in Rede stehenden Fahrzeugs. Die im Zusammenhang mit einer späteren Befragung des Revisionswerbers als Auskunftsperson und mit dabei vorgenommenen Amtshandlungen betreffend einen Ordner und Briefe aufgeworfenen Fragen stellen sich im Revisionsfall daher nicht.

14       Die Revision war deshalb gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 4. Mai 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020160016.L00

Im RIS seit

09.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

14.07.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten