TE Vwgh Beschluss 2020/5/4 Ra 2019/04/0145

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Veröffentlicht am 04.05.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
97 Öffentliches Auftragswesen

Norm

AVG §45 Abs3
AVG §58 Abs2
AVG §60
BVergG 2006 §320
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger, sowie Hofrätin Mag. Hainz-Sator und Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision der G Ges.m.b.H. in M, vertreten durch Dr. Martin Leitner und Dr. Ralph Trischler, Rechtsanwälte in 1070 Wien, Lindengasse 38/3, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 24. September 2018, Zl. VGW- 123/029/16485/2017-18, betreffend vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren (mitbeteiligte Partei: Magistrat der Stadt Wien, 1030 Wien, Am Modenapark 1-2), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1.1. Die mitbeteiligte Partei (Auftraggeberin) führte ein offenes Verfahren im Oberschwellenbereich zur Vergabe eines Lieferauftrages nach dem Bestbieterprinzip zur Lieferung von Hygienepapier (Toilettenpapier, Papierhandtücher), wobei der geschätzte Auftragswert nicht das Zehnfache des Schwellenwerts überstieg.

2 Die Revisionswerberin - eine potentielle Mitbewerberin - brachte den verfahrensgegenständlichen Nachprüfungsantrag mit dem Begehren ein, die gesamten Ausschreibungsunterlagen, in eventu einzelne Bestimmungen für nichtig zu erklären. Zusammengefasst brachte sie vor, die Angebotsfrist sei unzulässiger Weise verkürzt worden. Die technischen Spezifikationen betreffend das "Toilettenpapier klein" könnten von keinem Anbieter geliefert werden. Die Anforderungen seien ohne sachliche Rechtfertigung auf einen bestimmten Bieter "zugeschnitten". Ebenso sei keine sachliche Rechtfertigung für die Einschränkung auf die maximale Palettenhöhe von 200 cm ersichtlich. In den Papierhandtüchern dürften - entgegen den Ausschreibungsbestimmungen - keine antimikrobiell wirksamen Substanzen enthalten sein. 3 1.2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wie das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) den Antrag der Revisionswerberin auf Nichtigerklärung der gesamten Ausschreibung sowie in eventu einzelner, konkret bezeichneter Ausschreibungsbestimmungen ab und sprach aus, dass die Revisionswerberin die entrichteten Pauschalgebühren selbst zu tragen habe. Die Revision erklärte es für nicht zulässig. 4 Das Verwaltungsgericht stellte in seiner Begründung zusammengefasst fest, der Beschaffungsvorgang sei am 7. November 2017 elektronisch bereitgestellt worden. Am 9. November 2017 sei die europaweite Bekanntmachung erfolgt. Die Unterlagen seien elektronisch bereitgestellt worden. Die Angebotsfrist habe am 18. Dezember 2017 geendet.

5 Die Mindestanforderungen an das "Toilettenpapier klein" seien im Vergleich zu früheren Ausschreibungen geändert worden, weil die Auftraggeberin mehr Komfort habe beschaffen wollen. Im Zuge der in Rede stehenden Anforderungen seien seitens der Auftraggeberin Markterkundungen betrieben worden, die ergeben hätten, dass Toilettenpapier verschiedener Erzeuger lieferbar sei, das den Anforderungen der Ausschreibung entsprechen würde. 6 Das Leistungsverzeichnis habe die folgende Festlegung enthalten: "Antimikrobiell wirksame Substanzen: In den Fertigprodukten dürfen, außer in den Papierhandtüchern, keine antimikrobiell wirksamen Substanzen gemäß ÖNORM EN1104 od. gleichwertig nachweisbar sein."

7 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, die verkürzte Angebotsfrist von 40 Tagen sei fallbezogen aufgrund der umfassenden elektronischen Bereitstellung der Unterlagen des Vergabeverfahrens durch die Auftraggeberin nach den Bestimmungen des BVergG 2006 erlaubt.

8 Hinsichtlich der Qualitätskriterien des Toilettenpapiers habe die Auftraggeberin nachvollziehbar ihren Anspruch an die Qualitätsanforderungen dargelegt, wobei sie danach getrachtet habe, die Mindestanforderungen so festzulegen, dass ein Anbieterwettbewerb gewahrt bleibe. Anhaltspunkte für unsachliche Festlegungen seien nicht hervorgekommen.

9 Das Vorbringen hinsichtlich der Palettenhöhe habe die Revisionswerberin in der mündlichen Verhandlung zurückgezogen. 10 Den Ausschreibungsbestimmungen sei weiter zu entnehmen, dass die Festlegung der Auftraggeberin, wonach in Fertigprodukten antimikrobiell wirksame Substanzen nicht nachweisbar sein dürften, nicht für Papierhandtücher gelte. Diese Festlegung bedeute nur, dass die bloße Nachweisbarkeit antimikrobieller Substanzen bei den Papierhandtüchern nicht zur Ausscheidung eines Angebotes führen müsse. Sie sage jedoch nichts über eine geforderte Konzentration aus, weshalb die Bestimmung gesetzeskonform dahingehend verstanden werden könne, dass die betreffenden Produkte antimikrobiell wirksame Substanzen im rechtlich zulässigen Rahmen enthalten dürften.

11 2. Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision.

12 Sie bringt zur Begründung der Zulässigkeit gemäß § 28 Abs. 3 VwGG vor, das Verwaltungsgericht habe die von der Revisionswerberin angebotenen Beweise ("keine Parteieneinvernahme, vorgelegte E-Mails") ohne Begründung nicht aufgenommen. 13 3. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 16 3.1. Die Revision rügt mit der Unterlassung der Parteieneinvernahme das Vorliegen eines Verfahrensmangels und das Übergehen eines Beweisanbots, wobei in Klammer der Hinweis:

"vorgelegte E-Mails" angeführt ist.

17 Die Zulässigkeit der Revision setzt im Zusammenhang mit einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann bei einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass im Falle der Durchführung eines mängelfreien Verfahrens abstrakt die Möglichkeit bestehen muss, zu einer anderen - für die Revisionswerberin günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu gelangen (vgl. VwGH 5.10.2017, Ra 2017/17/0234, mwN).

18 Mit ihren diesbezüglichen, nicht weiter substantiierten Ausführungen hinsichtlich des Vorliegens von Begründungsmängeln und der Nichteinräumung von Parteiengehör gelingt es der revisionswerbenden Partei nicht, eine Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel darzulegen. So legt die Revision nicht dar, welche Tatsachenbehauptungen durch die Parteieneinvernahme unter Beweis gestellt worden wären, die zu einer für die Revisionswerberin günstigeren Entscheidung geführt hätten. Hinsichtlich der übergangenen E-Mails ist weder konkretisiert, um welche Urkunden es sich handelt, noch zu welchem Beweisthema diese vorgelegt worden seien. Damit verabsäumt die Revision die Relevanz der vorgebrachten Verfahrensmängel darzutun. 19 Zu den darüber hinaus in der Zulässigkeitsbegründung zahlreich angeführten Rechtssätzen ist festzuhalten, dass die Revision jeweils keinen Bezug zu dem angefochtenen Erkenntnis herstellt. Inwiefern diese für das verfahrensgegenständliche Revisionsverfahren entscheidend seien, ist nicht zu ersehen, sodass diese Ausführungen die Zulässigkeit der Revision nicht begründen können.

20 3.2. In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 4. Mai 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019040145.L00

Im RIS seit

23.06.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.06.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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