TE Vwgh Beschluss 2020/5/5 Ra 2020/19/0100

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Veröffentlicht am 05.05.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte

Norm

B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, über die Revision des O F, vertreten durch Mag. Zaid Rauf, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5/9, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Jänner 2020, W232 2171072-1/34E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 16. September 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2        Mit Bescheid vom 25. August 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und setzte eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise fest.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Hinsichtlich der Rückkehrentscheidung nahm das BVwG eine Interessenabwägung vor und gelangte zum Ergebnis, dass aufgrund der näher dargestellten Umständen des Einzelfalles - insbesondere unter Beachtung des Fehlens einer besonderen sozialen oder beruflichen Integration des Revisionswerbers im Inland - das öffentliche Interesse an einer Beendigung des Aufenthaltes des Revisionswerbers sein privates Interesse am Verbleib im Inland überwiege. Zulasten des Revisionswerbers berücksichtigte das BVwG auch, dass der Revisionswerber mit rechtskräftigem Urteil vom 3. September 2018 wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 2a zweiter Fall Suchtmittelgesetz (SMG) zu einer für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt worden war.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Die vorliegende Revision wendet sich zur Begründung ihrer Zulässigkeit gegen die Rückkehrentscheidung. Dazu wird geltend gemacht, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil es die strafgerichtliche Verurteilung des Revisionswerbers bei seiner Interessenabwägung berücksichtigt, sich jedoch nicht mit den näheren Umständen der Tatbegehung auseinandergesetzt habe.

9        Werden Verfahrensmängel - wie hier ein Ermittlungs- bzw. Begründungsmangel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden (vgl. etwa VwGH 9.1.2020, Ra 2019/19/0506). Diesen Anforderungen wird die Revision, die nicht darlegt, welche konkreten näheren Umstände der Begehung der Straftat des Revisionswerbers das BVwG zu beachten gehabt hätte, nicht gerecht, sodass mit diesem Vorbringen schon deshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird.

10       Im Übrigen ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn kein revisibler Verfahrensmangel vorliegt und sie in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. etwa VwGH 13.2.2020, Ra 2020/19/0002, mwN).

11       Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die nach Art. 8 EMRK durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. etwa VwGH 21.2.2020, Ra 2020/18/0002, mwN). Liegt - wie im gegenständlichen Fall - eine relativ kurze Aufenthaltsdauer des Betroffenen in Österreich vor, so wird nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes regelmäßig erwartet, dass die in dieser Zeit erlangte Integration außergewöhnlich ist, um die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären (vgl. etwa VwGH 30.12.2019, Ra 2019/18/0498, mwN). Von dieser Rechtsprechung ist das BVwG im vorliegenden Fall ausgegangen. Der Beurteilung, dass keine außergewöhnliche Integration des Revisionswerbers vorliege, die in diesem Sinn die Rückkehrentscheidung als unzulässig erscheinen lassen könnte, tritt die Revision nicht substantiiert entgegen.

12       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 5. Mai 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020190100.L00

Im RIS seit

09.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

14.07.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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