TE Vwgh Beschluss 2020/5/5 Ra 2019/19/0364

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Veröffentlicht am 05.05.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, über die Revision des A N, vertreten durch Mag. Josef Phillip Bischof und Mag. Andreas Lepschi, Rechtsanwälte in 1090 Wien, Währinger Straße 26/1/3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Juli 2019, W216 2188329-1/18E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 3. Oktober 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, sein Sohn sei auf Grund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara erschossen worden. Die Taliban hätten ihn misshandelt und ihn und seine Tochter für Selbstmordanschläge einsetzen wollen.

2        Mit Bescheid vom 7. Februar 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, soweit sie sich gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten richtete, als unbegründet ab, gab ihr hingegen hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten statt, erkannte dem Revisionswerber diesen Status zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung. Unter einem sprach es aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7        Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das BVwG habe bei der Würdigung des Fluchtvorbringens des Revisionswerbers die Grenzen einer freien richterlichen Beweiswürdigung mehrfach überschritten; die Begründung sei unvollständig und nicht nachvollziehbar. Konkret sei die Beweiswürdigung hinsichtlich der behaupteten Tötung des Sohnes des Revisionswerbers nicht geeignet, dessen Unglaubwürdigkeit darzulegen. Die Beweiswürdigung zur Freilassung des Revisionswerbers durch die Taliban liege außerhalb jeder Lebenserfahrung. Das BVwG habe ferner das Vorbringen des Revisionswerbers zur Motivation der Taliban, ihn der „Spionage“ zu verdächtigen, nicht erörtert und nicht nachvollziehbar dargelegt, warum die Angaben über die Behinderung der Tochter nicht glaubwürdig seien.

8        Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Die Beweiswürdigung ist auch im Fall der Zulässigkeit der Revision nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges (nicht aber die konkrete Richtigkeit) handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. etwa VwGH 21.5.2019, Ra 2018/19/0141, mwN).

9        Das BVwG hat sich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der es den Revisionswerber ausführlich zu seiner Fluchtgeschichte befragt hat, in seiner Beweiswürdigung mit dem Vorbringen des Revisionswerbers auseinandergesetzt und ist - insbesondere im Hinblick auf Widersprüche und Steigerungen im Fluchtvorbringen - in nicht unvertretbarer Weise zu der Auffassung gelangt, der Revisionswerber habe eine individuell gegen ihn gerichtete Verfolgungsgefahr durch die Taliban nicht glaubhaft machen können.

10       In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 5. Mai 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019190364.L00

Im RIS seit

13.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

13.07.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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