TE Vwgh Beschluss 2020/5/6 Ra 2020/02/0048

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Veröffentlicht am 06.05.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
86/01 Veterinärrecht allgemein

Norm

B-VG Art133 Abs4
TierschutzG 2005 §18 Abs3 Z2
VwGG §34 Abs1

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2020/02/0049

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision von 1. E P und 2. W P, beide in 4643 Pettenbach und beide vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 7. Jänner 2020, Zlen. LVwG-050147/5/Bi und LVwG-050148/5/Bi, betreffend Feststellungen hinsichtlich einer Käfighaltung von Legehennen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit im Wesentlichen gleich lautenden Bescheiden vom 6. August 2019 hat die belangte Behörde die Anträge der revisionswerbenden Parteien vom 22. Mai 2019, „auf Erlassung eines Feststellungsbescheides, dass [die revisionswerbenden Parteien] die bisherige Käfighaltung von Legehennen in ausgestalteten Käfigen ab dem 31.12.2019 nicht mehr durchführen [dürfen] in eventu nach dem 31.12.2019 die Legehennen in ausgestalteten Käfigen halten [dürfen] in eventu eines Bescheides, mit dem die bisherige Tierhaltung (Haltung von Legehennen in ausgestalteten Käfigen), nach dem Tierschutzgesetz untersagt wird als unzulässig zurückgewiesen“.

2        Im Wesentlichen begründete die belangte Behörde ihre Entscheidung damit, dass keine strittige Rechtsfrage oder ein strittiges Rechtsverhältnis vorliege, weshalb die Voraussetzung für die Erlassung eines Feststellungsbescheides nicht gegeben wäre.

3        Die dagegen gerichteten Beschwerden der revisionswerbenden Parteien wies das Verwaltungsgericht mit dem nun angefochtenen Erkenntnis - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Verkündung des Erkenntnisses am 13. Dezember 2019 - ab. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichthof erklärte es für nicht zulässig.

4        Nach der Begründung hielten die revisionswerbenden Parteien gemeinsam rund 9.600 Legehennen in ausgestalteten Käfigen. Wegen einer Rechtslagenänderung mit 15-jähriger Übergangsfrist, nach der spätestens mit 31. Dezember 2019 keine Legehennen in ausgestalteten Käfigen gehalten werden dürften, seien die Revisionswerber im April 2019 von der Behörde kontaktiert worden. In der Folge hielten die Revisionswerber gegenüber der Behörde fest, dass sie auch nach Ablauf des 31. Dezember 2019 Legehennen in ausgestalteten Käfigen halten würden und stellten die von der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht zurückgewiesenen Anträge auf Feststellung. Diese seien - so das Verwaltungsgericht weiter in der Begründung - zu Recht zurückgewiesen worden, weil - zusammengefasst - das Verbot der Haltung von Legehennen in ausgestalteten Käfigen so klar sei, dass keine strittigen oder unsicheren Rechtsverhältnisse vorlägen, für die ein Feststellungsbescheid erforderlich gewesen wäre. Es liege gegenständlich kein zulässiger Gegenstand eines Feststellungsbescheides vor. Die Zurückweisung der Anträge sei daher zu Recht erfolgt.

5        Gegen diese Entscheidung erhoben die revisionswerbenden Parteien die vorliegende Revision.

6        Die belangte Behörde hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       Die revisionswerbenden Parteien erachten die Revision zusammengefasst als zulässig, weil die Erlassung der beantragten Feststellungsbescheide ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung darstelle. Es gebe keine andere rechtliche Möglichkeit, eine zukünftige Rechtsgefährdung in Form eines gegen die revisionswerbenden Parteien geführten Verwaltungsstrafverfahrens, abzuwenden. Nur durch entsprechende Feststellungen könne das Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klargestellt werden.

11       Die gegenständlichen Anträge sind auf die Feststellung gerichtet, dass die „bisherige Käfighaltung von Legehennen in ausgestalteten Käfigen ab dem 31.12. 2019“ durchgeführt bzw. nicht mehr durchgeführt werden dürfe.

12       Der hier maßgebende § 18 Abs. 3 Z 2 TSchG lautet:

„Käfige gemäß Art. 6 der Richtlinie 1999/74/EG:

a)Der Bau oder die erste Inbetriebnahme ist ab 1. Jänner 2005 verboten.

b)Der Betrieb von vor dem 1. Jänner 2005 gebauten Käfigen ist bis zum Ablauf von 15 Jahren ab der ersten Inbetriebnahme zulässig.“

13       In Artikel 6 der Richtlinie 1999/74/EG des Rates vom 19. Juli 1999 zur Festlegung von Mindestanforderungen zum Schutz von Legehennen heißt es:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, daß ab 1. Januar 2002 alle Käfige im Sinne dieses Kapitels die nachstehenden Mindestanforderungen erfüllen:

1.Den Legehennen muß folgendes zur Verfügung stehen:

a)mindestens 750 cm² Käfigfläche je Tier, davon 600 cm² nutzbare Fläche, wobei die Käfighöhe an jeder Stelle außerhalb der nutzbaren Fläche mindestens 20 cm betragen muß und die gesamte Käfigfläche nicht weniger als 2000 cm² betragen darf;

b)ein Nest;

c)eine Einstreu, die das Picken und Scharren ermöglicht;

d)geeignete Sitzstangen mit einem Platzangebot von mindestens 15 cm je Henne.

2.Es muß ein uneingeschränkt nutzbarer Futtertrog zur Verfügung stehen. Seine Länge muß mindestens 12 cm, multipliziert mit der Zahl der im Käfig befindlichen Hennen, betragen.

3.Jeder Käfig muß mit einer insbesondere der Größe der Gruppe angemessenen Tränkvorrichtung ausgestattet sein; bei Tränkvorrichtungen mit Leitungsanschluß müssen sich mindestens zwei Nippeltränken oder zwei Trinknäpfe in Reichweite jeder Henne befinden.

4.Zur Erleichterung der Tierkontrolle, Käfigbeschickung und Käfigräumung müssen die Gänge zwischen den Käfigreihen mindestens 90 cm breit sein; der Abstand zwischen dem Boden des Gebäudes und den unteren Käfigreihen muß mindestens 35 cm betragen.

5.Die Käfige sind mit geeigneten Vorrichtungen zum Kürzen der Krallen auszustatten.“

14       Unstrittig ist, dass weder die angeführte Richtlinie noch das TSchG die Möglichkeit zu einer Antragstellung bzw. zu der beantragten Feststellung vorsieht.

15       Mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage für die begehrte Feststellung kommt im Revisionsfall nur die Erlassung eines auf allgemeinen Verfahrensgrundsätzen beruhenden Feststellungsbescheides in Betracht.

16       Nach ständiger Rechtsprechung ist die Erlassung eines Feststellungsbescheides, der im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen ist, dann zulässig, wenn die Erlassung eines solchen Bescheides im öffentlichen Interesse liegt oder insofern im Interesse der Partei, als sie für die Partei ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung darstellt. Ein rechtliches Interesse einer Partei an einer bescheidmäßigen Feststellung ist gegeben, wenn der Feststellungsbescheid für die Partei ein geeignetes Mittel zur Beseitigung aktueller oder zukünftiger Rechtsgefährdung ist. Der Feststellung muss die Eignung zukommen, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch die Gefährdung eines subjektiven Rechtes der Antragstellerin bzw. des Antragstellers zu beseitigen (vgl. VwGH 24.10.2013, 2010/07/0171, mwN).

17       Gegenstand eines, ohne Vorliegen einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage, begehrten Feststellungsantrages kann grundsätzlich nur die Feststellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses sein; darüber hinaus kann die Behörde weder über die Anwendbarkeit von gesetzlichen Vorschriften noch über ihre Auslegung und über das Vorliegen von Anspruchsvoraussetzungen spruchmäßig entscheiden (vgl. VwGH 20.9.1993, 92/10/0457, mwN).

18       Auch die rechtliche Qualifikation eines Sachverhaltes kann nicht Gegenstand eines Feststellungsantrages sein (VwGH 21.12.2001, 98/02/0311, VwGH 20.9.1993, 92/10/0457; siehe auch VwGH 27.11.1958, 57/58, VwSlg. Nr. 4822 A/1958).

19       In diesem Sinne erweisen sich die gegenständlichen Anträge „auf Erlassung eines Feststellungsbescheides, dass [die revisionswerbenden Parteien] die bisherige Käfighaltung von Legehennen in ausgestalteten Käfigen ab dem 31.12.2019 nicht mehr durchführen [dürfen] in eventu nach dem 31.12.2019 die Legehennen in ausgestalteten Käfigen halten [dürfen] in eventu eines Bescheides, mit dem die bisherige Tierhaltung (Haltung von Legehennen in ausgestalteten Käfigen), nach dem Tierschutzgesetz untersagt wird“, als unzulässig.

20       Die dem gegenständlichen Feststellungsantrag zu Grunde liegende Vorschrift (§ 18 Abs. 3 Z 2 TSchG) begründet nämlich weder eine bestimmte rechtlich geregelte Beziehung zwischen den revisionswerbenden Parteien und der belangten Behörde noch eine bestimmte Rechtsposition der revisionswerbenden Parteien. Ein „Recht oder Rechtsverhältnis“, das einer bescheidmäßigen Feststellung zugänglich wäre, kann dem vorgetragenen Sachverhalt nicht entnommen werden. Vielmehr betrifft das Begehren die Auslegung einer Vorschrift, die nicht Gegenstand eines Feststellungsantrages sein kann (vgl. neuerlich VwGH 20.9.1993, 92/10/0457).

21       Die Anträge der revisionswerbenden Parteien wurden daher von der belangten Behörde zu Recht zurückgewiesen und die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde vom Verwaltungsgericht Wien zutreffend abgewiesen.

22       In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

23       Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 6. Mai 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020020048.L00

Im RIS seit

31.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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