TE Vwgh Beschluss 2020/5/6 Ra 2020/02/0007

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Veröffentlicht am 06.05.2020
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §5 Abs1
StVO 1960 §5 Abs10
StVO 1960 §5 Abs5
StVO 1960 §5 Abs9
StVO 1960 §99 Abs1b

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision des P in W, vertreten durch Mag. Arthur Machac, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19/32, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 26. November 2019, Zl. LVwG-S-646/001-2019, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Mödling), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Revisionswerber im Beschwerdeverfahren einer Übertretung des § 99 Abs. 1b StVO in Verbindung mit § 5 Abs. 1 StVO schuldig erkannt, weil er am 13. Oktober 2018 an einem näher bezeichneten Ort ein näher spezifiziertes Fahrzeug gelenkt habe, obwohl er sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden habe. Über den Revisionswerber wurde dafür eine Geldstrafe von EUR 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 168 Stunden) verhängt. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für nicht zulässig erklärt. 2 In seiner Begründung ging das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf näher zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und gestützt auf das polizeiärztliche Gutachten, wonach die klinische Untersuchung des Revisionswerbers einen durch Suchtgift und Übermüdung beeinträchtigten Zustand und mangelnde Fahrfähigkeit zum Zeitpunkt des Lenkens des Kraftfahrzeugs ergeben habe sowie den toxikologischen Befund, wonach der Revisionswerber geringe Mengen THC (0,92 ng/ml) und die Substanz Lamotrigin im Blut aufwies, davon aus, dass aufgrund des kombinierten Vorliegens der Faktoren Müdigkeit, Suchtgift und Medikamenteneinnahme das Tatbild des § 5 Abs. 1 StVO erfüllt sei. Eine Strafbarkeit sei demnach auch dann gegeben, wenn die konsumierte Suchtgiftmenge für sich allein noch keine Fahruntüchtigkeit bewirkt hätte.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. 4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgehalten hat, geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass das Tatbild des § 5 Abs. 1 StVO auch dann erfüllt ist, wenn die Fahruntüchtigkeit nicht allein auf die Beeinträchtigung durch Suchtgift, sondern noch auf weitere Ursachen (wie etwa Ermüdung, Krankheit, Medikamenteneinnahme) zurückzuführen ist. Die Strafbarkeit ist also auch dann gegeben, wenn die konsumierte Suchtgiftmenge für sich alleine noch keine Fahruntüchtigkeit bewirkt hätte (grundlegend: VwGH 24.10.2016, Ra 2016/02/0133; dem folgend: VwGH 26.1.2017, Ra 2016/02/0168; 28.7.2017, Ra 2017/02/0126).

8 Im vorliegenden Revisionsfall wurde im Blut des Revisionswerbers eine geringe Menge THC (0,92 ng/ml) und der Medikamentenwirkstoff Lamotrigin nachgewiesen. Dem toxikologischen Befund zufolge konnte eine straßenverkehrsrelevante Beeinträchtigung durch diese geringe Menge der festgestellten Konzentrationen an THC und seiner Stoffwechselprodukte im Blut (anders als etwa in dem der Entscheidung VwGH 24.7.2019, Ra 2019/02/0105 zugrunde liegenden Fall) nicht ausgeschlossen werden. Darüber hinaus wurde in der klinischen Untersuchung eine Übermüdung des Revisionswerbers festgestellt. Diese Faktoren führten in der Zusammenschau zu einer Fahruntüchtigkeit des Revisionswerbers. Das Tatbild des § 5 Abs. 1 StVO war demnach als erfüllt anzusehen.

9 Eine Abweichung von der hg. Rechtsprechung zu den Voraussetzungen für die Erfüllung des Tatbildes des § 5 Abs. 1 StVO ist daher entgegen dem Revisionsvorbringen, welches vor allem auf nicht einschlägige Judikate zum FSG verweist, nicht gegeben. Soweit die Revision darüber hinaus mit seinem Vorbringen zu fehlenden ergänzenden Ermittlungen - im Wege ergänzender Gutachten - zur tatsächlichen Beeinträchtigung durch das Medikament Lamictal die Beweiswürdigung des Verwaltungsgericht angreift, lässt sie schon die Darstellung der Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels vermissen (vgl. VwGH 15.11.2019, Ra 2019/02/0170), zumal bereits das Vorliegen der Kombination der Faktoren Übermüdung und Suchtmittelkonsum, sei er auch geringfügig, für die - fallbezogen gutachtlich gestützte - Annahme der Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit iSd § 5 Abs 1 StVO ausreicht. Insoweit die Revision behauptet, dass die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts auch deshalb nicht schlüssig sei, weil der Meldungsleger keinerlei Auffälligkeiten beim Revisionswerber erkennen habe können, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt, demzufolge der Meldungsleger gerade wegen von ihm wahrgenommener Auffälligkeiten (laut Anzeige etwa verzögerte Reaktion, wässrig/glänzende Augen, erweiterte Pupillen) den Revisionswerber dem Amtsarzt zur klinischen Untersuchung vorführte, welcher dann eine Beeinträchtigung durch Suchtgift und Übermüdung und mangelnde Fahrfähigkeit zum Zeitpunkt des Lenkens des Kraftfahrzeuges attestierte.

10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 6. Mai 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020020007.L00

Im RIS seit

30.06.2020

Zuletzt aktualisiert am

30.06.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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