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L37351 Jagdabgabe BurgenlandNorm
B-VG Art130 Abs1 Z1Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):Ra 2020/03/0028 B 12.05.2020Ra 2020/03/0029 B 12.05.2020Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Bezirksschiedskommission Güssing gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Burgenland vom 17. Dezember 2019, Zl. E 025/01/2018.001/48, betreffend Wildschäden (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:
Bezirkshauptmannschaft Güssing; mitbeteiligte Parteien:
1. Jagdgenossenschaft G, vertreten durch Dr. Manfred Klepeisz, Rechtsanwalt in 7540 Güssing, Hauptstraße 7 und 2. A W in I, vertreten durch Anzböck & Brait Rechtsanwälte GmbH in 3430 Tulln, Stiegengasse 8), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid der Bezirksschiedskommission Güssing vom 18. August 2014 wurde ein Antrag des Zweitmitbeteiligten auf Ersatz von Wildschäden abgewiesen. Dagegen erhob der Zweitmitbeteiligte Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Burgenland, das mit Beschluss vom 11. Mai 2015 den angefochtenen Bescheid aufhob und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Bezirksschiedskommission Güssing zurückverwies. 2 Der im fortgesetzten Verfahren erlassene Bescheid der Bezirksschiedskommission Güssing vom 18. Mai 2016 wurde nach neuerlicher Beschwerde des Zweitmitbeteiligten mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Burgenland vom 5. Juli 2016 (ersatzlos) behoben, weil nach Ansicht des Verwaltungsgerichts die Begründung dieses Bescheides nicht der kollegialen Beschlussfassung unterzogen worden war.
3 In der Folge wurde das Verfahren vor der Bezirksschiedskommission Güssing fortgeführt und schließlich mit Bescheid vom 20. März 2018 abgeschlossen. Mit diesem Bescheid wurde die erstmitbeteiligte Partei verpflichtet, dem Zweitmitbeteiligten einen Ersatz von insgesamt 465,-- EUR zu leisten.
4 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Zweitmitbeteiligten wurde von der Bezirksschiedskommission Güssing dem Landesverwaltungsgericht Burgenland vorgelegt und langte dort am 4. Mai 2018 ein.
5 Der Spruch des nunmehr angefochtenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts lautet:
"I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
Die Schadenersatzansprüche für Wildschäden auf den Grundstücken (...) bestehen dem Grunde nach zu Recht.
Die Schadenersatzansprüche werden der Höhe nach als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig."
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision der Bezirksschiedskommission Güssing.
7 Mit Verfügung vom 26. Februar 2020 wurde den Parteien des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof Gelegenheit eingeräumt, sich zu der in dieser Verfügung näher dargelegten vorläufigen Rechtsansicht zu äußern, wonach die Bezirksschiedskommission zur Erhebung der Revision nicht legitimiert ist. Die Parteien habe von dieser Gelegenheit zur Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht. 8 Die Revision ist nicht zulässig:
9 Das Burgenländische Jagdgesetz 2017 (Bgld. JagdG 2017), BGBl. Nr. 24/2017, ist gemäß seinem § 170 Abs. 1 am 1. Mai 2017 in Kraft getreten. § 171 Abs. 3 und 6 Bgld. JagdG 2017 lauten:
"(3) Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bei den Bezirksschiedskommissionen anhängigen Verfahren sind nach den Bestimmungen des Bgld. Jagdgesetzes 2004, LGBl. Nr. 11/2005, fortzuführen.
(...)
(6) Ab Inkrafttreten dieses Gesetzes bei einem Landesverwaltungsgericht anhängigen Entschädigungsverfahren sind nach den Vorschriften des Bgld. Jagdgesetzes 2004, LGBl. Nr. 11/2005, fortzuführen."
10 Mit einer Novelle zum Bgld. JagdG 2017, LGBl. Nr. 63/2018, wurde dem § 171 leg. cit. folgender Abs. 9 angefügt:
"(9) Ab Inkrafttreten des Gesetzes LGBl. Nr. 63/2018 (30.11.2018) beim Landesverwaltungsgericht Burgenland anhängige Entschädigungsverfahren sind nach den Vorschriften des Bgld. JagdG 2017, LGBl. Nr. 24/2017, fortzuführen."
11 Gemäß § 170 Abs. 8 Bgld. JagdG 2017 in der Fassung LGBl. Nr. 63/2018 trat § 171 Abs. 9 Bgld. JagdG 2017 mit dem der Kundmachung folgenden Tag, somit mit 30. November 2018, in Kraft. 12 Nach dem Bgld. JagdG 2004 (zur offenbar aufgrund eines Versehens unterbliebenen Aufhebung des Bgld. JagdG 2004 durch das Bgld. JagdG 2017 vgl. VwGH 26.6.2019, Ro 2019/03/0019, Rn. 41 bis 43) war die Bezirksschiedskommission für die Entscheidung über den Anspruch auf Ersatz der Jagd- und Wildschäden zuständig (§ 119 Bgld. JagdG 2004). Diese Aufgabe wurde mit dem Bgld. JagdG 2017 der Bezirksverwaltungsbehörde übertragen (§ 113 Bgld. JagdG 2017). 13 Das hier gegenständliche Verfahren über einen Antrag auf Ersatz von Wildschäden war zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Stammfassung des Bgld. JagdG 2017 bei der Bezirksschiedskommission Güssing anhängig und gemäß § 171 Abs. 3 Bgld. JagdG 2017 daher von dieser nach den Bestimmungen des Bgld. JagdG 2004 fortzuführen. 14 Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 171 Abs. 9 Bgld. JagdG 2017 war das Verfahren aufgrund der Beschwerde des Zweitmitbeteiligten gegen den Bescheid der Bezirksschiedskommission bereits beim Verwaltungsgericht anhängig. Das Verwaltungsgericht hätte das Verfahren daher ab dem 30. November 2018 nach den Vorschriften des Bgld. JagdG 2017, LGBl. Nr. 24/2017, fortzuführen gehabt, zumal § 171 Abs. 9 Bgld. JagdG 2017 nicht darauf abstellt, dass ein Verfahren erst ab diesem Zeitpunkt anhängig gemacht wird, sondern - wenngleich sprachlich nicht geglückt - auf "anhängige Verfahren" ab dem Inkrafttreten gilt; dies kann nur dahin verstanden werden, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens anhängige Entschädigungsverfahren - die nach § 171. Abs. 6 Bgld. JagdG 2017 zunächst noch nach den Vorschriften des Bgld. JagdG 2004 fortzuführen waren - nun nach den Vorschriften des Bgld. JagdG 2017 fortzuführen waren. Wie bereits oben (Rn. 10) dargelegt, war nach dem Bgld. JagdG 2017 die Bezirksverwaltungsbehörde, nicht aber die revisionswerbende Bezirksschiedskommission, zuständige Behörde für das Entschädigungsverfahren und damit belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht.
15 Die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht kann gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben. Wer belangte Behörde im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht ist, regelt das B-VG nicht. Maßgeblich ist daher § 9 Abs. 2 VwGVG. Nach Z 1 dieser Bestimmung ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit) jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat.
16 Der Status als "belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht" ändert sich nicht, wenn nach den - unverändert gebliebenen - Bestimmungen über die Zuständigkeit inzwischen eine andere Behörde für die Führung des Verwaltungsverfahrens zuständig wäre. Anders liegt der Fall hingegen, wenn sich die Zuständigkeitsvorschriften geändert haben (vgl. VwGH 22.10.2019, Ra 2019/10/0025, mwH).
17 Da sich im vorliegenden Fall - wie oben dargelegt - während des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht die Zuständigkeitsvorschriften geändert haben, wäre dieser Umstand vom Verwaltungsgericht dahingehend zu berücksichtigen gewesen, dass ab dem 30. November 2018 seinem Verfahren die Bezirksverwaltungsbehörde (anstelle der revisionswerbenden Bezirksschiedskommission) als belangte Behörde und damit als Partei gemäß § 18 VwGVG beizuziehen gewesen wäre. Dies hätte auch eine Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses vom 17. Dezember 2019 an die Bezirksverwaltungsbehörde erfordert. 18 Nach dem Gesagten war die revisionswerbende Bezirksschiedskommission (ab dem 30. November 2018) umgekehrt nicht mehr belangte Behörde im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, sodass ihr die Legitimation zur Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG fehlt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 12. Mai 2020
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020030027.L00Im RIS seit
30.06.2020Zuletzt aktualisiert am
30.06.2020