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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1972 §10 Abs2 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des T in G, vertreten durch Dr. Franz Marschall, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Goldschmiedgasse 8/I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 9. Februar 1996, Zl. GA 17-95/4211/14, betreffend Einkommensteuer 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, der den Gewinn für seinen landwirtschaftlichen Betrieb nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 ermittelte, kaufte im Jahr 1992 zwei Traktoren (Steyr Traktor Typ 8090 A und Typ 8165 A) und machte für deren Anschaffungskosten Investitionsfreibeträge im Ausmaß von 20 % geltend.
Im Einkommensteuerbescheid 1992 vertrat das Finanzamt die Ansicht, die Traktoren seien Fahrzeuge, die vorwiegend zur Güter- und Personenbeförderung bzw. zum Ziehen von Anhängern oder Geräten bestimmt und deshalb als Kraftfahrzeuge iSd § 10 Abs. 4 EStG anzusehen seien. Der Investitionsfreibetrag stehe daher nur im Ausmaß von 10 % der Anschaffungskosten zu.
In der Berufung gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer vor: der Traktor Typ 8090 A werde für Düngung, Saat, Pflanzenschutz und Ernte, der Traktor Typ 8165 A für Bodenbearbeitung und Stoppelsturz verwendet. Beide Traktoren seien in ihrer Bauart (grobstoppelige Bereifung, hohes Eigengewicht, 30-Gang-Getriebe, Allradantrieb, Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h) als Feldbearbeitungsmaschinen konstruiert. Daraus ergebe sich, daß die Traktoren nicht für die Güterbeförderung auf Straßen bestimmt seien. Es treffe zu, daß die Traktoren auch zum Ziehen von Geräten verwendet würden. Mindestens gleich wichtig sei jedoch deren Funktion als Antriebsgerät mit Zapfwelle und ihre Steuerungsfunktion mittels Hydraulik und Stromversorgung. Der Einsatz der Traktoren beschränke sich daher nicht auf das Ziehen oder Tragen von Geräten, sondern bewirke, daß nicht selbstfahrende Arbeitsmaschinen überhaupt betrieben werden könnten.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Gemäß § 10 Abs. 4 EStG 1988 betrage der Investitionsfreibetrag für Kraftfahrzeuge höchstens 10% der Anschaffungs- bzw Herstellungskosten. Die Traktoren seien durch technische Energie angetriebene, nicht an Geleise gebundene Fahrzeuge. Im gegebenen Zusammenhang sei von Bedeutung, ob die Fahrzeuge nach der Verkehrsauffassung und der durch ihre Konstruktion festgelegen Bestimmung ausschließlich oder vorwiegend zur Personen- oder Güterbeförderung bestimmt seien. Traktoren seien Fahrzeuge, die insbesondere in landwirtschaftlichen Betrieben eingesetzt würden. Nach Bauart und Ausrüstung seien sie ausschließlich oder vorwiegend zum Ziehen von Anhängern oder Geräten - überwiegend auf nicht für den Fahrzeugverkehr bestimmten Landflächen - bzw. zum Einsatz als Geräteträger bestimmt. Dies entspreche der Verkehrsauffassung und ergebe sich auch aus den vom Beschwerdeführer vorgelegen Typenscheinen und Betriebsanleitungen. Die Funktion als Antriebsgeräte und zum Betrieb nicht selbstfahrender Arbeitsmaschinen mittels Hydraulik und Stromversorgung stelle die belangte Behörde nicht in Abrede. Die vorwiegende Zweckbestimmung der Fahrzeuge bestehe aber darin, andere landwirtschaftliche Arbeitsgeräte, wie etwa Pflüge, Anbau- und Spritzgeräte, von der Hofstelle zu den landwirtschaftlich genutzten Flächen zu transportieren und sodann die transportieren Geräte durch den Einsatz von Zapfwelle und Hydraulik zu betreiben. Die Transport- und Zugfunktion stehe eindeutig im Vordergrund und stelle die vorwiegende Zweckbestimmung der Fahrzeuge dar. Bereifung, Eigengewicht und Höchstgeschwindigkeit könnten daran nichts ändern. Da die Traktoren nach ihrer Bauart vorwiegend zum Ziehen von Anhängern oder Geräten oder zur Verwendung als Geräteträger bestimmt seien, müßten sie als Kraftfahrzeuge iSd § 10 Abs. 4 EStG angesehen werden.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits zu § 10 EStG 1972 erkannt hat, ist der Begriff des Kraftfahrzeuges unter Zuhilfenahme der einschlägigen kraftfahrrechtlichen Vorschriften nach der Verkehrsauffassung auszulegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1986, 86/13/0030). Dies gilt in gleicher Weise für den im Beschwerdefall anzuwendenden § 10 EStG 1988.
Nach § 2 KFG 1967 gilt im Sinne dieses Bundesgesetzes als
1. Kraftfahrzeug ein zur Verwendung auf Straßen bestimmtes oder auf Straßen verwendetes Fahrzeug, das durch technisch freigemachte Energie angetrieben wird und nicht an Gleise gebunden ist, auch wenn die Antriebsenergie Oberleitungen entnommen wird,
...
3. Kraftwagen ein mehrspuriges Kraftfahrzeug ...
...
9. Zugmaschine ein Kraftwagen (Z. 3), der nach seiner Bauart und Ausrüstung ausschließlich oder vorwiegend zum Ziehen von Anhängern oder Geräten überwiegend auf nicht für den Fahrzeugverkehr bestimmten Landflächen oder zur Verwendung als Geräteträger bestimmt ist, auch wenn er eine beschränkte Ladefläche aufweist.
Ein Traktor zählt zu den Zugmaschinen iSd § 2 Z. 9 KFG. Als solche hat ihn die belangte Behörde frei von Rechtsirrtum zu den Kraftfahrzeugen iSd § 10 EStG gezählt (Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 10 Tz 43). Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, ein Kraftfahrzeug im steuerlichen Sinn sei nur gegeben, wenn das Fahrzeug zur Beförderung von Personen bzw Gütern bestimmt sei, ist ihm entgegenzuhalten, daß der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis 86/13/0030 das - nach seiner Bauart und Ausrüstung zum Ziehen eines Sattelanhängers bestimmte (vgl. § 2 Z. 11 KFG) - Sattelzugfahrzeug ebenfalls als Kraftfahrzeug iSd § 10 EStG eingestuft hat. Auch in den Erkenntnissen vom 14. Dezember 1993, 93/14/0145, und vom 31. Mai 1994, 91/14/0254, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zum Ausdruck gebracht, daß Kraftwagen, die nach ihrer Bauart und Ausrüstung ausschließlich oder vorwiegend zum Ziehen von Anhängern oder Geräten bestimmt sind, nicht als Kraftfahrzeuge iSd § 10 EStG 1988 anzusehen wären.
Wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, entspricht es auch der Verkehrsauffassung, daß ein Traktor ein durch technisch freigemachte Energie angetriebenes Fahrzeug darstellt, welches seiner Bauart nach vorwiegend zum Ziehen von landwirtschaftlichem Gerät und von Anhängern bestimmt ist, und deshalb als Kraftfahrzeug angesehen wird.
Der Beschwerdeführer ist sohin durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt worden. Daher war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996150074.X00Im RIS seit
19.03.2001