TE Vwgh Beschluss 2020/5/14 Ra 2020/13/0018

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Veröffentlicht am 14.05.2020
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag
32/08 Sonstiges Steuerrecht

Norm

EStG 1988 §18
EStG 1988 §6 Z14 litb
UmgrStG 1991 §12 Abs1
UmgrStG 1991 §12 Abs2 Z1
UmgrStG 1991 §15
UmgrStG 1991 §21

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Nowakowski sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision der F Privatstiftung in W, vertreten durch die Dr. Walter Kristen Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. in 1130 Wien, Lainzer Straße 35, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 14. November 2019, Zl. RV/7100114/2014, betreffend Körperschaftsteuer 2010, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin ist eine im Jahr 1999 errichtete Privatstiftung.

2 Mit Umwandlungsbeschluss vom 29. September 2010 wurde die F GmbH auf der Grundlage der Schlussbilanz vom 31. Dezember 2009 auf die Revisionswerberin (als Hauptgesellschafterin) übertragen. Der damit übertragene Betrieb wurde mit Einbringungsvertrag vom 29. September 2010 zum 31. Dezember 2009 unter Zurückbehaltung der Betriebsliegenschaft und von Verbindlichkeiten von der Revisionswerberin in die I GmbH eingebracht.

3 Mit Bescheid vom 21. November 2012 setzte das Finanzamt die Körperschaftsteuer für das Jahr 2010 fest. In der Begründung wurde ausgeführt, der von der revisionswerbenden Privatstiftung beantragte Verlustabzug habe nicht anerkannt werden können, da gemäß § 21 Z 1 UmgrStG die Verluste des Einbringenden im Rahmen der Buchwertfortführung ab dem dem Einbringungsstichtag folgenden Veranlagungszeitraum der übernehmenden Körperschaft insoweit als abzugsfähige Verluste dieser Körperschaft gelten, als sie dem übertragenen Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 2 UmgrStG zugerechnet werden könnten.

4 Die Revisionswerberin erhob gegen diesen Bescheid Berufung. Sie machte geltend, § 12 Abs. 2 Z 1 UmgrStG verlange bei der Einbringung von Betrieben eine Bilanz für den gesamten Betrieb des Einbringenden; diese Bilanz sei dem Finanzamt vorzulegen. Eine derartige Bilanz sei aber gar nicht erstellt worden und habe daher auch der Finanzbehörde nicht vorgelegt werden können. Da sohin die Anwendungsvoraussetzungen für eine Einbringung nach dem UmgrStG nicht erfüllt seien, habe der abzugsfähige Verlust des Einbringenden nicht auf die übernehmende Körperschaft übergehen können, sondern verbleibe bei der Privatstiftung.

5 Mit Berufungsvorentscheidung vom 2. August 2013 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab.

6 Die Revisionswerberin beantragte die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Sie machte geltend, der zuständigen Abgabenbehörde sei weder eine nach § 12 Abs. 2 Z 1 UmgrStG gesetzlich erforderliche Bilanz noch eine dem § 15 UmgrStG entsprechende Einbringungsbilanz gemeldet worden; die Anwendungsvoraussetzungen des UmgrStG seien daher nicht erfüllt. 7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die nunmehr als Beschwerde zu behandelnde Berufung als unbegründet ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

8 Nach Wiedergabe des Verfahrensgangs führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, die I GmbH habe den Einbringungsvorgang dem zuständigen Finanzamt mit Schreiben vom 29. September 2010 unter Anschluss des Einbringungsvertrages samt Einbringungsbilanz zum 31. Dezember 2009 gemeldet. Die Vorgehensweise - mehrfache Bezugnahme auf Art. III UmgrStG in den betreffenden Dokumenten und Meldung an das Finanzamt - könne nur so verstanden werden, dass eine Umgründung iSd Art. III UmgrStG beabsichtigt gewesen sei. Dem für die übernehmende Körperschaft zuständigen Finanzamt gegenüber sei auch zu einem späteren Zeitpunkt kein Widerruf der Meldung vom 29. September 2010 mitgetei lt worden. Die (nunmehrige) Darstellung der Revisionswerberin, die Meldung an das Finanzamt sei irrtümlich erfolgt, könne nur dahin verstanden werden, dass ursprünglich nicht bedacht worden sei, dass Verluste im Fall einer Einbringung iSd Art. III UmgrStG faktisch möglicherweise nicht verwertbar sein würden. 9 Für die Beurteilung, ob eine Einbringung iSd Art. III UmgrStG vorliege, sei aber weder auf den in Vereinbarungen bekundeten Willen noch auf die Erstattung einer entsprechenden Meldung an die Finanzbehörden abzustellen. Entscheidend sei, ob die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt seien.

10 Dass dem Finanzamt ein Einbringungsvertrag und eine Einbringungsbilanz vorgelegt worden seien, könne nicht bestritten werden. Nach § 15 UmgrStG könne eine Einbringungsbilanz entfallen, wenn die steuerlich maßgebenden Werte und das Einbringungskapital im Einbringungsvertrag beschrieben würden. Die Inhalte des Einbringungsvertrages und der Einbringungsbilanz seien im Kontext zu betrachten und dahin zu beurteilen, ob die für eine Einbringung iSd Art. III UmgrStG geforderten gesetzlichen Voraussetzungen gegeben seien. Im Ergebnis lägen alle gesetzlichen Voraussetzungen vor: Fristgerechte Anzeige, Einbringungsvertrag, Einbringungsbilanz zum 31. Dezember 2009 zu Verkehrswerten. Aus der Einbringungsbilanz gehe hervor, welches Vermögen übertragen und welches zurückbehalten werde. Das Erfordernis des Vorliegens einer Stichtagsbilanz sei als erfüllt zu erachten, zumal die relevanten Angaben im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2009 der einbringenden Körperschaft enthalten seien. Die einzige Abweichung zwischen unternehmensrechtlichen und steuerlichen Werten betreffe die Abfertigungsrückstellung. Diese geringfügige Abweichung sei jedoch im Einbringungsvertrag explizit beschrieben. Damit sei auch dem in § 15 UmgrStG normierten Erfordernis einer Beschreibung der steuerlich maßgebenden Werte entsprochen.

11 Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Einbringung iSd Art. III UmgrStG seien demnach gegeben. Somit sei die Versagung des begehrten Verlustabzugs gegenüber der Revisionswerberin mit keiner Rechtswidrigkeit behaftet.

12 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision. 13 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 16 Zur Zulässigkeit wird in der Revision geltend gemacht, im vorliegenden Fall sei eine Betriebseinbringung, bei der weder eine nach dem Umgründungssteuergesetz geforderte Schlussbilanz nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 noch eine Einbringungsbilanz nach § 15 UmgrStG erstellt und vorgelegt worden sei, unter die gesetzliche Regelung des Art. III UmgrStG eingeordnet worden. Daraus ergebe sich die Rechtsfrage, ob bei Fehlen gesetzlich angeordneter Bilanzen trotzdem die Regelungen des UmgrStG in Anspruch genommen werden könnten. Weiters stelle sich die Rechtsfrage, welche Anwendungsvoraussetzungen des § 12 bzw. § 15 UmgrStG tatsächlich eingehalten werden müssten, ob es insoweit wichtige und weniger wichtige Voraussetzungen gebe. Zu diesen Fragen fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

17 Strittig ist im vorliegenden Fall, ob ein Verlustabzug von der Revisionswerberin auf die I GmbH übergegangen ist oder ob dieser bei der Revisionswerberin verblieben ist.

18 Gemäß § 6 Z 14 lit. b EStG 1988 gilt die Einlage oder die Einbringung von Wirtschaftsgütern und sonstigem Vermögen in eine Körperschaft als Tausch im Sinne von § 6 Z 14 lit. a EStG 1988, wenn sie nicht unter das Umgründungssteuergesetz fällt oder das Umgründungssteuergesetz dies vorsieht. Eine derartige, den Regelungen des EStG 1988 unterliegende Einbringung eines Betriebes führt - im Allgemeinen - nicht zum Übergang des Verlustabzugs (vgl. z.B. Jakom/Peyerl, EStG, 2019, § 18 Rz 176, mwN). Eine Einbringung nach dem UmgrStG bewirkt hingegen - wenn näher genannte, im Revisionsfall nicht strittige Voraussetzungen erfüllt sind - den Übergang des Verlustabzuges auf die übernehmende Körperschaft (§ 21 UmgrStG).

19 § 12 UmgrStG (in der Fassung BGBl. I Nr. 34/2010) lautete auszugsweise:

"§ 12. (1) Eine Einbringung im Sinne dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn Vermögen (Abs. 2) auf Grundlage eines schriftlichen Einbringungsvertrages (Sacheinlagevertrages) und einer Einbringungsbilanz (§ 15) nach Maßgabe des § 19 einer übernehmenden Körperschaft (Abs. 3) tatsächlich übertragen wird. Voraussetzung ist, dass das Vermögen am Einbringungsstichtag, jedenfalls aber am Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages, für sich allein einen positiven Verkehrswert besitzt. Der Einbringende hat im Zweifel die Höhe des positiven Verkehrswertes durch ein begründetes Gutachten eines Sachverständigen nachzuweisen.

(2) Zum Vermögen zählen nur

1. Betriebe und Teilbetriebe, die der Einkunftserzielung gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes 1988 dienen, wenn sie zu einem Stichtag eingebracht werden, zu dem eine Bilanz (§ 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes 1988) für den gesamten Betrieb des Einbringenden vorliegt, (...)"

20 § 15 UmgrStG (in der Fassung BGBl. I Nr. 161/2005) lautet:

"§ 15. Bei der Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben, Mitunternehmeranteilen und zu einem Betriebsvermögen gehörenden Kapitalanteilen ist zum Einbringungsstichtag eine Einbringungsbilanz aufzustellen, in der das einzubringende Vermögen nach Maßgabe des § 16 und das sich daraus ergebende Einbringungskapital darzustellen ist. Die Einbringungsbilanz ist dem für die übernehmende Körperschaft zuständigen Finanzamt vorzulegen. Die Einbringungsbilanz kann entfallen, wenn die steuerlich maßgebenden Werte und das Einbringungskapital im Einbringungsvertrag beschrieben werden."

21 Die Sonderregelungen des UmgrStG zu Einbringungen - insbesondere der Übergang des Verlustabzuges auf die übernehmende Körperschaft - sind (u.a.) nur dann anwendbar, wenn sowohl eine Stichtagsbilanz als auch eine Einbringungsbilanz vorliegen (zur Stichtagsbilanz vgl. VwGH 21.4.2016, 2013/15/0289; zur Einbringungsbilanz als Anwendungsvoraussetzung die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Abgabenänderungsgesetz 2005, BGBl. I Nr. 161, 1187 BlgNR 22. GP 15).

22 Die Stichtagsbilanz dient der Gewinnermittlung und Ergebnisabgrenzung für den Einbringenden bis zum Einbringungsstichtag; im praktischen Regelfall wird sie gleichzeitig die Grundlage für die Aufstellung der Einbringungsbilanz nach § 15 UmgrStG sein. Bedeutung kommt der Stichtagsbilanz insbesondere bei Einbringung von Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen zu, weil bei einer Teilbetriebseinbringung eine Steuerbilanz für den Gesamtbetrieb des Einbringenden bzw. im Falle der Einbringung eines Mitunternehmeranteiles eine Bilanz der Mitunternehmerschaft auf den Einbringungsstichtag vorliegen muss. Wird aber - wie auch im vorliegenden Fall - der gesamte Betrieb in eine Körperschaft eingebracht, so erfüllt auch die Einbringungsbilanz nach Vornahme allenfalls notwendiger steuerlicher Anpassungen das Erfordernis des § 12 Abs. 2 Z 1 UmgrStG (vgl. VwGH 26.2.2015, Ro 2014/15/0041, mwN).

23 Nach den Sachverhaltsannahmen des Bundesfinanzgerichts teilte die übernehmende Körperschaft dem zuständigen Finanzamt (rechtzeitig) die Einbringung mit und legte dazu den Einbringungsvertrag und die Einbringungsbilanz vor. Dass die Einbringungsbilanz an sich "zu Verkehrswerten" erstellt wurde, beeinträchtigt die Erfüllung der Anwendungsvoraussetzung im vorliegenden Fall nicht, wird doch - wie das Bundesfinanzgericht darlegt - im Einbringungsvertrag angeführt, dass eine Abweichung der unternehmensrechtlichen von den steuerlichen Werten nur im Hinblick auf die Abfertigungsrückstellung besteht, wobei dort auch die jeweiligen Werte genannt werden (woraus sich nur eine geringfügige Abweichung ergibt). Damit sind die steuerlich maßgebenden Werte und das sich daraus ergebende Einbringungskapital in der (überdies berichtigungsfähigen; vgl. VwGH 29.1.2015, 2011/15/0169) Einbringungsbilanz im Zusammenhang mit dem Einbringungsvertrag im Sinne des § 15 UmgrStG ausreichend beschrieben.

24 Was die Stichtagsbilanz anbelangt ist zunächst darauf zu verweisen, dass der gesamte - aus der vorangegangenen verschmelzenden Umwandlung resultierende - Betrieb eingebracht wurde, sodass insoweit (mit Ausnahme der wiederum ausdrücklich gesondert beschriebenen Zurückbehaltung von Liegenschaftsvermögen und damit verbundenen Verbindlichkeiten) eine Übereinstimmung mit der Einbringungsbilanz besteht. Darüber hinaus liegt aber auch - wie vom Bundesfinanzgericht dargelegt - die Schlussbilanz anlässlich der verschmelzenden Umwandlung vor, die diesen (gesamten) Betrieb zum selben Stichtag betrifft.

25 Damit sind die geforderten (und im vorliegenden Verfahren allein strittigen) Voraussetzungen für die Anwendung des UmgrStG erfüllt. Daraus folgt, dass der Verlustabzug an die übernehmende Körperschaft übergegangen ist.

26 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 14. Mai 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020130018.L00

Im RIS seit

23.06.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.06.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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