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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
BAO §115 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Nowakowski sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision der W in W, vertreten durch Mag. Dr. Angelika Tupy, Rechtsanwältin in 1090 Wien, Währinger Straße 18, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 8. Juli 2019, Zl. RV/7105382/2018, betreffend Umsatzsteuer 2002 bis 2006, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Zum bisherigen Verfahrensgang ist zunächst zu verweisen auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Mai 2015, 2012/13/0022, und vom 17. Oktober 2018, Ra 2017/13/0086. 2 Mit Schreiben vom 6. Dezember 2001 hatte die Revisionswerberin dem Finanzamt mitgeteilt, sie habe die Absicht, in S ein Haus zwecks Vermietung zu bauen. In diesem Sinne werde sie bei anfallenden Rechnungen bezüglich des Baues dieser Immobilie die Vorsteuer geltend machen. Mit Eingabe vom 13. Juli 2002 teilte sie dem Finanzamt mit, dass sie auf die Anwendung des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 verzichte und ihre Umsätze nach den allgemeinen Regeln des UStG 1994 - ab dem Jahr 2001 - versteuere. Im Dezember 2006 schloss die Revisionswerberin über das in diesem Jahr fertiggestellte Einfamilienhaus einen Mietvertrag mit ihren Eltern.
3 Im Bericht über das Ergebnis einer im Juli 2010 abgeschlossenen Außenprüfung wurde u.a. festgehalten, die Revisionswerberin habe im Jahr 2002 mit dem Bau eines Einfamilienhauses in S begonnen. Das Einfamilienhaus sei Ende 2006 fertiggestellt und ab November 2006 an die Eltern der Revisionswerberin vermietet worden. Die Nutzung erfolge aber im Rahmen der privaten Lebensführung, die steuerlich unbeachtlich sei. Eine unternehmerische Tätigkeit werde damit nicht entfaltet. Die im Zusammenhang mit der Errichtung des Hauses geltend gemachten Vorsteuern seien nicht anzuerkennen.
4 Mit Bescheiden vom 24. August 2010 setzte das Finanzamt (u.a.) die Umsatzsteuer für die Jahre 2002 bis 2006 fest. Die im Hinblick auf die Errichtung des Hauses geltend gemachten Vorsteuern wurden nicht zuerkannt. Das Finanzamt verwies in der Begründung auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung. 5 Die Revisionswerberin erhob gegen diese Bescheide Berufung. 6 Mit Bescheid vom 21. Dezember 2011 wies der unabhängige Finanzsenat die Berufung als unbegründet ab.
7 Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Mai 2015, 2012/13/0022, wurde dieser Bescheid - betreffend Umsatzsteuer 2002 bis 2006 - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, in Bezug auf die für die Jahre 2002 bis 2006 strittigen Vorsteuern bedürfe es einer Klärung der strittigen Frage, zu welchem Zweck das Gebäude errichtet wurde.
8 Mit Erkenntnis vom 30. November 2016 wies das nunmehr zuständige Bundesfinanzgericht die jetzt als Beschwerde zu behandelnde Berufung neuerlich als unbegründet ab.
9 Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung einer dagegen erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 8. Juni 2017, E 347/2017-7, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
10 Mit Erkenntnis vom 17. Oktober 2018, Ra 2017/13/0086, hob der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 30. November 2016 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. 11 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgereicht der Beschwerde teilweise Folge und änderte die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2002 bis 2006 ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
12 Nach Wiedergabe des Verfahrensgangs führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, das Haus sei mit zwei räumlich nicht getrennten Wohneinheiten und auch keinen getrennten elektrischen Anlagen und Wasserversorgung so errichtet worden, dass es auf Grund des Raumangebotes zum Wohnen der Revisionswerberin, ihres damaligen Ehegatten, ihrer Kinder und der Eltern der Revisionswerberin habe benutzt werden können. Die Revisionswerberin habe trotz Aufforderung keine Unterlage vorgelegt, die einen Hinweis auf eine Errichtung des Hauses zu Vermietungszwecken bzw. auf eine Verwendung der zur Verfügung gestellten Geldmittel für die Errichtung des Hauses zu Vermietungszwecken enthalten hätte. Die von der Revisionswerberin vorgelegte Aufstellung der Einnahmen und Werbungskosten für das Jahr 2006 enthalte keine Position, die der von der Revisionswerberin behaupteten intensiven Mietersuche zuzuordnen sei. Nachweise für eine intensive Mietersuche seien nicht vorgelegt worden (etwa Aufträge an Makler, Zeitungsannoncen, Internet-Einschaltungen, Rechnungen über Inserate und dergleichen). Eine Mietersuche - wie von der Revisionswerberin behauptet - von fast einem Jahr habe nicht nachgewiesen werden können.
13 Das Haus sei - nach den Angaben des Vaters der Revisionswerberin - sowohl von den Eltern der Revisionswerberin (Küche, Keller, Erdgeschoß) als auch von der Familie der Revisionswerberin (Küche und Keller gemeinsam; Obergeschoß und Dachgeschoß) genutzt worden. Die Revisionswerberin sei im gesamten Zeitraum an der Liegenschaft mit einem Nebenwohnsitz gemeldet gewesen.
14 Das Gebäude sei durch die Revisionswerberin und ihren damaligen Ehegatten finanziert worden. Trotz des hohen Finanzierungsanteils des Ehemanns sei dieser nicht Miteigentümer der Liegenschaft geworden.
15 Die Revisionswerberin habe entgegen ihren Angaben in Wahrheit nicht das gesamte Objekt, sondern nur die im Erdgeschoß gelegene Wohneinheit an ihre Eltern vermietet.
16 Der bei der Vermietung an die Eltern der Revisionswerberin gewählte Mietzins führe - bezogen auf das gesamte Gebäude - im Übrigen auch nicht zu einer entsprechenden Rendite. 17 Das Gebäude sei mit räumlich nicht getrennten zwei Wohneinheiten hinsichtlich der im Erdgeschoß gelegenen Wohneinheit zum Zweck der Vermietung an die Eltern der Revisionswerberin und der Räumlichkeiten der darüber gelegenen Wohneinheit zum Zweck einer Vermögensanlage zugunsten der Revisionswerberin und ihres damaligen Ehegatten errichtet worden, wobei die zuletzt genannte Wohneinheit zum Wohnen der Revisionswerberin, ihres damaligen Ehegatten und ihrer Kinder habe benutzt werden können. 18 Sei die im Erdgeschoß gelegene Wohneinheit zum Zweck der Vermietung an die Eltern der Revisionswerberin und die darüber gelegene Wohneinheit nicht zum Zweck der Vermietung errichtet worden, stehe der Vorsteuerabzug nur insoweit zu, als sich die Vorsteuern auf die im Erdgeschoß gelegene Wohneinheit bezögen. Dementsprechend werde die Hälfte der geltend gemachten (im angefochtenen Erkenntnis im Einzelnen geschilderten) Vorsteuerbeträge für die Jahre 2002 bis 2006 anerkannt. Anstelle der im Mietvertrag aufscheinenden Miete in Höhe von monatlich 750 EUR gelange die Hälfte der vom Bundesfinanzgericht ermittelten Renditemiete (in Höhe von 1.253,33 EUR) mit 626 EUR in Ansatz.
19 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision.
20 Nach Einleitung des Vorverfahrens hat das Finanzamt eine Revisionsbeantwortung eingebracht.
21 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
22 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein derartiger Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
23 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 24 Zur Zulässigkeit wird in der Revision zunächst geltend gemacht, das Bundesfinanzgericht sei dem Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes nicht (ausreichend) nachgekommen. 25 Bei der Erlassung der Ersatzentscheidung gemäß § 63 Abs. 1 VwGG sind die Verwaltungsgerichte an die vom Verwaltungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis geäußerte tragende Rechtsanschauung gebunden; eine Ausnahme bildet der Fall einer wesentlichen Änderung der Sach- und Rechtslage. Erfolgte die Aufhebung einer angefochtenen Entscheidung, weil es das Verwaltungsgericht unterlassen hat, die für die Beurteilung des Rechtsfalles wesentlichen Tatsachenfeststellungen zu treffen, so besteht die Herstellung des der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustandes darin, dass das Verwaltungsgericht jene Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durchführt und die Feststellungen trifft, die eine erschöpfende Beurteilung des maßgebenden Sachverhaltes ermöglichen (vgl. VwGH 6.11.2019, Ra 2018/12/0011, mwN). 26 In den Vorerkenntnissen war jeweils ausgeführt worden, es bedürfe einer Klärung der strittigen Frage, zu welchem Zweck das Gebäude errichtet wurde. Zu dieser Frage hat das Bundesfinanzgericht im fortgesetzten Verfahren Erhebungen durchgeführt und auch Feststellungen getroffen. Demnach wurde das Gebäude hinsichtlich der im Erdgeschoß gelegenen Wohneinheit zum Zweck der Vermietung an die Eltern der Revisionswerberin und hinsichtlich der anderen Räumlichkeiten zum Zweck einer Vermögensanlage und zur eigenen Nutzung der Revisionswerberin und ihrer Familie errichtet. Damit hat das Bundesfinanzgericht den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand hergestellt.
27 Die Revision macht in diesem Zusammenhang weiters geltend, das Bundesfinanzgericht habe sich über einen erheblichen Beweisantrag ohne Ermittlung und ohne Begründung hinweggesetzt. 28 Im Schriftsatz vom 16. Dezember 2015 hatte die Revisionswerberin vorgebracht, sie habe während der gesamten Bauführung immer wieder Rücksprache mit dem Finanzamt gehalten, um die Steuererklärungen seit Beginn der Bauführung korrekt und vollständig erstellen zu können und bei der anschließenden Vermietung keine Probleme zu bekommen. Die Finanzbeamtin, mit welcher sie Kommunikation geführt habe, sei Frau H (deren Daten dem Personalakt bzw. dem Steuerakt zu entnehmen seien). Sie beantrage daher die Einvernahme dieser Finanzbeamtin zum Beweis dafür, dass schon 2001bis zum heutigen Tag ausschließlich die Vermietung des von der Revisionswerberin zu errichtenden Gebäudes als Zweck angedacht gewesen sei und weiterhin sei.
29 Dieser beantragte Beweis wurde vom Bundesfinanzgericht nicht aufgenommen; eine Begründung hiefür ist dem angefochtenen Erkenntnis nicht zu entnehmen. Dass die Revisionswerberin gegenüber dem Finanzamt behauptet hat, das Gebäude werde (zur Gänze) zum Zweck der Vermietung errichtet, ist jedoch unstrittig; dies geht schon aus dem auch vom Bundesfinanzgericht geschilderten Schreiben der Revisionswerberin vom 6. Dezember 2001 hervor. Es ist weder aus dem Beweisantrag noch dem Revisionsvorbringen erkennbar, dass die als Zeugin beantragte Mitarbeiterin des Finanzamts - über die Behauptungen der Revisionswerberin hinaus - Angaben zur Vermietungsabsicht der Revisionswerberin hätte tätigen können. Insbesondere wird nicht geltend gemacht, dass dieser Zeugin weitere Anhaltspunkte für die Vermietungsabsicht der Revisionswerberin vorgelegen wären. Vor diesem Hintergrund wird in der Revision nicht aufgezeigt, dass die - auch begründungslose - Nichtaufnahme des beantragten Beweises im vorliegenden Fall die Zulässigkeit der Revision begründete.
30 Die Revision macht sodann geltend, es liege ein Begründungsmangel vor. Dazu ist zu bemerken, dass das angefochtene Erkenntnis zwar - wie die Revision zutreffend aufzeigt - keine getrennten Begründungsteile zum Sachverhalt und zur Beweiswürdigung enthält. Der Begründung kann aber dennoch eindeutig entnommen werden, von welchem Sachverhalt das Bundesfinanzgericht ausgeht (insbesondere zur Frage, zu welchem Zweck das Gebäude errichtet wurde) und aufgrund welcher Beweiswürdigung das Bundesfinanzgericht zur Annahme dieses Sachverhaltes gelangte. Ein relevanter Begründungsmangel liegt sohin nicht vor. Weder ist die Revisionswerberin in der Verfolgung ihrer Rechte noch ist der Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung des angefochtenen Erkenntnisses auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit gehindert (vgl. z.B. VwGH 27.7.2016, Ra 2015/13/0043; und 27.7.2016, Ra 2015/13/0051). Wenn in der Revision überdies gerügt wird, es fehlten Erwägungen dazu, wie das Bundesfinanzgericht zu der von ihm angenommenen Nutzung des Gebäudes gelangte, so stützt das Bundesfinanzgericht diese Sachverhaltsannahme - wie auch die Revision sodann einräumt - explizit auf die Angaben des Vaters der Revisionswerberin. Mit den gegenteiligen Beweisergebnissen hat sich das Bundesfinanzgericht auseinandergesetzt. Eine die Zulässigkeit der Revision begründende Mangelhaftigkeit der Beweiswürdigung wird in der Revision nicht aufgezeigt.
31 Schließlich wird zur Zulässigkeit der Revision geltend gemacht, das Bundesfinanzgericht habe eine antizipierende Beweiswürdigung vorgenommen. Hiezu verweist die Revision auf den Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom 30. Jänner 2019. 32 Eine unzulässige antizipierende Beweiswürdigung liegt dann vor, wenn ein vermutetes Ergebnis noch nicht aufgenommener Beweise vorweggenommen wird (vgl. z.B. VwGH 30.1.2019, Ra 2018/03/0131). Im Vorhalt vom 30. Jänner 2019 wurde aber keineswegs ein vermutetes Ergebnis nicht aufgenommener Beweise vorgehalten. Es handelt sich vielmehr insoweit um ein an sich nicht gebotenes Parteiengehör zur Beweiswürdigung (vgl. VwGH 30.5.2017, Ra 2016/16/0087). Ein Verfahrensmangel liegt insoweit nicht vor. 33 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
34 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 20
14.
Wien, am 14. Mai 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019130097.L00Im RIS seit
23.06.2020Zuletzt aktualisiert am
23.06.2020