TE Vwgh Beschluss 2020/5/15 Ra 2019/06/0033

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Veröffentlicht am 15.05.2020
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Index

L82000 Bauordnung
L82005 Bauordnung Salzburg
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §8
BauPolG Slbg 1997 §9 Abs1 Z6
BauRallg
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §12a Abs2

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, über die Revision der Mag. Dr. I W in G, vertreten durch Dr. Klaus Rainer, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 22, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 17. Dezember 2018, 405- 3/431/1/34-2018, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg; mitbeteiligte Parteien: R F und Mag. D F, beide in S und beide vertreten durch die Mahringer Steinwender Bestebner Rechtsanwälte OG in 5020 Salzburg, Markus-Sittikus-Straße 5; weitere Partei: Salzburger Landesregierun g), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg (in der Folge: LVwG) wurde die Beschwerde u.a. der Revisionswerberin gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 17. Juli 2018, mit welchem den mitbeteiligten Parteien unter Vorschreibung näher bezeichneter Auflagen die baubehördliche Bewilligung für einen Wohnhausum-, zu- und -aufbau beim bestehenden Wohnobjekt auf einem näher genannten Grundstück der KG L. erteilt worden war, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen (I.). Gleichzeitig sprach das LVwG aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (II.).

5 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Frage ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vorbringt, das LVwG habe den Einwand der Revisionswerberin, es seien die Grundlagen fehlerhaft, die zur Festlegung der Baufluchtlinie herangezogen worden seien, mit dem Argument verworfen, eine Überschreitung der Baufluchtlinie auf der nicht der Liegenschaft der Revisionswerberin zugewandten Seite könne von dieser mangels Bestehens eines diesbezüglichen subjektivöffentlichen Nachbarrechtes nicht beanstandet werden. Diese Argumentation sei insofern unzutreffend, als von der Revisionswerberin nicht eine Überschreitung der festgelegten Baufluchtlinie behauptet worden sei, sondern sie dargelegt habe, dass die von der Behörde erster Instanz vorgenommene Festlegung der in Rede stehenden Baufluchtlinie auf der Grundlage eines näher bezeichneten Katasterausdruckes unzulässig gewesen sei. Richtigerweise wäre von den Maßfestlegungen des näher genannten Bebauungsplanes auszugehen gewesen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Verweis auf das Erkenntnis vom 23. März 2000, 98/06/0089) hätten Nachbarn ein subjektivöffentliches Recht darauf, dass die "- auch dem Nachbarschutz dienenden -" Festlegungen von Bebauungsgrundlagen in der Bauplatzerklärung gesetzmäßig erfolgten und durch das geplante Bauvorhaben eingehalten würden. Die dargestellte Argumentation des LVwG stehe "in unüberbrückbarem Widerspruch" zu der genannten Rechtsprechung.

6 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt. 7 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits vielfach ausgesprochen, dass die Rechtsstellung des Nachbarn im baubehördlichen Bewilligungsverfahren beschränkt ist; der Nachbar hat nur dort ein durchsetzbares Mitspracherecht, wo seine durch baurechtliche Vorschriften geschützte Rechtssphäre bei Verwirklichung des Bauvorhabens beeinträchtigt werden könnte (vgl. z.B. VwGH 7.8.2013, 2012/06/0142, mwN). Auch nach den baurechtlichen Vorschriften des Bundeslandes Salzburg ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. z.B. VwGH 24.10.2017 , Ra 2016/06/0007, oder auch VwGH 5.11.2019, Ra 2019/06/0238, jeweils mwN).

8 Dabei sind Nachbarn - da sie gemäß § 12a Abs. 2 Bebauungsgrundlagengesetz (BGG) im Verfahren zur selbständigen Bauplatzerklärung keine Parteistellung haben - berechtigt, ihre mit der Bauplatzerklärung im Zusammenhang stehenden subjektiv-öffentlichen Einwendungen im Baubewilligungsverfahren zu erheben. Gemäß § 9 Abs. 1 Z 6 Baupolizeigesetz 1997 (BauPolG) ist die Baubewilligung zu versagen, wenn durch die bauliche Maßnahme ein subjektivöffentliches Recht einer Partei verletzt wird. Wurden in der Bauplatzbewilligung Bestimmungen vorgesehen, die auch dem Interesse der Nachbarn dienen, können sie sich auf diese Bestimmungen im Baubewilligungsverfahren berufen, wobei subjektivöffentliche Rechte durch jene baurechtlichen Vorschriften begründet werden, die nicht nur dem öffentlichen Interesse dienen (vgl. z.B. VwGH 27.2.2015, 2012/06/0049, mwN), sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch den Parteien; hierzu gehören insbesondere die Bestimmungen über die Höhe und die Lage der Bauten im Bauplatz (vgl. dazu nochmals etwa VwGH 7.8.2013, 2012/06/0142, mwN).

9 Den unbestrittenen Ausführungen des LVwG im angefochtenen Erkenntnis zufolge liegen das Grundstück der Revisionswerberin und das Baugrundstück nebeneinander auf derselben Straßenseite südlich des W.-Weges der KG L. Die Baufluchtlinie, deren fehlerhafte Festlegung durch die Bauplatzerklärung die Revisionswerberin behauptet, verläuft auf dieser Straßenseite parallel zur Verkehrsfläche (W.-Weg).

10 Zutreffend weist die Revisionswerberin zwar in ihrem Zulässigkeitsvorbringen darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtslage im Bundesland Salzburg Nachbarn - wie oben dargestellt - ein subjektiv-öffentliches Recht darauf haben, dass die auch dem Nachbarschutz dienenden Festlegungen von Bebauungsgrundlagen in der Bauplatzerklärung gesetzmäßig erfolgen und durch das geplante Bauvorhaben eingehalten werden. Fallbezogen verkennt sie dabei jedoch, dass die durch das LVwG im vorliegenden Fall richtigerweise herangezogene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 28.11.1991, 91/06/0002; vgl. dazu auch VwGH 14.9.1995, 95/06/0107), wonach die Nichteinhaltung einer Baufluchtlinie gegenüber einer Verkehrsfläche, die vor dem zu bebauenden Grundstück und dem auf derselben Straßenseite liegenden Grundstück des Nachbarn liegt, die Interessen des Nachbarn nicht berührt, weil dieser nur ein Recht darauf hat, dass der seitliche Abstand zu seinem Grundstück eingehalten wird, auch im vorliegenden Fall maßgeblich ist: Sind nämlich in einer solchen Konstellation - wie sie gegenständlich vorliegt - Interessen des Nachbarn hinsichtlich einer allfälligen Nichteinhaltung dieser Baufluchtlinie nicht berührt, kann es sich bei einer solchen Baufluchtlinie, die vor der zu bebauenden Liegenschaft und der auf derselben Straßenseite befindlichen Liegenschaft des Nachbarn parallel zur Verkehrsfläche hin festgelegt ist, auch nicht um eine "dem Nachbarschutz dienende Festlegung von Bebauungsgrundlagen in der Bauplatzerklärung" im Sinne der oben genannten Rechtsprechung handeln, auf deren gesetzmäßige Festlegung und Einhaltung der Nachbar ein subjektivöffentliches Recht hätte. Der Einwand der Revisionswerberin, die Festlegung der in Rede stehenden Baufluchtlinie auf der Grundlage eines näher bezeichneten Katasterausdruckes sei unzulässig gewesen und es wäre richtigerweise von den Maßfestlegungen des näher genannten Bebauungsplanes auszugehen gewesen, geht daher in Leere. An diesem Ergebnis ändert auch der Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. März 2000, 98/06/0089, nichts, wurde doch auch dort das Vorliegen eines subjektiven Rechts der Beschwerdeführer hinsichtlich der Festlegung des Abstands eines Gebäudes von einem Gewässer verneint.

11 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 15. Mai 2020

Schlagworte

Baurecht NachbarNachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019060033.L00

Im RIS seit

30.06.2020

Zuletzt aktualisiert am

30.06.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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