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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision des M A in F, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 5. September 2019, Zl. W276 2196265- 1/9E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 7. Mai 2018 wurde der Antrag des Revisionswerbers, eines afghanischen Staatsangehörigen, auf internationalen Schutz vom 9. Mai 2016 vollinhaltlich abgewiesen, dem Revisionswerber kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Zudem wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise festgesetzt. 2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
3 Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 24. Februar 2020, E 3837/2019-7, die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde ab und trat diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
4 In der Folge erhob der Revisionswerber die vorliegende Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das BVwG habe seine Ermittlungspflichten verletzt, sei von den Beweisregeln im Asylverfahren abgewichen und habe veraltete Länderberichte herangezogen. Weiters fehle es an Rechtsprechung zu der Frage, wann eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären und ein Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen sei.
9 Werden Verfahrensmängel - wie hier Ermittlungs- und Feststellungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel dargetan werden, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise, also fallbezogen, darzulegen. Die Revision wird diesen Anforderungen mit dem bloß allgemein gehaltenen Vorbringen in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht gerecht (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 23.12.2019, Ra 2019/01/0479, mwN).
10 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes soll sich das Revisionsmodell nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP, 16). Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 28.2.2020, Ra 2020/01/0058, mwN). Eine derart krasse Fehlbeurteilung der Beweiswürdigung des BVwG wird in der Revision nicht dargetan.
11 Wenn die Revision weiters vorbringt, dass Rechtsprechung zur Frage fehle, wann eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären und ein Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen sei, ist auf die ebenfalls ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach bei der Erlassung einer Rückkehrentscheidung eine Interessenabwägung durchzuführen ist. Eine solche, unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte, Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. etwa VwGH 31.10.2019, Ra 2019/20/0445, mwN). Dass das BVwG diese Abwägung in unvertretbarer Weise vorgenommen hätte, zeigt die Revision ebenfalls nicht auf.
12 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 20. Mai 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020010131.L00Im RIS seit
23.06.2020Zuletzt aktualisiert am
23.06.2020