TE Lvwg Erkenntnis 2019/3/18 VGW-105/020/3291/2019

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Veröffentlicht am 18.03.2019
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Entscheidungsdatum

18.03.2019

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §13 Abs3
GewO 1994 §26 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Schopf über die Beschwerde der Frau A. B., vom 20.02.2019, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 63, vom 14.01.2019,
Zl. ..., betreffend Gewerbeordnung (GewO),

zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit angefochtenem Bescheid wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 26 Abs. 2 GewO 1994 die Nachsicht vom Ausschluss von der Ausübung des Gewerbes: „Personenbetreuung“ verweigert. Dieser Bescheid ist im Wesentlichen damit begründet, dass die Nachsichtwerberin keinerlei liquide Mittel nachweisen habe können und auch nicht unter Beweis stellen habe können, woher ihre finanziellen Mittel zur Berichtigung der dem Exekutionsverfahren zugrunde liegenden Forderungen stammten, weshalb davon auszugehen sei, dass sie nicht imstande sein werde, Forderungen aller andrängenden Gläubiger bei Fälligkeit zu befriedigen, weshalb zu befürchten sei, dass durch die Ausübung des von ihr angestrebten Gewerbes weitere Gläubiger geschädigt werden könnten.

Dagegen richtet sich die verfahrensgegenständliche Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin ausführt, im Bescheid sei zu Recht ausgeführt, dass sie derzeit keinerlei Schulden mehr habe, weder beim Handyanbieter noch bei der Sozialversicherung. Zur Herkunft der Geldmittel lege sie diesem Schreiben eine Erklärung von Frau C. D. vor, die die ausstehenden Beträge in Form eines Privatkredites zur Verfügung gestellt habe. Außerdem habe die Beschwerdeführerin für den Fall der Gewährung der Nachsicht die Zusage für eine Beschäftigung als Betreuungskraft in E. und einen Honorarvorschuss, wodurch sie dann auch in der Lage sein werde, die mit der Gewerbeausübung im Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten bei Fälligkeit abdecken zu können.

Angeschlossen war eine Kopie eines Schreibens von Frau C. D., persönlich von dieser unterfertigt vom 11.2.2019 betreffend SVA Restschuld und G. Restschuld. Darin ist ausgeführt:

„Ich C. D. geboren ...42 österreichische Staatsangehörige bestätige hiermit an Frau A. B. geboren am ...1963 rumänische Staatsangehörige die Restschuld der SVA 7.758,02 Euro, siebentausendsiebenhundertachtundfünfzig, 02 Die Restschuld der G. 2.362,24 zweitausenddreihundertsechsundzwanzig, vierundzwanzig bezahlt zu haben. Wir pflegen eine langjährige gute Bekanntschaft. Sie kann den offenen Betrag in kleinen Raten mir rückerstatten, sobald sie wieder verdient.“

Unbestritten liegt im Verfahren folgender, in der Begründung des angefochtenen Bescheides wiedergegebene Sachverhalt zugrunde:

Mit Eingabe vom 04.09.2018 beantragte Frau A. B. die Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung des im Spruch genannten Gewerbes, weil mit Beschluss des Landesgericht E. vom 22.05.2018, GZ. ..., ein Konkursverfahren mangels eines zur Deckung der Kosten des Insolvenzverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet wurde. Der gegenständliche Insolvenzfall scheint in der Insolvenzdatei auf.

Im Rahmen des durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde von der erkennenden Behörde weiters festgestellt, dass das genannte Insolvenzverfahren beim Landesgericht E. zur GZ ... durch die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft Landesstelle ... bereits mit Schreiben vom 29.03.2018 beantragt wurde. Dieser Antrag bezog sich auf einen Rückstand von € 7.519,82, der bis zum 01.08.2012 zurückreichte. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens gab die Gebietskrankenkasse ... bekannt, dass die Nachsichtswerberin keinen Zahlungsrückstand habe. Seitens des Finanzamts F. wurde mit Schreiben vom 05.04.2018 bekanntgegeben, dass die Nachsichtswerberin in Österreich nicht steuerlich erfasst sei. Nachdem die Nachsichtswerberin keinen Kostenvorschuss zur Deckung der Anlaufkosten des Konkursverfahrens erlegte und zur Konkurstagsatzung nicht erschien, wurde mit Beschluss vom 22.05.2018 das gegenständliche Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffnet. Begründet wurde dieser Beschluss mit den glaubhaft gemachten Forderungsrückständen, die bis August 2012 zurückreichten in Zusammenschau mit den in der Exekutionsdatei aufscheinenden Exekutionen.

Der Nachsichtswerberin wurde dieses Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nachweislich zur Kenntnis gebracht und wurde sie gleichzeitig eingeladen Stellung zu nehmen, insbesondere ob Exekutionen bereits eingestellt bzw. Ratenvereinbarungen mit den Gläubigern geschlossen wurden. Weiters wurde die Nachsichtswerberin aufgefordert darzulegen, wie es ihr konkret möglich sein wird, die bestehenden Schulden zu begleichen und die weiteren anfallenden Verbindlichkeiten (u.a. Betriebskosten, Beiträge zur Sozialversicherung, Steuern udgl.) zu erfüllen und eingeladen für das Vorhandensein der hiefür erforderlichen liquiden Mittel entsprechende Beweise anzubieten.

Mit Schreiben vom 14.12.2018 brachte die Nachsichtswerberin dazu zusammengefasst vor, dass die Rückstände bei der SVA der gewerblichen Wirtschaft und die offenen Beträge bei der G. GmbH zwischenzeitig begleichen seien. Sie sei derzeit in Österreich an keiner Adresse gemeldet. Sie legte dazu einen Sozialversicherungsauszug für den Zeitraum von 12.12.2002 bis 12.12.2018, einen Kontoauszug der Sozialversicherung datiert mit 20.10.2018 und eine Auftragsbestätigung zu einer Überweisung von € 2.362,24 am 27.09.2018 an die GKP RAE OG, vor. Aus dem vorgelegten Sozialversicherungsauszug geht bezogen auf das hieramtliche Verfahren hervor, dass die Nachsichtswerberin bis 30.06.2018 Sozialversicherungspflichtig war. Aufgrund des Kontoauszugs der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft Landesstelle ... datiert mit 20.10.2018 geht hervor, dass die Rückstände in Höhe von € 7.712,34 samt Verzugszinsen aufgrund einer Zahlung vom 18.10.2018 beglichen wurden.

Dieser Sachverhalt konnte von der belangten Behörde aber auch vom Verwaltungsgericht Wien aufgrund des unbestrittenen unbedenklichen Akteninhaltes sowie des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin den Inhalt ihrer Beschwerde darauf gestützt hat als erwiesen angenommen werden.

Gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1994 sind Rechtsträger von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen, wenn

1. das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet oder aufgehoben wurde und

2. der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist.

Gemäß § 256 Abs. 4 Insolvenzordnung ist die Einsicht in die Eintragung der mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffneten Insolvenzverfahren nach drei Jahren nach der Eintragung nicht mehr zu gewähren.

Gemäß § 26 Abs. 2 GewO 1994 hat die Behörde im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 3 die Nachsicht von diesem Ausschluss zu erteilen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage des Rechtsträgers erwartet werden kann, dass er den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird.

Die im § 26 GewO zum Ausdruck gebrachte Erwartung des Gesetzgebers setzt voraus, dass die Nachsichtswerberin nicht nur die erforderlichen Mittel zur Abdeckung bisher entstandener Forderungen aufbringen kann, sondern auch in der Lage ist, zukünftige, durch ihre gewerbliche Tätigkeit neu entstehende Verbindlichkeiten abzudecken. Lediglich durch die Erfüllung dieser Erwartung kann mit hinlänglicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass es zu keiner weiteren Schädigung von Gläubigern durch die Nachsichtswerberin im Zuge der Ausübung des in Rede stehenden Gewerbes kommen wird.

Aus dem Wortlaut „wenn …. erwartet werden kann“ im § 26 Abs. 2 GewO 1994 ergibt sich, dass keine Bedenken vorliegen dürfen, die eine derartige Erwartung ausschließen. Die im Gesetz definierte Erwartung setzt aber jedenfalls voraus, dass der Nachsichtswerber über die erforderlichen liquiden Mittel verfügt, um die mit der beabsichtigten Gewerbeausübung in Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten – und zwar bei Fälligkeit – abdecken zu können (vgl. VwGH 17.4.2012, 2011/04/0212 und 11.12.2013, 2013/04/0136). Bei der Beurteilung der Liquidität eines Nachsichtswerbers kommt es im Sinne des § 26 Abs. 2 GewO 1994 auf die „nunmehrige wirtschaftliche Lage“ des Betreffenden an.

Der Gerichtshof hat in seiner Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 5.9.2001, 2001/04/0145) auch zum Ausdruck gebracht, dass bei einer Gewerbeausübung durchaus mit kommenden Zahlungsverpflichtungen zu rechnen sei, bei denen aufgrund vorhandener liquider Mittel damit gerechnet werden könne, dass diese bei Fälligkeit abgedeckt seien.

Wenn die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auf die Zusage für eine Beschäftigung und einen Honorarvorschuss verweist, zeigt gerade dieses Vorbringen das aktuell die vom Verwaltungsgerichtshof und dem Gesetz geforderten liquiden Mittel nicht vorliegen. Dass die entsprechende Zusage rechtsverbindlich ist, wurde trotz der auf seitens der Beschwerdeführerin bestehenden Verpflichtung zur Mitwirkung der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes nicht dargelegt. Auch handelt es sich bei versprochenen zukünftigen Zahlungen im Rahmen einer zugesagten Beschäftigung eben nicht um vorhandene liquide Mittel.

Im Übrigen ist festzustellen, dass es sich bei der Zahlung der Restschulden bei der SVA und der G. durch Frau C. D. um keine Schenkungen handelt sondern dass damit ein Privatkredit eingeräumt wurde, die Beschwerdeführerin somit nach wie vor Rückzahlungsverpflichtungen treffen. Auch wenn die Rückzahlungsverpflichtung seitens Frau C. D. vorläufig aufgeschoben wurde, ändert dies nichts daran, dass diese Schulden von ihr oder Rechtsnachfolgern jederzeit fällig gestellt werden könnten.

Der belangten Behörde konnte somit auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausging, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Nachsicht im Sinne des § 26 GewO nicht vorliegend waren.

Der Beschwerde war somit der Erfolg zu versagen.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Gewerbeberechtigung; Ausschluss; Nachsicht; nunmehrige wirtschaftliche Lage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.105.020.3291.2019

Zuletzt aktualisiert am

08.06.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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