TE Vwgh Erkenntnis 1998/3/19 97/06/0260

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.03.1998
beobachten
merken

Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §1;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
BauO Tir 1989 §44 Abs3 litb;
BauRallg;
B-VG Art118 Abs2;
VVG §1 Abs1 Z1;
VVG §4 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer sowie die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des A und des H in W, beide vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 4. September 1997, Zl. Ve1-551-631/1-4, betreffend einen Abbruchauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer verschiedener Grundstücke in W. Mit Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom 9. März 1994 wurde ihnen als Grundeigentümern gemäß § 44 Abs. 3 lit. b der Tiroler Bauordnung (TBO) aufgetragen, die bauliche Anlage auf dem Grundstück .386 einer näher bezeichneten Katastralgemeinde bis längstens 30. Juni 1994 abzutragen; weiters wurde ihnen aufgetragen, näher beschriebene Auflagen "sofort zu erfüllen".

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung, die mit Bescheid der Berufungsbehörde vom 27. Oktober 1994 als unbegründet abgewiesen wurde.

Aus dem weiteren Verfahrensgang ist festzuhalten, daß die Beschwerdeführer dagegen eine verspätete Vorstellung erhoben und diesbezüglich um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Vorstellungsfrist einkamen. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. Oktober 1996 wurde dem Wiedereinsetzungsantrag keine Folge gegeben und die Vorstellung als verspätet zurückgewiesen.

Mit Erledigung der Baubehörde erster Instanz vom 14. Oktober 1996 wurde den Beschwerdeführern "letztmals eine Frist" bis längstens 31. März 1997 eingeräumt, um die bescheidmäßig aufgetragenen Abbrucharbeiten durchzuführen. Zugleich wurde die Ersatzvornahme angedroht.

Mit Erledigung vom 7. April 1997 ersuchte die Gemeinde die örtlich zuständige Baubezirkshauptmannschaft um Durchführung des exekutiven Abbruchverfahrens.

Mit Bescheid dieser Bezirkshauptmannschaft vom 23. Juni 1997 wurde die mit Erledigung der Gemeinde vom 14. November 1996 angedrohte Ersatzvornahme angeordnet.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung, die mit dem nun angefochtenen Bescheid mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen wurden, daß der erstinstanzliche Bescheid dahingehend präzisiert werde, daß die angedrohte Ersatzvornahme betreffend die bauliche Anlage "auf dem vor Vereinigung mit Gst. .594 ursprünglich vorhandenen Gst. .386 (es folgt die Angabe der Katastralgemeinde und der Anschrift) angeordnet wird".

Begründend führte die belangte Behörde nach zusammengefaßter Darstellung des Verfahrensganges aus, die Beschwerdeführer hätten in ihrer nunmehrigen Berufung im wesentlichen vorgebracht, daß zum Zeitpunkt der Erlassung des Abbruchbescheides die fragliche Liegenschaft aus den Grundstücken .386 und .594 bestanden habe, wobei sich auf beiden Grundstücken eine bauliche Anlage befinde. Nunmehr sei das Grundstück .594 mit dem Grundstück .386 vereinigt und das Grundstück .594 von Amts wegen gelöscht worden. Es befänden sich daher auf dem (zu ergänzen: nunmehrigen) Grundstück .386 zwei bauliche Anlagen. Dadurch, daß die Vollstreckungsverfügung die Ersatzvornahme zum Abbruch zweier baulicher Anlagen auf dem Grundstück .386 anordne, gehe sie über den Titelbescheid hinaus und sei auch zu unbestimmt und deshalb nicht mehr vollstreckbar, weil aufgrund der Grundstücksvereinigung ohne Auslegung nicht mehr hinreichend bestimmbar sei, welche bauliche Anlage abzutragen sei. Auch weise der Titelbescheid nicht die gemäß § 59 Abs. 1 AVG geforderte Deutlichkeit auf. Im gegenständlichen Fall sei davon auszugehen, daß sowohl die bauliche Anlage auf Grundstück .386 als auch die bauliche Anlage auf dem angrenzenden Grundstück 271/13 eine Einheit bildeten. Diese baulichen Anlagen seien im 1. Stock direkt verbunden und es bestehe auf dem Grundstück 271/13 "statt dem Erdgeschoß" eine Durchfahrt, wobei bei dieser Durchfahrt das

1. Stockwerk der baulichen Anlage auf Grundstück 271/13 von einer baulichen Anlage auf dem Grundstück .386 abgestützt werde. Es lasse sich weder aus dem Abbruchbescheid noch aus der Vollstreckungsverfügung ableiten, wie der Abbruch zu erfolgen habe. Auch für einen Sachkundigen sei dies nicht festzustellen, weil nicht geklärt sei, wie der 1. Stock des "gemeinsamen Bauwerkes" abgestützt werde. Darüber hinaus hätten die Beschwerdeführer seit der Erlassung des Abbruchbescheides "unzählige Maßnahmen getroffen", um die bauliche Anlage auf dem Grundstück .386 zu sichern, sodaß keine Gefährdung von Menschen mehr gegeben sei. Aufgrund einer "schwierigen Eigentümersituation" sei auch die Leistungsfrist unangemessen kurz.

Dem entgegnete die Berufungsbehörde nach Darstellung der Rechtslage (§ 10 Abs. 2 VVG), aufgrund der Formulierung des Spruches des Titelbescheides sei klar, welche bauliche Anlage abzutragen sei, nämlich lediglich jene bauliche Anlage auf dem ursprünglichen Grundstück .386. Dies sei aufgrund der Aktenlage ungeachtet der zwischenzeitig durchgeführten Grundstücksvereinigung eindeutig nachzuvollziehen. Dennoch habe die Berufungsbehörde eine Präzisierung des Spruches der Vollstreckungsverfügung dahingehend vorgenommen, daß "eben nur jenes Gebäude auf der ursprünglichen Bp. 386" der betreffenden Katastralgemeinde vor Vereinigung mit dem Grundstück .594 erfaßt sei. Damit stehe zweifelsfrei fest, welches Objekt von der Vollstreckungsverfügung betroffen sei.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführer, die bauliche Anlage auf dem Grundstück .386 bilde mit jener auf dem angrenzenden Grundstück 271/13 eine Einheit (es folgte eine zusammengefaßte Wiedergabe dieses Vorbringens), sei entgegenzuhalten, daß dieser Einwand die Art der Durchführung der Abbruchsarbeiten selbst betreffe. Die Durchführung des Abbruches sei von einem fachlich befugten Unternehmen vorzunehmen, welches die entsprechenden Abbruchmaßnahmen sach- und fachgemäß ohne Beschädigung anderer Objekte vorzunehmen habe. So mangle es keineswegs an der Bestimmtheit eines Abbruchauftrages bzw. einer Vollstreckungsverfügung, wenn nicht alle einzelnen für die Durchführung erforderlichen Arbeitsschritte aufgezählt würden. Wesentlich sei, daß der Gegenstand des Abbruchsauftrages feststehe.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführer, sie hätten "unzählige Maßnahmen getroffen", auch sei eine Gefährdung von Menschen nicht mehr gegeben, womit auch nicht mehr das öffentliche Interesse vorhanden sei (zu ergänzen: das Objekt abzutragen), sei entgegenzuhalten, daß diese Behauptung in keiner Weise begründet noch untermauert worden sei. Darüber hinaus seien laut Mitteilung der Gemeinde seit Erlassung des Abbruchauftrages keine Sanierungen oder Verbesserungen an diesem Objekt angezeigt und es seien auch keine optisch in Erscheinung tretenden Vorbeugungsmaßnahmen festgestellt worden. Auch nach der Aktenlage sei das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar.

Ebenso sei die Leistungsfrist ausreichend; die Beschwerdeführer hätten ausreichend Gelegenheit gehabt, die aufgetragenen Maßnahmen durchzuführen (wurde näher ausgeführt).

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 27. November 1997, B 2660/97, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigeit der belangten Behörde sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, kann keine Rede davon sein, daß durch die Vereinigung des Grundstückes .594 mit dem Grundstück .386 der Titelbescheid nicht mehr vollstreckbar wäre. Ebenso ist unzutreffend, daß die belangte Behörde durch die Präzisierung des erstinstanzlichen Bescheides den Titelbescheid abgeändert und "damit in unzulässiger Weise in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden eingegriffen" hätte, was Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde bewirke. Vielmehr bestehen vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles gegen diese Präzisierung keine Bedenken. Entgegen der in der Beschwerde nach wie vor vertretenen Auffassung ist der Umfang des Abbruchauftrages (weiterhin) klar. Der Umstand, daß sich auf dem angrenzenden Grundstück Nr. 271/13 ebenfalls ein Gebäude befindet, das in bezug auf das abzubrechende Objekt in geschlossener Bauweise errichtet wurde, vermag daran nichts zu ändern (in den Verwaltungsakten befinden sich Baupläne dieses Gebäudes sowie Lichtbilder, auf welchen beide Gebäude ersichtlich sind). Darin kann auch kein Vollstreckungshindernis erblickt werden, wenngleich wohl im Zuge des Abbruchverfahrens bezüglich dieses weiteren, angrenzenden Hauses entsprechende Sicherungsmaßnahmen erforderlich sein könnten, worauf die belangte Behörde der Sache nach zutreffend verwiesen hat.

Schließlich kann vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles auch nicht gesagt werden, daß die Leistungsfrist unangemessen kurz gewesen wäre. Vielmehr hat die belangte Behörde zutreffend darauf verwiesen, daß die Beschwerdeführer bis zur Anordnung der Ersatzvornahme mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 23. Juni 1997 ausreichend Gelegenheit hatten, ihrer Verpflichtung nachzukommen (es fällt auch auf, daß in der Beschwerde konkrete Schritte in diese Richtung gar nicht behauptet werden. Der mögliche Umstand, daß die Beschwerdeführer untereinander uneins sind, sollte man die Beschwerdeausführungen dahin verstehen, vermag ihnen jedenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1997.

Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu gewähren.

Schlagworte

Baupolizei Vollstreckung Kosten BauRallg10 Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung Verhältnis zu anderen Materien und Normen B-VG

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997060260.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten