TE Lvwg Erkenntnis 2020/3/27 VGW-105/014/10014/2019

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Veröffentlicht am 27.03.2020
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Entscheidungsdatum

27.03.2020

Index

50/03 Personenbeförderung, Güterbeförderung
50/01 Gewerbeordnung

Norm

GütbefG 1995 §1 Abs5
GütbefG 1995 §5 Abs1 Z1
GewO 1994 §16 Abs1
GewO 1994 §39 Abs2
GewO 1994 §87 Abs1 Z3
GewO 1994 §367 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Richterin Dr. Findeis über die Beschwerde des Herrn A. B. vom 24.7.2019 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 63, vom 19.6.2019, Zahl …, betreffend Entziehung der Konzession für den grenzüberschreitenden Güterverkehr, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung vom 1.12.2016, zu Recht erkannt:

Der Spruch des angefochtenen Bescheides wird dahingehend geändert, dass der Standort nunmehr „C., D.-straße“ lautet. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

B E G R Ü N D U N G

Mit dem angefochtenen Becheid entzog der Landeshauptmann für Wien, Magistratsabteilung 63, gemäß § 5 Abs. 1 GütbefG 1995 iVm § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 Herrn A. B., geboren 1963 in E., Sozialversicherungsnummer: …, die Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im grenzüberschreitenden Verkehr (grenzüberschreitender Güterverkehr) mit 3 Kraftfahrzeugen (§ 2 Abs. 1 Z 2 und § 3 Abs. 1 GütbefG), GISA-Zahl: …, im Standort Wien, F.-gasse. Begründend führte die belangte Behörde unter Wiedergabe der Bestimmungen des § 5 Abs. 1 GütbefG 1995 und des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 aus, dass die mit Bescheid vom 16.1.2013, Zahl … zur Geschäftsführerin und Verkehrsleiterin für das Gewerbe des Beschwerdeführers („Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im grenzüberschreitenden Verkehr (grenzüberschreitender Güterverkehr) mit 3 Kraftfahrzeugen (§2 Abs. 2 Z 2 und § 3 Abs. 1 GütbefG idF BGBl. I Nr. 106/2001 im Standort Wien, F.-gasse) bestellte G. B. laut Sozialversicherungsdatenauszug vom 1.1.2015 bis zu ihrem Ausscheiden aus der Funktion mit 10.7.2018 nur als „geringfügig beschäftigte Angestellte“ bei der Wiener Gebietskrankenkasse angemeldet gewesen sei und somit in diesem Zeitraum keine mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigte, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtige Arbeitnehmerin gewesen sei, sodass ihre Stellung gemäß § 39 Abs. 2 GewO 1994 in diesem Zeitraum nicht gegeben gewesen sei. Diese Verwaltungsübertretung sei mit Straferkenntnis vom 5.7.2018, Zahl … festgestellt worden. Aufgrund der dreieinhalbjährigen Missachtung der von Konzessionsinhaber im Zusammenhang mit dem betreffen Gewerbe zu beachten Rechtsvorschrift habe er sich gegenüber anderen gesetzmäßig agierenden Gewerbetreibenden einen Wettbewerbsvorteil verschafft, da er sich die Kosten für eine voll versicherte Arbeitnehmerin erspart habe, was dem Ansehen des Berufsstandes schade. Dies erfülle den Tatbestand der schwerwiegenden Verstöße im Sinne des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994, die geeignet seien in weiterer Folge die Zuverlässigkeit des Beschwerdeführers als nicht mehr gegeben erscheinen zu lassen.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde argumentiert der Beschwerdeführer seit 2006 den gegenständlichen Transportbetrieb – mit dem Schwerpunkt osteuropäische Länder und Russland – zu leiten. Bis auf das Missgeschick mit Frau B. sei alles in geordneten Bahnen verlaufen. Die Unterlagen der zusätzlichen Anmeldung zur Krankenkasse als Geschäftsführerin lägen bei der belangten Behörde auf. Er habe alle öffentlichen Abgaben und erhaltenen Strafen bezahlt und weise keine Schulden auf. Die Anschuldigungen im angefochtenen Bescheid müsse er zurückweisen. Dazu komme, dass der Betrieb seine Lebensgrundlage sei. Bei G. B. handle sich um seine Tochter, die ihm während ihres Studiums im Ausmaß von rund 20 Stunden pro Woche unterstützt habe und für diesen sämtliche Büro-, Behörden-, Abgabentätigkeiten und Organisatorisches erledigt habe. Nach Abschluss des Studiums habe sie eine Vollzeitstelle angenommen und nebenbei weiterhin ihren Vater tatkräftig unterstützt. Aufgrund des erhöhten Einkommens habe er jährliche Nachzahlungen an die Wiener Gebietskrankenkasse für die Jahre 2016 und 2017 im Ausmaß von 1587,33 Euro leisten müssen. Wäre Frau B. anstelle als geringfügig Beschäftigte als Teilzeitbeschäftigte angemeldet gewesen, wären die Zahlungen etwa in gleicher Höhe zu leisten gewesen. Es könne daher nicht von einem Vorteil des Beschwerdeführers gegenüber anderen gesetzmäßig agierenden Gewerbetreibenden ausgegangen werden. Nicht nachvollziehbar sei der Vorwurf, dass es zu einer Verletzung des Ansehens des Berufsstandes gekommen sei. Abgesehen davon, dass es in Österreich nicht ungewöhnlich sei, dass Kinder im Unternehmen der Eltern mithelfen, sei seine Tochter auch bei der Wiener Gebietskrankenkasse angemeldet gewesen. Wie daraus eine Verletzung des Ansehens des Berufsstandes resultieren solle, sei unbegreiflich, zumal niemand seine Anstellungsverhältnisse bzw. Einkommensverhältnisse öffentlich bekanntgebe oder bewerbe. Die Behörde habe es in diesem Punkt unterlassen, den Bescheid ausreichend zu begründen.

Der Beschwerdeführer bemängelt die Nichteinbeziehung der Stellungnahme der Wirtschaftskammer Österreich, die sich gegen die Aberkennung der Zuverlässigkeit und Entziehung der Gewerbeberechtigung ausgesprochen habe, in die Entscheidung: Die Fachgruppe habe den Entzug der Konzession als unverhältnismäßige Maßnahme betrachtet.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei ausschließlich entscheidend, dass nach der Beschaffenheit der Handlungen oder Unterlassungen, keine Gewähr dafür geboten sei, dass in Hinkunft die öffentliche Interessen gewahrt bleiben. Daraus ergebe sich der Umkehrschluss, dass die Zuverlässigkeit dann gegeben sei, wenn dafür Gewähr geboten werde, dass in Hinkunft keine Verstöße mehr eintreten, welche die öffentlichen Interessen gefährdeten. Die Behörde habe im Hinblick auf die Androhung einer Entziehung der Konzession eine ex-ante-Betrachtung für die Zukunft abzugeben und der Entscheidung zugrunde zu legen. Falle diese Prüfung positiv aus, sei die Konzession nicht zu entziehen. Die Behörde habe sich ein umfassendes Gesamtbild der Persönlichkeit zu verschaffen, aufgrund dessen sie über das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen der Zuverlässigkeit entscheide. Hiebei sei sowohl der Zeitraum innerhalb dessen die Verwaltungsübertretungen begangen worden seien als auch eine Zukunftsprognose heranzuziehen. Der Rechtsprechung des VwGH folgend, wiege ein bereits länger zurückliegendes Verhalten im Hinblick auf zwischenzeitliches Wohlverhalten weniger schwer als aktuelle Verstöße (VwGH 23.10.2008, 2008/03/0058).

Allfällige Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften hätten darüber hinaus keine bedeutenden Folgen nach sich gezogen. Vor allem sei zu keinem Zeitpunkt eine andere Person zu Schaden gekommen. Der Beschwerdeführer sei seinen Verpflichtungen und Zahlungen öffentlicher Abgaben und Sozialversicherungsbeiträgen stets nachgekommen und habe diesbezüglich zu keiner Zeit Rückstände aufgewiesen.

Die Entziehung der Konzession bedeutete für den Beschwerdeführer und seine Familie den Verlust deren beruflichen und privaten Existenz. Der Verlust der Konzession würde für ihn bedeuten, dass er sein Unternehmen, welches er bereits seit rund 21 Jahren ausübe (zu Beginn als Angestellter, danach selbstständig) nicht mehr ausüben könnte. Dies würde ihm und seiner Familie die Existenzgrundlage entziehen. Dieses Umstandes sei sich der Beschwerdeführer bewusst, weshalb er alles daran setze, die Behörde von seiner Zuverlässigkeit zu überzeugen, um sein Unternehmen weiterführen zu können. In Anbetracht dieser Ausführungen erscheine die Entziehung der Konzession, welche lediglich ultima ratio sein sollte, als unverhältnismäßig. Die Zukunftsprognose müsste aufgrund der dargestellten Umstände positiv ausfallen.

Der Fuhrpark des Beschwerdeführers umfasse lediglich 2 LKW, wovon einer von ihm selbst und der zweite von einem erfahrenen und langgedienten LKW-Fahrer gelenkt werde. Diese geringe Anzahl an Fahrzeugen erlaube es dem Beschwerdeführer den Überblick über sämtliche verwaltungsstrafrechtlichen und sonstigen Vorschriften im Auge zu behalten. Bisher habe es zu keiner Zeit Vorfälle gegeben, welche die Zuverlässigkeit des Beschwerdeführers in Zweifel gezogen hätten. Es seien weder abgaben- noch verwaltungsrechtliche Bestimmungen verletzt worden.

Die belangte Behörde habe sich nicht mit dem vom Beschwerdeführer getroffenen Maßnahmen zur Hintanhaltung künftiger Verwaltungsübertretungen auseinandergesetzt und habe es insbesondere unterlassen zu begründen, weshalb sie von einem Wettbewerbsvorteil des Beschwerdeführers ausgehe.

Anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien am 6.12.2019 wurde der Akteninhalt verlesen sowie der Beschwerdeführer einvernommen. Dieser räumte ein, dass seit 11.7.2018 kein (genehmigter) gewerberechtlicher Geschäftsführer und Verkehrsleiter bestellt gewesen sei. Die Geschäftsführertätigkeit seiner Tochter sei im beiderseitigem Einvernahmen beendet worden. Dass die geringfügige Beschäftigung für die Ausübung der Geschäftsführertätigkeit nicht ausreiche, habe er nicht gewusst. Der Versuch, einen Mitarbeiter als gewerberechtlicher Geschäftsführer zu bestellen, sei misslungen.

Laut Bescheid der belangten Behörde vom 13.5.2019, Zahl …, wurde die Genehmigung der Bestellung des Herrn H. K. zum Geschäftsführer und Verkehrsleiter versagt, da der Betroffene 23 rechtskräftige, schwerwiegende Verstöße gegen die Vorschriften der Güterbeförderung bzw. betreffend die Sicherheit im Straßenverkehr aufwies.

Am 10.1.2020 zeigte der Beschwerdeführer die Verlegung des Gewerbestandortes nach C., D.-straße an.

Folgender Sachverhalt wird als erwiesen festgestellt:

Der Beschwerdeführer A. B., der über keinen Befähigungsnachweis verfügt, ist seit 14.5.2007 zur Ausübung des konzessionierten Gewerbes Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im grenzüberschreitenden Verkehr (grenzüberschreitender Güterverkehr) mit 3 Kraftfahrzeugen (§ 2 Abs. 2 Z 2 und § 3 Abs. 1 GütbefG idF BGBl. I Nr. 106/2001 im Standort Wien, F.-gasse berechtigt und übt seitdem das Gewerbe aus. Im Zuge des hg. anhängigen Beschwerdeverfahrens verlegte er den Standort nach C., D.-straße.

Die letzte gewerberechtliche Geschäftsführerin G. B., die am 10.7.2018 aus dieser Funktion ausschied, war seit 1.1.2015 nur (mehr) als geringfügig beschäftigte Angestellte tätig. Seitdem wurde kein neuer gewerberechtlicher Geschäftsführer genehmigt.

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 5.7.2018, Zahl …, wurde der Beschwerdeführer mit Straferkenntnis wegen Übertretung des § 367 Z 5 iVm § 95 Abs. 2 und § 39 Abs. 2 GewO 1994 rechtskräftig schuldig erkannt, im Zeitraum 1.1.2015 bis 8.6.2018 sich zur Ausübung des gegenständlichen Gewerbes, für das die Erbringung eines Befähigungsnachweises vorgeschrieben ist, einer Geschäftsführerin (V. B.) bedient zu haben, die nicht mehr den in § 39 Abs. 2 festgelegten Voraussetzungen entsprochen hat, da sie nur als geringfügig beschäftigte Angestellte angemeldet war, obwohl ein gewerberechtliche Geschäftführer ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechts voll versicherter Arbeitnehmer sein muss. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe von 380 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 22 Stunden) verhängt.

 

Diese Feststellungen gründen sich auf den Auszug mit historischen Daten im Gewerbeinformationssystem Austria (Stichtag: 24.3.2020) und das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, vom 5.7.2018 , Zahl ….

Vorweg wird der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass sich die örtliche Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes gemäß § 3 Abs. 2 VwGVG nach den örtlichen Anknüpfungspunkten des verwiesenen § 3 AVG im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bestimmt und nach diesem Zeitpunkt eintretende Änderungen in den für die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes relevanten örtlichen Anknüpfungspunkten an der einmal gegebenen Zuständigkeit nichts mehr zu ändern vermögen, weshalb die im Zuge des hg. Beschwerdeverfahrens erfolgte Standortverlegung nach Niederösterreich nichts an der (bisherigen) Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Wien änderte.

Gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 Güterbeförderungsgesetz 1995 (GütbefG), darf eine Konzession (zur gewerblichen Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen) nur erteilt werden, "wenn neben den allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung eines reglementierten Gewerbes folgende Voraussetzungen gemäß Art 3 Verordnung (EG) Nr 1071/09 erfüllt ...(ist) : 1. die Zuverlässigkeit". Diese Voraussetzung muss während der gesamten Dauer der Gewerbeausübung vorliegen. Wird diese Voraussetzung vom Gewerbetreibenden nicht mehr erfüllt, so ist die Konzession zu entziehen. Die §§ 87 bis 91 GewO 1994 bleiben hievon unberührt.

Nach § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt das Tatbestandsmerkmal der "schwerwiegenden Verstöße" in § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 voraus, dass sich aus den Verstößen unter Berücksichtigung der Art der verletzten Schutzinteressen und der Schwere ihrer Verletzung der Schluss ziehen lässt, dass der Gewerbetreibende nicht mehr als zuverlässig anzusehen ist. Eine solche Sichtweise ist auch vor dem Hintergrund des sich aus Art. 6 StGG ergebenden Gebotes der Verhältnismäßigkeit eines Eingriffes in die Erwerbsfreiheit erforderlich (vgl. VwGH 1.2.2017, Ra 2015/04/0047 mit Hinweis auf 6.3.2013, 2012/04/0135, mwN).

Als "schwerwiegende Verstöße" iSd § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 kommen nicht nur solche in Betracht, die geeignet sind, das Ansehen des betreffenden Berufsstandes herabzusetzen. Wie sich aus dem diesbezüglich eindeutigen Wortlaut des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 ergibt, ist dieses Schutzinteresse ebenso wie die im Schlusssatz des § 87 Abs. 1 GewO 1994 aufgezählten Schutzinteressen, lediglich beispielsweise genannt (vgl. VwGH 24.2.2010, 2009/04/0303 mit Hinweis auf 12.11. 1996, 96/04/0201).

"Schwerwiegende Verstöße" können auch vorliegen, wenn keine Bestrafung erfolgt ist. In einem Fall, in dem (überhaupt) keine Bestrafung erfolgt ist und sich die "schwerwiegenden Verstöße" auf sonstige Fakten gründen, hat die Behörde anhand des sich aus den Verstößen ergebenden Persönlichkeitsbildes des Gewerbetreibenden zu beurteilen, ob dieser die Zuverlässigkeit im Sinn von § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 besitzt (VwGH 17.9.2014, mit Hinweis auf VwGH 25.3.2014, 2013/04/0077, mwN).

Der Beschwerdeführer hat zwei schwerwiegende Übertretungen im Sinne des
§ 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 begangen:

Zu der mit Straferkenntnis vom 5.7.2018, Zahl … geahndeten Verwaltungsübertretung des § 367 Z 5 iVm § 95 Abs. 2 und § 39 Abs. 2 GewO 1994:

 

Die in § 39 Abs. 2 dritter Satz GewO normierte Arbeitsverpflichtung von zumindest 20 Wochenstunden des (gewerberechtlichen) Geschäftsführers verfolgt neben dem allgemeinen Ziel des Schutzes vor Gefahren für die Gesundheit und Sicherheit sowie der Konsumenten durch die Reglementierung bestimmter Tätigkeiten und das Erfordernis eines Befähigungsnachweises in der GewO - insbesondere das - im öffentlichen Interesse gelegene - Ziel, sicherzustellen, dass eine zur redlichen fachkundigen Ausübung des Gewerbes geeignete und dafür verantwortliche Person im gewerberechtlichen Betrieb vorhanden ist, die durch entsprechende Betätigung im Betrieb auch dazu in der Lage ist, diese Verantwortung wahrzunehmen. Die verwaltungsrechtliche Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes bzw. für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften erfordert es daher, dass sich der Geschäftsführer entsprechend im Betrieb betätigt; er hat insbesondere in der Lage zu sein, die für das Gewerbe relevanten Vorgänge zu beobachten, zu kontrollieren und die gewerberechtlich relevanten Entscheidungen zu treffen und damit sicherzustellen, dass dieser im Betrieb über die für seine Verantwortlichkeit notwendigen Beobachtungs-, Informations- und Handlungsmöglichkeiten verfügt. Gleichzeitig soll damit auch dem Scheingeschäftsführerwesen entgegengewirkt werden.

Die Unterschreitung der gesetzlich normierten Mindestarbeitsverpflichtung auf „geringfügig beschäftigte Angestellte“ im Zeitraum 1.1.2015 bis 8.6.2018, bei gleichzeitiger …. Beschäftigung als vollversicherte Angestellte vermochte eine ausreichende Betätigung der gewerberechtlichen Geschäftsführerin im Betrieb keineswegs sicherzustellen.

Zur zweiten Übertretung:

Gemäß § 1 Abs. 5 GütbefG gilt für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen, soweit das GütbefG nicht besondere Bestimmungen trifft, die Gewerbeordnung 1994 mit der Maßgabe, dass das Güterbeförderungsgewerbe als reglementiertes Gewerbe gilt, auf das § 95 Abs. 2 der GewO 1994 anzuwenden ist.

Entsprechend § 16 Abs. 1 GewO 1994 hat für die Ausübung von reglementierten Gewerben die Bestellung des neues Geschäftsführers binnen einem Monat zu erfolgen.

Zufolge § 367 Z 2 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die (nach dem Einleitungssatz dieser Bestimmung mit Geldstrafe bis zu 2 180 € zu bestrafen ist, wer trotz der gemäß § 8 Abs. 2 oder 3 oder gemäß § 9 oder gemäß § 16 Abs. 1 oder gemäß § 39 Abs. 1 bestehenden Verpflichtung zur Bestellung eines Geschäftsführers eines der im § 95 angeführten Gewerbe ausübt, ohne die Genehmigung der Bestellung eines Geschäftsführers erhalten zu haben.

Nach dem Ausscheiden von G. B. (10.7.2018) wurde kein (genehmigungspflichtiger) Geschäftsführer mehr rechtswirksam bestellt. Damit handelte der Beschwerdeführer seit 11.8.2018 bis dato § 367 Z 2 GewO 1994 zuwider.

Die Verwirklichung des Entziehungstatbestandes des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 erfordert keine Bestrafung, sondern es genügt die Feststellung des Verstoßes (vgl. VwGH 1.2.2017 Ra 2015/04/0047 mit Hinweis auf VwGH 8.11.2012, 2009/04/0025, mwN).

Durch die Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers soll die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften sichergestellt werden (vgl. § 39 Abs. 1 GewO 1994), weshalb § 9 Abs. 2 GewO 1994 (hier iVm § 16 Abs. 1) die weitere Ausübung des Gewerbes bei Ausscheiden des bisherigen gewerberechtlichen Geschäftsführers ausdrücklich von der rechtzeitigen Bestellung eines neuen gewerberechtlichen Geschäftsführers abhängig macht. Dieses Schutzinteresse wurde gegenständlich schwer verletzt: Auch wenn zu berücksichtigen ist, dass der Beschwerdeführer am 9.7.2018 um Genehmigung des Herrn H. K. zum gewerberechtlichen Geschäftsführer und Verkehrsleiter ansuchte, so wurde er doch während des Verfahrens … von der belangten Behörde davon in Kenntnis gesetzt, dass der Betroffene aufgrund eine Vielzahl, einzeln aufgelisteter schwerwiegender Verstöße gegen Vorschriften über die Güterbeförderung bzw. die Sicherheit im Straßenverkehr nicht über die erforderliche Zuverlässigkeit verfügt und wurde der Antrag mit Bescheid vom 13.5.2019, zugestellt dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung am 28.5.2019, letztlich rechtskräftig abgewiesen. Selbst danach übte der Beschwerdeführer das verfahrensgegenständliche Gewerbe weiterhin aus. Im Hinblick darauf dass, dieses Fehlverhalten lange währte und vorallem noch andauert, zum anderen, da nunmehr keinerlei Kontrolltätigkeit von einer geeigneten fachkundigen und dafür verantwortlichen Person erfolgt, erweist sich auch die vorliegende Straftat nach § 367 Z 2 GewO als gravierend.

Was nun die Beurteilung des sich aus diesem Verstoß ergebenden Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers anlangt, ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer mit der fortgesetzten Gewebeausübung ohne Geschäftsführer hinreichend dargetan hat, dass die Begehung der gleichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.

Angesichts der Schwere und Eigenart der vorliegenden Verstöße und im Hinblick darauf, dass der erste Verstoß noch nicht so lange zurückliegt, dass daraus die Unzuverlässigkeit des Beschwerdeführers im Sinne von § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 nicht mehr abgeleitet werden könnte, und das zweite Fehlverhalten sogar noch andauert, stellt in Anbetracht der speziellen Gegebenheiten des Beschwerdefalles die Aberkennung der Zuverlässigkeit im konkreten Fall keine unverhältnismäßige Reaktion dar.

Der Gesichtspunkt einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Gewerbeinhabers hat im Entziehungsverfahren keine rechtliche Relevanz (VwGH 17.2.2016, Ra 2016/04/0012 mit Hinweis auf VwGH 21.12.1993, 93/04/0078).

Dem Beschwerdehinweis, dass sich die Wirtschaftskammer gegen die Entziehung der Gewerbeberechtigung ausgesprochen hätten, ist entgegen zu halten, dass für die belangte Behörde keine Bindung an die von diesen Stellen abgegebenen Stellungnahmen bestand (vgl. VwGH 6.4.2005, 2004/04/0008).

Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Überdies liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Entziehung der Konzession; gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen; schwerwiegender Verstoß; gewerberechtlicher Geschäftsführer; Mindestarbeitsverpflichtung; reglementiertes Gewerbe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.105.014.10014.2019

Zuletzt aktualisiert am

09.06.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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