Entscheidungsdatum
24.02.2017Index
60/02 ArbeitnehmerschutzNorm
BauV §87 Abs3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch die Richterin Mag.Dr. Eva Lackinger-Vogl über die Beschwerde des Herrn AB AA, geboren am AC, AD AE, vertreten durch Mag. AH AG, AI, AD AE, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg vom 04.05.2016, Zahl xxxxx,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als dass der Strafausspruch zu lauten hat wie folgt:
Sie haben daher im Hinblick auf die betroffenen Arbeitnehmer AB AS, geb. am AT, AN AM, geb. am AO, AN AU, geb. am AV und AN AW, geb. am AX vier Verwaltungsübertretungen gemäß § 130 (5) Z. 1 in Verbindung mit § 118 (3) Arbeitnehmerlnnenschutzgesetz und § 87 (3) 1. Satz Bauarbeiterschutzverordnung begangen.
Deshalb werden gegen Sie folgende Verwaltungsstrafen verhängt:
Je Arbeitnehmer eine Strafe in der Höhe von € 207,50
gemäß § 130 (5) Einleitungssatz Arbeitnehmerlnnenschutzgesetz
iVm § 9 (1) Verwaltungsstrafgesetz insgesamt somit € 830,00
Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden
Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64 (2) des
Verwaltungsstrafgesetzes, das sind 10%der Strafe € 83,00
II. Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 166,00 zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg vom 04.05.2016, Zahl xxxxx, wurde dem Beschwerdeführer folgende Verwaltungsübertretung zur Last gelegt:
"Angaben zur Verwaltungsübertretung:
Zeit der Begehung: 15.03.2016, 14:30 Uhr
Ort der Begehung: AP AQ, AY; Sitz der AR GmbH
? Sie sind als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als der gemäß § 9 (1) VStG zur Vertretung nach außen Berufende der Arbeitgeberin AR GmbH mit Sitz in AQ dafür verantwortlich, dass - wie vom Arbeitsinspektorat Salzburg festzustellen war - die auf der Baustelle "Reihenhausanlage der Firma CA in CC, CB, Bauabschnitt III" am 15.03.2016 um 14:30 Uhr am Dach (Bauteil Richtung CB) bei einer Dachneigung von 35 Grad und einer Absturzhöhe von 6 m beschäftigten Arbeitnehmer des Unternehmens Blecharbeiten durchführten, ohne dass am Ortgang eine Schutzeinrichtung (z. B. Geländer) vorhanden war, obwohl gemäß § 87 Abs. 3 Bauarbeiterschutzverordnung bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3 m geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden sein müssen, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern, wie insbesondere Dachfanggerüste (§ 88).
Es war keinerlei technische Schutzeinrichtung vorhanden und damit die Arbeitnehmer AB AS, geb. am AT, AN AM, geb. am AO, AN AU, geb. am AV und AN AW, geb. am AX, durch die erhebliche Gefahr des Absturzes in ihrer Sicherheit und Gesundheit besonders gefährdet.
Sie haben dadurch folgende Verwaltungsübertretung begangen:
? Übertretung gemäß
§ 130 (5) Z. 1 in Verbindung mit § 118 (3) Arbeitnehmerlnnenschutzgesetz und § 87 (3) 1. Satz Bauarbeiterschutzverordnung
Deshalb wird gegen Sie folgende Verwaltungsstrafe verhängt:
Strafe gemäß: § 130 (5) Einleitungssatz Euro 830,00
Arbeitnehmerlnnenschutzgesetz, § 9 (1)
Verwaltungsstrafgesetz
Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden
Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64 (2) des Euro 83,00
Verwaltungsstrafgesetzes, das sind 10%der Strafe
Gesamtbetrag: Euro 913,00"
In der Begründung führt die belangte Behörde aus, dass laut Strafantrag des Arbeitsinspektorates vom 30.03.2016, GZ yyyyy, vier namentlich angeführte Arbeitnehmer der in AQ ansässigen AR GmbH auf der Baustelle Reihenhausanlage der Firma CA in CC am Dach bei einer Dachneigung von 35 Grad und einer Absturzhöhe von 6 m Blecharbeiten durchgeführt haben, wobei keine Schutzeinrichtung (zB Geländer) vorhanden gewesen sei. Dies stelle eine Übertretung des § 87 Abs 3 Bauarbeiterschutzverordnung dar, wonach bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20 Grad und einer Absturzhöhe von mehr als 3 m geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden sein müssen, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern. Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 08.04.2016 sei der Beschuldigte als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Arbeitgeberin (handelsrechtlicher Geschäftsführer) vom Vorwurf der Verwaltungsübertretung in Kenntnis gesetzt worden und sei ihm die Möglichkeit geboten worden, sich zu rechtfertigen, die seiner Verteidigung dienenden Tatsachen und Beweismittel bekannt zu geben und sei er ersucht worden, Angaben über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse, sowie Sorgepflichten zu machen. Mit Eingabe vom 15.04.2016 sei die Vollmachtsbekanntgabe durch Herrn Mag AH AG, Rechtsanwalt in AE, erfolgt. Die beantragte Akteneinsicht sei ihm durch elektronische Übermittlung des Gesamtaktes am 15.04.2016 erteilt worden. Zum Tatvorwurf habe sich der Beschuldigte nicht geäußert. In den Erwägungen kommt die Behörde zum Schluss, dass die Arbeitnehmer der AR GmbH am 15.03.2016 auf der genannten Baustelle Blecharbeiten durchgeführt haben, wobei keinerlei Schutzeinrichtung vor dem Absturz von Menschen, Materialien und Geräten vorhanden gewesen seien. Dieser Sachverhalt sei durch einen Arbeitsinspektor festgestellt worden. Dies stelle einen Verstoß gemäß § 87 Abs 3 erster Satz Bauarbeiterschutzverordnung dar und sei aufgrund der Nichteinhaltung dieser Bestimmung eine Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs 5 Z 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz zu ahnden. Vom Arbeitsinspektorat Salzburg sei eine Geldstrafe von € 830,00 je Arbeitnehmer beantragt worden, begründet als ein Fünffaches der Mindeststrafe bei besonderer Arbeitnehmergefährdung durch Absturzmöglichkeit. Dazu führt die belangte Behörde zur Strafbemessung aus, dass die Ausschöpfung des Strafrahmens mit einem Fünffachen der Mindeststrafhöhe und damit 10 % des Strafrahmens jedenfalls als angemessen und erforderlich erachtet werde, um die potentielle Absturzgefahr und damit die Gefährdung von (vier) Arbeitnehmern in ihrer Sicherheit und Gesundheit zu ahnden, sowie dem Unrechtsgehalt der Verwaltungsübertretung Ausdruck zu verleihen. Es handle sich bei § 87 Abs 3 Bauarbeiterschutzverordnung im Unterschied zu § 87 Abs 6 Bauarbeiterschutzverordnung um eine generelle Schutzmaßnahme und nicht um eine Vorschrift mit einem Schutzzweck je ArbeitnehmerIn (Einzelmaßnahme). Die Vorschrift diene zum Schutz aller auf einer Arbeitsstelle mit Absturzgefahr Beschäftigten, sodass bei der Übertretung nicht mehrere Tatbestände je Arbeitnehmer erfüllt seien, sondern dies nur einen Verwaltungstatbestand bilde. Daher werde eine Strafe in der Höhe von € 830,00 verhängt. Zum Verschulden führt die belangte Behörde noch aus, dass der Beschuldigte in keiner Weise dargelegt habe, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden treffe. Die beanstandete Arbeitgeberin, die AR GmbH, sei im Firmenbuch unter FN xxxxxxt eingetragen und der Beschuldigte sei deren handelsrechtlicher Geschäftsführer seit 05.04.2012.
Gegen diesen Bescheid wurde durch die Rechtsvertretung des Beschuldigten am 06.06.2016 fristgerecht Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Salzburg erhoben. Darin wird vorgebracht, dass das Straferkenntnis der BH-Tamsweg vom 04.05.2016 in seinem gesamten Inhalt inklusive der Höhe der verhängten Strafe angefochten werde. Die angefochtene Entscheidung der Behörde erster Instanz sei sowohl mit Mangelhaftigkeit des Verfahrens, als auch mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet. Der Bescheid unterliege vor allem materieller Rechtswidrigkeit in Folge mangelhafter Sachverhaltsfeststellungen. Es handle sich hier um einer jene Vielzahl von Fällen, in denen die Behörde erster Instanz einzig und allein aufgrund einer vorhandenen Anzeige eine Übertretung nach der Bauarbeiterschutzverordnung durch einen Vertreter des Arbeitsinspektorates, ohne entsprechende Beweisaufnahme getroffen habe. Es werde wie so oft auf eine dienstliche Wahrnehmung des Arbeitsinspektorates verwiesen. In der gegenständlichen Causa habe entgegen der Ansicht des Arbeitsinspektorates sehr wohl eine Absturzsicherung am Objekt vorgelegen. Das Objekt sei so situiert, dass es sich um eine Reihenhausanlage handle, bei welcher auf den Dachbereichen immer abschnittsweise gearbeitet werde. Im konkreten Falle habe eine Absturzsicherung auf der Längsseite des Gebäudes bestanden, weil zu diesem Zeitpunkt der Observation durch das Arbeitsinspektorat ausschließlich auf diesen Bereichen des Daches gearbeitet geworden sei. Der Beschuldigte bestreite nicht, dass die Absturzsicherung an den Frontseiten des Hauses nicht vorgelegen sei, in diesem Bereich sei allerdings zum Zeitpunkt der Anzeige durch das Arbeitsinspektorat auch tatsächlich nicht gearbeitet worden. Entgegen der Ansicht des Arbeitsinspektorates sei daher sehr wohl eine Absturzsicherung im Sinne des § 87 Abs 3 der Bauarbeiterschutzverordnung vorgelegen, so dass der Vorwurf des Gesetzesverstoßes unrichtig sei. Es stimme keinesfalls, dass keinerlei technische Schutzeinrichtungen vorhanden gewesen seien und daher vier Arbeitnehmer durch eine erhebliche Gefahr des Absturzes ausgesetzt gewesen seien. Die Anzeige fuße auf dem schriftlichen Bericht des Arbeitsinspektorates, weder den Beschuldigten noch dem Vertreter des Beschuldigten seien allfällige Lichtbilder zur Verfügung gestellt worden, die belegen könnten, dass ein Verstoß nach § 87 der Bauarbeiterschutzverordnung vorliegt. Zur Problematik der Absturzsicherungen zitiert die Rechtsvertretung noch § 7, § 8, sowie § 87 Abs 2 Bauarbeiterschutzverordnung. Dazu bringt die Rechtsvertretung vor, dass bei Zugrundelegung einer Arbeitsplatzsituation von der Behörde erster Instanz klar festzulegen sei, ob der Arbeitsplatz am gegenständlichen Dach in jenen Bereichen, in denen die Arbeitnehmer gearbeitet haben, ausreichend sicher und groß seien und die damit verbundenen Bereiche ordnungsgemäß abgesichert gewesen waren. Eine pauschale Beurteilung, dass eine Absturzsicherung nicht vorhanden gewesen sei oder nicht ausreichend vorhanden gewesen sei, entspreche nicht den Bestimmungen des Gesetzes. Es müsse konkret darauf hingewiesen werden, welche Verfehlungen der Beschuldigte zu verantworten habe, insbesondere welche Maßnahmen bei einer konkreten dem Gesetz gemäß entsprechenden Absturzsicherung zu treffen gewesen wären und welche Absturzsicherungsmerkmale in der konkreten Situation zu Lasten des Beschuldigten gefehlt hätten. Wesentliches Tatbestandsmerkmal der dem Beschuldigten vorgeworfenen Übertretungen sei nämlich wie oben ausgeführt der tatsächliche Zustand bzw die tatsächliche Ausgestaltung des Arbeitsplatzes samt Zugängen zum Vorfallszeitpunkt, welche aber von der Erstbehörde nicht erhoben worden seien. Im Übrigen ergebe sich aus dem Straferkenntnis, insbesondere aus dem Spruch des Straferkenntnisses nicht mit ausreichender Klarheit, welcher Gefahr die Arbeitnehmer angeblich ausgesetzt gewesen seien. Daher werde der Antrag auf Zeugeneinvernahme des Herrn Ing BE BD per Adresse des Arbeitsinspektorates Salzburg gestellt, sowie die Zeugeneinvernahme von den gefährdeten Arbeitnehmern Herrn AB AS, Herrn AN AM, Herrn AN AU sowie Herr AN AW beantragt. Zur Strafhöhe führt die Beschwerde aus, dass selbst wenn man davon ausgehen würde, dass der Beschuldigte eine Verwaltungsübertretung zu verantworten habe, in diesem Zusammenhang die von der Behörde erster Instanz verhängte Strafe als überhöht anzusehen sei. Daher werde beantragt die Strafe auf ein schuldangemessenes Maß zu reduzieren, wenn das Landesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis kommen sollte, dass ein strafbarer Tatbestand vorliege. Daher werde abschließend beantragt, das Landesverwaltungsgericht Salzburg möge nach durchzuführender öffentlicher mündlicher Verhandlung und ergänzender Beweisaufnahme das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg am 04.05.2016, AZ xxxxx, ersatzlos beheben und das gegen den Beschuldigten eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einstellen. In eventu werde beantragt, das Landesverwaltungsgericht möge der Strafbeschwerde Folge geben und die gegen den Beschuldigten verhängte Strafe auf ein schuldangemessenes Ausmaß reduzieren. In jedem Fall möge die belangte Behörde zum Ersatz der Kosten verpflichtet werden.
Diese Beschwerde wurde am 20.06.2016 dem Landesverwaltungsgericht Salzburg zur Entscheidung vorgelegt. Darin teilt die belangte Behörde mit, dass auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung bzw auf die Teilnahme daran verzichtet werde.
In dieser Angelegenheit fand am 02.02.2017 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg statt, an der für den Beschuldigten Frau Mag CD CE, Rechtsanwälte CF in Substitution für Rechtsanwalt Mag AH AG, sowie für das Arbeitsinspektorat Herr Ing CG CH teilgenommen haben. Die Parteien wurden gehört, die Akten verlesen und Herr AN AW, Herr AB AS, sowie Herr AN AM, Arbeitnehmer der AR GmbH, wurden als Zeugen vernommen.
I. Sachverhalt
Gemäß aktuellem Auszug aus dem Firmenbuch ist der Beschuldigte Herr AB AA, geboren am AC handelsrechtlicher Geschäftsführer der AR GmbH mit Sitz in AY, AP AQ. Am 15.03.2016 um 14:30 Uhr waren die Arbeitnehmer Herr AS AB, geboren am AT, Herr AM AN, geboren am AO, Herr AU AN, geboren am AV, sowie Herr AW AN, geboren am AX für die Firma AR GmbH auf der Baustelle der Reihenhausanlage CC, CB, Bauabschnitt 3, CC für die Firma CA GmbH, AD AE, AI mit Blecharbeiten und Verblendungsarbeiten am Dach beschäftigt. Die Dachneigung betrug ca 35 Grad, die Absturzhöhe ca 6 m. Die Arbeitnehmer waren bei den Arbeiten am Dach durch persönliche Schutzausrüstung nicht gesichert. Im Zuge einer Baustellenkontrolle hat der Arbeitsinspektor Ing BD Lichtbildaufnahmen angefertigt, auf denen ersichtlich ist, dass die Absturzsicherung nur auf der Längsseite des Hauses angebracht wurde und dies in äußerst unzureichender Art und Weise. Auf den Lichtbildbeilagen ist weiters ersichtlich, dass auf der Frontseite des Hauses, an der die Leiter angelehnt wurde überhaupt keine Absturzsicherung angebracht ist. Die einvernommenen Zeugen in der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht haben übereinstimmend ausgesagt, dass sich die Situation vor Ort so dargestellt hat, wie auf den Lichtbildbeilagen ersichtlich. Die Leiter wurde zum Auf- und Abstieg auf das Dach verwendet. Die Zeugen haben weiters übereinstimmend ausgeführt, dass Tätigkeiten am ganzen Dach durchgeführt wurden. Für einen abgesicherten oder abgetrennten Bereich, auf dem nicht gearbeitet wurde, wie in der Beschwerde vorgebracht, haben die Zeugenaussagen keinerlei Hinweise gegeben. Der Zeuge AW hat angegeben, mit Schneidearbeiten an Ziegel an der Frontseite des Daches beschäftigt gewesen zu sein, an der sich keine Absturzsicherung befunden hat. Ein weiterer Zeuge hat angegeben, dass er zwar an der Fläche des Daches beschäftigt gewesen ist, jedoch über die Leiter immer wieder aufs Dach gestiegen ist. Ein Zeuge hat angegeben, dass er sich sehr wohl im Gefahrenbereich ungefähr eineinhalb bis zwei Meter von der Absturzkante entfernt befunden hat und es hier eben keine Abgrenzung der Gefahrenbereiche gegeben hat. Wie auf der Lichtbildbeilage A ersichtlich ist, ist die vor Ort befindliche Sicherung in keiner Weise ausreichend. Nach Vorbringen der Zeugen wurde in weiterer Folge eine Sicherung des Ortgangs durchgeführt, die allerdings zum Zeitpunkt der Begehung durch das Arbeitsinspektorat noch nicht errichtet worden ist. Auf den weiteren Seiten des Hauses wurden überhaupt keinerlei Absturzsicherungen angebracht. Das Dach der Reihenhausanlage war in keiner Weise abgegrenzt, dass davon auszugehen gewesen wäre, dass sich Arbeitnehmer mit Sicherheit nur in einem gewissen Bereich oder einem gewissen Abschnitt aufhalten. Somit ist an keiner Seite des Daches eine entsprechende Schutzeinrichtung errichtet worden, sei es durch Absturzsicherung, durch persönliche Schutzausrüstung oder ähnliches, das einen möglichen Absturz eines Arbeitnehmers verhindert hätte. Besonders darauf hinzuweisen ist, dass im Bereich der Leiter über die die Arbeitnehmer auf das Dach zugestiegen sind und auch wieder abgestiegen sind überhaupt keinerlei Absturzsicherung vorhanden gewesen ist.
Die obigen Feststellungen beruhen im Wesentlichen auf den Ermittlungsergebnissen der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht, den vorgelegten Lichtbildbeilagen des Arbeitsinspektorates, sowie der Zeugenaussagen. Dazu ist beweiswürdigend auszuführen, dass alle drei Zeugen die Lichtbildbeilagen bestätigt haben in der Form, dass sich die Situation vor Ort genauso dargestellt hat, wie sie auf den Lichtbildbeilagen erscheint und auch abgebildet ist. Ein Zeuge hat sich persönlich am Lichtbild auch erkannt. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die Zeugenaussagen voll umfänglich übereingestimmt haben in der Art und Weise, wie bzw an welcher Stelle Schutzeinrichtungen errichtet gewesen sind. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass hier nur an gewissen Bereichen des Daches gearbeitet worden wäre, bzw dass eben die Arbeitsbereiche sehr wohl entsprechend abgesichert waren, konnte durch die Ermittlungsergebnisse vor dem Landesverwaltungsgericht in keiner Weise bestätigt werden. Die Zeugenaussagen waren glaubhaft und schlüssig und haben keinerlei Zweifel offengelassen, dass sich die Situation anders darstellen hätte können. Folglich wurde auch auf die Zeugenaussage des Zeugen AN AU, sowie des Arbeitsinspektors Ing BE BD verzichtet. Der vorliegende Sachverhalt konnte durch den Verwaltungsakt, die entsprechenden Lichtbildbeilagen und insbesondere durch die schlüssigen Zeugenaussagen zweifelsfrei festgestellt werden. Die entsprechenden Anträge auf Einvernahme der weiteren Zeugen waren daher als unbegründet abzuweisen.
II. Rechtsgrundlage
Die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen in vorliegender Angelegenheit lauten wie folgt:
§ 7 Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen und auf auswärtigen Arbeitsstellen (Bauarbeiterschutzverordnung-BauV) BGBl Nr 340/1994 idgF - Absturzgefahr(1) Bei Absturzgefahr sind Absturzsicherungen (§ 8), Abgrenzungen (§ 9) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) anzubringen.
(2) Absturzgefahr liegt vor:
1. bei Öffnungen und Vertiefungen im Fuß- oder Erdboden, wie Schächten, Kanälen, Gruben, Gräben und Künetten, bei Öffnungen in Geschoßdecken, wie Installationsöffnungen, oder in Dächern, wie Lichtkuppel- oder Sheddachöffnungen,
2. an Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen an oder über Gewässern oder anderen Stoffen, wenn die Gefahr des Versinkens besteht,
3. an Wandöffnungen, an Stiegenläufen und -podesten sowie an Standflächen zur Bedienung oder Wartung von stationären Maschinen bei mehr als 1,00 m Absturzhöhe,
4.
an sonstigen Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2,00 m Absturzhöhe.
(3) Müssen zur Durchführung von Arbeiten Absturzsicherungen (§ 8), Abgrenzungen (§ 9) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) entfernt werden, sind geeignete andere Schutzmaßnahmen zu treffen, wie die Verwendung von persönlichen Schutzausrüstungen. Nach Beendigung oder Unterbrechung solcher Arbeiten ist unverzüglich dafür zu sorgen, daß diese Absturzsicherungen, Abgrenzungen und Schutzeinrichtungen wieder angebracht oder andere gleichwertige Schutzmaßnahmen getroffen werden.
(4) Die Anbringung von Absturzsicherungen (§ 8) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) kann entfallen, wenn
1. der hiefür erforderliche Aufwand unverhältnismäßig hoch gegenüber dem Aufwand für die durchzuführenden Arbeiten ist und
2.
die Arbeitnehmer mittels geeigneter persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz gesichert sind.
(5) Werden Stockwerksdecken hergestellt oder werden von Stockwerksdecken aus die Wände errichtet, können
1. bei Mauern über die Hand von der Stockwerksdecke aus zur Herstellung von Giebelmauern, Trempelwänden und Mauerwerksbänken bis zu einer Absturzhöhe von 7,00 m,
2.
bei sonstigen Arbeiten mit Blick zur Absturzkante bis zu einer Absturzhöhe von 5,00 m
Absturzsicherungen, Abgrenzungen und Schutzeinrichtungen entfallen, wenn die Arbeiten von unterwiesenen, erfahrenen und körperlich geeigneten Arbeitnehmern durchgeführt werden. In diesem Fall kann auch die Sicherung der Arbeitnehmer durch geeignete persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz entfallen. Abs. 2 Z 1 bleibt unberührt.
§ 8 Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen und auf auswärtigen Arbeitsstellen (Bauarbeiterschutzverordnung-BauV) BGBl Nr 340/1994 idgF - Absturzsicherungen(1) Geeignete Absturzsicherungen sind
1.
tragsichere und unverschiebbare Abdeckungen von Öffnungen und Vertiefungen oder
2. Umwehrungen (Geländer) an den Absturzkanten, die aus Brust-, Mittel- und Fußwehren bestehen. Bei Wandöffnungen, Stiegenpodesten und Standflächen zur Bedienung oder Wartung von Maschinen bis zu einer Absturzhöhe von 2,00 m und bei Stiegenläufen können die Fußwehren entfallen.
(2) Brust-, Mittel- und Fußwehren müssen aus widerstandsfähigem Material hergestellt und so befestigt sein, dass sie nicht unbeabsichtigt gelöst werden können. Werden Wehren aufgesteckt oder mit Klammern oder Nägeln befestigt, müssen sie derart angebracht sein, dass sie bei Belastung gegen die Stützen gedrückt werden. Die Befestigungselemente für Wehren, wie Steher, müssen den einwirkenden Kräften durch belastete Brust-, Mittel- und Fußwehren sicher standhalten.
(2a) Die Oberkante von Brustwehren muss in voller Länge mindestens 1,00 m über der Standfläche liegen. Brust- und Mittelwehren müssen für eine waagrecht oder senkrecht nach oben gerichtete Kraft von 0,30 kN sowie eine senkrecht nach unten gerichtete Kraft von mindestens 1,25 kN (dies als außerordentlicher Lastfall), ansetzend jeweils an der ungünstigsten Stelle, bemessen sein. Sofern Brust- und Mittelwehren aus Brettern verwendet werden, müssen diese einen Mindestquerschnitt von 15 x 2,4 cm aufweisen.
(2b) Die Oberkante von Fußwehren muss mindestens 15 cm über der Standfläche liegen. Die Unterkante muss möglichst dicht mit der Standfläche abschließen. Fußwehren müssen für eine waagrecht gerichtete Kraft von mindestens 0,15 kN, ansetzend an der ungünstigsten Stelle, bemessen sein.
(2c) Mittelwehren müssen zwischen Brustwehren und Fußwehren derart angebracht werden, dass die lichten Abstände zwischen den Wehren nicht mehr als 47 cm betragen.
(3) Ketten dürfen als Wehren nicht verwendet werden. Seile als Wehren sind nur im Stahlbau sowie im Turm- und Schornsteinbau zulässig. Werden dabei zur Augenausbildung Backenzahnklemmen verwendet, sind mindestens drei Backenzahnklemmen anzuordnen, wobei die Klemmbacken jeweils am auf Zug beanspruchten Teil des Seiles anzuordnen sind.
(4) Abweichend von Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 gilt bei Fensteröffnungen ein Parapet mit einer Höhe von mindestens 85 cm als geeignete Absturzsicherung.
(5) Auf auswärtigen Arbeitsstellen gelten abweichend von Abs. 1 Z 2 auch Umwehrungen als ausreichend, die dem § 11 Abs. 3 der Arbeitsstättenverordnung entsprechen.
§ 9 Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen und auf auswärtigen Arbeitsstellen (Bauarbeiterschutzverordnung-BauV) BGBl Nr 340/1994 idgF - Abgrenzungen(1) Anstelle von Absturzsicherungen nach § 8 sind stabile Abgrenzungen durch Brustwehren aus Holz, Metallrohr, gespannten Seilen oder Ketten zulässig.
(2) Eine Abgrenzung ist nur auf Flächen bis 20 ° Neigung zulässig.
(3) Abgrenzungen sind anzuordnen
1.
bei Balkonen oder Loggien an der Zutrittsöffnung zum Balkon oder zur Loggia,
2.
in den übrigen Fällen in einem Abstand von ca. 2 m zur Absturzkante.
(4) Der Bereich zwischen Abgrenzung und Absturzkante darf nur betreten werden, wenn dies aus arbeitstechnischen Gründen erforderlich ist. In diesem Fall müssen die Arbeitnehmer durch geeignete persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz gesichert sein.
(5) Für die Abgrenzung gelten die Regelungen des § 8 Abs. 2 und 2a betreffend Brustwehren mit der Maßgabe, daß die Brustwehren in mindestens 1,00 m und höchstens 1,20 m Höhe über den Arbeitsplätzen oder Verkehrswegen anzubringen sind.
§ 10 Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen und auf auswärtigen Arbeitsstellen (Bauarbeiterschutzverordnung-BauV) BGBl Nr 340/1994 idgF - Schutzeinrichtungen(1) Können Absturzsicherungen nach § 8 oder Abgrenzungen nach § 9 aus arbeitstechnischen Gründen nicht verwendet werden, müssen Schutzeinrichtungen zum Auffangen abstürzender Personen und Materialien vorhanden sein, wie Fanggerüste (§ 59) oder Auffangnetze, sowie bei Dächern Dachfanggerüste oder Dachschutzblenden (§ 88).
(2) Auffangnetze müssen an tragfähigen Konstruktionen befestigt sein. Die Maschenweite von Auffangnetzen darf nicht mehr als 10 cm betragen. Auffangnetze müssen möglichst dicht unterhalb des absturzgefährlichen Arbeitsplatzes angebracht sein, wobei der Netzrand nicht tiefer als 6,00 m unter den absturzgefährlichen Arbeitsplätzen liegen darf. Die Netzränder müssen die absturzgefährlichen Arbeitsplätze waagrecht gemessen um mindestens zwei Drittel jenes Abstandes überragen, um den der Netzrand lotrecht unterhalb der absturzgefährlichen Arbeitsplätze liegt, mindestens aber um 1,50 m. Das Auffangnetz ist derart aufzuhängen, daß zwischen dem Netz und darunterliegenden festen Gegenständen ein ausreichend großer Sicherheitsabstand vorhanden ist, wobei auf den Durchhang Bedacht zu nehmen ist.
§ 87 Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen und auf auswärtigen Arbeitsstellen (Bauarbeiterschutzverordnung-BauV) BGBl Nr 340/1994 idgF - Arbeiten auf Dächern
(1) Bei Arbeiten auf Dächern bis zu einer Absturzhöhe von 3,00 m dürfen Absturzsicherungen, Abgrenzungen und Schutzeinrichtungen abweichend von § 7 entfallen, wenn die Arbeiten bei günstigen Witterungsverhältnissen sowie von unterwiesenen, erfahrenen und körperlich geeigneten Arbeitnehmern durchgeführt werden. In diesem Fall kann auch die Sicherung der Arbeitnehmer durch persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz entfallen, ausgenommen bei Arbeiten am Dachsaum und bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 45 °. § 7 Abs. 2 Z 1 bleibt unberührt.(2) Bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20 ° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m müssen Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 bis 10 vorhanden sein.
(3) Bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20 ° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m müssen geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden sein, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern, wie insbesondere Dachfanggerüste (§ 88). Bei besonderen Gegebenheiten, wie auf glatter, nasser oder vereister Dachhaut, die ein Ausgleiten begünstigen, müssen auch bei geringerer Neigung solche Schutzeinrichtungen vorhanden sein. Wenn Arbeiten auf Dächern gleichzeitig oder aufeinanderfolgend sowohl an der Dachfläche als auch an der Traufe durchgeführt werden, müssen solche Schutzeinrichtungen verwendet werden, die sowohl für die Arbeiten an der Dachfläche als auch für die Arbeiten an der Traufe wirksam sind.
(4) Die Absturzhöhe wird lotrecht gemessen bei:
1.
Dachneigungen bis einschließlich 45 ° von der Traufenkante bis
zur Auftrefffläche (Anm.: richtig: Auftreffläche),
2.
Dachneigungen von mehr als 45 ° vom Arbeitsplatz auf dem Dach bis
zur Auftreffläche.
(5) In folgenden Fällen darf bei Arbeiten auf Dächern das Anbringen von Schutzeinrichtungen nach Abs. 2 und 3 entfallen, sofern die Arbeitnehmer durch geeignete persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz gesichert sind:
1.
bei geringfügigen Arbeiten, wie Reparatur- oder Anstricharbeiten, die nicht länger als einen Tag dauern, oder
2.
bei Arbeiten am Dachsaum, wenn nicht gleichzeitig oder aufeinanderfolgend auch an der Dachfläche Arbeiten durchgeführt werden, sowie bei Arbeiten im Giebelbereich.
(6) Bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 45 ° müssen die Arbeitnehmer zusätzlich zu den nach Abs. 3 erforderlichen Schutzeinrichtungen durch geeignete persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz gesichert sein.
(7) Bei Arbeiten, die von Dachdeckerfahrstühlen (fahrbaren Arbeitssitzen) aus durchgeführt werden, müssen keine Schutzeinrichtungen nach Abs. 3 vorhanden sein.
(8) Arbeiten auf Dächern, bei denen die Arbeitnehmer einer besonderen Gefährdung ausgesetzt sind, dürfen von einem Arbeitnehmer allein nicht ausgeführt werden. Es muß zumindest ein zweiter Arbeitnehmer zur Überwachung und Sicherung eingesetzt sein. Die Arbeiten müssen von unterwiesenen, erfahrenen und körperlich geeigneten Arbeitnehmern durchgeführt werden. Dies gilt insbesondere für Arbeiten nach Abs. 5 und 7 sowie für Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 60 °.
(9) Es ist sicherzustellen, daß Arbeitnehmer durch herabfallende Materialien, Werkzeuge u. dgl. nicht gefährdet werden können.
§ 130 Bundesgesetz über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit (ArbeitnehmerInnenschutzgesetz-ASchG) - Strafbestimmungen
(5) Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8 324 €, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 bis 16 659 € zu bestrafen ist, begeht, wer als Arbeitgeber/in
1.
den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt,
(…)
III. Erwägungen
Der Beschuldigte ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma AR GmbH, für die die Arbeitnehmer bei der besagten Baustelle in der Reihenhausanlage in CC am 15.03.2016 beschäftigt gewesen sind. Als solcher ist er gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich als nach außen vertretungsbefugtes Organ für Übertretungen von ArbeitnehmerInnenschutzvorschriften im Rahmen seines Unternehmens. Ein allfälliger Verstoß ist ihm daher zu Recht zuzurechnen.
In vorliegender Angelegenheit wurde dem Beschuldigten ein Verstoß gegen § 87 Abs 3 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) vorgeworfen, welcher festlegt, dass bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20 Grad und einer Absturzhöhe von mehr als 3 m geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden seien müssen, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern, wie insbesondere Auffanggerüste (§ 88). Bei besonderen Gegebenheiten, wie auf glatter, nasser oder vereister Dachhaut, die ein Ausgleiten begünstigen, müssen auch bei geringerer Neigung solche Schutzeinrichtungen vorhanden sein. Wenn Arbeiten auf Dächern gleichzeitig oder aufeinander folgen, sowohl an der Dachfläche als auch an der Traufe durchgeführt werden, müssen solche Schutzeinrichtungen verwendet werden, die sowohl für die Arbeiten an der Dachfläche, als auch für die Arbeiten an der Traufe wirksam sind.
Dass es sich im Fall des vorliegenden Daches der Reihenhausanlage in CC um ein Dach mit einer Neigung von mehr als 20 Grad und einer Absturzhöhe von mehr als 3 m handelt, wurde im vorliegenden Verfahren nicht bestritten. Laut Angaben des Arbeitsinspektorates handelt es sich um ein Dach mit einer Neigung von ungefähr 30 Grad und einer Absturzhöhe von ca 6 m. Diese Tatbestandvoraussetzungen des § 87 Abs 3 Bauarbeiterschutzverordnung sind im vorliegenden Fall daher in jedem Fall gegeben.
Das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg wirft dem Beschuldigten vor, dass am Ortgang eine Schutzeinrichtung (zB Geländer) nicht vorhanden gewesen ist, obwohl § 87 Abs 3 BauV dies vorschreiben würde. Durch die Tatsache, dass keinerlei technische Schutzeinrichtungen vorhanden gewesen seien, seien die Arbeitnehmer in ihrer Sicherheit und Gesundheit durch die erhebliche Absturzgefahr besonders gefährdet gewesen.
Der Ortgang bezeichnet den seitlichen Abschluss der Dachfläche am senkrecht stehenden Giebel. Dazu ist auf den Lichtbildbeilagen, wie bei den Sachverhaltsfeststellungen bereits ausgeführt, eindeutig ersichtlich, dass sich am Ortgang keinerlei Schutzeinrichtung befunden hat. Laut Vorbringen in der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht durch die vernommenen Zeugen, wurde diese Absturzsicherung erst nach dem Besuch des Arbeitsinspektorates vor Ort errichtet. Im Übrigen ist dazu auszuführen, dass das Dach der entsprechenden Reihenhausanlage in keiner Weise entsprechenden Vorgaben des § 87 Abs 3 BauV abgesichert gewesen ist. § 87 Abs 3 BauV schreibt geeignete Schutzeinrichtungen vor und lässt somit die Art und Weise der Absicherung offen. Entscheidend ist, dass der Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindert wird. Auch die damals vor Ort befindlichen Schutzeinrichtungen an der Längsseite des Hauses sind im Übrigen in keiner Weise ausreichend, um einen Absturz zu verhindern. Ein Zeuge hat ausgesagt, an der Vorderseite, wo sich keine Absturzsicherung befunden hat, mit der großen Flex Ziegel geschnitten zu haben. Dass hier in irgendeiner Weise das Gerät abgesichert gewesen wäre, oder vor allem der Arbeitnehmer selbst, konnte in keiner Weise festgestellt werden. Vom Zutreffen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs 3 Bauarbeiterschutzverordnung ist daher im vorliegenden Verfahren zweifelsfrei auszugehen. Auch die Formulierung des Straferkenntnisses ist in dieser Weise nicht zu beanstanden, da die belangte Behörde den Vorwurf des § 87 Abs 3 BauV auf die fehlenden Schutzeinrichtungen am Ortgang einschränkt bzw konkretisiert, was durchaus zulässig und vor allem auch zutreffend ist. Grundsätzlich ist darüber hinaus auch noch auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 87 Abs 3 BauV hinzuweisen (VwGH vom 31.07.2007, Zahl 2006/02/0237), wo zum einen ausgeführt ist, dass § 87 Bauarbeiterschutzverordnung die lex specialis zu § 7 darstellt. Da § 7 BauV die allgemeinen Ausführungen zur Absturzgefahr vorgibt, konkretisiert § 87 Abs 3 BauV welche geeigneten Schutzeinrichtungen bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20 Grad und einer Absturzhöhe von mehr als 3 m getroffen werden müssen. Grundsätzlich liegt Absturzgefahr nach den gesetzlichen Vorschriften an Arbeitsplätzen bei mehr als 2 m Absturzhöhe vor. Dass im vorliegendem Fall Absturzgefahr bestanden hat, wurde weder bestritten und ist aufgrund der vorgelegten Lichtbilder und Zeugenaussagen offensichtlich. Zu der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist überdies auszuführen, dass das Höchstgericht ausgesprochen hat, dass es dem Arbeitgeber obliegt, dafür zu sorgen, dass die in der Bauarbeiterschutzverordnung geforderten Schutzvorrichtungen während der gesamten Arbeitszeit angebracht sind. Darüber hinaus sind Schutzeinrichtungen an allen Gefahrenstellen von Dächern anzubringen, bei denen jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann, dass Arbeitnehmer sie im Zuge der Durchführung ihres Auftrages betreten könnten. Im vorliegenden Fall wurden weder durch die Lichtbildaufnahmen noch durch die Zeugenaussagen in irgendeiner Weise offenbar, dass das Dach abgegrenzt wurde in entsprechende Gefahrenbereiche bzw Arbeitsbereiche. Sämtliche Zeugen haben bestätigt sich am gesamten Dach bewegt zu haben, insbesondere für den Auf- und Abstieg ans und bzw vom Dach.
Zum subjektiven Tatbestand ist auszuführen, dass es sich bei den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzrechtes und insbesondere auch bei den Vorgaben der BauV um Ungehorsamsdelikte gemäß § 5 VStG handelt. Dementsprechend ist ein Arbeitgeber verpflichtet, einen Verstoß gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften zum Schutz der Arbeitnehmer durch ein entsprechendes Maßnahmen- und Kontrollsystem hintanzuhalten. Zu einem Maßnahmen- und Kontrollsystem wurde allerdings weder in der Beschwerde noch in der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Substantielles vorgebracht. Ein Maßnahmenkontrollsystem ist allerdings vom Arbeitgeber initiativ darzulegen und hat insbesondere jene Ausführungen zu enthalten, durch welche Maßnahmen und Kontrollschritte Übertretungen der ArbeitnehmerInnenschutzvorschriften und in letzter Linie die Gefährdung der Arbeitnehmer hintangehalten werden sollen (vgl dazu VwGH vom 31.7.2014, Zahl 2013/02/0278, VwGH vom 24.05.2013, Zahl 2012/02/0072).
Nun haben alle Zeugen übereinstimmend ausgesagt, dass vor Ort zwar der Baukoordinator gewesen ist, allerdings erst in weiterer Folge zu einem späteren Zeitpunkt die entsprechende Absturzsicherung angebracht wurde. Dem Beschuldigten ist es durch sein Vorbringen in keiner Weise gelungen, den Vorwurf des Verschuldens zu entkräften und ist ihm die Übertretung des § 87 Abs 3 BauV in jedem Fall auch subjektiv zuzurechnen. Es handelt sich hier um eine besondere Sorgfaltswidrigkeit, da die Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum ohne entsprechende Absicherung gearbeitet haben. Das Vorbringen, dass nur an einer Seite gearbeitet wurde, entspricht zum einen nicht den Tatsachen und hätte auch aufgrund der oben zitierten Rechtsprechung keinerlei rechtliche Auswirkung, da wie bereits erwähnt Schutzeinrichtungen auf allen Teilen des Daches anzubringen sind, wo nicht von vorn herein auszuschließen ist, dass die Arbeitnehmer sich dort bewegen.
Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass § 130 Abs 5 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz einen Strafrahmen von € 166,00 bis € 8.324,00 vorsieht. Die belangte Behörde hat sich nicht der Ansicht des Arbeitsinspektorates angeschlossen, wonach hier die Strafe je Arbeitnehmer zu verhängen ist, da es sich um mehrere Tatbestände handelt, sondern ist von einer generellen Schutzmaßnahme ausgegangen und hat daher nur eine Verwaltungsübertretung angenommen. Damit ist sie allerdings nicht im Recht. Der Verwaltungsgerichtshof hat ua in seiner Entscheidung vom 31.3.2006, Zahl 2006/02/0021 (mit weiteren Verweisen) zu § 87 Abs 3 BauV ausgesprochen, dass, wenn sich rechtswidrige Angriffe gegen die Gesundheit mehrerer Dienstnehmer richten, nach ständiger Rechtsprechung mehrere Straftaten vorliegen. Indem nur eine Verwaltungsübertretung angenommen wurde, hat die Behörde somit gegen das Kumulationsgebot gemäß § 22 VStG verstoßen. Der Spruch des bekämpften Bescheides war daher entsprechend zu korrigieren.
Zur Strafhöhe ist auszuführen, dass eine Geldstrafe in der Höhe von € 830,00 für die vorliegenden Verwaltungsübertretungen, bei denen es zu einer massiven Gefährdung von 4 Arbeitnehmern gekommen ist, im absoluten untersten Bereich angesiedelt ist. Eine Herabsetzung der Strafe ist nach Ansicht der erkennenden Richterin in keiner Weise angezeigt. Dazu ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass sich am Ortgang überhaupt keine Schutzeinrichtung befunden hat, dass die Arbeitnehmer in keiner Weise persönlich abgesichert gewesen sind und dass auch die Gegenstände (erwähnt wurde eine große Flex) ebenfalls nicht abgesichert gewesen sind. Folglich kam, abgesehen von der Korrektur des Strafausspruches, nur eine vollinhaltliche Bestätigung des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg in Frage.
IV. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Zum § 87 Abs 3 BauV wurde einschlägige Rechtsprechung bereits im Erkenntnis zitiert, darüber hinaus darf hingewiesen werden auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.11.2005, Zahl 2004/02/0118, sowie jene vom 27.05.2011, Zahl 2010/02/0085, sowie die Entscheidung des Höchstgerichts zu Ra 2016/02/0114 vom 24.06.2016. Von dieser Rechtsprechung wurde nicht abgewichen, weshalb nach Ansicht der erkennenden Richterin nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auszugehen ist.
Schlagworte
Geeignete Schutzeinrichtung gemäß BauarbeiterschutzverordnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGSA:2017:405.7.119.1.12.2017Zuletzt aktualisiert am
09.06.2020