TE Bvwg Beschluss 2019/11/20 W177 2126615-1

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Veröffentlicht am 20.11.2019
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Entscheidungsdatum

20.11.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §29 Abs5
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W177 2126615-1/20E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Volker NOWAK als Einzelrichter über den Antrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl auf Übermittlung einer genehmigten Ausfertigung der Niederschrift Ausfertigung der mündlichen Verhandlung vom 13.04.2018 im Verfahren über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark vom 15.04.2016, 1048832602/140306563, beschlossen:

A) Der Antrag wird gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG iVm § 31 Abs. 1 VwGVG

zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Sachverhalt und Verfahrensgang:

Im Verfahren über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark vom 15.04.2016, 1048832602/140306563, fand am 13.04.2018 eine mündliche Verhandlung statt, in der ein die Beschwerde erledigendes Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes mündlich verkündet wurde.

Das Verhandlungsprotokoll wurde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 13.04.2018 zugestellt.

Am 16.04.2018 langte ein E-Mail des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl mit der Bitte um Übermittlung der Entscheidung ein.

Am 29.05.2018 erfolgte die Zustellung der gekürzten Ausfertigung des am 13.04.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.

Am 29.05.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht per Telefax ein Antrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl auf Übermittlung der schriftlichen Entscheidung ein. Das Bundesamt führte auch aus, dass ein verbesserbarer Formmangel vorliege, für dessen Behebung ihm keine Frist eingeräumt worden sei.

Mit Beschluss vom 03.07.2018, W177 2126615-1/15E, wies das Bundesverwaltungsgericht den Antrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl als verspätet zurück. Begründend wurde ausgeführt, dass binnen offener Frist am 16.04.2018 lediglich ein E-Mail des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl mit der Bitte um Übermittlung der Entscheidung beim Bundesverwaltungsgericht einlangt sei. Da dieser per E-Mail eingebrachte Antrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unbeachtlich und einer Verbesserung iSd § 13 Abs. 3 AVG nicht zugänglich sei, vermochte er keine Rechtswirkungen entfalten. Der mittels Telefax eingebrachte Antrag vom 29.05.2018 sei jedoch verspätet und daher gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG als verspätet zurückzuweisen gewesen.

Am 14.02.2019 erging seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ein Antrag auf Übermittlung einer genehmigten Ausfertigung der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 13.04.2018. Begründend wurde dieser Antrag dahingehend, dass die bereits übermittelte Ausfertigung nicht in einer zulässigen Form der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen ergangen sei und die Zustellung der Niederschrift daher keine Rechtswirksamkeit entfaltet habe.

Die Erledigung dieses Antrages wurde mit Schreiben vom 10.10.2019 urgiert.

II. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich unstrittig aus dem Akt.

III. Rechtliche Beurteilung:

III.1. Zu A)

Gemäß § 29 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht das Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen sogleich zu verkünden, wenn eine Verhandlung in Anwesenheit von Parteien stattgefunden hat.

Gemäß § 29 Abs 2a VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Fall einer mündlichen Verkündung die Niederschrift den zur Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof legitimierten Parteien und Organen auszufolgen oder zuzustellen.

Gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG ist den Parteien eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses zuzustellen.

Gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG kann das Erkenntnis in gekürzter Form ausgefertigt werden, wenn auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof von den Parteien verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG von mindestens einem der hierzu Berechtigten beantrag wird.

Nachdem die Zustellung des Verhandlungsprotokolls an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 13.04.2018 erfolgte, endete die Frist für den Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG mit Ablauf des 27.04.2018. In offener Frist am 16.04.2018 langte jedoch lediglich das E-Mail des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl mit der Bitte um Übermittlung der Entscheidung beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Basierend auf der Verordnungsermächtigung des § 21 Abs. 3 BVwGG wird die Einbringung von Schriftsätzen durch die Verordnung des Bundeskanzlers über den elektronischen Verkehr zwischen Bundesverwaltungsgericht und Beteiligten (BVwG-elektronischer-Verkehr-Verordnung - BVwG-EVV), BGBl. II Nr. 515/2013, idF BGBl. II Nr. 222/2016 geregelt. Gemäß § 1 Abs. 1 letzter Satz BVwG-EVV ist E-Mail keine zulässige Form der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen. In seinem Beschluss vom 15.12.2015, Ra 2015/01/0061 hat der VwGH dazu ausgesprochen, dass ein mittels E-Mail eingebrachter Schriftsatz keine Rechtswirkungen zu entfalten vermag.

Daher war der per E-Mail eingebrachte Antrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unbeachtlich und einer Verbesserung iSd § 13 Abs. 3 AVG nicht zugänglich, vermochte er doch keine Rechtswirkungen zu entfalten.

Der mittels Telefax eingebrachte Antrag vom 29.05.2018 ist jedoch verspätet und war daher gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG als verspätet zurückzuweisen. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG hat diese Entscheidung in Beschlussform zu ergehen.

Gegen diesen Beschluss wurde seitens der Behörde keine außerordentliche Revision erhoben, in welcher etwaige Verfahrensmängel geltend gemacht hätten werden können. Da die Frist zur Erhebung der Revision seitens des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl verstrichen worden ist, erwuchs der den Antrag der Behörde zurückweisende Beschluss in Rechtskraft.

Erkenntnisse der VwG werden mit ihrer Erlassung (formell und materiell) rechtskräftig (vgl. VwGH 24.5.2016, Ra 2016/03/0050). Damit ist das ihnen jeweils zugrundeliegende Beschwerdeverfahren beendet. Dass noch die Frist zur Erhebung einer Revision an den VwGH offen ist, ändert daran nichts (vgl. VwGH 30.08.2018, Ra 2018/21/0111).

Unzweifelhaft ist, dass ein mündlich verkündetes Erkenntnisses rechtswirksam ist und mit dieser Verkündung auch bereits Revision erhoben werden kann. Der Verwaltungsgerichtshof führt in seiner Entscheidung (VwGH 22.11.2017, Ra 2017/03/0082) an, dass bezüglich der Erlassung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung der Zustellung einer Entscheidung ihre mündliche Verkündung gleichzuhalten ist. Mit der mündlichen Verkündung wird die Entscheidung unabhängig von der in § 29 Abs. 4 VwGVG 2014 geforderten Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung rechtlich existent und kann daher bereits mit der mündlichen Verkündung mit Revision angefochten werden (VwGH 4.4.2017, Ra 2017/02/0050; 13.10.2015, Fr 2015/03/0007, VwSlg. 19216 A). Wird eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung nach der Verkündung schon vor Zustellung der Entscheidungsausfertigung beim VwGH angefochten, ist das Revisionsrecht der revisionswerbenden Partei allerdings konsumiert und kann nach Zustellung der schriftlichen Ausfertigung nicht nochmals ausgeübt werden (VwGH 27.6.2016, Ra 2016/11/0059; 4.4.2017, Ra 2017/02/0050; 13.10.2015, Fr 2015/03/0007, VwSlg. 19216

A).

Im gegenständlichen Fall hat die antragstellende Behörde gegen den zurückweisenden Beschluss des BVwG vom 03.07.2018 keine Revision erhoben, weshalb hierbei sie auch eingestanden hat, dass sie bezüglich den durch das BVwG ergangenen Beschluss der Zurückweisung des Antrags auf Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses auch keine Erfolgsaussichten gesehen habe. Es ist daher unbillig, eine rechtskräftige Entscheidung des erkennenden Gerichtes, gegen die auch nicht das außerordentliche Rechtsmittel der Revision erhoben wurde, durch Stellung eines Antrages auf Übermittlung einer genehmigten Ausfertigung der Niederschrift der mündlichen Verhandlung umgehen zu wollen, sodass erneut eine Möglichkeit erhalten werden kann, um eine Amtsrevision erheben zu können. Daher ist dieser Antrag bloß als Versuch zu sehen, einen nicht erfolgversprechenden Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Erhebung eines außerordentlichen Rechtsmittels gegen den Beschluss des BVwG, mit dem der Antrag auf schriftliche Ausfertigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl am 03.07.2018 als verspätet zurückgewiesen wurde, umgehen zu können.

Nach der Rechtsprechung des VwGH (vgl. 30.06.2016, Ra 2016/19/0124) scheidet in gegenständlichem Fall ein Antrag auf Wiedereinsetzung aus, denn die (bloße) Untätigkeit eines Vertreters im Allgemeinen bietet keinen Wiedereinsetzungsgrund, es sei denn, der Machthaber wäre seinerseits durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gehindert gewesen, die Frist einzuhalten. Ein Wiedereinsetzungsgrund liegt aber selbst dann nicht vor, wenn der Vertreter eines Revisionswerbers bewusst eine Revisionserhebung an den VwGH unterlassen hat, weil er darin keine Erfolgsaussichten gesehen hat (Hinweis B vom 30. August 2011, 2011/21/0187 und - betreffend einen gesetzlichen Vertreter - E vom 6. März 1996, 95/20/0181; ähnlich auch das E vom 28. Oktober 1998, 98/03/0266 und B vom 26. Juli 2001, 2001/20/0377). Dass der Rechtsanwalt dadurch allenfalls jene Pflichten, die ihm die Rechtsanwaltsordnung auferlegt, verletzt hat, ändert daran nichts (Hinweis B vom 3. September 1997, 97/01/0422, sowie - betreffend den Amtshaftungsanspruch aus dem pflichtwidrigen Unterlassen der Beschwerdeerhebung durch einen gesetzlichen Vertreter - erneut das E 95/20/0181). Diese zur Rechtslage vor dem 1. Jänner 2014 ergangene Rechtsprechung ist auf die nunmehr geltende Rechtslage übertragbar.

Die geäußerten Bedenken, dass die per E-Mail zugestellte Niederschrift nicht genehmigt sei, weil diese ohne Amtssignatur verschickt worden sei und eine Zustellung per Email keine gültige Form der Zustellung sei, kann ebenfalls nicht gefolgt werden. Das Bundesasylamt für Fremdenrecht und Asyl hat die Ladung zur mündlichen Verhandlungen ordnungsgemäß übermittelt bekommen und daher die Möglichkeit an einer Teilnahme an der mündlichen Verhandlung gehabt. Jedoch entschied sich die Behörde mit einem ebenfalls formlosen E-Mail von 04.12.2017 dazu, an dieser nicht teilzunehmen und bat zugleich um Übersendung des aufgenommenen Verhandlungsprotokolls. Diesem Anliegen ist das BVwG auch mit einer formlosen Übersendung per E-Mail am 13.04.2018 nachgekommen. Dass dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dieses Protokoll zugegangen ist, bestätigt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auch in gegenständlichem Antrag vom 14.02.2019. Von der Übersendung dieses Protokolls mittels Amtssignatur nahm das BVwG Abstand, zumal sich im Akt die mittels Unterschrift des entscheidenden Richters genehmigte Urschrift wiederfindet und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bei tatsächlichen Zweifeln über den Genehmiger und den Inhalt jederzeit eine Aktensicht beantragen hätte können. Dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl jedoch keinen Zweifel am Genehmiger und den Inhalt hatte, bewies das weitere Vorgehen der antragstellenden Behörde, denn es wurde am 16.04.2018 per E-Mail eine Bitte um Übermittlung der Entscheidung (wohl ein Antrag auf Übersendung der Niederschrift, aber jedenfalls ein unzulässiger per Mail eingebrachter Antrag) gestellt. Am 29.05.2018 langt ein per Telefax übermittelter, allerdings verspäteter, Antrag auf Ausfertigung der schriftlichen Entscheidung ein.

Es mutet daher eigenartig an, dass die antragstellende Behörde etwaige Zweifel am Genehmiger und den Inhalt der Niederschrift nicht schon zu einem weitaus früheren Zeitpunkt geltend gemacht hat, sondern diese dies erst am 14.02.2019 anbringt, lange nachdem jedwede Revisionsfrist gegen den seitens des BVwG am 03.07.2019 ergangenen Beschlusses wegen der Zurückweisung des verspäteten Antrages auf Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses vom 13.04.2018 abgelaufen war. Hiermit versucht die antragstellende Behörde mit dem gegenständlichen Antrag auch jedwede Rechtssicherheit zu untergraben und will damit nur - wie bereits zuvor ausführlich dargestellt - das Rechtsinstitut eines in gegenständlichem Fall nicht erfolgversprechenden Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 33 VwGVG umgehen.

III.2. Zu B)

Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, noch ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes uneinheitlich. Insbesondere ist die Rechtslage hinsichtlich der Frist für die Ausfertigung völlig klar und liegt auch aufgrund der eindeutigen zitierten Judikatur des VwGH zu einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 33 VwGVG keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, vor.

Schlagworte

Amtsrevision, Amtssignatur, Antragsbegehren, Übermittlung,
Verhandlungsniederschrift

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W177.2126615.1.00

Zuletzt aktualisiert am

08.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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