Entscheidungsdatum
19.12.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W126 2155073-1/23E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Sabine FILZWIESER-HAT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.03.2017, Zl. 1075964504-150763503/BMI-BFA_BGLD_RD, nach Durchführung mündlicher Verhandlungen am 14.02.2018 und 20.03.2019 zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde wird hinsichtlich des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde wird hinsichtlich des Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 idgF der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.
III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 idgF wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte bis zum 19.12.2020 erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin stellte am 29.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
In der Erstbefragung am 30.06.2015 gab sie an, am XXXX in Urozgan, Afghanistan, geboren worden zu sein. Sie sei Paschtunin und ihre Muttersprache sei Paschtu. Außerdem spreche sie Englisch. Zu ihrem Fluchtgrund befragt erklärte sie, dass sie in Afghanistan alleine gewesen sei und das Leben ihres Sohnes durch die Taliban in Gefahr gewesen sei.
In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 17.10.2016 bestätigte die Beschwerdeführerin die Angaben betreffend ihre Person und ihre Familie aus der Erstbefragung und legte diverse Unterlagen vor (Pass, Visum für den Iran, medizinische Befunde). Zu ihrem Fluchtgrund brachte sie vor, dass sie geschieden sei und sie nicht mehr bei ihrer Schwiegerfamilie habe leben können. Sie könne als alleinstehende Frau in Afghanistan nicht überleben.
Am 10.03.2017 wurde bekanntgegeben, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Asylverfahren durch die Caritas Burgenland vertreten werde.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 22.03.2017 wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status als Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 (Spruchpunkt II.) ab und erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 (Spruchpunkt III). Unter Spruchpunkt IV. wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.
Begründend wurde angeführt, dass die Beschwerdeführerin lediglich private Probleme als Ausreisegründe vorgebracht habe und ihre Angaben betreffend den Ausreisezeitpunkt und ihren Aufenthalt in Pakistan unglaubwürdig gewesen seien. Es sei davon auszugehen, dass sie auch als alleinstehende Frau in Afghanistan leben könne. Auch eine Gefährdung im Sinne des § 8 AsylG habe nicht festgestellt werden können, da sich ihre Geschwister und Familienmitglieder ihrer Schwiegerfamilie in Afghanistan aufhalten würden. Zudem könne ihr Sohn auch für ihren Lebensunterhalt in Afghanistan aufkommen. Die Interessensabwägung betreffend die Rückkehrentscheidung habe ergeben, dass das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen die privaten Interessen der Beschwerdeführerin überwiegen würde.
3. Die Beschwerdeführerin erhob fristgerecht Beschwerde gegen diesen Bescheid und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Darin wurde vorgebracht, dass die psychische Erkrankung der Beschwerdeführerin in der Beweiswürdigung nicht berücksichtigt worden sei. Es bestehe eine Verfolgung aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der verwitweten Frauen und sie sei von Zwangsverheiratung bedroht. Sie könne weder zu ihrer Schwiegerfamilie noch von ihrer eigenen Familie Schutz erwarten. Der Beschwerde sind diverse Berichte betreffend die Situation von Frauen in Afghanistan sowie medizinische Unterlagen angeschlossen.
4. Mit der Eingabe vom 07.12.2017 legte die Beschwerdeführerin diverse Integrationsunterlagen und medizinische Befunde vor.
5. Am 14.02.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, an welcher die Beschwerdeführerin und ihr Sohn (beide ohne ihren Rechtsvertreter) teilnahmen. Ein Vertreter der belangten Behörde nahm (entschuldigt) nicht an der Verhandlung teil.
Die Beschwerdeführerin bestätigte ihre Angaben im bisherigen Verfahren und erklärte Afghanistan verlassen zu haben, da sich ihre Schwiegerfamilie nach der Scheidung von ihrem Mann von ihr abgewandt habe und sie als alleinstehende Frau in Afghanistan nicht leben könne. Zudem brachte sie vor an Migräne und psychischen Problemen zu leiden und legte diesbezüglich diverse Unterlagen vor.
6. Mit Eingabe vom 26.02.2018 langte eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin betreffend die Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan ein. Darin wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr mangels eines sozialen Netzwerkes und aufgrund ihres schlechten gesundheitlichen Zustandes in eine ausweglose Lage geraten würde.
7. Mit Eingabe vom 14.03.2019 wurden diverse Integrationsunterlagen und medizinische Befunde vorgelegt und bekanntgegeben, dass die Beschwerdeführerin nunmehr durch den Verein Menschenrechte Österreich vertreten werde.
8. Am 20.03.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht eine weitere mündliche Verhandlung durch, an welcher die Beschwerdeführerin, ihr Sohn und deren Rechtsvertreterin teilnahmen. Ein Vertreter der belangten Behörde nahm (entschuldigt) nicht an der Verhandlung teil.
Die Beschwerdeführerin wurde zu ihrem Alltag in Österreich, ihrem Gesundheitszustand und ihrer Beziehung zu ihrem Sohn befragt.
9. Am 05.11.2019 langten weitere medizinische Unterlagen ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Beschwerdeführerin ist afghanische Staatsangehörige, Angehörige der Volksgruppe der Paschtunen und sunnitische Muslima. Ihre Muttersprache ist Paschtu und sie spricht ebenfalls Dari, Urdu und Englisch.
Die Beschwerdeführerin ist volljährig und von ihrem Mann seit mehreren Jahren getrennt bzw. "geschieden". Dieser lebt seit über 20 Jahren in den USA, wo er erneut geheiratet hat.
Die Beschwerdeführerin stammt aus der Provinz Urozgan. Ihre Geschwister (drei Brüder und zwei Schwestern) leben in Kandahar. Die Familie ihres "geschiedenen" Mannes lebt in Kabul. Die Beschwerdeführerin kann jedoch weder von ihren Geschwistern noch von ihrer ehemaligen Schwiegerfamilie Unterstützung erwarten. Sie hat weder Kontakt zu ihren Geschwistern noch zur Familie ihres "geschiedenen" Mannes.
Die Beschwerdeführerin hat zwei Söhne. Einer der beiden Söhne der Beschwerdeführerin, XXXX (im Folgenden: A), ist gemeinsam mit ihr aus Afghanistan ausgereist und lebt ebenfalls in Österreich. Der andere Sohn, XXXX (im Folgenden: H) hält sich seit 2014 in den USA auf.
Die Beschwerdeführerin besuchte keine Schule, verfügt über keine Berufsausbildung und war Hausfrau.
1.2. Zur Rückkehrmöglichkeit der Beschwerdeführerin:
Die Beschwerdeführerin war in Afghanistan keinen konkreten Bedrohungen oder Übergriffen ausgesetzt. Im Falle einer Rückkehr droht ihr als Person in Afghanistan keine Verfolgung. Sie ist weder durch ihre Schwiegerfamilie noch als alleinstehende Frau individuell gefährdet. Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan würde ihr eine Ablehnung der konservativ-islamischen Wertevorstellungen nicht unterstellt werden.
Die Beschwerdeführerin würde im Falle ihrer Rückkehr nach Afghanistan in eine ausweglose Lage geraten.
1.3. Zur Situation der Beschwerdeführerin in Österreich:
Die Beschwerdeführerin leidet insbesondere an psychischen Problemen, Schlafstörungen und chronischen Kopfschmerzen. Sie ist deswegen in ärztlicher Behandlung und nimmt diverse Medikamente ein.
Ihr Sohn A lebt mit ihr gemeinsam in einer privaten Unterkunft und unterstützt sie im Alltag. Er hilft ihr beim Kochen und den Arbeiten im Haushalt. Sie führen lange Gespräche und haben ein sehr enges Verhältnis. A möchte auch weiterhin mit seiner Mutter zusammenleben.
Die Beschwerdeführerin besuchte zwar Deutschkurse, absolvierte jedoch bisher keine Prüfungen. Ihren Alltag in Österreich verbringt sie damit Arzttermine wahrzunehmen, ihre Nachbarn in der Unterkunft bei Terminen zu unterstützen, den Haushalt zu erledigen, einkaufen zu gehen, Heilmittel herzustellen und selbstständig Deutsch zu lernen. Sie trifft sich außerdem mit Bekannten. Sie möchte gerne als Köchin arbeiten oder eine Ausbildung im Bereich der Homöopathie machen und damit eine Arbeit finden.
Sie ist zum Zeitpunkt dieser Entscheidung strafrechtlich unbescholten.
1.4. Zur maßgeblichen Lage in Afghanistan im konkreten Fall:
Sicherheitslage
Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil (UNGASC 10.9.2018). Am 19.8.2018 kündigte der afghanische Präsident Ashraf Ghani einen dreimonatigen Waffenstillstand mit den Taliban vom 20.8.2018 bis 19.11.2018 an, der von diesen jedoch nicht angenommen wurde (UNGASC 10.9.2018; vgl. Tolonews 19.8.2018, TG 19.8.2018, AJ 19.8.2018). Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum (15.5.2018 - 15.8.2018) 5.800 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 10% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 14% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (61%) aus. Selbstmordanschläge nahmen um 38% zu, Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Kräfte stiegen um 46%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten, wo insgesamt 67% der Vorfälle stattfanden. Es gibt weiterhin Bedenken bezüglich sich verschlechternder Sicherheitsbedingungen im Norden des Landes:
Eine große Zahl von Kampfhandlungen am Boden wurde in den Provinzen Balkh, Faryab und Jawzjan registriert, und Vorfälle entlang der Ring Road beeinträchtigten die Bewegungsfreiheit zwischen den Hauptstädten der drei Provinzen (UNGASC 10.9.2018).
Zum ersten Mal seit 2016 wurden wieder Provinzhauptstädte von den Taliban angegriffen: Farah- Stadt im Mai, Ghazni-Stadt im August und Sar-e Pul im September (UNGASC 10.9.2018; vgl. Kapitel 1., KI 11.9.2018, SIGAR 30.7.2018, UNGASC 6.6.2018). Bei den Angriffen kam es zu heftigen Kämpfen, aber die afghanischen Sicherheitskräfte konnten u.a. durch Unterstützung der internationalen Kräfte die Oberhand gewinnen (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018, GT 12.9.2018). Auch verübten die Taliban Angriffe in den Provinzen Baghlan, Logar und Zabul (UNGASC 10.9.2018). Im Laufe verschiedener Kampfoperationen wurden sowohl Taliban- als auch ISKP-Kämpfer (ISKP, Islamic State Khorasan Province, Anm.) getötet (SIGAR 30.7.2018).
Sowohl die Aufständischen als auch die afghanischen Sicherheitskräfte verzeichneten hohe Verluste, wobei die Zahl der Opfer auf Seite der ANDSF im August und September 2018 deutlich gestiegen ist (Tolonews 23.9.2018; vgl. NYT 21.9.2018, ANSA 13.8.2018, CBS 14.8.2018).
Trotzdem gab es bei der Kontrolle des Territoriums durch Regierung oder Taliban keine signifikante Veränderung (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018). Die Regierung kontrollierte - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 15.5.2018 56,3% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 (57%) bedeutet. 30% der Distrikte waren umkämpft und 14% befanden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 67% der Bevölkerung lebten in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befanden, 12% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 23% lebten in umkämpften Gebieten (SIGAR 30.7.2018).
Der Islamische Staat - Provinz Khorasan (ISKP) ist weiterhin in den Provinzen Nangarhar, Kunar und Jawzjan aktiv (USGASC 6.6.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018). Auch war die terroristische Gruppierung im August und im September für öffentlichkeitswirksame Angriffe auf die schiitische Glaubensgemeinschaft in Kabul und Paktia verantwortlich (UNGASC 10.9.2018; vgl. KI vom 11.9.2018, KI vom 22.8.2018). Anfang August besiegten die Taliban den in den Distrikten Qush Tepa und Darzab (Provinz Jawzjan) aktiven "selbsternannten" ISKP (dessen Verbindung mit dem ISKP in Nangarhar nicht bewiesen sein soll) und wurden zur dominanten Macht in diesen beiden Distrikten (AAN 4.8.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018).
Global Incident Map zufolge wurden im Berichtszeitraum (1.5.2018 - 30.9.2018) 1.969 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.
Zivile Opfer
Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) 5.122 zivile Opfer (1.692 Tote und 3.430 Verletzte), ein Rückgang von 3% gegenüber dem Vorjahreswert. 45% der zivilen Opfer wurden durch IED [Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, aber auch Selbstmordanschläge, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer. Zivilisten in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Faryab, Helmand und Kandahar waren am stärksten betroffen. Wobei die Zahl der durch Zusammenstöße am Boden verursachten zivilen Opfer um 18% und die Zahl der gezielten Tötungen deutlich zurückging. Jedoch ist die Opferzahl bei komplexen und Selbstmordangriffen durch regierungsfeindliche Gruppierungen gestiegen (um 22% verglichen mit 2017), wobei 52% der Opfer dem ISKP, 40% den Taliban und der Rest anderen regierungsfeindlichen Gruppierungen zuzuschreiben ist (UNAMA 15.7.2018).
Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) für 3.413 (1.127 Tote und 2.286 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich (67%): 42% der Opfer wurden den Taliban, 18% dem IS und 7% undefinierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Vergleich mit dem ersten Halbjahr 2017 stieg die Anzahl ziviler Opfer von gezielten Angriffen auf Zivilisten um 28%, was hauptsächlich auf Angriffe auf die öffentliche Verwaltung und Vorfälle mit Bezug auf die Wahlen zurückzuführen ist (UNAMA 15.7.2018).
Ungefähr 1.047 (20%) der verzeichneten zivilen Opfer wurden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 17% wurden von den afghanischen Sicherheitskräften, 2% durch die internationalen Streitkräfte und 1% von regierungsfreundlichen bewaffneten Gruppierungen verursacht. Gegenüber 2017 sank die den regierungstreuen Gruppen zugerechnete Zahl ziviler Opfer von Zusammenstößen am Boden um 21%. Gleichzeitig kam es jedoch zu einem Anstieg der Opfer von Luftangriffen um 52% (Kunduz, Kapisa und Maidan Wardak) (UNAMA 15.7.2018; vgl. UNAMA 25.9.2018a, UNAMA 25.9.2018b).
Auch wurden von UNAMA zivile Opfer durch Fahndungsaktionen, hauptsächlich durch die Spezialkräfte des National Directorate of Security (NDS) und regierungsfreundliche bewaffnete Gruppierungen wie die Khost Protection Force (KPF) verzeichnet (UNAMA 15.7.2018).
Dennoch unternahm die afghanische Regierung weiterhin Anstrengungen zur Reduzierung der Zahl ziviler Opfer, was hauptsächlich während Bodenoperationen einen diesbezüglichen Rückgang zur Folge hatte. Die Regierung verfolgt eine "nationale Politik für zivile Schadensminimierung und - prävention" und das Protokoll V der "Konvention über bestimmte konventionelle Waffen in Bezug auf explosive Kriegsmunitionsrückstände", welche am 9.2.2018 in Kraft getreten ist. Bei Bodenoperationen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich Taliban) wurde ein Rückgang der zivilen Opfer um 23% im Vergleich zu 2017 verzeichnet. So sank etwa die Zahl der zivilen Opfer der hauptsächlich von den Taliban eingesetzten Druckplatten-IEDs um 43% (UNAMA 15.7.2018).
Kabul
Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul-Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, an Nangarhar im Südosten, an Logar im Süden und an (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Provinz Kabul besteht aus folgenden Einheiten (Pajhwok o.D.z): Bagrami, Chaharasyab/Char Asiab, Dehsabz/Deh sabz, Estalef/Istalif, Farza, Guldara, Kabul Stadt, Kalakan, Khak-e Jabbar/Khak-i-Jabar, Mirbachakot/Mir Bacha Kot, Musayi/Mussahi, Paghman, Qarabagh, Shakardara, Surobi/Sorubi (UN OCHA 4-2014; vgl. Pajhwok o.D.z).
Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.679.648 geschätzt (CSO 4.2017).
In der Hauptstadt Kabul leben unterschiedliche Ethnien: Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus. Ein Großteil der Bevölkerung gehört dem sunnitischen Glauben an, dennoch lebt eine Anzahl von Schiiten, Sikhs und Hindus nebeneinander in Kabul Stadt (Pajhwok o.D.z). Menschen aus unsicheren Provinzen, auf der Suche nach Sicherheit und Jobs, kommen nach Kabul - beispielsweise in die Region Shuhada-e Saliheen (LAT 26.3.2018). In der Hauptstadt Kabul existieren etwa 60 anerkannte informelle Siedlungen, in denen 65.000 registrierte Rückkehrer/innen und IDPs wohnen (TG 15.3.2018).
Kabul verfügt über einen internationalen Flughafen: den Hamid Karzai International Airport (HKIR) (Tolonews 25.2.2018; vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35). Auch soll die vierspurige "Ring Road", die Kabul mit angrenzenden Provinzen verbindet, verlängert werden (Tolonews 10.9.2017; vgl. Kapitel 3.35.).
Allgemeine Information zur Sicherheitslage
Einst als relativ sicher erachtet, ist die Hauptstadt Kabul von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen der Taliban betroffen (Reuters 14.3.2018), die darauf abzielen, die Autorität der afghanischen Regierung zu untergraben (Reuters 14.3.2018; vgl. UNGASC 27.2.2018). Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen inklusive des IS versuchen in Schlüsselprovinzen und -distrikten, wie auch in der Hauptstadt Kabul, Angriffe auszuführen (Khaama Press 26.3.2018; vgl. FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018). Im Jahr 2017 und in den ersten Monaten des Jahres 2018 kam es zu mehreren "high-profile"-Angriffen in der Stadt Kabul; dadurch zeigte sich die Angreifbarkeit/Vulnerabilität der afghanischen und ausländischen Sicherheitskräfte (DW 27.3.2018; vgl. VoA 19.3.2018 SCR 3.2018, FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018).
Im Zeitraum 1.1.2017- 30.4.2018 wurden in der Provinz 410 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.
Im gesamten Jahr 2017 wurden 1.831 zivile Opfer (479 getötete Zivilisten und 1.352 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Selbstmordanschläge, gefolgt von IEDs und gezielte Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 4% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Für Kabul-Stadt wurden insgesamt 1.612 zivile Opfer registriert; dies bedeutet eine Steigerung von 17% im Gegensatz zum Vorjahr 2016 (440 getötete Zivilisten und 1.172 Verletzte) (UNAMA 2.2018).
Im Jahr 2017 war die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans in der Provinz Kabul zu verzeichnen, die hauptsächlich auf willkürliche Angriffe in der Stadt Kabul zurückzuführen waren; 16% aller zivilen Opfer in Afghanistan sind in Kabul zu verzeichnen.
Selbstmordangriffe und komplexe Attacken, aber auch andere Vorfallsarten, in denen auch IEDs verwendet wurden, erhöhten die Anzahl ziviler Opfer in Kabul. Dieser öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriff im Mai 2017 war alleine für ein Drittel ziviler Opfer in der Stadt Kabul im Jahr 2017 verantwortlich (UNAMA 2.2018).
Militärische Operationen und Maßnahmen der afghanischen Regierung in der Provinz Kabul Regelmäßig werden in der Hauptstadt Sicherheitsoperationen durch die Regierung in unterschiedlichen Gebieten ausgeführt (Tolonews 31.1.2018; vgl. AT 18.3.2018, RS 28.2.2018; vgl. MF 18.3.2018). Im Rahmen des neuen Sicherheitsplanes sollen außerdem Hausdurchsuchungen ausgeführt werden (MF 18.3.2018). Um die Sicherheitslage in Kabul-Stadt zu verbessern, wurden im Rahmen eines neuen Sicherheitsplanes mit dem Namen "Zarghun Belt" (der grüne Gürtel), der Mitte August 2017 bekannt gegeben wurde, mindestens 90 Kontrollpunkte in den zentralen Teilen der Stadt Kabul errichtet. Die afghanische Regierung deklarierte einen Schlüsselbereich der afghanischen Hauptstadt zur "Green Zone" - dies ist die Region, in der wichtige Regierungsinstitutionen, ausländische Vertretungen und einige Betriebe verortet sind (Tolonews 7.2.2018). Kabul hatte zwar niemals eine formelle "Green Zone"; dennoch hat sich das Zentrum der afghanischen Hauptstadt, gekennzeichnet von bewaffneten Kontrollpunkten und Sicherheitswänden, immer mehr in eine militärische Zone verwandelt (Reuters 6.8.2017). Die neue Strategie beinhaltet auch die Schließung der Seitenstraßen, welche die Hauptstadt Kabul mit den angrenzenden Vorstädten verbinden; des Weiteren, werden die Sicherheitskräfte ihre Präsenz, Personenkontrollen und geheimdienstlichen Aktivitäten erhöhen (Tolonews 7.2.2018). Damit soll innerhalb der Sicherheitszone der Personenverkehr kontrolliert werden. Die engmaschigen Sicherheitsmaßnahmen beinhalten auch eine erhöhte Anzahl an Sicherheitskräften und eine Verbesserung der Infrastruktur rund um Schlüsselbereiche der Stadt (Tolonews 1.3.2018). Insgesamt beinhaltet dieser neue Sicherheitsplan 52 Maßnahmen, von denen die meisten nicht veröffentlicht werden (RFE/RL 7.2.2018). Auch übernimmt die ANA einige der porösen Kontrollpunkte innerhalb der Stadt und bildet spezialisierte Soldaten aus, um Wache zu stehen. Des Weiteren soll ein kreisförmiger innerer Sicherheitsmantel entstehen, der an einen äußeren Sicherheitsring nahtlos anschließt - alles dazwischen muss geräumt werden (Reuters 14.3.2018).
Regierungsfeindliche Gruppierungen in der Provinz Kabul
Sowohl die Taliban als auch der IS verüben öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriffe in der Stadt Kabul (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 17.3.2018, Dawn 31.1.2018), auch dem Haqqani- Netzwerk wird nachgesagt, Angriffe in der Stadt Kabul zu verüben (RFE/RL 30.1.2018; vgl. NYT 9.3.2018, VoA 1.6.2017). So existieren in der Hauptstadt Kabul scheinbar eine Infrastruktur, Logistik und möglicherweise auch Personal ("terrorists to hire"), die vom Haqqani-Netzwerk oder anderen Taliban-Gruppierungen, Splittergruppen, die unter der Flagge des IS stehen, und gewaltbereiten pakistanischen sektiererischen (anti-schiitischen) Gruppierungen verwendet werden (AAN 5.2.2018).
Zum Beispiel wurden zwischen 27.12.2017 und 29.1.2018 acht Angriffe in drei Städten ausgeführt, zu denen neben Jalalabad und Kandahar auch Kabul zählte - fünf dieser Angriffe fanden dort statt. Nichtsdestotrotz deuten die verstärkten Angriffe - noch - auf keine größere Veränderung hinsichtlich des "Modus Operandi" der Taliban an (AAN 5.2.2018).
Für den Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 wurden in der Provinz Kabul vom IS verursachte Vorfälle registriert (Gewalt gegenüber Zivilist/innen und Gefechte) (ACLED 23.2.2018).
Balkh
Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm; die Provinzhauptstadt ist Mazar-e Sharif. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich von Balkh. Die Provinzen Kunduz und Samangan liegen im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y).
Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (CSO 4.2017).
Die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.: Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.:
Provinzhauptstadt Baghlan]; sie ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Viele der Straßen, vor allem in den gebirgigen Teilen des Landes, sind in schlechtem Zustand, schwer zu befahren und im Winter häufig unpassierbar (BFA Staaatendokumentation 4.2018). In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35).
Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren (Pajhwok 7.6.2017).
Nach monatelangen Diskussionen hat Ende März 2018 der ehemalige Gouverneur der Provinz Balkh Atta Noor seinen Rücktritt akzeptiert und so ein Patt mit dem Präsidenten Ghani beendet. Er ernannte den Parlamentsabgeordneten Mohammad Ishaq Rahgozar als seinen Nachfolger zum Provinzgouverneur (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Reuters 22.3.2018). Der neue Gouverneur versprach, die Korruption zu bekämpfen und die Sicherheit im Norden des Landes zu garantieren (Tolonews 24.3.2018).
Allgemeine Information zur Sicherheitslage
Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans (RFE/RL 23.3.2018), sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan (Khaama Press 16.1.2018; vgl. Khaama Press 20.8.2017). Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Khaama Press 16.1.2018).
Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Tolonews 7.3.2018), oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (BBC 22.4.2017; vgl. BBC 17.6.2017).
In der Provinz befindet sich u.a. das von der deutschen Bundeswehr geführte Camp Marmal (TAAC-North: Train, Advise, Assist Command - North) (NATO 11.11.2016; vgl. iHLS 28.3.2018), sowie auch das Camp Shaheen (BBC 17.6.2017; vgl. Tolonews 22.4.2017).
Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.
Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).
Militärische Operationen in Balkh
Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte führen regelmäßig militärische Operationen durch, um regierungsfeindliche Aufständische zu verdrängen und sie davon abzuhalten, Fuß im Norden des Landes zu fassen (Khaama Press 16.1.2018). Diese militärischen Operationen werden in gewissen Gegenden der Provinz geführt (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT.3.2018, Pajhwok 21.8.2017, Pajhwok 10.7.2017). Dabei werden Taliban getötet (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT 6.3.2018, Pajhwok 10.7.2017) und manchmal auch ihre Anführer (Tolonews 18.3.2018; vgl. Tolonews 7.3.2018, PT 6.3.2018, Tolonews 22.4.2017).
Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 7.3.2018).
Regierungsfeindliche Gruppierungen in Balkh
Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben (Khaama Press 16.1.2018). Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen (Khaama Press 20.8.2017).
Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden keine IS-bezogenen Vorfälle in der Provinz registriert. Im Zeitraum 16.7.2017 - 31.1.2018 wurden dennoch vom IS verursachten Vorfälle entlang der Grenze von Balkh zu Sar-e Pul registriert (ACLED 23.2.2018).
Herat
Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel/Injil, Ghorian/Ghoryan, Guzra/Guzara und Pashtoon Zarghoon/Pashtun Zarghun, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba/Obe, Kurkh/Karukh, Kushk, Gulran, Kuhsan/Kohsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirke zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna/Kushki Kohna, Farsi, und Chisht-i-Sharif/Chishti Sharif als Bezirke dritter Stufe (UN OCHA 4.2014; vgl. Pajhwok o. D.). Provinzhauptstadt ist Herat- Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat (CP 21.9.2017). In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.967.180 geschätzt (CSO 4.2017).
In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Uzbeken und Aimaken (Pajhwok o.D.; vgl. NPS o.D.).
Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Das Harirud-Tal, eines der fruchtbarsten Täler des Landes, wo Baumwolle, Obst und Ölsaat angebaut werden, befindet sich in der Provinz (AJ 8.3.2012). Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der Safran- Produktion (AJ 8.3.2012; vgl. EN 9.11.2017). Es sollen Regierungsprogramme und ausländische Programme zur Unterstützung der Safran-Produktion implementiert werden. Safran soll eine Alternative zum Mohnanbau werden (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Anfang Jänner 2018 wurde ein Labor zur Kontrolle der Safran-Qualität in Herat errichtet (Pajhwok 13.1.2018). Die Safran-Produktion garantierte z.B. auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Auch in unsicheren Gegenden wird Safran angebaut. (Tolonews 10.11.2017). Insgesamt wurden 2017 in der Provinz min. 8 Tonnen Safran produziert; im Vorjahr 2016 waren es 6.5 Tonnen (Pajhwok 13.1.2018; vgl. EN 9.11.2017). Trotzdem stieg im Jahr 2017 in der Provinz die Opiumproduktion. In den Distrikten Shindand und Kushk, geprägt von schlechter Sicherheitslage, war der Mohnanbau am höchsten (UNODC 11.2017).
Im Dezember 2017 wurden verschiedene Abkommen mit Uzbekistan unterzeichnet. Eines davon betrifft den Bau einer 400 Km langen Eisenbahnstrecke von Mazar-e Sharif und Maymana nach Herat (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2017).
Mitte März 2018 wurde der Bau der TAPI-Leitung in Afghanistan eingeweiht. Dabei handelt es sich um eine 1.800 Km lange Pipeline für Erdgas, die Turkmenistan, Afghanistan, Pakistan und Indien 30 Jahre lang mit 33 Billionen m³ turkmenischem Erdgas versorgen soll. Die geplante Leitung wird sich entlang der Herat-Kandahar-Autobahn erstrecken. Somit wird sie durch Gegenden, auf die die Taliban einen starken Einfluss haben, verlaufen. Jedoch erklärten die Taliban, TAPI sei ein "wichtiges Projekt" und sie würden es unterstützen (PPG 26.2.2018; vgl. RFE/RL 23.2.2018). Im Rahmen des TAPI-Projekts haben sich 70 Taliban bereit erklärt, an den Friedensprozessen teilzunehmen (Tolonews 4.3.2018). Um Sicherheit für die Umsetzung des TAPI-Projekts zu gewähren, sind tausende Sicherheitskräfte entsandt worden (Tolonews 14.3.2018).
Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage
Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018; vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Des Weiteren wurde Ende Oktober 2017 verlautbart, dass die Provinz Herat zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat (Khaama Press 25.10.2017).
Die Provinz ist u.a. ein Hauptkorridor für den Menschenschmuggel in den Iran bekannt - speziell von Kindern (Pajhwok 21.1.2017).
Mitte Februar 2018 wurde von der Entminungs-Organisation Halo Trust bekannt gegeben, dass nach zehn Jahren der Entminung 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher seien. In diesen Gegenden bestünde keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein, so der Pressesprecher des Provinz-Gouverneurs. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen wurden die Distrikte Gulran und Shindand noch nicht von Minen geräumt. In der Provinz leben u.a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge (AN 18.2.2018).
Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 139 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.
Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).
Militärische Operationen in Herat
In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um einige Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Auch werden Luftangriffe verübt (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017); dabei wurden Taliban getötet (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AJ 25.6.2017; vgl. AAN 11.1.2017). In Herat sind Truppen der italienischen Armee stationiert, die unter dem Train Advise Assist Command West (TAAC-W) afghanische Streitmächte im Osten Afghanistans unterstützen (MdD o. D.).
Regierungsfeindliche Gruppierungen in Herat
Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018;
vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Dem Iran wird von verschiedenen Quellen nachgesagt, afghanische Talibankämpfer auszubilden und zu finanzieren (RFE/RL 23.2.2018;
vgl. Gandhara 22.2.2018, IP 13.8.2017, NYT 5.8.2017). Regierungsfeindliche Aufständische griffen Mitte 2017 heilige Orte, wie schiitische Moscheen, in Hauptstädten wie Kabul und Herat, an (FAZ 1.8.2017; vgl. DW 1.8.2017). Dennoch erklärten Talibanaufständische ihre Bereitschaft, das TAPI-Projekt zu unterstützen und sich am Friedensprozess zu beteiligen (AF 14.3.2018; vgl. Tolonews 4.3.2018). Es kam zu internen Konflikten zwischen verfeindeten Taliban- Gruppierungen (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017). Anhänger des IS haben sich in Herat zum ersten Mal für Angriffe verantwortlich erklärt, die außerhalb der Provinzen Nangarhar und Kabul verübt wurden (UNAMA 2.2018).
ACLED registrierte für den Zeitraum 1.1.2017-15.7.2017 IS-bezogene Vorfälle (Gewalt gegen die Zivilbevölkerung) in der Provinz Herat (ACLED 23.2.2017).
Kandahar
Die südliche Provinz Kandahar ist als kommerzielles Zentrum des Landes bekannt. Im Norden grenzt Kandahar an die Provinz Uruzgan, im Süden an Pakistan, im Osten an die Provinz Zabul und im Westen an die Provinz Helmand (Pajhwok o.D.u). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.279.520 geschätzt (CSO 4.2017). Die Provinz besteht aus folgenden Distrikten: Kandahar Stadt/City, Dand, Zherai, Daman, Arghandab, Arghestan, Panjwai, Maroof, Spin Boldak, Maiwand, Shawalikot, Takhta Pul, Khakriz, Nish, Ghorak, Rigistan, Mianshin, und Shoraba (Pajhwok o.D.u.). Die Provinzhauptstadt Kandahar City wird als eine der strategisch wichtigsten und vielschichtigsten Städte Afghanistans erachtet (TN 22.1.2017). In Kandahar gibt es einen internationalen Flughafen (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35). In der Provinz leben neben Paschtunen auch Belutschen, Tadschiken, Hindus und Hazara (Pajhwok o. D.u).
Auch in der Provinz Kandahar wurde eine Steigerung des Mohnanbaus um 37% (+ 7.500 Hektar) registriert; insgesamt 28.010 Hektar, gleichzeitig wurden in der Provinz 48 Hektar vernichtet, im Jahr 2016 waren es noch vier Hektar (UNODC 11.2017). Im Rahmen von Bemühungen der afghanischen Regierung, Alternativen für afghanische Bauern, die Drogen anbauen, zu finden, werden diese Pistazienfelder erhalten; so werden z.B. in Kandahar 250 Felder zur Verfügung gestellt (Tolonews 4.3.2018).
Durch die Provinz Kandahar verläuft die 557 km lange Kabul-Kandahar-Autobahn (Tolonews 1.6.2018). Anrainer/innen zufolge ist der Autobahnabschnitt in Kandahar wegen der intensiven Nutzung in den letzten Jahren, der gesunkenen Wartung und der Angriffe von Aufständischen in schlechtem Zustand (Tolonews 14.3.2018; vgl. Tolonews 1.6.2018). Die Provinz Kandahar verfügt über einen internationalen Flughafen (KIA o.D.; vgl. Reuters 9.3.2018).
Auch soll hinkünftig die Turkmenistan-Afghanistan-Pakistan-India (TAPI) Gaspipeline, neben vier weiteren Provinzen (Herat, Farah, Nimroz und Helmand), auch durch die Provinz Kandahar gehen (Tolonews 14.3.2018a; vgl. AF 14.3.2018). Diese Provinzen sind weitgehend unter Kontrolle der Taliban und die Sicherheitslage in ihnen ist problematisch. Für den Bau der Pipeline ist es daher günstig, dass die Taliban und das Nachbarland Pakistan ihre Kooperation für das TAPI-Projekt gezeigt haben (AF 14.3.2018; vgl. NYT 23.2.2018). Diese Pipeline wird Erdgas von Turkmenistan nach Pakistan und Indien via Afghanistan transportieren (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. TD 5.12.2017). Die Pipeline soll in Afghanistan entlang des Autobahnteils Kandahar-Herat errichtet werden; um Sicherheit für das TAPI-Projekt zu gewähren sind tausende Sicherheitskräfte entsandt worden (Tolonews 14.3.2018a).
Allgemeine Information zur Sicherheitslage
Die Sicherheitslage, die sich Quellen zufolge in den letzten Jahren verbessert hatte, verschlechterte sich im Mai 2017 und in den Anfangsmonaten des Jahres 2018 wieder, nachdem die Taliban ihre Aktivitäten in der Provinz verstärkten (Khaama Press 11.3.2018; vgl. Xinhua 11.3.2018, Khaama Press 26.1.2018, Dawn 26.5.2017, Khaama Press 22.2.2017, Khama Press 16.5.2017, Khaama Press 23.5.2017). Insbesondere die abgelegenen Distrikte der Provinz waren davon betroffen, da sich die Taliban auf die südlichen Provinzen im Rahmen ihrer Frühlingsoffensive konzentrierten (Khaama Press 15.9.2017).
Im Berichtszeitraum 15.12.2017-15.2.2018 haben laut Vereinten Nationen (UN) regierungsfeindliche Elemente auch weiterhin Druck auf die afghanischen Sicherheitskräfte ausgeübt, indem koordinierte Angriffe auf Kontrollpunkte der afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte in Kandahar verübt wurden (UNGASC 27.2.2018; vgl. MF 12.3.2018, Tolonews 7.3.2018, LWJ 28.2.2018, AJ 1.3.2018, Khaama Press 28.9.2017, Dawn 26.5.2017).
Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 186 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.
Kandahar war im Jahr 2017 die Provinz mit der viert-höchsten Anzahl registrierter Anschläge in Afghanistan (Pajhwok 14.1.2018).
Im gesamten Jahr 2017 wurden in Kandahar 716 zivile Opfer (271 getötete Zivilisten und 445 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgängern/Landminen. Dies deutet einen Rückgang von 18% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).
Militärische Operationen in Kandahar
Im März 2018 wurde verlautbart, dass die Sicherheitskräfte im vorangegangenen Monat Operationen in der Provinz ausgeführt haben (Tolonews 16.3.2018; vgl. Xinhua 11.3.2018, PT 18.2.2018, PL 25.2.2018, Khaama Press 2.9.2017, Khaama Press 23.5.2017).
Luftangriffe werden durchgeführt (SD 19.3.2018; vgl. PQ 18.3.2018, MF 12.3.2018, PT 18.2.2018); dabei wurden Aufständische getötet (SD 19.3.2018; vgl. PQ 18.3.2018, MF 12.3.2018). Des weiteren kam es zu Zusammenstößen zwischen Talibanaufständischen und Sicherheitskräften (Tolonews 7.3.2018).
Auch Polizistinnen helfen an der Front mit: Rund 110 weibliche Offiziere dienen Kandahar-weit an verschiedenen Orten, inklusive dem Flughafen. Frauen spielen eine essentielle Rolle in Gegenden und Situationen, die Männern nicht zugänglich sind - wie z.B. die Interaktion mit Frauen an Kontrollpunkten (Reuters 9.3.2018).
Regierungsfeindliche Gruppierungen in Kandahar
Kandahar ist eine ehemalige Festung der Taliban (Xinhua 11.3.2018), nachdem die Provinz als Gründungsort der Gruppierung erachtet wird, gilt sie als strategisch wichtig für die Taliban. Als wichtige Einnahmequelle der Taliban ist in der Provinz Kandahar die Opiumproduktion. Die Provinz grenzt an Pakistans Belutschistan an, eine Provinz die der Gruppierung als sicherer Rückzugsort und generelles Rekrutierungszentrum dient (LWJ 19.1.02017; vgl. CN 7.3.2018). Einer Quelle vom Oktober 2017 zufolge haben die Taliban - wie bereits erwähnt - ihre Angriffe auf die afghanischen Sicherheitskräfte verstärkt. Sie haben außerdem versucht, in Kandahar Gebiete zurückzugewinnen, die sie vor Jahren verloren hatten (LWJ 19.10.2017).
Zwischen 1.1.2017 und 15.7.2017 wurden IS-bezogene Vorfälle (Gewalt gegen die Zivilbevölkerung) in der Provinz Kandahar registriert (ACLED 23.2.2018).
Uruzgan
Die Provinz ist auch unter den Namen Rozgan oder Uruzganis bekannt und liegt in Zentralafghanistan. Sie grenzt nördlich an die Provinz Daikundi, südlich an Zabul und Kandahar, südwestlich an Helmand und östlich an Ghazni. Die Provinz-Hauptstadt ist Tarinkot (Pajhwok o. D.a). Sie besteht aus folgenden Distrikten:
Shahid-e-Hassas/Charchino, Dehrawud, Tarinkot/Tirinkot, Chora/Chinarto, Khasuruzgan und Gizab (UN OCHA 4.2014; vgl. Pajhwok o. D.a). Der Distrikt Gizab, früher Teil von Daikundi, fällt nun unter die Verwaltung von Uruzgan (UNODC 11.2017; vgl. Tolonews 11.4.2017). Eine Abzweigung der Ring Road, die sogenannte Kandahar-Uruzgan-Autobahn, führt durch die Provinz, (Tolonews 11.2.2017; TD 5.12.2017).
Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 362.253 geschätzt (CSO 4.2017). Uruzgan ist mehrheitlich von Paschtunen und ihren Teilstämmen Popalzi, Achakzai, Noorzai, Barakzai, Alkozai, Durrani bewohnt. Weitere in der Provinz lebende Ethnien sind Hazara und Kuchi (Pajhwok o.D.b).
Uruzgan war 2017 die Provinz mit der viert-höchsten Opium-Produktion Afghanistans (UNODC 11.2017). Die Regierung plant das Anlegen von Pistazien-Feldern in Kandahar, Uruzgan und Helmand, um den lokalen Bauern eine Alternative zur Opium-Produktion zu bieten. Die Provinz Uruzgan soll 140 Felder bekommen (Khaama Press 4.3.2018).
Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage
Der Provinz Uruzgan - lange Zeit eine der umstrittensten Provinzen im Süden des Landes - wird nachgesagt, der Geburtsort des Talibangründers Mullah Omar zu sein. Im Jahr 2001 war sie Ort einer Guerillaoperation - geführt vom ehemaligen Präsident Karzai - um die Taliban zu vertreiben. Die Provinz hat somit für beide Seiten des Konfliktes symbolischen Wert (TG 19.9.2016). Sowohl im Dezember 2017, als auch im Jänner und März 2018 zählte Uruzgan Berichten zufolge zu den volatilen Provinzen im Süden Afghanistans. Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen sind in einer Anzahl von Distrikten aktiv (Khaama Press 5.3.2018; vgl. Khaama Press 7.1.2018, Khaama Press 27.12.2017). Auch zählt Uruzgan zu jenen Provinzen, in denen eine hohe Anzahl an Zivilisten aufgrund explosiver Kampfmittelrückstände und indirekter Waffeneinwirkung ums Leben kam (UNAMA 2.2018).
Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 170 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.
Im gesamten Jahr 2017 wurden in Uruzgan 575 zivile Opfer (87 getötete Zivilisten und 488 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von IEDs und Luftangriffen. Dies bedeutet einen Rückgang von 26% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018). Uruzgan gehört zu den Provinzen mit der höchsten Anzahl registrierter Anschläge im Jahr 2017 (Pajhwok 14.1.2018).
Militärische Operationen in Uruzgan
Die afghanischen Sicherheitskräfte sowie die afghanische Armee führen hartnäckig Anti- Terrorismus Operationen in der Provinz durch, um die Aktivitäten von Aufständischen und Terroristen zu verringern (Khaama Press 5.3.2018; vgl. Khaama Press 12.3.2018, YS 6.3.2018). Insbesondere in den unruhigen Distrikten der Provinz werden regierungsfeindliche bewaffnete Kräfte bekämpft (Republic 12.3.2018).
In den Distriken Chora, Charchino, Gizab und der Hauptstadt Tirinkot werden Antiterror- Operationen durchgeführt, um Aufständische zu bekämpfen (Pajhwok 17.2.2018; vgl. Pajhwok 28.11.2017, Tolonews 11.4.2017, Khaama Press 9.2.2017, Borneo Bulletin 28.1.2017, Tolonews 23.1.2017, Khaama Press 1.1.2017); dabei werden Aufständische getötet - manchmal auch hochrangige Anführer (Khaama Press 16.2.2018; vgl. Pajhwok 28.11.2017, vgl. Pajhwok 26.1.2017, Khaama Press 5.3.2018). Luftangriffe werden durchgeführt (Khaama Press 12.3.2018; vgl. Tolonews 5.3.2018, Tolonews 11.2.2018, Tolonews 14.2.2017, Khaama Press 9.2.2017, Borneo Bulletin 28.1.2017, Khaama Press 1.1.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (Pajhwok 17.2.2018; vgl. Pajhwok 7.2.2018, Khaama Press 28.1.2017, Tolonews 25.1.2017).
Um die nationalen Sicherheitskräfte in ihrem Kampf gegen die Taliban zu unterstützen, greifen Hunderte von Bewohnern der Distrikte Tirinkot, Khasuruzgan, Charchino und Dehrawud Ende Jänner 2018 zu Waffen. Die Maßnahme wurde von der Provinzregierung begrüßt (Salaam Times 23.1.2018).
Regierungsfeindliche Gruppierungen in Uruzgan
Uruzgan gehört zu den Provinzen des Landes, in denen die Opium-Produktion und dadurch die Präsenz der Taliban im Laufe des Jahres 2017 gestiegen ist (Eurasia Review 9.3.2018). Einige Distrikte der Provinz sind umkämpft (SIGAR 30.1.2018). Berichten zufolge sind in den Distrikten Chora, Charchino, Gizab und Tirinkot die Taliban aktiv (Pajhwok 17.2.2018; Pajhwok 7.2.2018; Pajhwok 28.11.2017). So wurde beispielsweise das Hauptkrankenhaus der Provinz im September aufgrund von Drohungen der Taliban gegenüber Ärzten vorübergehend geschlossen. Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden im Süden und im Nordosten der Provinz Uruzgan Zusammenstöße zwischen dem IS und den Streitkräften gemeldet, während zwischen dem 16.7.2017 und dem 31.1.2018 keine Vorfälle registriert wurden (ACLED 23.2.2018).
Frauen
Die Lage afghanischer Frauen hat sich in den letzten 15 Jahren zwar insgesamt ein wenig verbessert, jedoch nicht so sehr wie erhofft (BFA Staatendokumentation 4.2018). Wenngleich es in den unterschiedlichen Bereichen viele Fortschritte gab, bedarf die Lage afghanischer Frauen spezieller Beachtung (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. TD 23.3.2016). Die afghanische Regierung ist bemüht, die Errungenschaften der letzten eineinhalb Jahrzehnte zu verfestigen - eine Institutionalisierung der Gleichberechtigung von Frauen in Afghanistan wird als wichtig für Stabilität und Entwicklung betrachtet (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. UNAMA/OHCHR 5.2018). Trotzdem gilt Afghanistan weiterhin als eines der gefährlichsten Länder für Frauen weltweit (AF 13.12.2017). In einigen Bereichen hat der Fortschritt für Frauen stagniert, was großteils aus der Talibanzeit stammenden unnachgiebigen konservativen Einstellungen ihnen gegenüber geschuldet ist (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. AF 13.12.2017). Viel hat sich dennoch seit dem Ende des Talibanregimes geändert: Frauen haben das verfassungsmäßige Recht an politischen Vorgängen teilzunehmen, sie streben nach Bildung und viele gehen einer Erwerbstätigkeit nach (TET 15.3.2018). Artikel 22 der afghanischen Verfassung besagt, dass jegliche Form von Benachteiligung oder Bevorzugung unter den Bürgern Afghanistans verboten ist. Die Bürger Afghanistans, sowohl Frauen als auch Männer, haben vor dem Gesetz gleiche Rechte und Pflichten (MPI 27.1.2004). In der Praxis mangelt es jedoch oftmals an der Umsetzung dieser Rechte (AA 5.2018; vgl. UNAMA/OHCHR 5.2018). Die konkrete Situation von Frauen kann sich allerdings je nach regionalem und sozialem Hintergrund stark unterscheiden (AA 9.2016; vgl. USDOS 20.4.2018). Traditionell diskriminierende Praktiken gegen Frauen existieren insbesondere in ländlichen und abgelegenen Regionen weiter (AA 5.2018).
Bildung
Das Recht auf Bildung wurde den Frauen nach dem Fall der Taliban im Jahr 2001 eingeräumt (BFA Staatendokumentation 3.7.2014). Laut Verfassung haben alle afghanischen Staatsbürger/innen das Recht auf Bildung (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. MPI 27.1.2004). Öffentliche Kindergärten und Schulen sind bis zur Hochschulebene kostenlos. Private Bildungseinrichtungen und Universitäten sind kostenpflichtig (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. IOM 2017). Aufgeschlossene und gebildete Afghanen, welche die finanziellen Mittel haben, schicken ihre Familien ins Ausland, damit sie dort leben und eine Ausbildung genießen können (z.B. in die Türkei); während die Familienväter oftmals in Afghanistan zurückbleiben (BFA Staatendokumentation 4.2018).
Eine der Herausforderungen für alle in Afghanistan tätigen Organisationen ist der Zugang zu jenen Gegenden, die außerhalb der Reichweite öffentlicher Bildung liegen. Der Bildungsstand der Kinder in solchen Gegenden ist unbekannt und Regierungsprogramme sind für sie unzugänglich; speziell, wenn die einzigen verfügbaren Bildungsstätten Madrassen sind (BFA Staatendokumentation 4.2018).
In den Jahren 2016 und 2017 wurden durch den United Nations Children's Fund (UNICEF) mit Unterstützung der United States Agency for International Development (USAID) landesweit 4.055 Dorfschulen errichtet - damit kann die Bildung von mehr als 119.000 Kindern in ländlichen Gebieten sichergestellt werden, darunter mehr als 58.000 Mädchen. Weitere 2.437 Ausbildungszentren in Afghanistan wurden mit Unterstützung von USAID errichtet, etwa für Personen, die ihre Ausbildung in frühen Bildungsjahren unterbrechen mussten. Mehr als 49.000 Student/innen sind in diesen Ausbildungszentren eingeschrieben (davon mehr als 23.000 Mädchen). USAID hat mehr als 154.000 Lehrer ausgebildet (davon mehr als 54.000 Lehrerinnen) sowie 17.000 Schuldirektoren bzw. Schulverwalter (mehr als 3.000 davon Frauen) (USAID 10.10.2017).
Sowohl Männer als auch Frauen schließen Hochschulstudien ab - derzeit sind etwa 300.000 Student/innen an afghanischen Hochschulen eingeschrieben - darunter 100.000 Frauen (USAID 10.10.2017).
Dem afghanischen Statistikbüro (CSO) zufolge gab es im Zeitraum 2016-2017 in den landesweit 16.049 Schulen, insgesamt 8.868.122 Schüler, davon waren 3.418.877 weiblich. Diese Zahlen beziehen sich auf Schüler/innen der Volks- und Mittelschulen, Abendschulen, Berufsschulen, Lehrerausbildungszentren sowie Religionsschulen. Im Vergleich mit den Zahlen aus dem Zeitraum 2015-2016 hat sich die Anzahl der Studentinnen um 5,8% verringert (CSO 2017). Die Gesamtzahl der Lehrer für den Zeitraum 2016-2017 betrug 197.160, davon waren 64.271 Frauen. Insgesamt existieren neun medizinische Fakultäten, an diesen sind 342.043 Studierende eingeschrieben, davon
77.909 weiblich. Verglichen mit dem Zeitraum 2015-2016 hat sich die Anzahl der Frauen um 18.7% erhöht (CSO 2017).
Im Mai 2016 eröffnete in Kabul die erste Privatuniversität für Frauen im Moraa Educational Complex, mit dazugehörendem Kindergarten und Schule für Kinder der Studentinnen. Die Universität bietet unter anderem Lehrveranstaltungen für Medizin, Geburtshilfe etc. an. (TE 13.8.2016; vgl. MORAA 31.5.2016). Im Jahr 2017 wurde ein Programm ins Leben gerufen, bei dem 70 Mädchen aus Waisenhäusern in Afghanistan, die Gelegenheit bekommen ihre höhere Bildung an der Moraa Universität genießen zu können (Tolonews 17.8.2017).
Im Herbst 2015 eröffnete an der Universität Kabul der Masterlehrgang für "Frauen- und Genderstudies" (KP 18.10.2015; vgl. UNDP 10.7.2016). Im Jahr 2017 haben die ersten Absolvent/innen des Masterprogramms den Lehrgang abgeschlossen: 15 Frauen und sieben Männer, haben sich in ihrem Studium zu Aspekten der Geschlechtergleichstellung und Frauenrechte ausbilden lassen; dazu zählen Bereiche wie der Rechtsschutz, die Rolle von Frauen bei der Armutsbekämpfung, Konfliktschlichtung etc. (UNDP 7.11.2017).
Berufstätigkeit
Berufstätige Frauen sind oft Ziel von sexueller Belästigung durch ihre männlichen Kollegen. Die Akzeptanz der Berufstätigkeit von Frauen variiert je nach Region und ethnischer bzw. Stammeszugehörigkeit (AA 5.2018). Aus einer Umfrage der Asia Foundation (AF) aus dem Jahr 2017 geht hervor, dass die Akzeptanz der Berufstätigkeit von Frauen außerhalb des Hauses unter den Hazara 82,5% beträgt und am höchsten ist. Es folgen die Usbeken (77,2%), die Tadschiken (75,5%) und die Paschtunen (63,4%). In der zentralen Region bzw. Hazarajat tragen 52,6% der Frauen zum Haushaltseinkommen bei, während es im Südwesten nur 12% sind. Insgesamt sind 72,4% der befragten Afghanen und Afghaninnen der Meinung, dass Frauen außerhalb ihres Hauses arbeiten sollen (AF 11.2017). Die Erwerbstätigkeit von Frauen hat sich seit dem Jahr 2001 stetig erhöht und betrug im Jahr 2016 19%. Frauen sind dennoch einer Vielzahl von Hindernissen ausgesetzt; dazu zählen Belästigung, Diskriminierung und Gewalt, aber auch praktische Hürden, wie z.B. fehlende Arbeitserfahrung, Fachkenntnisse und (Aus)Bildung (UNW o. D.).
Nichtsdestotrotz arbeiten viele afghanische Frauen grundlegend an der Veränderung patriarchaler Einstellungen mit. Viele von ihnen partizipieren an der afghanischen Zivilgesellschaft oder arbeiten im Dienstleistungssektor (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. LobeLog 15.11.2017). Aber noch immer halten soziale und wirtschaftliche Hindernisse (Unsicherheit, hartnäckige soziale Normen, Analphabetismus, fehlende Arbeitsmöglichkeiten und mangelnder Zugang zu Märkten) viele afghanische Frauen davon ab, ihr volles Potential auszuschöpfen (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. MENA FN 19.12.2017).
Die Einstellung gegenüber der Berufstätigkeit von Frauen hat sich in Afghanistan in den letzten Jahren geändert; dies hängt auch mit den NGOs und den privaten Firmen zusammen, die in Afghanistan aktiv sind. Die städtische Bevölkerung hat kaum ein Problem mit der Berufstätigkeit ihrer Ehefrauen oder Töchter. Davor war der Widerstand gegen arbeitende Frauen groß und wurde damit begründet, dass ein Arbeitsplatz ein schlechtes Umfeld für Frauen darstelle, etc. In den meisten ländlichen Gemeinschaften sind konservative Einstellungen nach wie vor präsent (BFA Staatendokumentation 4.2018) und afghanische Frauen sehen sich immer noch Hindernissen ausgesetzt, wenn es um Arbeit außerhalb ihres Heimes geht (BFA Staatendokumentation; vgl. IWPR 18.4.2017). Im ländlichen Afghanistan gehen viele Frauen, aus Furcht vor sozialer Ächtung, keiner Arbeit außerhalb des Hauses nach (BFA Staatendokumenta