TE Bvwg Beschluss 2020/1/30 W268 2227897-1

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Veröffentlicht am 30.01.2020
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Entscheidungsdatum

30.01.2020

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W268 2227897-1/4E

BESCHLUSS

In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.01.2020, Zl. 1232216104-200039287, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Moldawien, beschließt das Bundesverwaltungsgericht durch die Richterin MMag. Iris GACHOWETZ als Einzelrichterin:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der nunmehrige Beschwerdeführer (in weiterer Folge "BF" genannt), ein moldawischer Staatsangehöriger, reiste zu einem nicht bekannten Zeitpunkt unter Umgehung der Grenzbestimmungen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 29.05.2019 nach einer Anhaltung zur Identitätsfeststellung in einem Lokal einen Antrag auf internationalen Schutz.

Anlässlich seiner Erstbefragung gab der BF an, dass er aus Moldawien stamme und in die Ukraine eingeladen worden sei, um im dortigen Konflikt mitzukämpfen. Er könne jedoch nicht angeben, von wem er eingeladen worden sei. Er hätte bei den Freiheitskämpfern mitkämpfen sollen. Vereinbart worden seien monatlich 1500 Euro, wenn er dort mitkämpfe. Er habe dann auch ca. eine Woche mitgekämpft. Er habe geschossen, aber er glaube nicht, dass er dort jemanden getötet habe. Er habe nur in Richtung Horizont geschossen. Als er dann das Grauen dieses Konflikts begriffen habe, sei er mit weiteren Kameraden geflohen. In Folge seien dann Leute zu ihm nach Hause gekommen und hätten ihn und seine Eltern bedroht. Er habe dann seine Freundin und ihr gemeinsames Kind aus Sicherheitsgründen nach Russland geschickt. Er selbst sei nicht nach Russland gegangen, da Russland in dem Konflikt mitbeteiligt ist und er dann dort getötet worden wäre. Seine Freundin und sein Kind seien sicher dort, da diese nicht seinen Familiennamen tragen würden, da sie nicht standesamtlich verheiratet seien. Er könne nicht angeben, was er bei einer Rückkehr in seine Heimat befürchte. Die Frage, ob er vermute, dass ihm bei einer Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen würde, verneinte er.

In Folge tauchte der BF unter und war mangels aufrechter Wohnsitzmeldung unbekannten Aufenthalts.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge: BFA) wies mit Bescheid vom 12.06.2019 den Antrag des BF auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Moldawien ab (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gegen den BF wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Moldawien zulässig sei (Spruchpunkte IV. und V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist zur freiwilligen Rückkehr mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.). Dem BF wurde weiters aufgetragen, in einem bestimmten Quartier Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VII.). Weiters wurde gegen den BF ein zweijähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.).

Der Bescheid wurde dem BF durch Hinterlegung im Akt zugestellt und erwuchs am 17.07.2019 in Rechtskraft.

2. Am 27.09.2019 wurde der BF von Sicherheitsbeamten aufgrund eines Diebstahldelikts festgenommen und ist seit diesem Zeitpunkt in der Justizanstalt XXXX in Untersuchungshaft.

Er stellte am 07.01.2020 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen der Erstbefragung am 13.01.2020 gab er zu seinen Asylgründen an, dass er keine neuen Asylgründe habe. Er wolle lediglich das Geld, welches ihm bei seinem ersten Asylantrag abgenommen worden sei, wieder zurückhaben. Bei einer Rückkehr in seine Heimat befürchte er nichts, er wolle lediglich sein Geld zurückhaben.

Er wurde am 23.01.2020 niederschriftlich vor dem BFA einvernommen und gab dabei an, dass er schon in seinem ersten Verfahren gesagt habe, dass er beim Krieg in der Ukraine dabei gewesen sei und deshalb gesucht werde. An den Gründen für seine Antragstellung habe sich nichts geändert. Er habe nur erfahren, dass die Leute nach wie vor nach ihm suchen würden und zu ihm nach Hause gehen. In Moldawien habe er niemals Probleme mit den Behörden gehabt. Sein Strafregister sei sauber. Befragt nach seiner Stellungnahme zu den Länderfeststellungen zu Moldawien gab der BF an, dass er 800 Euro gehabt habe, als er nach Österreich gekommen sei. Im Lager sei ihm das Geld abgenommen worden. Er sei dann zur Behörde gegangen, um sein Geld zurück zu bekommen, er habe jedoch nur 120 Euro erhalten. Aus diesem Grund habe er das Lager verlassen, um zu arbeiten, um Geld für seine Familie zu beschaffen. Nach Vorhalt der Absicht, den Antrag des BF zurückzuweisen, gab der BF an, dass er in seinem Land weder mit der Polizei noch mit sonst jemandem ein Problem gehabt habe. Er würde auch am liebsten in seinem Land und Haus sein, jedoch habe er Angst.

Mit mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.01.2020 wurde der faktische Abschiebeschutz des BF gemäß §12a Abs. 2 aberkannt.

Das Verfahren wurde am 24.01.2020 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

Die diesbezüglichen Verwaltungsakten langten am 28.01.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

Wie im Verfahrensgang bereits ausgeführt, wurde das Erstverfahren auf Gewährung von internationalem Schutz mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des BFA vom 12.06.2019 negativ abgeschlossen.

Im nunmehrigen, am 07.01.2020 angestrengten zweiten Verfahren auf Gewährung von internationalem Schutz hat sich der BF in seiner Erstbefragung durch Orange des öffentlichen Sicherheitsdienstes bzw. seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde ausschließlich auf Gründe bzw. einen Sachverhalt bezogen, die bzw. den er bereits in seinen abgeschlossenen Vorverfahren ins Treffen geführt hat. Eine entscheidungswesentliche Änderung der Situation in Moldawien ist zwischenzeitlich ebenfalls nicht eingetreten.

In Bezug auf den BF besteht weiters in Österreich kein schützenswertes Privat- und/oder Familienleben.

Wie bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren bestehen beim BF auch gegenständlich keine Hinweise auf etwaige (schwerwiegende) physische bzw. psychische Erkrankungen, die einer Rückkehr nach Moldawien grundsätzlich entgegenstehen würden.

Es bestehen ferner keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Abschiebung des BF nach Moldawien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt.

Es existieren auch sonst keinerlei Umstände, welche einer Ausweisung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.

Der BF verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung, sodass der am 07.01.2020 gestellte Folgeantrag im Asylverfahren voraussichtlich zurückzuweisen sein wird.

II.2. Beweiswürdigung

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA betreffend den Betroffenen sowie durch Einsicht in den hg. Gerichtsakt, XXXX .

Die Feststellungen ergeben sich aus der unstrittigen Aktenlage und aus den unbekämpft bzw. unwidersprochen gebliebenen Länderfeststellungen des mündlich verkündeten Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Dass es sich bei den im gegenständlichen Verfahren geltend gemachten Behauptungen und vorgebrachten Rückkehrbefürchtungen des Betroffenen nicht um einen Sachverhalt handelt, der erst nach Beendigung des Verfahrens über den ersten Antrag auf internationalen Schutz verwirklicht wurde, ergibt sich aus den eigenen Angaben des Betroffenen im Verfahren und aus einem Vergleich des Fluchtvorbringens im Erstverfahren.

Zusammengefasst ergibt sich beim Betroffenen im zweiten Asylverfahren das Bild, dass dieser schlicht nicht gewillt ist, nach Moldawien zurückzukehren.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 23 Asylgesetz 2005, ist ein Folgeantrag jeder einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag.

Der BF hat am 29.05.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der mit Bescheid des BFA endgültig erledigt wurde. Daher liegt hinsichtlich des am 07.01.2020 gestellten Antrages auf internationalen Schutz des BF ein Folgeantrag vor.

Gemäß § 12 Abs. 1 AsylG kommt einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, faktischer Abschiebeschutz zu; das bedeutet, er kann, außer in den Fällen des § 12a AsylG, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder nach einer Einstellung bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 24 Abs. 2 AsylG nicht mehr zulässig ist, weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden.

Daher kam dem BF ab 07.01.2020 faktischer Abschiebeschutz zu, obwohl es sich um einen Folgeantrag handelt.

Allerdings kann das Bundesamt gemäß § 12a Abs. 2 AsylG den faktischen Abschiebeschutz des Fremden, der einen Folgeantrag gestellt hat, aufheben, wenn (1.) gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005 (in Folge: FPG), eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht, (2.) der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und (3.) die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gegen den BF liegt unzweifelhaft eine Rückkehrentscheidung vor, diese wurde durch den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.06.2019 ausgesprochen. Da dieser Bescheid zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt im Rechtsbestand ist, liegt nach dem oben Ausgeführten gegen den BF eine Rückkehrentscheidung vor und ist somit die Tatbestandsvoraussetzungen des § 12a Abs. 2 Z 1 AsylG erfüllt.

Zur Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG ("wenn der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist") verweist der Verwaltungsgerichtshof (VwGH 12.12.2018, Ra 2018/19/0010) auf die Gesetzesmaterialien (RV 220 BlgNR 24. GP 13) zur gegenständlichen Norm. Diese führen - so der Verwaltungsgerichtshof - aus, dass "eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Antrags" zu treffen ist. Daraus schließt der Verwaltungsgerichtshof, dass, zieht man das vom Gesetz angestrebte Ziel in Betracht, der Gesetzgeber den faktischen Abschiebeschutz nur für "klar missbräuchliche Anträge" beseitigen wollte, es kann damit nur gemeint sein, dass schon bei einer Grobprüfung die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags auf der Hand liegt, weil sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat. Nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2018 (in Folge: AVG), in Betracht kommen könnte, berechtigt daher zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern. Auf einen solchen missbräuchlichen Zweck deutet unter Bedachtnahme auf Art. 41 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU - so der Verwaltungsgerichtshof weiter - etwa auch die mehrfache Folgeantragstellung hin, wenn dieser keine substanziell neuen und eine andere Beurteilung rechtfertigenden Sachverhaltselemente zugrunde liegen. Möglich sind aber auch andere Umstände, die den Schluss zulassen, dass der Fremde mit seinem Folgeantrag eine (bevorstehende) Abschiebung verhindern oder verzögern möchte.

Zwar liegt im vorliegenden Fall keine mehrfache Antragstellung vor, allerdings wurde der Folgeantrag etwa sieben Monate nach Erlassung des abweisenden Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie aus dem Stande der Strafhaft gestellt.

Darüber hinaus hat sich der BF im Wesentlichen nur auf die bereits im Erstverfahren vorgebrachten Fluchtgründe, nämlich seine Verfolgung durch unbekannte Personen aufgrund seiner einwöchigen Teilnahme am Krieg in der Ukraine, die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als nicht glaubhaft gewertet wurden, berufen. Diese Fluchtgründe waren bereits Gegenstand des Erstverfahrens. Der BF gab zudem sowohl in der Erstbefragung (AS 19) als auch in seiner Einvernahme vor dem BFA an, dass sich an seinen Gründen nichts geändert habe (AS 65).

Als "neu" wurde von der BF im Wesentlichen lediglich vorgebracht, dass die Leute nach wie vor nach ihm suchen würden und zu ihm nach Hause gehen würden.

Hierzu ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der BF auch im Erstverfahren angegeben hat, dass diese unbekannten Leute nach ihm suchen würden und zu ihm nach Hause gekommen seien, weshalb er letztendlich auch geflüchtet sei. Somit ist letztendlich auch diesbezüglich von keinem neuen Sachverhalt auszugehen.

Ergänzend lässt sich weiters anführen, dass der BF auch im zweiten Verfahren selbst angegeben hat, dass er in seinem Herkunftsland nie Probleme mit den Behörden gehabt habe (AS 65) und er bei einer Rückkehr in seine Heimat gar nichts zu befürchten habe (AS 19).

Die Folge-Antragstellung dürfte in Wirklichkeit den Zweck verfolgen, die Durchsetzung der vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Behörde bei unveränderter Rechtslage (und wohl ebenso das überprüfende Verwaltungsgericht) nur zu einer neuen Sachentscheidung verpflichtet, wenn ein im Vergleich zu den im Vorbescheid angenommenen Tatsachen nachträglich geänderter Sachverhalt vorliegt und eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages - nach der dem Vorbescheid zugrunde liegenden Rechtsanschauung - bei Bedachtnahme auf den geänderten Sachverhalt nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint (VwGH 16.07.2003, 2000/01/0237).

Eine Prognoseentscheidung ergibt daher, dass der zweite Antrag des Betroffenen auf internationalen Schutz vom 07.01.2020 voraussichtlich zurückzuweisen sein wird, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist: Diese wurde weder substantiiert behauptet noch ergibt sich eine solche aus der Aktenlage. Die behauptete Angst des Betroffenen vor unbekannten Personen war bereits Gegenstand des ersten, rechtskräftig abgeschlossenen, Asylverfahrens. Bei den im gegenständlichen Verfahren geltend gemachten Rückkehrbefürchtungen des Betroffenen handelt es sich insgesamt nicht um einen Sachverhalt, der erst nach Beendigung des Verfahrens über den ersten Antrag auf internationalen Schutz verwirklicht wurde. Aus den Länderberichten ergibt sich zudem, dass auch im Hinblick auf die allgemeine Situation im Herkunftsstaat des Betroffenen keine maßgebliche Änderung der Lage im Vergleich zum vorangegangenen Bescheid eingetreten ist. Eine Sachentscheidung über den Folgeantrag selbst ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

Mit Spruch des Bescheides des BFA im Erstverfahren, wurde unter anderem die Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Moldawien festgestellt. Gegen diesen Bescheid wurde keine Beschwerde erhoben. Es ist nicht zu sehen, dass es im Lichte der Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention entweder im Hinblick auf die allgemeine Lage in Moldawien oder im Hinblick auf die Person des BF zu einer Sachverhaltsänderung gekommen ist; daher bedeutet auch zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF weder eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention, noch für den BF als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes. Dass sich die Lage in seinem Herkunftsstaat, Moldawien, verschlechtert habe, hat der BF auch nicht vorgebracht. Es sind auch keine erheblichen in der Person des BF liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie beispielsweise eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Auch seitens des BF bzw. dessen Rechtsvertreter wurde kein entsprechendes konkretes und substantiiertes Vorbringen hierzu getätigt.

Der VwGH hat zu Ra 2016/01/0096, vom 13.9.2016, ausgeführt, dass nach der ständigen Judikatur des EGMR, wonach es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde - es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. etwa das Urteil des EGMR vom 5. September 2013, I. gg. Schweden, Nr. 61204/09). Demzufolge müsste die Gefährdung des BF im Sinne des Art. 3 EMRK, sofern diese nicht von vornherein klar ersichtlich ist, von diesem belegt werden.

Es ist auch nicht zu sehen, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF nunmehr im Gegensatz zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 12.06.2019 eine Verletzung seines Rechts auf Privat- und Familienleben darstellt. Seine Frau und seine Tochter befinden sich gemäß seinen Angaben in Russland.

Somit kann dem Bundesamt hinsichtlich der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht entgegengetreten werden.

Da somit alle Voraussetzungen des § 12a Abs 2 AsylG 2005 erfüllt sind, ist spruchgemäß festzustellen, dass die mit mündlich verkündetem Bescheid ausgesprochene Aufhebung des faktischen Abschiebeschuzes rechtmäßig war.

Geäß § 22 Abs 1 BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2018, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat unter A) die relevante Rechtsprechung zitiert und der Entscheidung zu Grunde gelegt. Es ist nicht zu sehen, dass nunmehr eine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, zu beantworten wäre, hinsichtlich derer keine Rechtsprechung vorgefunden, zitiert und angewandt wurde.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -
Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag, Prognoseentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W268.2227897.1.00

Zuletzt aktualisiert am

08.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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