Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VStG §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde des GA in I, vertreten durch Dr. Hermann Holzmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, Bürgerstraße 17/P, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 24. April 1997, Zl. 1997/1/9-4, betreffend Übertretung des Wasserrechtsgesetzes (weitere Partei: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt:
"Sie haben am 15.6.1996 im Gemeindegebiet von I ohne wasserrechtliche Bewilligung Einwirkungen auf den I-Fluß, sohin ein öffentliches Gewässer, vorgenommen, indem Sie in der Zeit zwischen ca. 14 Uhr und ca. 18 Uhr an mehreren Stellen, jedenfalls aber zwischen der F-Brücke und der Eisenbahnbrücke, im Gemeindegebiet von I insgesamt ca. 300 kg roten Farbstoff, und zwar sogenanntes Azorubin (E 122) in das Wasser des I-Flusses einbringen ließen, sodaß der überwiegende Teil des Wassers des I-Flusses für mehrere Strecken auf eine Strecke von 15 km intensiv rot gefärbt wurde und dadurch eine erhebliche Verunreinigung des I-Flusses bewirkt."
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach "§ 137 Abs. 5 lit. e" in Verbindung mit § 32 Abs. 1 und Abs. 2 sowie in Verbindung mit § 137 Abs. 3 lit. g des Wasserrechtsgesetzes 1959, i.d.F.
BGBl. Nr. 185/1993, begangen. Über ihn wurde eine Geldstrafe von S 100.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) gemäß § 137 Abs. 5 Einleitungssatz WRG 1959 verhängt.
In der Begründung führte die belangte Behörde hiezu aus, der Beschwerdeführer habe die Idee zur Rotfärbung des I-Flusses aus Anlaß einer Großveranstaltung in I propagiert. Mit der Programmerstellung sei etwa zwei bis drei Monate in enger Zusammenarbeit mit der T.-Werbung, dem Tourismusverband I., der I.-Werbung, Herrn Stadtrat F. und der F.-St.-P.
(Konzertveranstalter) begonnen worden. Das vom Beschwerdeführer kreierte Programm sei in der Folge in Druck gegeben worden; unter "Macher in Rot" sei als Veranstalter der Name des Beschwerdeführers unter "W.I.", der Name A.S. unter "F.-St.-P."
und der Name "R.P." unter "E.P.C." ausgewiesen. Unter der Rubrik "Kreation" scheine der Name des Beschwerdeführers auf, unter Rubrik "Einfärbetechnik" der Name G.M. Die Wasserrechtsabteilung des Amtes der Tiroler Landesregierung habe aufgrund der Ankündigung der Veranstaltung, insbesondere der beabsichtigten Rotfärbung des I-Flusses, mit dem Beschwerdeführer schriftlich Kontakt aufgenommen und den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 21. Mai 1996 darauf hingewiesen, daß für die beabsichtigte Rotfärbung des I-Flusses jedenfalls eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich sei und die geplante Maßnahme das Maß der Geringfügigkeit überschreite. Der Beschwerdeführer habe mit Schreiben vom 7. Juni 1996 geantwortet, daß "die leichte I-Färbung" das Maß der Geringfügigkeit mit Sicherheit nicht überschreiten werde, weshalb er glaube, daß ein Antrag auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung nicht erforderlich sei; im übrigen habe er auf die Ungefährlichkeit dieser Einfärbung verwiesen. Der Beschwerdeführer habe als zutreffend eingeräumt, daß er nach Durchführung der Aktion über die Medien zum Ausdruck gebracht habe, daß die I-Färbung seine "Aktion" gewesen sei und daß es auch zutreffe, daß er in diesem Zusammenhang angedeutet habe, möglicherweise in Zukunft die D einmal "blau" zu färben. Sein zentrales Interesse sei es auch gewesen sicherzustellen, daß die Aktion in der von ihm vorgegebenen Weise klappe; er habe deshalb ständig Kontakt mit den übrigen Helfern bzw. Verantwortlichen gehabt, um ganz sicher zu gehen, daß die Aktion so abgewickelt werde, wie er sie im Konzept erstellt habe; gemeint seien damit sämtliche Helfer und Mitwirkende an dieser Aktion gewesen. Die Einbringung von ca. 300 kg des roten Farbstoffes Azorubin (E 122) stelle sich als Einbringung eines festen Stoffes in ein Gewässer dar und sei daher jedenfalls bewilligungspflichtig im Sinne des § 32 Abs. 2 lit. a WRG 1959; von einer bloß geringfügigen Einwirkung könne schon deshalb nicht die Rede sein, weil die Rotfärbung auf eine Strecke von ca. 15 km für mehrere Stunden zu beobachten gewesen sei und weder dem Gemeingebrauch noch dem Begriff der ordnungsgemäßen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung zu unterstellen sei. Der Beschwerdeführer, der als Mitveranstalter das Konzept zur I-Färbung erstellt und durch entsprechende Kontakte mit den Ausführenden auch sichergestellt habe, daß dieser Programmpunkt im Sinne seiner Konzepterstellung abgewickelt werde, wäre daher verpflichtet gewesen, um die wasserrechtliche Bewilligung einzukommen. Strafbarer Täter im Sinne des § 32 WRG 1959 sei auch, der die Einwirkung auf ein Gewässer durch andere Personen vornehmen läßt. Durch die mehrere Stunden lang zu beobachtende Rotfärbung des I-Flusses über eine Strecke von zumindest 15 km sei darüber hinaus die natürliche Beschaffenheit dieses Gewässers in physikalischer Hinsicht (natürliche Farbe des I-Flusses) beeinträchtigt worden, sodaß wegen des Ausmaßes dieser Beeinträchtigung eine erhebliche Verunreinigung des I-Flusses bewirkt worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der zur Last gelegten Übertretung schuldig erkannt und deshalb bestraft zu werden, verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde sei unter völliger Mißachtung des § 25 Abs. 2 VStG zustande gekommen und widerspreche den allgemeinen Denkgesetzen. Ein objektives Beweismittel dafür, daß der Beschwerdeführer den Auftrag zur Rotfärbung des I-Flusses gegeben habe bzw. dieser selbst oder durch Gehilfen die Rotfärbung durchgeführt habe, fehle. Der Beschwerdeführer habe klar und deutlich angegeben, daß er zwar die Idee für die Rotfärbung des I-Flusses gehabt habe, er jedoch nicht einmal gewußt habe, an welchem Ort die rote Farbe eingegeben werde. Der Beschwerdeführer habe mit der gesamten finanziellen Abwicklung des "Events" nichts zu tun gehabt. Es sei denkunmöglich, daß, wenn der Beschwerdeführer tatsächlich verantwortlich für die Rotfärbung des I-Flusses war, er mit der finanziellen Abwicklung nichts zu tun gehabt hätte. Wäre er tatsächlich aktiv an der Rotfärbung beteiligt gewesen, hätte er wohl angegeben, daß er die Farbe gekauft habe, was jedoch nicht der Fall gewesen sei. Es fehle somit jeglicher Beweis dafür, daß der Beschwerdeführer tatsächlich an der Rotfärbung des I-Flusses beteiligt gewesen sei. Daß der Beschwerdeführer aktiv an der Rotfärbung des I-Flusses nicht beteiligt gewesen sei, ergebe sich schon daraus, daß er die Lebensmittelfarbe E 124 verwendet hätte; darauf habe er im Verfahren immer wieder hingewiesen. Der verwendete Farbstoff Azorubin E 122 sei ungefährlich. Aus dem Schreiben der Landesbaudirektion Wasserwirtschaft vom 12. August 1996 ergebe sich, daß keine brauchbaren Hinweise hinsichtlich einer allfälligen Schädigung der Gewässerlebewelt nachgewiesen werden könnten. Durch das Hineinwerfen von aufgeschlitzten Säcken in den I und dem damit verbundenen relativ langsamen Lösen des Farbstoffes wäre die Konzentration des Farbstoffes auch in der Nähe der Säcke relativ gering gewesen. Die maximal gemessene Farbstoffkonzentration sei bei ca. 4 mg/l gelegen. Hinsichtlich der gewässerökologischen Wirkungen gebe es kaum Daten. Eine schädigende Wirkung habe nicht nachgewiesen werden können. Bei der gemessenen Farbstoffkonzentration handle es sich um eine solche von geringem Ausmaß. Aufgrund des limnologischen Gutachtens sei erwiesen, daß durch die Einbringung des Farbstoffes Azorubin E 122 die natürliche Beschaffenheit des I-Flusses weder in physikalischer, chemischer und biologischer Hinsicht beeinträchtigt worden sei und daß dadurch auch keine Verunreinigung der Beschaffenheit des I-Flusses und eine Minderung des Selbstreinigungsvermögens vorgelegen habe. Allenfalls handle es sich um eine geringfügige Einwirkung im Sinne des § 8 WRG 1959.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 137 Abs. 3 lit. g WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern die Tat nicht nach Abs. 4 oder 5 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu bestrafen, wer ohne die gemäß § 32 Abs. 1 und 2 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen eine Einwirkung auf Gewässer vornimmt. Gemäß Abs. 5 lit. e dieses Paragraphen begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 500.000,-- zu bestrafen, wer im Fall des Abs. 3 lit. g (§ 32) eine erhebliche Verunreinigung der Gewässer bewirkt.
Gemäß § 32 Abs. 1 leg. cit. sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 2) beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Benutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.
Gemäß Abs. 2 lit. a dieses Paragraphen bedürfen der Bewilligung im Sinne des Abs. 1 jedenfalls die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand in Gewässer (Einbringungen) mit den dafür erforderlichen Anlagen.
Gemäß § 30 Abs. 2 leg. cit. wird unter Reinhaltung der Gewässer in diesem Bundesgesetz die Erhaltung der natürlichen Beschaffenheit des Wassers in physikalischer, chemischer und biologischer Hinsicht (Wassergüte), unter Verunreinigung jede Beeinträchtigung dieser Beschaffenheit und jede Minderung des Selbstreinigungsvermögens verstanden.
Bei § 137 Abs. 3 lit. g WRG 1959 sowie dem hiezu qualifizierten Delikt des § 137 Abs. 5 lit. e WRG 1959 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, bei welchem zufolge des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG das Verschulden des Täters vermutet wird, sofern er nicht beweist, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist. Hiebei hat der Beschuldigte initiativ durch Beibringung von Beweismitteln bzw. Stellung von entsprechenden Beweisanträgen alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1988, Zl. 88/07/0115, sowie das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1996, Zl. 96/07/0097, mwN). Als Täter im Sinne der vorzitierten Gesetzesstellen kommt jede Person in Betracht, welche eine Einwirkung auf ein Gewässer ohne die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen vornimmt oder durch andere Personen vornehmen läßt (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 23. Mai 1995, Zlen. 94/07/0091 und 94/07/0092).
Tatbestandsvoraussetzung der §§ 137 Abs. 3 lit. g und Abs. 5 lit. e WRG 1959 ist die Vornahme von Einwirkungen auf Gewässer ohne erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nach § 32 Abs. 1 und 2 WRG 1959. Bewilligungspflicht nach § 32 WRG 1959 ist immer dann gegeben, wenn nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer zu rechnen ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1991, Zl. 91/07/0151). Da schon jede Beeinträchtigung der natürlichen Beschaffenheit des Wassers in physikalischer, chemischer und biologischer Hinsicht eine Gewässerverunreinigung im Sinne des § 30 Abs. 2 WRG 1959 darstellt, ohne daß noch auf weitere Kriterien, etwa ob eine Gefährdung der Gesundheit von Mensch und Tier eintritt, Bedacht zu nehmen ist (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 3. Dezember 1985, Zl. 84/07/0364, und vom 19. Juni 1990, Zl. 88/07/0093), vermag der Verwaltungsgerichtshof eine Rechtswidrigkeit in der Annahme der Strafbehörden, die Einbringung von 300 kg Farbstoff in ein fließendes Gewässer ohne wasserrechtliche Bewilligung nach § 32 WRG 1959 stelle eine nach § 137 Abs. 3 lit. g WRG 1959 zu ahndende Vornahme einer Einwirkung auf Gewässer dar, nicht entgegenzutreten. Eine solche Einwirkung auf Gewässer kann auch nicht als geringfügig bezeichnet werden, weil von geringfügigen und damit bewilligungsfreien Einwirkungen nur dann gesprochen werden kann, wenn diese einer zweckentsprechenden Nutzung des Gewässers nicht im Wege stehen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1991, Zl. 91/07/0151). Unter einer zweckmäßigen Nutzung des Gewässers in diesem Sinne ist eine solche zu verstehen, welche dem Ziel und Begriff der Reinhaltung des § 30 WRG 1959 entspricht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 1961, Slg. NF Nr. 5.575/A). Die hier zu beurteilende Einbringung von Farbe in den I stellt sich somit als ein konkret wirksamer und beabsichtigter Angriff auf die bisherige Beschaffenheit von Wasser dar, der plangemäß durch Einbringung von Stoffen mit damit verbundener Beeinträchtigung der Wassergüte (§ 30 Abs. 2 WRG 1959) erfolgt ist. Die Menge der in den I eingebrachten Farbe und die damit verbundene Verunreinigung des Gewässers erreichten ein Ausmaß, die unter das Tatbestandsmerkmal der Erheblichkeit des § 137 Abs. 5 lit. e WRG 1959 subsumiert werden können.
Wie bereits oben klargelegt, ist Täter im Sinne der hier anzuwendenden Gesetzesstellen jeder, der entweder eine Einwirkung auf ein Gewässer ohne die hiezu erforderliche Bewilligung selbst vornimmt oder durch andere Personen vornehmen läßt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1985, Zl. 84/07/0378). Aufgrund der von der belangten Behörde in einem mängelfreien Verfahren getroffenen Feststellungen hat die belangte Behörde die inkriminierte Tat in rechtlich einwandfreier Weise dem Beschwerdeführer zugerechnet. Der Beschwerdeführer hat nicht nur die Idee zur Rotfärbung des I entwickelt, sondern vielmehr auch - wie seiner Aussage vor der belangten Behörde entnommen werden kann - an der Programmerstellung und Durchführung der geplanten Einwirkung als Veranstalter mitgewirkt. Die auf die Aussage des Beschwerdeführers und der im Akt erliegenden Urkunde gestützten Feststellungen der belangten Behörde reichen für die Annahme der Täterschaft aufgrund der bestehenden Rechtslage aus.
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit frei von Rechtsirrtum. Die Beschwerde war daher als unbegründet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997070131.X00Im RIS seit
12.11.2001Zuletzt aktualisiert am
02.03.2010