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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1972 §37 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des Dr. H in G, vertreten durch Dr. Dieter Zaponig, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Friedrichgasse 6/III, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom 23. Mai 1996, Zl. B-R3-8/96, betreffend Einkommensteuer 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten und der Beschwerde erzielte der Beschwerdeführer im Jahr 1988 neben Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit auch Einkünfte aus seiner Vortragstätigkeit am Wirtschaftsförderungsinstitut einer Kammer der gewerblichen Wirtschaft (in der Folge: WIFI).
Strittig ist, ob Teile der Einkünfte aus der Vortragstätigkeit Einkünfte aus der Verwertung von selbstgeschaffenen literarischen Urheberrechten gemäß § 38 Abs. 4 EStG 1972 darstellen.
In dem die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom 1. Dezember 1992 abweisenden angefochtenen Bescheid führt die belangte Behörde aus, die Anwendung der Begünstigung des § 38 Abs. 4 EStG 1972 habe zur Voraussetzung, daß nach dem zwischen dem Urheber und seinem Vertragspartner bestehenden Rechtsverhältnis das Entgelt als solches für die Verwertung urheberrechtlich geschützter Leistungen anfalle, was dann nicht zutreffe, wenn der Urheber ein Entgelt erhalte, das in erster Linie gar nicht dazu bestimmt sei, eine urheberrechtlich geschützte Leistung zu entlohnen. An dieser Rechtsprechung habe der Verwaltungsgerichtshof auch in seinem die "Vorjahre des Berufungswerbers" betreffenden Erkenntnis vom 27. September 1995, Zl. 92/15/0214, festgehalten. Auch die Bestätigung des WIFI vom 2. Februar 1996 könne nicht zur Anwendung des § 38 Abs. 4 leg. cit. führen. Der von der Behörde (ohne Bindung an übereinstimmende Erklärungen der Vertragspartner) zu beurteilende wirtschaftliche Gehalt der Leistungen der für das WIFI tätigen Vortragenden ergebe sich daraus, daß das WIFI den Teilnehmern Wissen vermitteln und nicht urheberrechtlich geschützte Werke bieten wolle. Deshalb sei auch die einschlägige Aufgabe des WIFI in § 61 Abs. 2 lit. f Handelskammergesetz mit beruflicher Aus- und Weiterbildung umschrieben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 38 Abs. 4 EStG 1972 lautete:
"§ 37 Abs. 1 ist auch auf Einkünfte aus der Verwertung von selbstgeschaffenen literarischen oder künstlerischen Urheberrechten anzuwenden, sofern diese Einkünfte als Nebeneinkünfte erzielt werden. Solche Nebeneinkünfte liegen vor, wenn die Einkünfte im Sinne des ersten Satzes neben anderen Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 4 erzielt werden, welche die Nebeneinkünfte übersteigen."
Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde vor, sie habe zur Frage der Begünstigung gemäß § 38 Abs. 4 EStG 1972 überhaupt keine Feststellungen getroffen. Der Beschwerdeführer habe im Verwaltungsverfahren auf eine Aufstellung mit Rechnungsdatum, Kursnummer und Pauschalhonorar verwiesen und vorgebracht, aus welchem Teilnehmerkreis sich die Kursteilnehmer rekrutierten. Weiters habe der Beschwerdeführer nachstehende Unterlagen vorgelegt:
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Die Vereinbarung über die Verwertung und Honorierung von Urheberrechten vom 1. September 1993 (richtig: 1983), welche ganz entschieden von den mit den vom WIFI üblicherweise abgeschlossenen Vereinbarungen abweicht.
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Weiters wurde zusätzlich eine Bestätigung des Wirtschaftsförderungsinstitutes vom 2.2.1996 vorgelegt, aus der hervorgeht, daß es sich bei den genannten Seminaren nicht um Wissensvermittlung, sondern um die besondere Darbietung von eigenen geistigen Schöpfungen im Sinne des Urheberrechtes gegangen ist. Auch aus dieser Bestätigung geht hervor, daß es für unterrichtende Vortragstätigkeiten andere Richtlinien gibt."
Die belangte Behörde habe sich mit diesen zusätzlichen vorgelegten Beweismitteln überhaupt nicht auseinandergesetzt. Der Hinweis auf die einschlägigen Aufgaben des WIFI im § 61 Abs. 2 lit. f Handelskammergesetz reiche für sich allein nicht aus, eine Vereinbarung des WIFI über die Verwertung urheberrechtlich geschützter Leistungen auszuschließen.
Da somit wesentliche Verfahrensvorschriften der BAO außer acht gelassen worden seien, bei deren Einhaltung die Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können, sei der Bescheid mit Verfahrensmängeln behaftet.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Um einen Verfahrensmangel erfolgreich zu rügen, muß der Beschwerdeführer die Relevanz dieses Verfahrensmangels darlegen; er muß behaupten, welche Feststellungen die belangte Behörde in einem mängelfreien Verfahren hätte treffen können, die zu einem für ihn günstigen Ergebnis der Sache geführt hätten. Diese Voraussetzung erfüllt der Beschwerdeführer nicht.
In dem genannten Vorerkenntnis vom 27. September 1995, Zl. 92/15/0214, beurteilte der Verwaltungsgerichtshof die zwischen dem Beschwerdeführer und dem WIFI abgeschlossene Rahmenvereinbarung als für den Nachweis der Verwertung von selbstgeschaffenen literarischen Urheberrechten nicht ausreichend. Nach dem weiteren Inhalt dieses Erkenntnisses wäre es dem Beschwerdeführer oblegen, weitere Nachweise für seine gegenteilige Behauptung zu erbringen. Eine "Seminarübersicht" wurde dabei als nicht ausreichend betrachtet. Letztlich wurde auf die gerichtsbekannte Tatsache verwiesen, daß das WIFI seinen Lehrgangsteilnehmern Wissen vermitteln und nicht urheberrechtlich geschützte Werke bieten wolle.
In dem nunmehr zu beurteilenden Verwaltungsverfahren legte der Beschwerdeführer die bereits bekannte Rahmenvereinbarung vom 1. September 1983 und eine Seminarübersicht vor. Weiters erliegt im Verwaltungsakt der Brief des Beschwerdeführers vom 20. Juli 1992, der auszugsweise wie folgt lautet:
"Das Ziel der Veranstaltungen war es, den Teilnehmern anhand von konkreten Fällen die Probleme der Praxis näherzubringen und mit ihnen zu diskutieren. Im Unterschied zu einer unterrichtenden Tätigkeit kam es bei diesen Veranstaltungen entscheidend auf einen Erfahrungsaustausch der Teilnehmer an, wobei das Erkennen der für die Praxis entscheidungswesentlichen Elemente im Vordergrund stand. Dabei ging es auch darum, aus Einzelfällen, verallgemeinerungsfähige und auf andere Fälle übertragbare Thesen zu erkennen und zu entwickeln. Die besondere Form der Gestaltung, die inhaltliche Gruppierung und die Auswahl des Stoffmaterials sind die eigentümliche geistig-schöpferische Leistung, welche diese Veranstaltung von ähnlichen unterscheidet. Es handelt sich nicht um Faktenvermittlung oder Kapitelzusammenstellungen und diese Veranstaltungen dienten weder der Berufsausbildung noch der Prüfungsvorbereitung."
Gemäß § 1 Abs. 1 des Urheberrechtsgesetzes BGBl. Nr. 111/1936 sind Werke im Sinne dieses Gesetzes eigentümliche geistige Schöpfungen auf den Gebieten der Literatur, der Tonkunst, der bildenden Künste und der Filmkunst. Gemäß § 2 Z. 1 leg. cit. gelten als Werke der Literatur u.a. Sprachwerke aller Art. Im vorliegenden Fall ist nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren in keiner Weise ersichtlich, welche "eigentümlichen geistigen Schöpfungen" durch die Vortragstätigkeit verwertet worden wären. Der Hinweis auf "die besondere Form der Gestaltung, die inhaltliche Gruppierung und die Auswahl des Stoffmaterials" ist nicht geeignet, ein Werk im Sinne des Urheberrechtsgesetzes und insbesondere die Zweckbestimmung des Entgelts für die Verwertung eines allfälligen Werkes in diesem Sinn zu konkretisieren. Daran vermag die Bestätigung des WIFI vom 2. Februar 1996 über eine Abgeltung von Urheberrechten bei Berücksichtigung des wahren wirtschaftlichen Gehalts der zu beurteilenden Vereinbarung nichts zu ändern. Daß weder die oben genannte Rahmenvereinbarung noch eine Seminarübersicht dem Erfordernis der Konkretisierung einer geistigen Schöpfung auf dem Gebiet der Literatur entsprechen, wurde vom Verwaltungsgerichtshof bereits im genannten Vorerkenntnis Zl. 92/15/0214, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, dargelegt.
Die belangte Behörde hätte somit auch bei ausdrücklicher Feststellung der vom Beschwerdeführer behaupteten Umstände nicht zu dem von ihm gewünschten Ergebnis gelangen können, daß seine Vortragstätigkeit eine Verwertung einer eigentümlichen geistigen Schöpfung auf dem Gebiet der Literatur darstelle. Es ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen, daß die belangte Behörde dem Beschwerdeführer für dessen Vortragstätigkeit den ermäßigten Steuersatz nicht gewährt hat.
Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996150139.X00Im RIS seit
20.11.2000