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GerichtsgebührenNorm
GGG 1984 TP1 Anm1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Narr, Mag. Meinl, Dr. Kramer und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Samonig, über die Beschwerde des GS in I, vertreten durch Dr. Lisbeth Lass, Rechtsanwalt in Innsbruck, Museumstraße 21/III, gegen den Bescheid des Präsidenten des Handelsgerichtes Wien vom 15. Oktober 1985, Zl. Jv 1461-3/85, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Zahlungsauftrag vom 20. September 1985 schrieb der Kostenbeamte des Handelsgerichtes Wien dem Beschwerdeführer eine Pauschalgebühr nach TP 1 GGG in Höhe von S 76.300,-- zuzüglich einer Einhebungsgebühr von S 20,-- zur Zahlung vor.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab der Präsident des Handelsgerichtes Wien dem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag des Beschwerdeführers nicht Folge. In der Begründung dieses Bescheides wird im wesentlichen ausgeführt, am 23. Juli 1985 sei beim Handelsgericht Wien ein Schriftsatz der klagenden Partei GS (des nunmehrigen Beschwerdeführers) gegen die beklagten Parteien A u. a. wegen Unterlassung ("§§ 143/159 PatG"), Streitwert öS 30 Millionen eingelangt. Dieser Schriftsatz sei als Klage bezeichnet, enthalte ein Urteilsbegehren und zugleich einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Diesem Schriftsatz sei ein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und ein Vermögensbekenntnis zur Erlangung der Verfahrenshilfe beigelegen. Der Schriftsatz sei vom Beschwerdeführer persönlich unterschrieben. Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 25. Juli 1985, 19 Cg 23/85-2, sei 1) der Antrag des Beschwerdeführers, ihm die Verfahrenshilfe im vollen Umfang zu gewähren, abgewiesen und 2) die Klage und der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen worden. Dieser Beschluß sei in Rechtskraft erwachsen. Da sohin - entgegen den Behauptungen des Beschwerdeführers in seinem Berichtigungsantrag - von ihm tatsächlich eine Klage beim Handelsgericht Wien über einen Streitwert von S 30,000.000,-- eingebracht, diese Klage jedoch wegen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes zurückgewiesen worden sei, sei dem Kläger richtig die Pauschalgebühr nach TP 1 GGG (ergänze: in Verbindung mit Anmerkung 3 zu TP 1) in der Höhe eines Viertels der Pauschalgebühr vorgeschrieben worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach dem Inhalt seines Vorbringens erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht, die ihm vorgeschriebene Pauschalgebühr zuzüglich Einhebungsgebühr nicht entrichten zu müssen, verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß Anmerkung 1 zu TP 1 des einen Bestandteil des Gerichtsgebührengesetzes, BGBl. Nr. 501/1984 (GGG) bildenden Tarifs unterliegen der Pauschalgebühr nach TP 1 u.a. alle mittels Klage einzuleitenden gerichtlichen Verfahren in bürgerlichen Rechtssachen.
Gemäß § 2 Z. 1 lit. a GGG wird der Anspruch des Bundes auf die Gebühr, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, hinsichtlich der Pauschalgebühren für das zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz mit der Überreichung der Klage etc. begründet.
Wird die Klage oder eine in den Anmerkungen 1 oder 2 zu TP 1 angeführter Antrag vor Zustellung an den Verfahrensgegner zurückgezogen, so ermäßigen sich nach Anmerkung 3 die Pauschalgebühren auf ein Viertel. Das gleiche gilt auch, wenn die Klage oder der Antrag - ausgenommen den Fall einer Überweisung nach § 230 a ZPO - von vornherein zurückgewiesen wird.
Gemäß § 226 Abs. 1 ZPO hat die mittels vorbereitenden Schriftsatzes anzubringende Klage ein bestimmtes Begehren zu enthalten, die Tatsachen, auf welche sich der Anspruch des Klägers in Haupt- und Nebensachen gründet, im einzelnen kurz und vollständig anzugeben und ebenso die Beweismittel im einzelnen genau zu bezeichnen, deren sich der Kläger zum Nachweise seiner tatsächlichen Behauptung bei der Verhandlung zu bedienen beabsichtigt. Nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle sind im übrigen auf die Klageschrift die allgemeinen Vorschriften über vorbereitende Schriftsatze anzuwenden.
Gemäß § 75 ZPO hat jeder Schriftsatz zu enthalten:
1. die Bezeichnung des Gerichtes, dann der Parteien nach Namen (Vor- und Zuname), Beschäftigung, Wohnort und Parteistellung, die Angabe der für die Partei handelnden Vertreter und die Bezeichnung des Streitgegenstandes;
2. die Bezeichnung der Beilagen und ihrer Zahl, sowie die Angabe, ob die Beilagen in Urschrift oder Abschrift angeschlossen sind;
3. die Unterschrift der Partei selbst oder ihres gesetzlichen Vertreters oder Bevollmächtigten, im Anwaltsprozeß aber, wenn nicht die Vorschrift des § 28 Abs. 1 zur Anwendung kommt, die Unterschrift des Rechtsanwaltes.
Gemäß § 56 Abs. 2 JN hat der Kläger, die Fälle des Abs. 1 dieser Gesetzesstelle abgesehen, den Wert eines nicht in einem Geldbetrag bestehenden vermögensrechtlichen Streitgegenstandes in der Klage anzugeben. Dies gilt insbesondere auch in Ansehung von Feststellungsklagen.
Gemäß § 84 Abs. 1 ZPO hat das Gericht, soweit in diesem Gesetze nichts anderes angeordnet ist, die Beseitigung von Formgebrechen, welche die ordnungsmäßige geschäftliche Behandlung eines überreichten Schriftsatzes zu hindern geeignet sind, von Amts wegen anzuordnen. Als derartiges Formgebrechen ist es nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle insbesondere anzusehen, wenn die Vorschriften der §§ 75 und 77 nicht beachtet wurden, oder wenn es an der erforderlichen Anzahl von Schriftsatzexemplaren oder von Rubriken fehlt.
Der Beschwerdeführer behauptet, die belangte Behörde habe aktenwidrig angenommen, daß von ihm eine Klage eingebracht worden sei. In Wirklichkeit habe es sich nur um einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung einer beabsichtigten Klage gehandelt. Das ergebe sich schon aus der Tatsache, daß dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe der Klagsentwurf nur in einfacher Ausfertigung als Beilage beigelegt worden sei. Er habe lediglich als Sachverhaltsdarstellung für die einzubringende Klage dienen sollen. Auch sei dieser Entwurf nicht anwaltlich unterfertigt worden, was für die Einbringung einer Klage beim Gerichtshof zwingend vorgeschrieben sei. Tatsächlich habe der Beschwerdeführer beim Handelsgericht Wien keine Klage eingebracht und es sei daher die Vorschreibung der Pauschalgebühr zu Unrecht erfolgt. Bei der Sachverhaltsdarstellung handle es sich lediglich um eine Kopie. Nur das Deckblatt sei ein Original, das jedoch anwaltlich nicht unterfertigt sei.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen. Nach dem Inhalt der von der belangten Behörde vorgelegten Ablichtung des vom Beschwerdeführer eingebrachten Schriftsatzes - dafür, daß diese Ablichtung nicht mit dem Original übereinstimme, gibt es keinen Anhaltspunkt - weist dieser Schriftsatz sämtliche wesentliche Merkmale einer Klage nach den oben zitierten Bestimmungen der §§ 75 Z. 1 und 3, 226 Abs. 1 ZPO sowie des § 56 Abs. 2 JN auf. Es sind dort das Gericht, die Parteien, der Streitgegenstand sowie der Streitwert bezeichnet. Weiters weist der Schriftsatz eine (umfangreiche) Sachverhaltsdarstellung, ein ebenso umfangreiches Beweisanbot und ein sechs Punkte umfassendes Klagebegehren sowie die Unterschrift des Beschwerdeführers auf, und zwar letztere sowohl auf der ersten als auf jeder weiteren folgenden Seite. Daß dieser Schriftsatz nur einfach eingebracht wurde und keine anwaltliche Unterschrift aufwies, nahm ihm nicht die Qualifikation als Klage; diese Mängel hätten, wäre die Klage nicht zurückgewiesen worden, zur Einleitung eines Verbesserungsverfahrens nach § 84 ZPO führen müssen. Dafür, daß es sich bei dem erwähnten Schriftsatz lediglich um eine Sachverhaltsdarstellung für eine erst einzubringende Klage gehandelt hätte, existiert nicht der geringste Hinweis.
Der Kostenbeamte und die belangte Behörde sind daher nicht rechtswidrig vorgegangen, wenn sie die Voraussetzungen des § 2 Z. 1 lit. a GGG für die Entstehung der Gebührenpflicht als gegeben annahmen.
Unzutreffend ist auch die Behauptung des Beschwerdeführers, die Worte "Streitwert öS 30 Mio." stelle nicht die hinreichende Bezeichnung des Streitwertes dar. Bei der Buchstabenfolge "Mio."
handelt es sich entgegen der Annahme des Beschwerdeführers um eine allgemein gebräuchliche und verständliche Abkürzung für das Wort "Millionen".
Ohne Bedeutung ist schließlich der Umstand, daß das Prozeßgericht den Beschwerdeführer nicht zu einer Ergänzung des Vermögensbekenntnisses zur Erlangung der Verfahrenshilfe aufgefordert hat; die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist unangefochten in Rechtskraft erwachsen. Umsoweniger bestand für den Präsidenten des Handelsgerichtes Wien als belangte Behörde ein Anlaß, den Beschwerdeführer zur Ergänzung des Vermögensverzeichnisses anzuhalten, wie letzterer vermeint.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGB1. Nr. 243.
Wien, am 3. September 1987
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1987:1986160060.X00Im RIS seit
08.06.2020Zuletzt aktualisiert am
08.06.2020