TE Vwgh Beschluss 2020/4/9 Ra 2019/16/0073

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Veröffentlicht am 09.04.2020
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht

Norm

BAO §115
BAO §269 Abs1
BAO §85
VwRallg

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):Ra 2019/16/0074 B 09.04.2020

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und den Hofrat Dr. Mairinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der S GmbB in H (Deutschland), vertreten durch Dr. Michael Kotschnigg, Steuerberater in 1220 Wien, Stadlauer Straße 39/1/Top 12, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom 16. Oktober 2017, Zl. RV/1200021/2017, betreffend Zurückweisung der Beschwerde (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Zollamt Feldkirch Wolfurt), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin war die Vertreterin der E-GmbH. 2 Mit Bescheid vom 16. Jänner 2017 setzte das Zollamt gegenüber der E-GmbH Verzugszinsen nach Art. 114 UZK in näher bezeichneter Höhe fest.

3 Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 26. Jänner 2017 Beschwerde erhoben und die Aussetzung der Einhebung ohne Anforderung einer Sicherheitsleistung beantragt. Der Beschwerde gegen die Festsetzung der Verzugszinsen war als "Anlagenkonvolut 1" die Beschwerde der E-GmbH vom 14. November 2016 gegen den der Festsetzung der Verzugszinsen zugrunde liegenden Eingangsabgabenbescheid vom 3. November 2016 beigefügt, in der die Revisionswerberin erklärte, mit der Vertretung der E-GmbH beauftragt zu sein, und auf eine beglaubigte Kopie der Vollmacht verwies.

4 Mit Bescheid vom 20. März 2017 erklärte das Zollamt die Beschwerde der E-GmbH vom 26. Jänner 2017 gegen den Bescheid über die Festsetzung von Verzugszinsen mangels Befolgung des ergangenen Mängelbehebungsauftrags vom 7. Februar 2017 als zurückgenommen. 5 Die gegen diesen Bescheid mit Schriftsatz vom 11. April 2017 erhobene Beschwerde der E-GmbH wies das Zollamt mit Beschwerdevorentscheidung vom 26. April 2017 wegen Vorliegens eines nicht verbesserungsfähigen Mangels zurück.

6 Am 8. Mai 2017 wurde die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt.

7 Mit dem angefochtenen Beschluss vom 16. Oktober 2017 wies das Bundesfinanzgericht in der "Beschwerdesache (der Revisionswerberin)" die Beschwerde vom 11. April 2017 als unzulässig zurück und sprach aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. Die Beschwerde vom 11. April 2017 sei nicht der E-GmbH, sondern der Revisionswerberin selbst zuzurechnen. Diese habe die Beschwerde im eigenen Namen eingebracht und nicht einmal das Vorliegen einer Vollmacht behauptet.

8 Mit Beschluss vom 26. November 2018, E 4266/2017-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

9 In der sodann erhobenen außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit unter anderem vorgebracht, das Bundesfinanzgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Revisionswerberin die Beschwerde im eigenen Namen und nicht als Parteienvertreterin, im Namen ihrer Mandantin, erhoben habe.

10 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

11 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Parteienerklärungen nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Es kommt somit darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszwecks und der der Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Bei undeutlichem Inhalt eines Anbringens ist die Absicht der Partei zu erforschen. Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt (vgl. VwGH 22.10.2018, Ra 2018/16/0102; 27.11.2017, Ra 2016/15/0053; 24.11.2016, Ra 2014/13/0003; 10.3.2016, Ra 2015/15/0041).

13 Die Berufung eines berufsmäßigen Parteienvertreters auf die ihm erteilte Vollmacht und das Fortsetzen der Ausführungen des Schriftsatzes in der "Ich-Form" ist - soweit keine gegenteiligen Hinweise vorliegen - so zu verstehen, dass der Einschreiter für den Vertretenen handelt, ohne dass dem jeweils ein "namens des Vertretenen" hinzugefügt werden müsste (vgl. nochmals VwGH 22.10.2018, Ra 2018/16/0102).

14 Die Beschwerde vom 14. November 2016 gegen den, der Festsetzung der Verzugszinsen zugrunde liegenden Eingangsabgabenbescheid vom 3. November 2016, in der sich die Revisionswerberin auf die ihr erteilte Vollmacht berief und den Schriftsatz in der "Wir-Form" fortsetzte, war daher eindeutig nicht der Revisionswerberin, sondern der E-GmbH zuzurechnen. 15 Diese sprachliche Gestaltung wurde auch in der Beschwerde vom 11. April 2017 fortgeführt, welche das Verfahren betreffend die Festsetzung der Verzugszinsen nach Art. 114 UZK, somit von Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d BAO) der Eingangsabgaben, betraf und vom Verfahrensablauf im Zusammenhang mit dem Eingangsabgabenbescheid vom 3. November 2016 und der dagegen erhobenen Beschwerde vom 14. November 2016 steht. Zudem wurden im Betreff ausdrücklich die E-GmbH, deren Abgabenkontonummer sowie der angefochtene, an die E-GmbH ergangene Bescheid angeführt. In der Beschwerdevorentscheidung vom 26. April 2017 ist das Zollamt daher davon ausgegangen, dass auch die Beschwerde vom 11. April 2017 nicht der Revisionswerberin selbst, sondern der E-GmbH zuzurechnen ist. Das Bundesfinanzgericht hätte jedenfalls nicht ohne Vorhalt, in wessen Namen die Beschwerde erhoben wird, diese der Revisionswerberin selbst zurechnen dürfen. 16 Jedoch hat das Bundesfinanzgericht mit dem gegenständlich angefochtenen, an die Revisionswerberin gerichteten Beschluss vom 16. Oktober 2017 nicht über eine Beschwerde der E-GmbH vom 11. April 2017 abgesprochen. Dem Spruch des Beschlusses ist eindeutig zu entnehmen, dass über eine der Revisionswerberin zugerechnete Beschwerde entschieden wird, indem für diese Beschwerde eine Zurückweisung ausgesprochen wird.

17 Die Revisionswerberin ist durch die an sie gerichtete Zurückweisung der ihr zugerechneten Beschwerde aber in keinem subjektivöffentlichen Recht verletzt. Für die Rechtsstellung der Revisionswerberin macht es nämlich keinen Unterschied, ob der angefochtene Beschluss des Bundesfinanzgerichts aufrecht bleibt oder aufgehoben wird. Somit fehlt es der Revisionswerberin an der Beschwer (vgl. VwGH 22.10.2018, Ra 2018/16/0102, mwN). 18 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 9. April 2020

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019160073.L00

Im RIS seit

10.06.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.06.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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