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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Revisionssache des A B in C, vertreten durch Dr. Johann Jalovetz, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Postgasse 8, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Februar 2020, I421 2212567-1/16E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Kamerun, stellte am 17. Oktober 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005. Er brachte zusammengefasst vor, Christ zu sein. Seine Ehefrau, mit der er 21 Jahre zusammen sei, stamme aus einer muslimischen Familie und sei im Jahr 2014 getauft worden. Danach sei er in seinem Geschäft vom Schwiegervater aufgesucht und attackiert worden. Im Zuge der Streiterei habe er den Schwiegervater geschubst. Dieser sei gestürzt und habe sich dabei verletzt. Der Schwiegervater habe dann den Revisionswerber angezeigt. Einer in der Folge von Gendarmen überbrachten Ladung habe der Revisionswerber nicht Folge geleistet. Ein befreundeter Gendarm habe ihm gesagt, sein Schwiegervater wäre 21 Tage im Krankenstand gewesen und wenn jemand 21 Tage im Krankenstand gewesen sei, dann müsse man ins Gefängnis. Der Revisionswerber wolle aber nicht "für den Rest seines Lebens ins Gefängnis kommen", weshalb er sein Heimatland verlassen habe. 2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag des Revisionswerbers mit Bescheid vom 6. Dezember 2018 ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Kamerun zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
3 Mit Erkenntnis vom 4. Februar 2020 wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. 4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Das Bundesverwaltungsgericht hat das Vorbringen des Revisionswerbers zum Grund der Flucht aus dem Heimatland als unglaubwürdig eingestuft. In Bezug auf die Beweiswürdigung wird in der Revision geltend gemacht, dass das Bundesverwaltungsgericht das Vorbringen nicht anhand der Situation im Herkunftsstaat gewürdigt habe.
8 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 21.11.2019, Ra 2019/14/0429, mwN). 9 Dass dies hier gegeben wäre, zeigt die Revision nicht auf. Warum fallbezogen aus den Feststellungen zur Lage in Kamerun etwas für die beweiswürdigenden Überlegungen betreffend die vom Revisionswerber vorgebrachten Ereignisse zum Konflikt mit seinem Schwiegervater zu gewinnen wäre, wird in der Revision nicht einmal ansatzweise dargelegt.
10 Vor diesem Hintergrund ist jenem weiteren Vorbringen in der Revision, das auf der Richtigkeit des Fluchtvorbringens aufbaut, der Boden entzogen.
11 In Bezug auf die Verweigerung der Zuerkennung von subsidiärem Schutz enthält die Revision lediglich die Behauptung, es sei keine ganzheitliche Prüfung vorgenommen worden. Welche für die Entscheidung maßgeblichen Umstände das Bundesverwaltungsgericht nicht berücksichtigt hätte, belässt die Revision allerdings völlig im Dunkeln.
12 Soweit sich die Revision gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung wendet, ist darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgt und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel ist (vgl. VwGH 28.8.2019, Ra 2019/14/0356, mwN).
13 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass - entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht - einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die nach Art. 8 EMRK durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 21.1.2020, Ra 2020/14/0011, mwN).
14 Das Bundesverwaltungsgericht hat - nach Durchführung einer Verhandlung, in der es sich auch einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber verschaffen konnte - im Rahmen der gemäß § 9 BFA-Verfahrensgesetz durchgeführten Interessenabwägung alle im gegenständlichen Einzelfall entscheidungswesentlichen Umstände berücksichtigt. Dass das Verwaltungsgericht die Gewichtung derselben nicht anhand der in der Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien oder in unvertretbarer Weise vorgenommen hätte, ist nicht zu sehen.
15 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 15. April 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020140143.L00Im RIS seit
09.06.2020Zuletzt aktualisiert am
09.06.2020