TE Vwgh Beschluss 2020/4/17 Ra 2020/03/0039

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Veröffentlicht am 17.04.2020
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Index

L40017 Anstandsverletzung Ehrenkränkung Lärmerregung Polizeistrafen Tirol
L40057 Prostitution Sittlichkeitspolizei Tirol
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art133 Abs6 Z1
B-VG Art133 Abs6 Z2
LPolG Tir 1976 §20 litc
LPolG Tir 1976 §21 Abs1
LPolG Tir 1976 §21 Abs2
LPolG Tir 1976 §21 Abs3
VStG §56
VStG §56 Abs3
VwGG §25a Abs4

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Mag. Dr. M P in I, vertreten durch Mag. Ferdinand Kalchschmid, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 2-4, 3. Stock, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 12. Februar 2020, Zl. LVwG- 2019/21/0141-5, betreffend eine Übertretung des Tiroler Landes-Polizeigesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck; mitbeteiligte Partei: Dr. C O in I), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck wurde der Mitbeteiligte einer näher umschriebenen Ehrenkränkung zulasten des Revisionswerbers gemäß § 20 lit. c iVm § 21 Abs. 1 Tiroler Landes-Polizeigesetz schuldig erkannt und mit einer Geldstrafe von EUR 50,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden) bestraft.

2 Der dagegen erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten gab das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis Folge, hob das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG ein. Die Revision erklärte das LVwG für nicht zulässig.

3 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der unter anderem ausgeführt wird, dass der Revisionsausschluss des § 25a Abs. 4 VwGG im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung gelange, weil das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren über Antrag des Privatanklägers (Revisionswerbers) eingeleitet worden sei und diesem unabhängig von der gesetzlich vorgesehenen bzw. tatsächlich verhängten Höhe der Geldstrafe jedenfalls ein subjektives öffentliches Recht darauf zustehe, dass das wegen einer Ehrenkränkung eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren nicht rechtswidrig eingestellt werde. 4 Dieser Rechtsansicht ist nicht zuzustimmen:

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig ist, wenn das anzufechtende Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand hat.

6 Dementsprechend bestimmt § 25a Abs. 4 VwGG, dass eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig ist, wenn in einer Verwaltungsstrafsache eine Geldstrafe von bis zu EUR 750,-- und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu EUR 400,-- verhängt wurde.

7 Die Revisionsbeschränkung des § 25a Abs. 4 VwGG ist eine absolute. Sie bezieht sich allerdings ausschließlich auf die Revision wegen Verletzung in Rechten im Sinne des Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG (vgl. etwa VwGH 28.10.2019, Ra 2019/16/0135, mwN). Die Amtsrevision zur Sicherheit der Einheit und Gesetzmäßigkeit der Vollziehung bleibt unabhängig von der Höhe der verhängten Strafe und des Strafrahmens möglich (vgl. etwa VwGH 29.07.2019, Ra 2019/02/0072, mwN).

8 Im vorliegenden Fall wurde der Mitbeteiligte wegen einer Ehrenkränkung nach § 20 lit. c iVm § 21 Abs. 1 Tiroler Landes-Polizeigesetz mit einer Geldstrafe von EUR 50,-- bestraft; der gesetzliche Strafrahmen sieht lediglich eine Geldstrafe bis zu EUR 215,-- und keine Freiheitsstrafe vor. Sowohl der Strafrahmen als auch die tatsächlich verhängte Geldstrafe erfüllen somit die Voraussetzungen des Revisionsausschlusses nach § 25a Abs. 4 VwGG. 9 Die Revision macht zutreffend geltend, dass das gegenständliche Verwaltungsdelikt nur über Strafantrag des Verletzten zu verfolgen ist (§ 21 Abs. 2 Tiroler Landes-Polizeigesetz). Es handelt sich daher um ein Privatanklagedelikt iSd § 56 VStG, das nur über Antrag des Privatanklägers eingeleitet wird und bei welchem dem Privatankläger (u.a.) auch das Recht einräumt wird, gegen die Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens durch die Verwaltungsbehörde Beschwerde beim Verwaltungsgericht zu erheben (§ 21 Abs. 3 Tiroler Landes-Polizeigesetz iVm § 56 Abs. 3 VStG).

10 Dem Privatankläger stehen somit, wie die Revision richtig ausführt, subjektiv öffentliche Rechte zu, in denen er (auch) durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts verletzt sein kann. Gerade für diese Fälle schließt § 25a Abs. 4 VwGG die Revision an den Verwaltungsgerichtshof aber unter den weiteren Voraussetzungen dieser Norm jedenfalls aus.

11 Die Revision war daher als gemäß § 25a Abs. 4 VwGG absolut unzulässig zurückzuweisen.

Wien, am 17. April 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020030039.L00

Im RIS seit

08.06.2020

Zuletzt aktualisiert am

08.06.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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