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L66507 Flurverfassung Zusammenlegung landw GrundstückeNorm
AVG §66 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde des 1. J A und 2. des S H, beide in K, beide vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in Innsbruck, Salurnerstraße 16, gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 1. Oktober 1997, Zl. 711.014/08-OAS/97, betreffend Regulierung (mitbeteiligte Partei: J A in K, vertreten durch
Dr. Grosch & Partner, Rechtsanwälte in Kitzbühel, Rathausplatz 2/II), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 15.180,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Erstbeschwerdeführer ist als Eigentümer der Liegenschaft EZ 90044 GB K. mit 12 Anteilen und der Zweitbeschwerdeführer als Eigentümer der EZ 278 GB K. mit 4 Anteilen an der Agrargemeinschaft K. anteilsberechtigt. Die restlichen 32 Anteile an dieser Agrargemeinschaft sind mit der im Eigentum der mitbeteiligten Partei (mP) stehenden Liegenschaft EZ 90043 GB K. verbunden.
Für die Agrargemeinschaft K. hat das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz mit Bescheid vom 17. Juli 1995 einen Regulierungsplan erlassen.
Spruchabschnitt V dieses Regulierungsplanes, der die Nutzungsmodalitäten regelt, lautet:
"(1) Weidenutzung
a) Hinsichtlich der Weidenutzung erfolgt eine Nutzungsteilung derart, daß zwei Nutzungsteile gebildet werden. Die Grenze zwischen diesen beiden Nutzungsteilen wurde in der Natur vermarkt; der Grenzverlauf ist in dem einen wesentlichen Bestandteil dieses Regulierungsplanes bildenden Lageplan dargestellt. Der nördlich dieser Grenze liegende Nutzungsteil ist ein gemeinsamer Nutzungsteil für die Stammsitzliegenschaften EZ 278 und 90044; der südlich dieser Grenze liegende Nutzungsteil ist für die Stammsitzliegenschaft EZ 90043 bestimmt.
b) Der nördliche Nutzungsteil besteht aus Gst 4183 und .899 sowie der nördlich der vermarkten und planlich dargestellten Nutzungsgrenze liegenden Teilfläche des Gst 4184/1. Das durch Planimetrierung ermittelte grafische Flächenausmaß dieses Nutzungsteiles beträgt ca. 32 ha.
c) Der südliche Nutzungsteil besteht aus Gst 4184/3, .495 und .496 sowie der südlich der Nutzungsgrenze liegenden Teilfäche des Gst 4184/1. Das durch Planimetrierung ermittelte grafische Flächenausmaß dieses Nutzungsteiles beträgt ca. 63,5 ha.
d) Am nördlichen Nutzungsteil steht die weidewirtschaftliche Nutzung ausschließlich den Eigentümern der Stammsitzliegenschaften EZ 278 und 90044 gemeinsam zu, am südlichen Nutzungsteil dem Eigentümer der Stammsitzliegenschaft EZ 90043. Dazu zählt auch die Weideausübung in den innerhalb der Nutzungsteile liegenden gemeinschaftlichen Waldgrundstücken.
e) Die Benützung der Almgebäude auf Gst .495 und .496 steht ausschließlich dem Eigentümer der Stammsitzliegenschaft EZ 90043 zu, der auch den Erhaltungsaufwand für diese Almgebäude allein zu tragen hat. Die Eigentümer der Stammsitzliegenschaften EZ 278 und 90044 sind hingegen berechtigt, auf dem ihnen zustehenden nördlichen Nutzungsteil auf ihre Kosten ein Almgebäude zu errichten und zu erhalten. Diese Berechtigung zur Bauführung ersetzt nicht die Baubewilligung nach der Tiroler Bauordnung. Die Eigentümer der Stammsitzliegenschaften EZ 278 und 90044 sind jedoch zur Einbringung eines Bauansuchens im eigenen Namen ohne weitere Zustimmung durch die Vollversammlung der Agrargemeinschaft berechtigt.
f) Insoweit die Agrargemeinschaft bereits bisher zur Errichtung und Erhaltung von Weidezäunen an den Außengrenzen ihres Gemeinschaftsgebietes verpflichtet war und ist, geht diese Verpflichtung auf die Nutzungsberechtigten an den beiden Nutzungsteilen über. Die Eigentümer der Stammsitzliegenschaften EZ 278 und 90044 sind verpflichtet, an der Nutzungsgrenze zwischen den beiden Nutzungsteilen, sofern es nicht geländebedingt entbehrlich ist, einen ortsüblichen Weidezaun zu errichten und laufend zu erhalten, ebenso einen Weidegatter oder Weiderost an der Stelle, wo der Zufahrtsweg zu den Almgebäuden auf Gst .495 und .496 die Nutzungsgrenze quert. Überdies sind sie zur Errichtung und Erhaltung eines Weidezaunes an der Grenze des bundesforstl. Gst 4182 gegenüber dem südlichen Nutzungsteil verpflichtet.
g) Ein Viehtrieb zum südlichen Nutzungsteil durch den nördlichen Nutzungsteil ist nur auf dem erwähnten Zufahrtsweg und nur unter Beaufsichtigung und ohne Aufenthalt zulässig.
h) Die Nutzungsrechte an den beiden Nutzungsteilen berechtigen und verpflichten zum Almbetrieb im Sinne des Tiroler Almschutzgesetzes. Zum Almbetrieb gehören auch die mit der weidewirtschaftlichen Nutzung in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Maßnahmen (siehe § 2 Abs. 4 des Tiroler Almschutzgesetzes).
i) Aufwendungen, Kosten und Lasten, die ausschließlich einen Nutzungsteil betreffen, sind von den Nutzungsberechtigten allein zu tragen. Zwischen den Stammsitzliegenschaften EZ 278 und 90044 gilt das Verhältnis 1 : 3 entsprechend ihren Anteilen.
j) Die Nutzungsteilung wird mit Beginn der auf den Eintritt der Rechtskraft dieses Regulierungsplanes folgenden Almperiode wirksam. Die derzeitige Vermarkung der Nutzungsgrenze ist durch eine dauerhafte Kennzeichnung durch Setzen von Eisenmarken oder Einmeißeln von Kreuzen in Lagersteine zu ersetzen.
(2) ..."
In der Begründung heißt es, ob und in welcher Form eine Nutzungsteilung vorgenommen werde, sei nach Maßgabe der im einzelnen Fall obwaltenden Umstände zu entscheiden. Diese ließen im Beschwerdefall eine Nutzungsteilung geboten erscheinen. Zwei von drei Mitgliedern der Agrargemeinschaft - nämlich die Beschwerdeführer - strebten eine Nutzungsteilung an. In der Vollversammlung der Agrargemeinschaft am 25. Oktober 1994 und bei der Verhandlung am 24. Mai 1995 habe die Behörde den Eindruck gewonnen, daß zwischen den Mitgliedern der Agrargemeinschaft ein derartiges Klima herrsche, daß eine gemeinsame Almbewirtschaftung nahezu unmöglich erscheine. Nach Ansicht der zuständigen Fachabteilung des Amtes der Tiroler Landesregierung sei aufgrund der unterschiedlichen wirtschaftlichen Interessen der drei Mitglieder der Agrargemeinschaft eine Nutzungsteilung die allein akzeptable Lösung. Für eine gebietsmäßige Entflechtung, wie sie durch eine Nutzungsteilung bewirkt werde, sprächen nicht nur die persönlichen Verhältnisse zwischen den Parteien, sondern auch sachliche Gründe, die sich aus der unterschiedlichen Wirtschaftsweise der Parteien ableiteten. Während die mP auch Kühe auftreibe, bestießen die Beschwerdeführer die Alm nur mit Jungvieh und Kalbinnen.
Die mP berief.
Mit Bescheid vom 28. November 1996 gab der Landesagrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung (LAS) der Berufung insoweit Folge, als die den einzelnen Mitgliedern der Agrargemeinschaft zur alleinigen Weidenutzung zugewiesenen Flächen abweichend vom erstinstanzlichen Bescheid festgelegt wurden. Darüber hinaus wurden in zwei Abschnitte des Regulierungsplanes sprachliche und zahlenmäßige Ergänzungen eingefügt. Im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung heißt es unter anderem, der mP sei darin beizupflichten, daß allein aus der Tatsache, daß zwischen den Mitgliedern der Agrargemeinschaft persönlich kein gutes Klima herrsche, noch nicht die Konsequenz einer Nutzungsteilung gezogen werden dürfe. Neben persönlichen Gründen sprächen im vorliegenden Fall aber auch gewichtige sachliche (wirtschaftliche) Gründe für eine von der Mehrheit der Parteien angestrebte Nutzungsteilung. Die Gründe, die für eine Nutzungsteilung sprächen, ergäben sich einerseits aus der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides, andererseits aus der in der Verhandlung am 4. November 1996 erörterten Stellungnahme des Amtssachverständigen Dipl.Ing. B. Nach der Beurteilung dieses Amtssachverständigen seien die unterschiedlichen Auffassungen zwischen den Mitgliedern der Agrargemeinschaft über die Nutzung des Gemeinschaftsgebietes darin begründet, daß die mP neben Jungtieren auch Milchkühe mit Kälbern (Mutterkuhhaltung) auftreibe, während die Beschwerdeführer die Alm nur mit Kalbinnen und trocken stehenden Kühen bestießen. Dies führe jedoch dazu, daß die saugenden Kälber auch trockenstehende Kühe und Kalbinnen ansaugten, was in weiterer Folge zu Euterentzündungen mit der Gefahr der Zerstörung (des milchbildenden Gewebes) des Euters führen könne. Eine Lösung dieses Problems könne nur durch eine räumliche Trennung der Mutterkühe von den übrigen Rindern erzielt werden. Auch ein Hirte könne nicht verhindern, daß saugende Kälber trockenstehende Kühe und Kalbinnen ansaugten. Probleme bei der Planung von Investitionen und notwendigen Sanierungsmaßnahmen seien darin begründet, daß die mP die am Niederleger vorhandenen, in einem sehr schlechten Erhaltungszustand befindlichen Gebäude fast ausschließlich allein benütze und den beiden anderen Teilhabern die Aushändigung eines Schlüssels immer wieder verweigert habe. Beim Augenschein am 8. Oktober 1996 sei zwar festgestellt worden, daß eine Dachseite der Almhütte mit Dachpappe eingedeckt worden sei, die Schindeln jedoch fehlten, und daß der Kamin (ein Blechrohr) neu aufgezogen worden sei. Schwierigkeiten in der Verwaltung der Agrargemeinschaft seien in der Vergangenheit allgemein darin begründet gewesen, daß die Alpungsprämie, der Jagdpachtschilling, Steuern und dergleichen nicht ordnungsgemäß verwaltet und abgerechnet worden seien. In den Vollversammlungen seien - nach Angaben der Beschwerdeführer - vom Obmann (der mP) lediglich seine Entscheidungen mitgeteilt worden. Satzungsgemäße Abstimmungen seien nicht erfolgt; jedenfalls lägen keine entsprechenden Protokolle vor. Auf Grund der aufgezeigten Umstände sei nach Ansicht des Sachverständigen eine ordentliche und nachhaltige Bewirtschaftung der K.-Alpe in Frage gestellt. Daher müsse der Antrag der Beschwerdeführer auf Nutzungsteilung als berechtigt anerkannt und als wirtschaftlich notwendig bezeichnet werden. Dem Vorbringen der mP, daß es Aufgabe der Unterbehörde gewesen wäre, im Rahmen eines vernünftigen Weideeinrichtungsplanes und einer vernünftigen Weideordnung Regelungen zu treffen, die Differenzen in der Ansicht über die Bewirtschaftung von vornherein hintanhielten, entgegne der Sachverständige, daß bei den gegebenen Mehrheitsverhältnissen in der Agrargemeinschaft solche Regelungen weiterhin nur Streitigkeiten nach sich ziehen würden. Da die mP über 32 der insgesamt 48 Anteile verfüge, könne sie mit ihrer Stimme allein jeden Beschluß herbeiführen und die übrigen zwei Mitglieder überstimmen. Dem von der mP angesprochenen Interesse an der Schaffung und Erhaltung einer leistungsfähigen Landwirtschaft werde die vorgenommene Nutzungsteilung insofern gerecht, als die einzelnen Nutzungsteile von den Parteien ordentlich und nachhaltig nach betriebswirtschaftlichen Erfordernissen ihrer Stammsitzliegenschaften genutzt werden könnten.
Wenn die mP darauf hinweise, daß durch die bekämpfte Nutzungsteilung den Teilhabern eine wirtschaftliche Doppellast auf Infrastruktureinrichtungen auferlegt würde, die im Hinblick auf die geringe Wirtschaftskraft des Regulierungsgebietes unzumutbar und unwirtschaftlich sei, so sei dem entgegenzuhalten, daß diese Doppellast ausschließlich die Beschwerdeführer treffe. Diese hätten sich freiwillig verpflichtet, an der Nutzungsgrenze einen ortsüblichen Weidezaun zu errichten und laufend zu erhalten, ebenso einen Weidegatter oder Weiderost, und auf eigene Kosten auf ihrem Nutzungsteil ein neues Almgebäude zu errichten und zu erhalten, sodaß der mP daraus keinerlei Kosten erwüchsen.
Die mP berief. Sie machte geltend, die verfügte Nutzungsteilung sei im Hinblick auf die geringe Wirtschaftskraft und die mangelnden Erträge infolge der geringen Größe des Regulierungsgebietes unwirtschaftlich. Das persönliche Verhältnis der Mitglieder einer Agrargemeinschaft könne keinesfalls zu einer Nutzungsteilung führen. Der mP sei eine Nutzungsteilung unzumutbar. Damit würde ihr nämlich allein die Erhaltung des bestehenden Almgebäudes und der sonstigen Infrastruktureinrichtungen ihres örtlich abgegrenzten Nutzungsteiles auferlegt. Darüber hinaus sei das Verfahren auch mangelhaft geblieben, da nicht erörtert worden sei, welche Erträge getrennt gegenüber gemeinschaftlich zu erwirtschaftenden erzielt werden könnten. Auch sei das bedingt durch die Nutzungsteilung hervorgerufene Ausmaß der Investitionen, das die jeweiligen Mitglieder zu tragen hätten, nicht ermittelt worden. Die Nutzungsteilung sei auch deswegen rechtswidrig, weil sie zeitlich unbeschränkt erlassen worden sei. Weiters sei eine Nutzungsteilung, die sich ausschließlich auf eine Weidenutzung beschränke, nicht zielführend.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 1. Oktober 1997 gab die belangte Behörde der Berufung der mP statt, behob den Bescheid des LAS und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die AB zurück.
In der Begründung heißt es, Schwierigkeiten der Beschwerdeführer mit der mP im Rahmen der Agrargemeinschaft seien als Gründe für die Vornahme einer Nutzungsteilung irrelevant. Maßgeblich sei, ob mit Hilfe der Nutzungsteilung bestehende Probleme bei der Bewirtschaftung von agrargemeinschaftlichen Gründstücken einer Lösung zugeführt würden. Die Nutzungsteilung müsse daher zur Vornahme der für die Bewirtschaftung der K.-Alpe notwendigen Verbesserung in wirtschaftlicher Hinsicht führen. Das bisherige Verfahren habe ergeben, daß die mP neben Jungrindern auch Milchkühe und Mutterkühe mit Kälbern auftreibe, während die Beschwerdeführer die Alm derzeit nur mit Kalbinnen und trockenstehenden Kühen bestießen. Dabei sei davon auszugehen, daß die Kälber auch die trockenstehenden Kühe und Kalbinnen ansaugten. Dies könne zu Euterentzündungen mit der Gefahr der Zerstörung des milchbildenden Gewebes führen. Aus landwirtschaftlicher Sicht sei beim gemeinsamen Auftrieb von Jungrindern, Kalbinnen, Milch- und Mutterkühen auf Almen in jedem Fall eine Teilung der Herde in Milchkühe, Mutterkühe und Jungrinder/Kalbinnen für eine getrennte Bewirtschaftung der Weideflächen unerläßlich. Dies gelte allgemein als Grundsatz einer ordnungsgemäßen Alpwirtschaft. Daher sei im Beschwerdefall eine entsprechende Regulierung der K.-Alpe sachlich begründet. Bei der Art der Regulierung bestehe aber zur Nutzungsteilung die Alternative eines Wirtschaftsplanes (Weideeinrichtungsplan und Weideordnung) und es könne die Frage der Rentabilität nicht außer acht gelassen werden, da § 21 des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951 bei Vornahme von Verbesserungen für die Bewirtschaftung ausdrücklich Rentabilität verlange. Im Beschwerdefall seien im Rahmen der Nutzungsteilung Verbesserungen für die Bewirtschaftung vorgesehen (Neuanlage von Wirtschaftsgebäuden, Weg, Zäunung sowie diverse Infrastruktur). Diese Verbesserungen müßten jedoch rentabel sein. Dies sei aber - aus näher dargestellten Gründen - nicht der Fall.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtwidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird.
Die Beschwerdeführer bringen im wesentlichen vor, sie hätten im gesamten Verfahren nie Gelegenheit gehabt, zu dem Sachverhalt, auf den sich der angefochtene Bescheid im wesentlichen stütze, Stellung zu nehmen. Wäre ihnen Parteiengehör gewährt worden, hätten sie - näher dargestellte - Einwendungen vorbringen können, die zu einem anderen Bescheid geführt hätten.
Für die von den Beschwerdeführern durchzuführenden Maßnahmen (Errichtung eines neuen Alpgebäudes, Anlegen eines Weges etc.) bestehe nicht das Erfordernis der Rentabilität.
Die Auffassung der belangten Behörde, der Umstand, daß zwischen den Beschwerdeführern und der mP ein derartiges Klima herrsche, welches eine gemeinsame Almbewirtschaftung nahezu unmöglich erscheinen lasse, sei für eine Nutzungsteilung irrelevant, entspreche nicht dem Gesetz.
Das Tiroler Flurverfassungslandesgesetz räume der Behörde bei der Entscheidung darüber, ob eine Nutzungsteilung vorzunehmen sei, Ermessen ein. Die belangte Behörde sei nicht befugt gewesen, ihr Ermessen an die Stelle jenes des LAS zu setzen.
Schließlich seien auch die Voraussetzungen für eine Gebrauchnahme des § 66 Abs. 2 AVG nicht vorgelegen.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die mP hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet und beantragt, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Die Beschwerdeführer haben eine Replik erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat nicht ihr Ermessen an die Stelle des Ermessens des LAS gesetzt, sondern eine ihrer Meinung nach rechtswidrige Entscheidung des LAS aufgehoben. Die Frage, ob der Oberste Agrarsenat auch zur Ermessensübung in anderer Weise als die Unterbehörden befugt ist, kann daher auf sich beruhen.
Die belangte Behörde hat eine Entscheidung nach § 66 Abs. 2 AVG getroffen. Die für eine Aufhebung nach § 66 Abs. 2 AVG tragenden Gründe eines Bescheides binden im fortgesetzten Verfahren die Administrativbehörden (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 548, wiedergegebene Rechtsprechung). Überbindet die aufhebende Behörde in der Begründung des aufhebenden Bescheides der Unterinstanz eine mit dem Gesetz nicht im Einklang stehende Rechtsauffassung, dann belastet dies den aufhebenden Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit seines Inhalts.
Die belangte Behörde hat ihre aufhebende Entscheidung im wesentlichen mit zwei Rechtsauffassungen begründet, nämlich daß persönliche Differenzen zwischen den Mitgliedern einer Agrargemeinschaft für eine Nutzungsteilung irrelevant seien und daß im vorliegenden Fall vorzunehmende Investitionen rentabel sein müßten, was aber nicht der Fall sei, weshalb eine Nutzungsteilung unzulässig sei.
Mit persönlichen Umständen hat der LAS seine Entscheidung nicht begründet, sondern vielmehr die Auffassung vertreten, persönliche Umstände seien für eine Nutzungsteilung nicht relevant. Die Aufhebung der LAS-Entscheidung mit der Begründung, persönliche Umstände seien für die Nutzungsteilung nicht heranzuziehen, geht also ins Leere. Im übrigen ist diese Auffassung so auch nicht zu teilen.
Der II. Abschnitt des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951, BGBl. Nr. 103 (FGG), in welchem die Grundsatzbestimmungen über die Teilung und die Regulierung enthalten sind, ist mit "Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken" überschrieben.
§ 19 FGG bestimmt, daß die Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei agrargemeinschaftlichen Grundstücken entweder durch Teilung oder durch Regulierung erfolgen kann.
Aus dieser Überschrift zum II. Abschnitt des FGG - und der ihr entsprechenden Überschrift zum 2. Abschnitt des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1996, LGBl. Nr. 74 (TFLG 1996) - sowie aus § 19 FGG und der im wesentlichen gleichlautenden Bestimmung des § 41 TFLG 1996 ist abzuleiten, was Ziel und Zweck eines Regulierungsverfahrens ist, nämlich die Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken.
Die Mittel zur Erreichung dieser Ziele stellt das TFLG 1966 zur Verfügung.
Im vorliegenden Zusammenhang maßgeblich ist § 64 Z. 4 TFLG 1996. Dieser lautet:
"Der Anspruch auf Nutzungen ist in der dem Anteilsrecht entsprechenden Höhe in bestimmten Anteilen am Ganzen oder nach Art, Maß, Ort und Zeit der Nutzung im ganzen Regulierungsgebiet oder an Teilen (Nutzungsflächen) desselben nach Maßgabe der im einzelnen Fall obwaltenden Umstände oder nur nach allgemeinen, den herkömmlichen wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechenden Grundsätzen festzusetzen."
§ 64 Z. 4 TFLG 1996 gibt der Agrarbehörde grundsätzlich die Möglichkeit an die Hand, eine Nutzungsteilung von der Art, wie sie von der AB und vom LAS verfügt wurde, im Regulierungsverfahren vorzunehmen.
Bei der Entscheidung, ob der Anspruch auf Nutzungen in bestimmten Anteilen am Ganzen oder nach Art, Maß, Ort und Zeit der Nutzung im ganzen Regulierungsgebiet oder an Teilen (Nutzungsflächen) desselben festgesetzt wird, hat die Behörde die "im einzelnen Fall obwaltenden Umstände" zu beachten. Es ist jene Alternative zu wählen, welche unter den "obwaltenden Umständen" dem Ziel der Regulierung entspricht. Erst dann, wenn keiner Alternative der Vorzug gebührt, dann liegt es im Ermessen der Behörde, welche Alternative sie bevorzugt.
§ 64 Z. 4 TFLG 1996 gebietet die Berücksichtigung der "im einzelnen Fall obwaltenden Umstände". In dieser weit gefaßten Umschreibung dessen, was die Behörde zu beachten hat, ist auch eine Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse zwischen den Mitgliedern einer Agrargemeinschaft eingeschlossen. Daß
§ 64 Z. 4 TFLG 1996 an anderer Stelle von den "herkömmlichen wirtschaftlichen Verhältnissen" spricht, vermag den Standpunkt der belangten Behörde schon deswegen nicht zu stützen, weil sich diese Wendung nur auf eine weitere Alternative für die Festsetzung des Anspruches auf Nutzungen bezieht, aber nicht bedeutet, daß bei der Berücksichtigung der "obwaltenden Umstände" nur die herkömmlichen wirtschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen sind. Die Auffassung der belangten Behörde, persönliche Differenzen zwischen Mitgliedern einer Agrargemeinschaft seien in Bezug auf eine Nutzungsteilung irrelevant, entspricht in dieser Allgemeinheit daher nicht dem Gesetz. Dies bedeutet allerdings umgekehrt auch nicht, daß persönliche Differenzen zwischen Mitgliedern einer Agrargemeinschaft in jedem Fall für sich allein bereits eine Nutzungsteilung rechtfertigen; vielmehr sind auch alle anderen "obwaltenden Umstände" zu berücksichtigen, und erst nach einer Abwägung zwischen diesen verschiedenen Umständen ist die Entscheidung zu treffen, ob eine Nutzungsteilung das beste Mittel für die Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken ist.
Nach § 21 FGG erfolgt die Regulierung der gemeinschaftlichen Benutzungs- und Verwaltungsrechte durch Feststellung des nachhaltigen Ertrages, durch Feststellung der Anteilsrechte der einzelnen Berechtigten, durch Vornahme der für die Wirtschaft notwendigen Verbesserungen, durch Aufstellung des Wirtschaftsplanes und von Verwaltungssatzungen. Verbesserungen dürfen nur insoweit ausgeführt werden, als sie eine ausreichende Rentabilität gewährleisten.
Auf diese Bestimmung hat die belangte Behörde ihre Auffassung gestützt, die von den Beschwerdeführern zu tätigenden Investitionen müßten rentabel sein.
§ 21 FGG ist eine Grundsatzbestimmung, die sich an den Landesausführungsgesetzgeber, nicht aber an die Vollziehung richtet. Grundsatzbestimmungen sind von der Vollziehung nicht anwendbar (VfSlg. 7263, 8890 u.a.). § 21 FGG, dem keine gleichlautende Bestimmung im TFLG 1996 entspricht, kann aber zur Interpretation im Rahmen einer verfassungskonformen Interpretation der Ausführungsgesetze herangezogen werden.
§ 21 letzter Satz FGG spricht von der Ausführung von Verbesserungen und knüpft deren Zulässigkeit an die Voraussetzung der Rentabilität. Der Wortlaut ließe eine Deutung des Inhalts zu, daß auch Verbesserungen, die von einzelnen oder allen Mitgliedern einer Agrargemeinschaft freiwillig im Zuge einer Regulierung ausgeführt werden, nur dann ausgeführt werden dürfen, wenn sie rentabel sind. Einer solchen Auslegung steht jedoch der Zusammenhang entgegen, in den § 21 letzter Satz FGG eingebettet ist. § 21 FGG regelt, durch welche Vorgänge eine Regulierung zu erfolgen hat. Die Regulierung ist eine von der Behörde vorzunehmende Maßnahme. § 21 FGG nennt auch Maßnahmen, die unstreitig von der Behörde durchzuführen sind, nämlich die Feststellung des nachhaltigen Ertrages, die Feststellung der Anteilsrechte, die Feststellung der einzelnen Berechtigten. Auch die Aufstellung des Wirtschaftsplanes und der Verwaltungssatzungen liegt im Ingerenzbereich der Behörde, gehören doch beide Instrumente zum Regulierungsplan (§ 65 TFLG 1996). Wenn nun § 21 FGG von der Durchführung von Verbesserungen spricht, dann kann damit nur eine von der Agrarbehörde angeordnete Verbesserung gemeint sein. Nur diese unterliegt dem Gebot der Rentabilität. Zweck der Bestimmung ist der Schutz der Agrargemeinschaft und ihrer einzelnen Mitglieder vor einer Belastung durch behördlich angeordnete unrentable Verbesserungen. Daraus folgt aber, daß Verbesserungen, die nur einzelnen Mitgliedern gegenüber angeordnet werden, auch nur diese belasten und im Einvernehmen mit diesen Mitgliedern angeordnet werden, nicht dem Gebot einer ausreichenden Rentabilität unterliegen.
§ 21 FGG verbietet es daher dem Landesgesetzgeber, der Behörde die Möglichkeit einzuräumen, gegenüber der Agrargemeinschaft oder einzelnen ihrer Mitglieder Verbesserungen anzuordnen, die die Agrargemeinschaft oder die einzelnen Mitglieder belasten und nicht im Einvernehmen mit ihnen angeordnet werden.
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde als Verbesserungen, die dem Rentabilitätsgebot unterliegen, die Errichtung eines gemeinschaftlichen Almgebäudes der Beschwerdeführer, eine Zufahrt und die Zaunerrichtung angesehen.
Die Errichtung eines Almgebäudes wurde nicht angeordnet, sondern nur gestattet. Über eine Zufahrt findet sich im Regulierungsplan keine ausdrückliche Anordnung. Diese beiden Maßnahmen fallen damit von vornherein nicht unter das Rentabilitätsgebot.
Die Zaunerrichtung dient der Durchführung der Nutzungsteilung; sie belastet nur die Beschwerdeführer, die aber damit einverstanden sind.
In der Gegenschrift führt die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführer hätten im Verwaltungsverfahren ihre Absicht bekundet, in Zukunft einen gemeinsamen Auftrieb von Jungrindern, Kalbinnen und Milchkühen vorzunehmen. Die mP wiederum habe in den Jahren 1995 bis 1997 sowohl Jungrinder als auch Milchkühe aufgetrieben, wie einem von ihr an die belangte Behörde gerichteten Schreiben, welches den Beschwerdeführern zum Parteiengehör übermittelt worden sei, zu entnehmen sei. Es mute geradezu grotesk an, unter diesen Bewirtschaftungsformen eine Nutzungsteilung durchzuführen. Es käme dann nämlich auf den beiden Nutzungsteilen - sowohl der Beschwerdeführer als auch der mP - zu jenen Problemen, die durch die Nutzungsteilung verhindert werden sollten. Es müßte somit innerhalb der beiden Nutzungsteile eine nochmalige Koppelunterteilung erfolgen.
Dem halten die Beschwerdeführer in ihrer Replik entgegen, die belangte Behörde bringe damit ein neues Begründungselement ins Spiel, zu dem ihnen kein Parteiengehör gewährt worden sei und das überdies falsch sei.
Die belangte Behörde hat zwar im angefochtenen Bescheid den Umstand angeführt, daß die Beschwerdeführer ihre Absicht geäußert haben, in Zukunft einen gemeinsamen Auftrieb von Jungrindern, Kalbinnen und Milchkühen vorzunehmen und daß die mP einen solchen gemeinsamen Auftrieb bereits vorgenommen hat. Daß dieser Umstand aber die Nutzungsteilung vereitelt, ist der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht zu entnehmen. Überdies wäre zu einer derartigen Sachverhaltsannahme den Beschwerdeführern Parteiengehör zu gewähren gewesen.
Da die für die Aufhebung nach § 66 Abs. 2 AVG von der belangten Behörde herangezogenen Rechtsauffassungen unzutreffend sind, hat sie ihren Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß noch auf das übrigen Beschwerdevorbringen der Beschwerdeführer einzugehen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Für die nicht aufgetragene Replik konnte Kostenersatz nicht zuerkannt werden.
Schlagworte
Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3 ErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997070203.X00Im RIS seit
18.02.2002