TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/5 W208 2218352-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.11.2019
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Entscheidungsdatum

05.11.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
GGG §1 Abs1
GGG §14
GGG §18
GGG §2
RATG §1
RATG §7
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W208 2218352-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwälte Dr. AMHOF & Dr. DAMIAN GmbH, Linke Wienzeile 4, 1060 Wien, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichts für Zivilrechtssachen WIEN vom 10.04.2019, Zl 100 Jv 1858/19f -33a (003 Rev 4232/19b), betreffend Gerichtsgebühren zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. In einem zivilgerichtlichen Verfahren zu XXXX wurde am 01.08.2018 beim Landesgericht für Zivilrechtssachen WIEN (im Folgenden: LG) eine Unterlassungsklage nach § 1330 ABGB eingebracht und der Streitgegenstand von der klagenden Partei mit € 8.720,00 nach dem Rechtsanwaltstarifgesetz (RATG) bewertet. Es erfolgte keine Streitwertbemängelung durch den Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) als beklagte Partei dieses Grundverfahrens.

In der Folge brachte der BF durch seinen Rechtsvertreter am 25.01.2019 via elektronischem Rechtsverkehr eine Berufung gegen das klagsstattgebende Urteil vom 14.12.2018 ein. Dabei bewertete der BF das Berufungsinteresse nach dem RATG mit € 8.720,00 und nach der Jurisdiktionsnorm (JN) bzw. dem Gerichtsgebührengesetz (GGG) gesondert mit € 5.000,00.

2. Mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid der Präsidentin des Landesgerichts für Zivilrechtssachen WIEN wurde (nachdem ein davor erlassener Mandatsbescheid ex lege außer Kraft getreten war) ausgesprochen, dass der BF zur Entrichtung der Pauschalgebühr nach Tarifpost (TP) 2 GGG iHv € 1.143,00 (Bemessungsgrundlage € 8.720,00) verpflichtet sei. Dieser Betrag sei von dem in der Berufung angegebenen Konto abzubuchen und einzuziehen.

Begründend wurde dazu unter Hinweis auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Es entspreche nicht den allgemeinen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens, durch eine - im Gesetz nicht vorgesehene - getrennte Bewertung des Streitgegenstandes einerseits für die Entlohnung des Rechtsanwaltes eine höhere Bemessungsgrundlage zu wählen und andererseits den gesetzlichen Gerichtsgebührenanspruch des Bundes durch die gesonderte Wahl einer niedrigeren Bemessungsgrundlage zu schmälern (VwGH 24.05.1991, 90/16/0081). Nichts anderes würde für den Fall gelten, in dem die klagende Partei versuche, diese Trennung durch die Unterlassung der Bewertung nach der JN herbei zu führen, während sie den Streitwert nach dem RATG höher bewerte. Da die klagende Partei in der Klage den Streitwert mit € 8.720,00 angegeben habe, bleibe für eine Anwendung des § 52 Abs. 2 letzter Satz JN kein Raum (VwGH 24.01.2002, 2001/16/0614). Da die Bemessungsgrundlage gemäß § 18 Abs 1 GGG für das gesamte Verfahren gleich bleibe - sofern im Rechtsmittelverfahren nicht nur ein Teil des ursprünglichen Streitgegenstandes angefochten werde - und der BF fallbezogen das klagstattgebende Urteil zur Gänze angefochten habe, sei auch eine Neubewertung nicht möglich.

Da bei einer Einbringung im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs die Gebühren durch Abbuchung und Einziehung zu entrichten seien, sei die Gerichtsgebühr nach TP 2 GGG iHv € 1.143,00 daher nicht mit einem Zahlungsauftrag vorzuschreiben, sondern zwingend von dem in der Berufung angegeben Einziehungskonto einzuziehen.

3. Gegen diesen Bescheid (zugestellt am 10.04.2019) richtet sich die am 23.04.2019 eingebrachte Beschwerde, mit welcher der BF den oa. Bescheid seinem gesamten Inhalt nach bekämpfte:

Begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass die belangte Behörde die Rechtsfolgen aus den gesetzlichen Bestimmungen unrichtig abgeleitet habe:

Zur Bewertung durch die klagende Partei führte der BF aus, es könne keine Rede davon sein, dass der Rechtsanwalt (für die klagende oder beklagte Partei) eine höhere Bemessungsgrundlage zu wählen versucht hätte, verbunden mit dem Bestreben, den gesetzlichen Gerichtsgebührenanspruch des Bundes durch die gesonderte Wahl einer niedrigeren Bemessungsgrundlage zu schmälern. Der BF habe als beklagte Partei keinen Einfluss und keine Möglichkeit, verfahrensrechtlich einzugreifen, sondern die unterbliebene Prozesshandlung (der Bewertung) durch die klagende Partei zur Kenntnis zu nehmen. In der von der belangten Behörde zitierten Judikatur hätte der VwGH über eine tatsächliche, bewusste Wahl der klagenden Partei bei der Bewertung nach RATG und JN zulasten des Bundes zu urteilen gehabt. Dies treffe beim gegenständlichen Sachverhalt nicht zu. In der Klage vom 01.08.2018 sei es zu keiner Bewertung durch die klagende Partei iSd JN gekommen, sondern sei die Bewertung des Streitgegenstandes nach diesem Gesetz ausdrücklich unterblieben, sodass sie auch nicht durch die Entscheidungen des VwGH umgangen bzw herbeigeführt werden könnten. Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde würden lediglich divergierende gesetzliche Bestimmungen über die Bemessungsgrundlagen vorliegen. Nach der Judikatur würden die Bestimmungen der JN zur Bewertung des Streitgegenstandes nur nicht dadurch umgangen werden dürfen, dass eine rechtswidrige Wahl einer niedrigeren Bemessungsgrundlage den gesetzlichen Gebührenanspruch des Bundes schmälern könnte/würde (VwGH 24.01.2002, 2001/16/0614). Eine derartige Wahl der Bemessungsgrundlage sei weder durch die klagende Partei, noch durch den (gebundenen) BF als beklagte Partei erfolgt. Beide Bemessungsgrundlagen (für die Entlohnung der Rechtsanwälte und für die Festsetzung der Gerichtsgebühren) seien in Gesetzen geregelt. Auch damit sei die Entscheidung der belangten Behörde verfehlt. Schließlich führte der BF an, dass bei Unterlassung einer Angabe der Bemessung nach dem RATG eine Entlohnung der Rechtsanwälte nach § 10 Z 6 lit b RATG zwingend vorzusehen und zu berechnen gewesen sei und die Gerichtsgebühren wiederum nach der Zweifelsregel des § 56 Abs. 2 JN mit € 5.000,00 zu bestimmen gewesen wären.

4. Mit am 03.05.2019 beim BVwG eingelangtem Schreiben legte die belangte Behörde die Beschwerde und den gegenständlichen Verwaltungsakt - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem BVwG zu Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der im Punkt I. angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt wird festgestellt.

Der Streitwert der Klage vom 01.08.2018 wurde von der klagenden Partei mit € 8.720,00 beziffert und durch den BF in erster Instanz nicht bemängelt.

Der BF hat eine Berufung gegen das klagsstattgebende Urteil vom 14.12.2018 - in dessen Spruch ausdrücklich angeführt ist " .... wegen Unterlassung (bewertet mit EUR 8.720,--) ..." eingebracht und dieses zur Gänze angefochten. Der für das Berufungsinteresse maßgebende Streitwert beträgt daher € 8.720,00.

Mit Einbringung der oben genannten Berufung am 25.01.2019 ist auf Basis der Bemessungsgrundlage iHv € 8.720,00 eine Pauschalgebühr nach TP 2 GGG iHv € 1.143,00 entstanden.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang und zum rechtserheblichen Sachverhalt konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage erfolgen.

Da der Streitwert im Laufe des Verfahrens unstrittig weder geändert noch im Rechtsmittelverfahren nur ein Teil des ursprünglichen Streitgegenstandes angefochten wurde, war der in der Klage vom 01.08.2018 durch die klagende Partei bestimmte Streitwert iHv €

8.720,00 ungeachtet des Zusatzes "(RATG)" auch für die Bewertung des Berufungsinteresses heranzuziehen, zumal im Urteil dieser Betrag ebenfalls als Wert der Unterlassung angeführt wurde.

Die sinngemäße Behauptung des BF, dass in der Klage keine Bewertung durch den Kläger stattgefunden habe und nur deklaratorisch der ohnehin gesetzlich geregelte Tarifanspruch angeführt worden sei (gemeint § 10 Z 6 lit b RATG) überzeugt bei objektiver Betrachtung nicht, weil aus dem bloßen Zusatz RATG im Klammer, nicht abgeleitet werden kann, dass der BF die Bewertung des Streitinteresse (nach § 14 GGG bzw § 56 Abs 1 JN) unterlassen habe.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs 4 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) innerhalb der Frist von vier Wochen bei der belangten Behörde eingebracht. Es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels entsprechender Sonderregelung im GEG bzw. im GGG liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 28 Abs 2 VwGVG über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1).

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags - der hier ohnehin nicht vorliegt - von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführte ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren mangels Vorliegens von "civil rights" unter dem Blickwinkel des Art 6 EMRK nicht erforderlich (VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305; 11.01.2016, Ra 2015/16/0132). Auch ist nicht ersichtlich, warum nach Art 47 der EU Grundrechte-Charta eine Verhandlung erforderlich sein soll. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen und ist auch die Rechtsfrage nicht derart komplex, dass es zu deren Erörterung einer mündlichen Verhandlung bedürfte.

Zu A)

3.2. Gesetzliche Grundlagen und Judikatur

Gemäß § 1 Abs 1 Gerichtsgebührengesetzes (GGG) unterliegt den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren die Inanspruchnahme der Tätigkeit der Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizverwaltungsbehörden einschließlich der an diese gerichteten Eingaben sowie die Führung der öffentlichen Bücher, Urkundensammlungen sowie einsichtsfähigen Register nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen und des angeschlossenen, einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Tarifs.

Der Anspruch des Bundes auf die Gebühr wird gemäß § 2 Z 1 lit c GGG mit der Überreichung der Rechtsmittelschrift begründet.

Tarifpost (TP) 2 GGG legt Gerichtsgebühren (Pauschalgebühren) für Rechtsmittelverfahren zweiter Instanz (u.a. Berufungsverfahren) in abgestufter Höhe nach dem Wert des Berufungsinteresses fest.

TP 2 GGG in der für den Zeitpunkt der Überreichung der Rechtsmittelschrift maßgebenden Fassung legt die Pauschalgebühr für das Berufungsverfahren bei einem Berufungsinteresse über 7 000 Euro bis 35 000 Euro mit 1 143 Euro fest. Über 3 500 Euro bis 7 000 Euro beträgt diese 571 Euro.

Gemäß § 14 GGG ist Bemessungsgrundlage, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.

Gemäß § 56 Abs 1 JN ist die in der Klage angegebene Geldsumme für die Beurteilung der Zuständigkeit und für die Besetzung des Gerichtes (§ 7a) maßgebend, wenn sich der Kläger an Stelle der angesprochenen Sache eine bestimmte Geldsumme anzunehmen erbietet oder er ein alternatives Begehren auf Zuerkennung einer Geldsumme stellt.

Gemäß § 56 Abs 2 JN hat der Kläger in allen anderen Fällen den Wert eines nicht in einem Geldbetrag bestehenden vermögensrechtlichen Streitgegenstandes in der Klage anzugeben. Dies gilt insbesondere auch in Ansehung von Feststellungsklagen. Unterlässt der Kläger eine Bewertung in einer Klage, so gilt der Betrag von 5 000 Euro als Streitwert.

Erscheint bei einer Klage, welche bei einem Gerichtshof erster Instanz angebracht wurde, die im Sinne des § 56 Abs 2 JN erfolgte Bewertung des Streitgegenstandes übermäßig hoch gegriffen, so kann das Gericht, wenn es zugleich wahrscheinlich ist, dass bei richtiger Bewertung des Streitgegenstandes dieser die für die Zuständigkeit des Gerichtshofes maßgebende Wertgrenze nicht erreichen dürfte, von Amts wegen die ihm zur Prüfung der Richtigkeit der Wertangabe nötig erscheinenden Erhebungen anordnen (§ 60 Abs 1 JN).

Gemäß § 18 Abs 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren gleich. Wird der Streitwert gemäß § 7 RATG geändert, so bildet gemäß Abs 2 Z 1 leg cit der geänderte Streitwert die Bemessungsgrundlage. Nach Abs 3 leg cit tritt bei einer Einschränkung des Klagebegehrens keine Änderung des Streitwertes ein.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Rechtsanwaltstarifgesetzes (RATG) lauten (auszugsweise):

"Gegenstand des Tarifs

§ 1. (1) Die Rechtsanwälte haben im zivilgerichtlichen Verfahren und im schiedsrichterlichen Verfahren nach den §§ 577 ff. der Zivilprozeßordnung sowie in Strafverfahren über eine Privatanklage und für die Vertretung von Privatbeteiligten Anspruch auf Entlohnung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen und des angeschlossenen, einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Tarifs. [...]

§ 7. (1) Findet der Beklagte die Bewertung des Streitgegenstandes nach den §§ 56 oder 59 der Jurisdiktionsnorm durch den Kläger zu hoch oder zu niedrig, so kann er spätestens bei der ersten zur mündlichen Streitverhandlung bestimmten Tagsatzung die Bewertung bemängeln. Wird der Wert des Verfahrensgegenstandes im außerstreitigen Verfahren von den Parteien unterschiedlich bezeichnet, so ist dies einer Bemängelung der Bewertung gleichzuhalten.

(2) Mangels einer Einigung der Parteien hat das Gericht möglichst ohne weitere Erhebungen und ohne die Erledigung wesentlich zu verzögern oder Kosten zu verursachen, den Streitgegenstand für die Anwendung dieses Bundesgesetzes im Rahmen der von den Parteien behaupteten Beträge zu bewerten. Gleiches gilt im außerstreitigen Verfahren für die Bewertung des Verfahrensgegenstandes. Dieser Beschluss kann durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden.

§ 10. Der Gegenstand ist zu bewerten:

6. in Streitigkeiten über Klagen nach § 1330 ABGB, soweit der Gegenstand nicht aus einem Geldbetrag besteht,

a) wenn die Behauptung in einem Medium (§ 1 Z 1 Mediengesetz) verbreitet wurde, höchstens. mit 19 620 Euro.

b) ansonsten höchstens mit 8 720 Euro."

3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

Der BF vertritt zusammengefasst die Meinung, dass der im gegenständlichen Fall für das anwaltliche Honorar gemäß § 10 Z 6 lit 6 RATG geltende Streitwert von € 8.720,00 nicht als Bemessungsgrundlage für die Gerichtsgebühren heranzuziehen sei, sondern die Zweifelsregel des § 56 Abs 2 JN zur Anwendung kommen und das Berufungsinteresse mit € 5.000,00 bewertet werden müsse.

Dieser Rechtsansicht des BF kann aus nachstehenden Gründen nicht gefolgt werden:

Auch wenn - wie der BF moniert - die Bewertung des Streitgegenstandes in der Klage als Bewertung nach § 10 Z 6 lit b RATG (und nicht explizit auch als Bewertung nach JN bzw GGG) ausgewiesen war, kann fallbezogen nicht mehr von einer nach § 56 Abs 2 letzter Satz geforderten "Unterlassung" der Bewertung gesprochen werden. Der Kläger wollte die Klage mit dem Höchstwert gem § 10 Z 6 lit b RATG iHv € 8.720,00 bewerten.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der BF auch nicht von seiner Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, diesen Streitwert iHv € 8.720,00 gemäß § 7 RATG zu bemängeln. Sein diesbezügliches Argument, er habe keine Möglichkeit in die Bewertung verfahrensrechtlich einzugreifen, ist vor dem Hintergrund von § 7 RATG nicht schlüssig.

Wenngleich dem Erkenntnis des VwGH vom 24.05.1991, 90/16/0081, ein anderer Sachverhalt zugrunde liegt, wird darin klargestellt, dass es nicht den allgemeinen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens entspreche, durch eine - im Gesetz nicht vorgesehene - getrennte Bewertung des Streitgegenstandes, einerseits für die Entlohnung des Rechtsanwaltes eine höhere Bemessungsgrundlage zu wählen und andererseits den gesetzlichen Gerichtsgebührenanspruch des Bundes durch die gesonderte Wahl einer niedrigeren Bemessungsgrundlage zu schmälern.

Eine Bewertung des Streitgegenstandes nach RATG mit € 8.720,00 und eine gleichzeitige Bewertung des Streitgegenstandes nach JN bzw GGG mit lediglich € 5.000,00 wäre eine rechtswidrige Annahme einer niedrigeren Bemessungsgrundlage, welche den gesetzlichen Gebührenanspruch des Bundes schmälern würde (Hinweis E 24. Mai 1991, 90/16/0081; VwGH 24.01.2002, 2001/16/0614).

Das GGG knüpft bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen Formaltatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme geknüpft ist, hinweg sieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden. Die das Gerichtsgebührengesetz und das gerichtliche Einbringungsgesetz vollziehenden Justizverwaltungsorgane sind an die Entscheidungen der Gerichte gebunden [vgl. die in Wais/Dokalik, Gerichtsgebühren10, in E 12.ff zu § 1 GGG, wiedergegebene hg. Rechtsprechung] (VwGH 29.04.2013, Zl. 2012/16/0131). Es geht auch nicht an, im Wege der Analogie einen vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Ausnahmetatbestand zu begründen (vgl VwGH 13.5.2004, 2003/16/0469 mwN).

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die klagende Partei im betreffenden Grundverfahren den Streitwert mit € 8.720,00 bewertet und auch das erkennende Gericht diesen Streitwert seinem Urteil zugrunde gelegt hat. Da dieser Streitwert weder gemäß § 7 RATG geändert wurde, noch im Rechtsmittelverfahren nur ein Teil des ursprünglichen Streitgegenstandes angefochten wurde, blieb auch kein Raum für eine Neubewertung, sondern war für die Berechnung der Pauschalgebühren nach TP 2 GGG die vom Kläger in der Klage vom 01.08.2018 vorgenommene Bewertung iHv € 8.720,00 als Bemessungsgrundlage heranzuziehen, auf deren Grundlage sich - wie von der belangten Behörde zu Recht ausgesprochen - eine Pauschalgebühr nach TP 2 GGG iHv € 1.143,00 ergibt.

Da dem angefochtenen Bescheid vor diesem Hintergrund keine Rechtswidrigkeit im Sinne des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG anzulasten ist, ist die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die oben dargestellte Judikatur des VwGH wird verwiesen.

Schlagworte

Anwaltskosten, Bemessungsgrundlage, Berufungsinteresse,
Gerichtsgebühren, Pauschalgebühren, Rechtsmittelverfahren,
Streitwert

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W208.2218352.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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