TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/7 W227 2224799-1

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Veröffentlicht am 07.11.2019
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Entscheidungsdatum

07.11.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
SchUG §25 Abs1
SchUG §25 Abs2 litc
SchUG §71

Spruch

W227 2224799-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde von XXXX , Erziehungsberechtigte der minderjährigen XXXX , gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Steiermark vom 2. Oktober 2019, Zl. IVSa72/3-2019, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

1. Die am XXXX geborene Tochter der Beschwerdeführerin besuchte im Schuljahr 2018/2019 die fünfte Klasse (9. Schulstufe) des Bundesgymnasiums und Bundesrealgymnasiums XXXX .

2. Am 26. Juni 2019 entschied die Klassenkonferenz der XXXX, dass die Tochter der Beschwerdeführerin im Pflichtgegenstand "Mathematik" eine negative Jahresbeurteilung erhält und zum Aufsteigen mangels Vorliegen der Voraussetzung des § 25 Abs. 2 lit. c Schulunterrichtsgesetz (SchUG) nicht berechtigt ist.

Diese Entscheidung blieb unbekämpft.

3. Am 9. September 2019 trat die Tochter der Beschwerdeführerin zur Wiederholungsprüfung in "Mathematik" an und bestand diese nicht. Daraufhin entschied die Klassenkonferenz der XXXX (erneut), dass die Tochter der Beschwerdeführerin zum Aufsteigen in die nächste Schulstufe nicht berechtigt ist.

4. Gegen diese Entscheidung erhob die Beschwerdeführerin frist- und formgerecht Widerspruch, in dem sie zusammengefasst geltend macht, dass die Wiederholungsprüfung nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei.

5. In Folge unterbrach die Bildungsdirektion für Steiermark das Widerspruchsverfahren und ließ die Tochter der Beschwerdeführerin zur kommissionellen Prüfung im Gegenstand "Mathematik" zu, da aufgrund der Unterlagen der Schule nicht hervorging, ob die gesetzlich vorgesehene Prüfungszeit bei der Wiederholungsprüfung eingehalten wurde.

6. Am 1. Oktober 2019 trat die Tochter der Beschwerdeführerin zur kommissionellen Prüfung an und bestand diese nicht.

7. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die Bildungsdirektion für Steiermark den Widerspruch ab und stellte fest, dass die Tochter der Beschwerdeführerin zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe nicht berechtigt ist.

Begründend führte die Bildungsdirektion für Steiermark zusammengefasst aus, aus dem Protokoll über die kommissionelle Prüfung ergebe sich, dass die Tochter der Beschwerdeführerin sowohl bei der schriftlichen als auch bei der mündlichen Teilprüfung die Anforderungen in den wesentlichen Bereichen nicht einmal überwiegend habe erfüllen können. Die Beurteilung im Unterrichtsgegenstand "Mathematik" mit "Nicht genügend" bleibe daher aufrecht.

8. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde, in der sie (hier relevant) im Wesentlichen Folgendes vorbringt:

Sie verstehe nicht, warum erneut der Mathematiklehrer als Prüfer bei der kommissionellen Prüfung bestellt worden sei. Dieser habe "eine für einen Wettbewerb geeignete Prüfung zusammengestellt", welche einen "ausgezeichneten Schüler von einem guten Schüler unterscheiden" könne und nicht, um die "Kenntnisse eines Durchschnittsschülers festzustellen". Sie habe schon in ihrem Widerspruch angeführt, dass ihre Tochter "Angst" vor ihrem Mathematiklehrer habe, der "alles in seiner Macht" tue, um sie durchfallen zu lassen. Sie ersuche, dass ihre Tochter entweder die "Klausel" kriege und auf eine andere Schule wechseln könne, oder, dass die Prüfung wiederholt werde und ein anderer Lehrer ihre Tochter prüfe.

9. Am 25. Oktober 2019 legte die Bildungsdirektion für Steiermark die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Die am XXXX geborene Tochter der Beschwerdeführerin besuchte im Schuljahr 2018/2019 die fünfte Klasse (9. Schulstufe) des Bundesgymnasiums und Bundesrealgymnasiums XXXX .

Am 26. Juni 2019 entschied die Klassenkonferenz der XXXX , dass die Tochter der Beschwerdeführerin im Pflichtgegenstand "Mathematik" eine negative Jahresbeurteilung erhält und zum Aufsteigen mangels Vorliegen der Voraussetzung des § 25 Abs. 2 lit. c Schulunterrichtsgesetz (SchUG) nicht berechtigt ist.

Am 9. September 2019 trat die Tochter der Beschwerdeführerin zur Wiederholungsprüfung in "Mathematik" an und bestand diese nicht.

Aus den Unterlagen der Schule geht nicht hervor, wann die schriftliche Teilprüfung der Wiederholungsprüfung begonnen und wann sie geendet hat und ob zumindest eine einstündige Pause zwischen der schriftlichen und mündlichen Teilprüfung war.

Am 1. Oktober 2019 trat die Tochter der Beschwerdeführerin zur kommissionellen Prüfung in "Mathematik" an. Die Prüfung fand unter dem Vorsitz einer Fachinspektorin für Mathematik, dem Lehrer, der Mathematik in der XXXX-Klasse unterrichtet hat, und einer weiteren Mathematiklehrerin des Bundesgymnasiums und Bundesrealgymnasiums XXXX statt.

Die Tochter der Beschwerdeführerin konnte sowohl bei der schriftlichen als auch bei der mündlichen Teilprüfung die Anforderungen in den wesentlichen Bereichen nicht einmal überwiegend erfüllen.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen basieren auf dem unstrittigen Akteninhalt. Dass die kommissionelle Prüfung zutreffend mit "Nicht genügend" beurteilt wurde, ergibt sich aus dem schlüssigen und richtigen Prüfungsprotokoll, das die Beschwerdeführerin nicht entkräften konnte.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde (Spruchpunkt A)

3.1.1. Gemäß § 25 Abs. 1 SchUG ist ein Schüler zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe berechtigt, wenn er die Schulstufe erfolgreich abgeschlossen hat. Eine Schulstufe ist erfolgreich abgeschlossen, wenn das Jahreszeugnis in allen Pflichtgegenständen eine Beurteilung aufweist und in keinem Pflichtgegenstand die Note "Nicht genügend" enthält. Eine Schulstufe gilt auch dann als erfolgreich abgeschlossen, wenn bei Wiederholen von Schulstufen das Jahreszeugnis in höchstens einem Pflichtgegenstand die Note "Nicht genügend" enthält und dieser Pflichtgegenstand vor der Wiederholung der Schulstufe zumindest mit "Befriedigend" beurteilt wurde.

Gemäß § 25 Abs. 2 SchUG lit. c ist ein Schüler ferner zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe berechtigt, wenn das Jahreszeugnis zwar in einem Pflichtgegenstand die Note "Nicht genügend" enthält, aber die Klassenkonferenz feststellt, dass der Schüler auf Grund seiner Leistungen in den übrigen Pflichtgegenständen die Voraussetzungen zur erfolgreichen Teilnahme am Unterricht der nächsthöheren Schulstufe im Hinblick auf die Aufgabe der betreffenden Schulart aufweist.

Nach § 14 Abs. 5 Leistungsbeurteilungsverordnung (LBVO) sind mit "Genügend" Leistungen zu beurteilen, mit denen der Schüler die nach Maßgabe des Lehrplanes gestellten Anforderungen in der Erfassung und in der Anwendung des Lehrstoffes sowie in der Durchführung der Aufgaben in den wesentlichen Bereichen überwiegend erfüllt.

Nach § 14 Abs. 6 LBVO sind Leistungen mit "Nicht genügend" zu beurteilen, mit denen der Schüler nicht einmal alle Erfordernisse für die Beurteilung mit "Genügend" erfüllt.

Wenn eine Wiederholungsprüfung aus einer schriftlichen bzw. praktischen Teilprüfung und einer mündlichen Teilprüfung besteht, so ist nach § 22 Abs. 3 LBVO die schriftliche bzw. praktische Teilprüfung am Vormittag, die mündliche Teilprüfung frühestens eine Stunde nach dem Ende der schriftlichen bzw. praktischen Teilprüfung, spätestens am folgenden Tag abzulegen.

Nach § 22 Abs. 6 LBVO hat die Dauer einer schriftlichen Teilprüfung 50 Minuten, in Unterrichtsgegenständen, in denen für die betroffene Schulstufe mindestens eine zwei- oder mehrstündige Schularbeit lehrplanmäßig vorgesehen ist, jedoch 100 Minuten zu betragen. Die Dauer einer mündlichen Teilprüfung hat 15 bis 30 Minuten zu betragen.

Gemäß § 71 Abs. 2 lit. c SchUG ist gegen die Entscheidung, dass der Schüler zum Aufsteigen nicht berechtigt ist, ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig.

Gemäß § 71 Abs. 4 SchUG hat die zuständige Schulbehörde in den Fällen des Abs. 2, insoweit sich der Widerspruch auf behauptete unrichtige Beurteilungen mit "Nicht genügend" stützt, diese zu überprüfen. Wenn die Unterlagen nicht zur Feststellung, dass eine auf "Nicht genügend" lautende Beurteilung unrichtig oder richtig war, ausreichen, ist das Verfahren zu unterbrechen und der Widerspruchswerber zu einer kommissionellen Prüfung (Abs. 5) zuzulassen. Die Überprüfung der Beurteilungen bzw. die Zulassung zur kommissionellen Prüfung hat auch dann zu erfolgen, wenn deren Ergebnis keine Grundlage für eine Änderung der angefochtenen Entscheidung gibt.

Gemäß § 71 Abs. 5 SchUG gelten für die Durchführung der kommissionellen Prüfung die Bestimmungen über die Wiederholungsprüfung (§ 23 Abs. 6) mit der Maßgabe, dass

1. die Prüfung unter dem Vorsitz eines Schulaufsichtsbeamten oder eines von diesem bestimmten Vertreters stattzufinden hat und

2. der Vorsitzende den Lehrer, der den betreffenden Unterrichtsgegenstand in der betreffenden Klasse unterrichtet hat, oder einen anderen für den betreffenden Unterrichtsgegenstand (das Prüfungsgebiet) lehrbefähigten Lehrer als Prüfer und einen weiteren Lehrer als Beisitzer zu bestellen hat.

Wenn eine Einigung über die Beurteilung des Ergebnisses dieser Prüfung nicht zu Stande kommt, entscheidet der Vorsitzende.

Gemäß § 71 Abs. 6 SchUG ist der dem Widerspruch stattgebenden oder diesen abweisenden Entscheidung die Beurteilung zugrunde zu legen, die die Behörde nach der Überprüfung bzw. die Prüfungskommission nach der Durchführung der Prüfung für richtig hält. Sofern diese Beurteilung nicht auf "Nicht genügend" lautet, ist ein Zeugnis auszustellen, das diese Beurteilung enthält.

Nach § 23 Abs. 6 SchUG, auf den § 71 Abs. 5 leg. cit. verweist, hat die Beurteilung der Leistungen des Schülers durch den Lehrer des betreffenden Unterrichtsgegenstandes in der betreffenden Klasse (Prüfer) gemeinsam mit einem zweiten vom Schulleiter zu bestimmenden Lehrer (Beisitzer) zu erfolgen.

3.1.2. Für den vorliegenden Fall bedeutet das:

Wie oben festgestellt, reichten die Unterlagen der Schule nicht aus, um beurteilen zu können, ob die gesetzlich vorgesehenen Prüfungszeiten bei der Wiederholungsprüfung (siehe § 22 Abs. 3 und 6 LBVO) tatsächlich eingehalten wurden. Infolgedessen ging die Bildungsdirektion für Steiermark zutreffend davon aus, dass das Widerspruchsverfahren gemäß § 71 Abs. 4 SchUG zu unterbrechen ist und die Tochter der Beschwerdeführerin zu einer kommissionellen Prüfung im Gegenstand "Mathematik" zuzulassen ist (siehe Jonak/Kövesi, Das Österreichische Schulrecht14, FN 16f zu § 71 SchUG mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Weiters war die Prüfungskommission- entgegen dem Beschwerdevorbringen, warum erneut der Mathematiklehrer als Prüfer bei der kommissionellen Prüfung bestellt worden sei - auch gesetzeskonform zusammengestellt. So ordnet das Schulunterrichtsgesetz ausdrücklich an, dass der Lehrer des betreffenden Unterrichtsgegenstandes in der betreffenden Klasse bei der kommissionellen Prüfung als Prüfer zu fungieren hat (vgl. VwGH 15.02.1999, 98/10/0377).

Aus dem Prüfungsprotokoll klar geht hervor, dass die Tochter der Beschwerdeführerin bei der kommissionellen Prüfung die Anforderungen im Pflichtgegenstand "Mathematik" nicht einmal in den wesentlichen Bereichen überwiegend erfüllt hat, weshalb ihre Leistungen zutreffend mit "Nicht genügend" beurteilt wurden (siehe dazu die Gegenüberstellung der Anforderungen in den einzelnen Beurteilungsstufen in Jonak/Kövesi, Das Österreichische Schulrecht14, FN 1 zu § 14 LBVO).

Damit scheidet ein Aufsteigen der Tochter der Beschwerdeführerin in die nächsthöhere Schulstufe aus (vgl. auch VwGH 24.04.2018, Ra 2018/10/0019).

Folglich ist die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lässt (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage [2018] § 24 VwGVG Anm. 13 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie VfGH 18.06.2012, B 155/12; EGMR Tusnovics v. Austria, 07.03.2017, 24.719/12). Außerdem ist das Schulrecht nicht von Art. 6 EMRK und auch nicht von Art. 47 GRC erfasst (vgl. VfGH 10.03.2015, E 1993/2014, sowie VwGH 24.04.2018, Ra 2018/10/0019).

3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B)

3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass hier die Tochter der Beschwerdeführerin zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe nicht berechtigt ist, entspricht der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Aufstieg in nächsthöhere Schulstufe, kommissionelle Prüfung,
negative Beurteilung, Pflichtgegenstand, Wiederholungsprüfung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W227.2224799.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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