Entscheidungsdatum
22.11.2019Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W227 2224883-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde von XXXX und XXXX , Erziehungsberechtigte des am XXXX geborenen XXXX , gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Wien vom 26. September 2019, Zl. 003.103/0115-Präs3a1/2019, zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchteil 2 des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:
"2. Das schulpflichtige Kind XXXX , geboren am XXXX , hat seine allgemeine Schulpflicht im Schuljahr 2019/2020 gemäß § 11 Abs. 2a SchPflG in einer öffentlichen Schule oder in einer mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu erfüllen."
II. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
I. Verfahrensgang
1. Am 23. August 2019 zeigten die Beschwerdeführer die Teilnahme ihres am XXXX geborenen Sohnes am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht im Schuljahr 2019/2020 an. Dazu legten sie seine Schulbesuchsbestätigung der öffentlichen Volksschule XXXX in XXXX Wien vom 28. Juni 2019 vor. Diese Schulbesuchsbestätigung weist im Pflichtgegenstand "Deutsch, Lesen, Schreiben" ein "nicht beurteilt" auf und die Feststellung, dass der Sohn der Beschwerdeführer gemäß § 25 Schulunterrichtsgesetz (SchUG) zum Aufsteigen in eine nächsthöhere Schulstufe nicht berechtigt ist.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die Bildungsdirektion für Wien Folgendes aus:
"1. Die Teilnahme von XXXX , geboren am XXXX , am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht im Schuljahr 2019/20 wird gemäß § 11 Abs. 3 Schulpflichtgesetz (SchPflG) untersagt.
2. Das schulpflichtige Kind XXXX , geboren am XXXX , hat gemäß § 11 Abs. 2a SchPflG eine Deutschförderklasse gemäß § 8h Abs. 2 oder einen Deutschförderkurs gemäß § 8h Abs. 3 des Schulorganisationsgesetzes einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung iSd § 5 SchPflG zu besuchen.
3. Die Erziehungsberechtigten XXXX und XXXX sind gem. §§ 5 und 24 SchPflG verpflichtet, im Schuljahr 2019/20 für die Erfüllung der Schulpflicht von XXXX , geboren am XXXX , an einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu sorgen."
Begründend führte die Bildungsdirektion für Wien zusammengefasst aus:
Aus der Schulbesuchsbestätigung, die eine öffentliche Urkunde darstelle, ergebe sich, dass der Sohn der Beschwerdeführer ungenügende bzw. mangelhafte Kenntnisse der deutschen Unterrichtssprache i.S.d. § 4 Abs. 2 lit. a SchUG habe, weshalb spruchgemäß zu entscheiden sei. Da ein großes öffentliches Interesse an der ausreichenden Beschulung entsprechend dem österreichischen Schulpflichtgesetz von Kindern mit dauerndem Aufenthalt in Österreich bestehe, sei die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG auszuschließen.
3. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, in der sie im Wesentlichen Folgendes vorbringen:
Die in § 27 Abs. 2 SchPflG verankerte Beschwerdefrist von fünf Tagen stelle "angesichts der neuen gesetzlichen Regelungen betreffend Deutschförderungen und der damit verbundenen Testung eine Verletzung des verfassungsrechtlich auch seitens der Behörde erster Instanz zu wahrenden Rechtsschutzprinzips" dar.
Weiters habe ihr Sohn vor Erlassung des Bescheides keine Möglichkeit gehabt, seine Deutschkenntnisse erneut im Rahmen einer "MIKA-D" Testung zu beweisen. Er sei von der Privatschule XXXX "ordnungsgemäß" getestet und als ordentlicher Schüler aufgenommen worden. Dazu legten sie das Schülerstammblatt ihres Sohnes und die Kopie eines durch die XXXX durchgeführten, mit 20. August 2019 datierten "MIKA-D" Test vor.
Der Sohn der Beschwerdeführer sei auch vom Schulleiter der XXXX Privatschule XXXX getestet worden, welcher keinen Bedarf einer Deutschförderung gesehen habe.
Es werde beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
4. Am 29. Oktober 2019 legte die Bildungsdirektion für Wien die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.
5. Auf entsprechende Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichtes legte die XXXX am 20. November 2019 die Unterlagen der Sprachüberprüfungen des Sohnes der Beschwerdeführer vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der am XXXX geborene Sohn der Beschwerdeführer (Muttersprache Englisch) wies bei der Sprachüberprüfung im Rahmen der Schuleinschreibung am 17. Jänner 2018 und im Beobachtungszeitraum zu Schulbeginn 2018 mangelhafte Sprachkenntnisse der deutschen Sprache auf.
Im Schuljahr 2018/2019 besuchte er die 1. Klasse (1. Schulstufe) der öffentlichen Volksschule XXXX als außerordentlicher Schüler und befand sich dort bis April 2019 in einer Deutschförderklasse.
Der am 8. Mai 2019 von der XXXX durchgeführte "MIKA-D" Test (standardisierte Testung zur Feststellung der Kenntnisse der Unterrichtssprache gemäß den §§ 4 Abs. 2a oder 18 Abs. 14 SchUG) ergab, dass der Sohn der Beschwerdeführer (noch) immer mangelhafte Deutschkenntnisse aufweist und einem Deutschförderkurs zuzuteilen ist.
Die Schulbesuchsbestätigung des Sohnes der Beschwerdeführer vom 28. Juni 2019 weist im Pflichtgegenstand "Deutsch, Lesen, Schreiben" ein "nicht beurteilt" auf und die Feststellung, dass er gemäß § 25 SchUG zum Aufsteigen in eine nächsthöhere Schulstufe nicht berechtigt ist.
Die XXXX ist eine Privatschule des Vereins " XXXX ", Schulstandort in XXXX Wien, XXXX . Sie ist eine Privatschule mit eigenem Organisationsstatut, welches die Bundesministerin für Bildung und Frauen mit Bescheid vom 4. Oktober 2016 ab dem Schuljahr 2016/2017 genehmigte. Mit Bescheid vom 28. August 2018 verlieh ihr der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung das Öffentlichkeitsrecht ab dem Schuljahr 2017/2018 auf die Dauer der Erfüllung der gesetzlichen Bedingungen. Mit Ablauf des Schuljahres 2018/2019 ließ der Schulerhalter den Schulstandort in XXXX Wien, XXXX , auf.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen basieren auf dem unstrittigen Akteninhalt. Die nachträglich eingeholten Unterlagen der Sprachüberprüfungen des Sohnes der Beschwerdeführer sind den Beschwerdeführern bekannt.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zur Abweisung der Beschwerde [Spruchpunkt A) I.]
3.1.1. Gemäß Art. 14 Abs. 7a B-VG beträgt die Schulpflicht zumindest neun Jahre und es besteht auch Berufsschulpflicht.
Gemäß § 1 Abs. 1 SchPflG besteht für alle Kinder, die sich in Österreich dauernd aufhalten, allgemeine Schulpflicht nach Maßgabe dieses Abschnittes.
Gemäß § 4 SchPflG sind unter den in den §§ 5 bis 10 genannten Schulen öffentliche oder mit einem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schulen zu verstehen.
Gemäß § 5 Abs. 1 SchPflG ist die allgemeine Schulpflicht durch den Besuch von allgemeinbildenden Pflichtschulen sowie von mittleren oder höheren Schulen (einschließlich der land- und forstwirtschaftlichen Fachschulen und der höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten) zu erfüllen.
Gemäß § 11 Abs. 1 SchPflG kann die allgemeine Schulpflicht auch durch die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule mindestens gleichwertig ist.
Nach § 11 Abs. 2 SchPflG kann die allgemeine Schulpflicht ferner durch die Teilnahme an häuslichem Unterricht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule - ausgenommen die Polytechnische Schule - mindestens gleichwertig ist.
Nach § 11 Abs. 2a SchPflG gelten die Abs. 1 und 2 nicht für Schüler, die eine Deutschförderklasse gemäß § 8h Abs. 2 oder einen Deutschförderkurs gemäß § 8h Abs. 3 des Schulorganisationsgesetzes (SchOG) zu besuchen haben. Diese Schüler haben ihre allgemeine Schulpflicht jedenfalls für die Dauer des Bedarfes einer dieser besonderen Sprachförderungen in öffentlichen Schulen oder in mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schulen mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu erfüllen.
Gemäß § 11 Abs. 3 SchPflG haben die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten die Teilnahme ihres Kindes an einem im Abs. 1 oder 2 genannten Unterricht der Bildungsdirektion jeweils vor Beginn des Schuljahres anzuzeigen. Die Bildungsdirektion kann die Teilnahme an einem solchen Unterricht untersagen, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die im Abs. 1 oder 2 geforderte Gleichwertigkeit des Unterrichtes nicht gegeben ist oder wenn gemäß Abs. 2a eine öffentliche Schule oder eine mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu besuchen ist.
Gemäß § 24 Abs. 1 erster Satz SchPflG sind die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten verpflichtet, für die Erfüllung der Schulpflicht, insbesondere für den regelmäßigen Schulbesuch und die Einhaltung der Schulordnung durch den Schüler bzw. in den Fällen der §§ 11, 13 und 22 Abs. 4 für die Ablegung der dort vorgesehenen Prüfungen zu sorgen.
Gemäß § 27 Abs. 2 beträgt in den Fällen des § 11 Abs. 3 die Frist für die Erhebung der Beschwerde beim Verwaltungsgericht fünf Tage. Das Bundesverwaltungsgericht hat ab Vorlage solcher Beschwerden binnen vier Wochen zu entscheiden.
Gemäß § 8h Abs. 1 Schulorganisationsgesetz (SchOG) sind Schülern von allgemeinbildenden Pflichtschulen sowie von mittleren und höheren Schulen, die gemäß § 4 Abs. 2 lit. a oder Abs. 5 des Schulunterrichtsgesetzes wegen mangelnder Kenntnis der Unterrichtssprache als außerordentliche Schüler aufgenommen wurden, nach Maßgabe der Testergebnisse gemäß den §§ 4 Abs. 2a und 18 Abs. 14 des Schulunterrichtsgesetzes in Deutschförderklassen und Deutschförderkursen jene Sprachkenntnisse zu vermitteln, die sie befähigen, dem Unterricht der betreffenden Schulstufe zu folgen.
Gemäß § 8h Abs. 2 SchOG sind Deutschförderklassen vom Schulleiter jedenfalls ab einer Schülerzahl von acht Schülern (auch klassen-, schulstufen- oder schulartübergreifend) einzurichten, bei denen die Feststellung der Kenntnisse der Unterrichtssprache gemäß den §§ 4 Abs. 2a oder 18 Abs. 14 des Schulunterrichtsgesetzes ergeben hat, dass sie weder als ordentliche Schüler aufgenommen werden können noch über jene Kenntnisse verfügen, die eine besondere Förderung in Deutschförderkursen erlauben. Sie dauern ein Semester und sind so oft, längstens jedoch vier Mal, zu besuchen, bis auf Grund der Testergebnisse gemäß § 18 Abs. 14 des Schulunterrichtsgesetzes eine Sprachförderung in Deutschförderkursen erfolgen kann oder der Unterricht ohne besondere Sprachförderung besucht werden kann. Bei einer zu geringen Schülerzahl sind die betreffenden Schüler in der jeweiligen Klasse grundsätzlich integrativ nach dem Deutschförderplan, sechs Wochenstunden jedoch parallel zum Unterricht in der Klasse zu unterrichten.
Gemäß § 8h Abs. 3 SchOG sind Deutschförderkurse vom Schulleiter jedenfalls ab einer Schülerzahl von acht Schülern (auch klassen-, schulstufen- oder schulartübergreifend) einzurichten, bei denen die Feststellung der Kenntnisse der Unterrichtssprache gemäß den §§ 4 Abs. 2a oder 18 Abs. 14 des Schulunterrichtsgesetzes ergeben hat, dass sie zwar nicht als ordentliche Schüler aufgenommen werden können, aber keine besondere Förderung in Deutschförderklassen benötigen. Sie dauern ein oder höchstens zwei Unterrichtsjahre und können nach Erreichen der erforderlichen Sprachkompetenz gemäß § 18 Abs. 15 des Schulunterrichtsgesetzes durch die Schülerin oder den Schüler auch nach kürzerer Dauer beendet werden. In Deutschförderkursen ist im Ausmaß von sechs Wochenstunden parallel zum Unterricht von Pflichtgegenständen nach dem im betreffenden Lehrplan verordneten Pflichtgegenstand Deutsch (gegebenenfalls mit den Schwerpunkten oder Lehrplan-Zusätzen "für Schülerinnen und Schüler mit nichtdeutscher Muttersprache" oder "Deutsch als Zweitsprache") zu unterrichten. Bei einer zu geringen Schülerzahl sind die betreffenden Schülerinnen und Schüler in der jeweiligen Klasse integrativ zu unterrichten.
Gemäß § 4 Abs. 2 lit. a Schulunterrichtsgesetz (SchUG) sind der allgemeinen Schulpflicht unterliegende Kinder nur dann als außerordentliche Schüler aufzunehmen, wenn nach Maßgabe der Testung gemäß Abs. 2a ihre Aufnahme als ordentliche Schüler wegen mangelnder Kenntnis der Unterrichtssprache nicht zulässig ist (§ 3 Abs. 1 lit. b).
Gemäß § 4 Abs. 2a SchUG sind zur Feststellung der Kenntnisse der Unterrichtssprache gemäß Abs. 2 lit. a standardisierte Testverfahren zur Verfügung zu stellen, die vom Schulleiter oder auf Anordnung der zuständigen Schulbehörde von dieser durchzuführen sind. Die Testverfahren sind so zu gestalten, dass sie Rückschlüsse für die Aufnahme
1. als ordentlicher Schüler oder
2. als außerordentlicher Schüler in Verbindung mit Sprachförderung in Deutschförderkursen gemäß § 8h Abs. 3 des Schulorganisationsgesetzes oder
3. als außerordentlicher Schüler in Verbindung mit Sprachförderung in Deutschförderklassen gemäß § 8h Abs. 2 des Schulorganisationsgesetzes
geben.
Gemäß § 4 Abs. 14 SchUG unterliegen die von Schülern von Deutschförderklassen gemäß § 8h Abs. 2 des Schulorganisationsgesetzes erbrachten Leistungen keiner Beurteilung im Sinne der vorstehenden Absätze. Zur Feststellung des Sprachstandes von Schülern von Deutschförderklassen sind standardisierte Testverfahren zur Verfügung zu stellen, die vom Schulleiter oder auf Anordnung der zuständigen Schulbehörde von dieser am Ende des betreffenden Semesters durchzuführen sind. Die Testverfahren sind so zu gestalten, dass sie Rückschlüsse für den weiteren Schulbesuch
1. als ordentlicher Schüler ohne besondere Sprachförderung oder
2. als außerordentlicher Schüler mit Sprachförderung in Deutschförderkursen gemäß § 8h Abs. 3 des Schulorganisationsgesetzes oder
3. als außerordentlicher Schüler mit Fortsetzung der Sprachförderung in Deutschförderklassen gemäß § 8h Abs. 2 des Schulorganisationsgesetzes
geben.
Gemäß § 22 Abs. 11 SchUG ist schulpflichtigen außerordentlichen Schülern am Ende des Unterrichtsjahres, wenn sie aber vor Ende des Unterrichtsjahres ausscheiden, im Zeitpunkt ihres Ausscheidens eine Schulbesuchsbestätigung über das Unterrichtsjahr bzw. über die Dauer ihres Schulbesuches sowie gegebenenfalls über den Besuch einer Deutschförderklasse auszustellen. Eine Schulbesuchsbestätigung über das Unterrichtsjahr oder über die Dauer des Schulbesuches hat
1. die Beurteilung der Leistungen in den einzelnen Pflichtgegenständen oder,
2. wenn gemäß § 18a eine Information über die Lern- und Entwicklungssituation zu erfolgen hat, eine auf den Zeitpunkt des Ausscheidens bezogene schriftliche Information
zu enthalten. Z 1 gilt nicht in den Fällen des § 4 Abs. 2 lit. a, wenn und insoweit der Schüler wegen mangelnder Kenntnis der Unterrichtssprache im Sinne des § 3 Abs. 1 lit. b die erforderlichen Leistungen nicht erbringt.
Gemäß § 25 Abs. 1 erster Satz SchUG sind Schüler der 1. und 2. Schulstufe berechtigt, in die nächsthöhere Schulstufe aufzusteigen.
Gemäß § 25 Abs. 5c SchUG sind Schüler, die im Sommersemester eine Deutschförderklasse besucht haben, im Fall des § 18 Abs. 14 Z 1 und 2 berechtigt, im nächstfolgenden Schuljahr dieselbe Schulstufe zu besuchen, auf der sie die Sprachförderklasse besucht haben. Sie sind im Fall des § 18 Abs. 14 Z 1 dann berechtigt, im nächstfolgenden Schuljahr die nächsthöhere Schulstufe zu besuchen, wenn die Klassenkonferenz bzw. an Schulen mit Klassenlehrersystem die Schulkonferenz feststellt, dass sie auf Grund ihrer Leistungen die Voraussetzungen zur erfolgreichen Teilnahme am Unterricht der nächsthöheren Schulstufe im Hinblick auf die Aufgabe der betreffenden Schulart aufweisen. Abs. 3 ist nicht anzuwenden.
Gemäß § 13 Abs. 1 und 2 Privatschulgesetz wird durch die Verleihung des Öffentlichkeitsrechtes einer Privatschule das Recht übertragen, Zeugnisse über den Erfolg des Schulbesuches auszustellen, die mit der Beweiskraft öffentlicher Urkunden und mit den gleichen Rechtswirkungen ausgestattet sind wie Zeugnisse gleichartiger öffentlicher Schulen. Mit dem Öffentlichkeitsrecht sind weiters folgende Rechtswirkungen verbunden:
a) an der Schule können die für die betreffende Schulart vorgesehenen Prüfungen abgehalten werden;
b) der Schule können Lehramtsanwärter, die sich damit einverstanden erklären, zur Einführung in die Praxis des Lehramtes mit Zustimmung des Schulerhalters zugewiesen werden;
c) auf die Schule finden die für die entsprechenden öffentlichen Schulen geltenden schulrechtlichen Vorschriften Anwendung, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist und soweit sie nicht die Errichtung, Erhaltung und Auflassung, die Sprengel und das Schulgeld betreffen. Bei der Anwendung von landesgesetzlichen Vorschriften betreffend die äußere Organisation der öffentlichen Pflichtschulen treten an die Stelle der dort vorgesehenen Behördenzuständigkeiten jene des § 23.
3.1.2. Für den vorliegenden Fall bedeutet das:
Vorweg ist darauf zu verweisen, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 6. März 2019, G 377/2018, festhielt, dass der Gesetzgeber mit § 11 Abs. 2a und 3 SchPflG (und wohl auch mit den damit in Zusammenhang stehenden Bestimmungen des § 8h SchOG und § 4 Abs. 2a SchUG) das Ziel verfolgt, den frühzeitigen Spracherwerb als Grundlage weiterer Bildung sicherzustellen. Schulpflichtige Schüler mit Sprachförderungsbedarf sollen befähigt werden, dem Unterricht in der deutschen Sprache zu folgen (RV 107 BlgNR 26. GP, 1 und 11). Die Sicherung des Ausbildungserfolges von schulpflichtigen Schülern ist daher der Kern dieser Bestimmungen. Vor diesem Hintergrund sah der Verfassungsgerichtshof keine Verfassungswidrigkeit der bei ihm angefochtenen gesetzlichen Bestimmungen.
Weiters ist zu den von den Beschwerdeführern geäußerten Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der in § 27 Abs. 2 SchPflG verankerten Beschwerdefrist von fünf Tagen darauf zu verweisen, dass sowohl die fünftätige Beschwerdefrist als auch die vierwöchige Entscheidungsfrist durch das Bundesverwaltungsgericht dem Bedürfnis nach rascher Klärung der Rechtssache vor dem Hintergrund der bestehenden Schulpflicht eines Kindes geschuldet sind. Davon gehen auch die erläuternden Bemerkungen zu § 27 Abs. 2 SchPflG aus, wenn sie die zeitliche Straffung der Verfahrensabläufe zugunsten der Rechtsklarheit ins Treffen führen (vgl. RV 107 BlgNR 26. GP, 13). Das Bundesverwaltungsgericht teilt daher die verfassungsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführer nicht, sondern sieht die Erforderlichkeit im Sinne des Art. 136 Abs. 2 B-VG (abweichende Regelungen können getroffen werden, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes erforderlich sind) gegeben. Aus diesem Grund sieht das Bundesverwaltungsgericht auch keine Veranlassung, einen auf Art. 140 B-VG gestützten Antrag an den Verfassungsgerichtshof zu stellen (siehe dazu auch BVwG 13.11.2019, W224 2224882-1/2E).
Aus nachstehenden Gründen ist die Teilnahme des Sohnes der Beschwerdeführer am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht im Schuljahr 2019/2020 zu untersagen:
Der Sohn der Beschwerdeführer wies bei der Sprachüberprüfung im Rahmen der Schuleinschreibung am 17. Jänner 2018 und im Beobachtungszeitraum zu Schulbeginn 2018 mangelhafte Kenntnisse der deutschen Sprache auf, weshalb er gemäß § 4 Abs. 2 lit. a SchUG als außerordentlicher Schüler an einer öffentlichen Volksschule aufgenommen wurde. Dort befand er sich bis April 2019 in einer Deutschförderklasse.
Die am 8. Mai 2019 von dieser öffentlichen Volksschule durchgeführte Testung gemäß § 4 Abs. 2a SchUG ergab, dass der Sohn der Beschwerdeführer (noch) immer mangelhafte Deutschkenntnisse aufwies und einem Deutschförderkurs zuzuteilen war.
Am 28. Juni 2019 wurde der Sohn der Beschwerdeführer im Pflichtgegenstand "Deutsch, Lesen, Schreiben" "nicht beurteilt".
Damit weist der Sohn der Beschwerdeführer nach wie vor mangelhafte Kenntnisse der deutschen Unterrichtssprache auf, weshalb er (weiterhin) einen Deutschförderkurs gemäß § 8h Abs. 3 SchOG zu besuchen hat. Infolgedessen hat er gemäß § 11 Abs. 2a SchPflG im Schuljahr 2019/2020 eine öffentliche Schule oder eine mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu besuchen.
Daran ändert auch der von der Privatschule XXXX am 20. August 2019 durchgeführte "MIKA- D" Test aus nachstehenden Gründen nichts:
Die XXXX ist eine Privatschule mit eigenem Organisationsstatut; sie entspricht keiner öffentlichen Schulart (vgl. § 14 Abs. 2 PrivSchG). Die Verleihung des Öffentlichkeitsrechtes erfolgte aufgrund des von der Bundesministerin für Bildung und Frauen genehmigten Organisationsstatutes. Sie ist demnach keine Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung.
Schulen mit eigenem Organisationsstatut sind nur berechtigt, Feststellungen das eigene Organisationsstatut umfassend zu treffen. Diese Feststellungen haben aber keine Auswirkungen auf eine Aufnahme in eine Schule mit bewilligter gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung oder auf andere Verfahren im Bereich des Schulunterrichts- oder Schulpflichtgesetzes, da grundsätzlich nur öffentliche Schulen und Privatschulen, die mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattet sind und eine gesetzlich geregelte Schulartbezeichnung führen, vom Geltungsbereich des SchOG und des SchUG erfasst sind (vgl. VfGH 06.03.2019, G 377/2018, Rz 21; siehe auch Jonak-Kövesi, Das Österreichische Schulrecht, 14. Auflage 2015, Anm. 2 zu § 13 PrivSchG).
Damit stellt der von der XXXX am 20. August 2019 durchgeführte "MIKA-D" Test keine Testung gemäß § 4 Abs. 2a SchUG dar, weshalb er nicht geeignet ist, Kenntnisse der deutschen Unterrichtssprache festzustellen. Dasselbe gilt für das - noch dazu unbelegte - Beschwerdevorbringen, der Sohn der Beschwerdeführer sei auch vom Schulleiter der XXXX Privatschule XXXX getestet worden, welcher keinen Bedarf einer Deutschförderung gesehen habe.
Folglich untersagte die Bildungsdirektion für Wien zurecht gemäß § 11 Abs. 3 SchPflG die Teilnahme des Sohnes der Beschwerdeführer am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht im Schuljahr 2019/2020. Spruchteil 2 des angefochtenen Bescheides ist jedoch abzuändern, weil nach § 11 Abs. 2a zweiter Satz SchPflG nur anzuordnen ist, dass der Sohn der Beschwerdeführer seine allgemeine Schulpflicht in einer öffentlichen Schule oder in einer mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu erfüllen hat; ob er einen Deutschförderkurs oder eine Deutschförderklasse zu besuchen hat, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Darüber hinaus ist diese Anordnung auf das Schuljahr 2019/2020 einzugrenzen, weil § 11 Abs. 3 und 4 SchPflG ein zusammenhängendes schuljahrbezogenes System darstellt (vgl. VwGH 29.05.1995, 94/10/0187).
Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lässt (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage [2018] § 24 VwGVG Anm. 13 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie VfGH 18.06.2012, B 155/12; EGMR Tusnovics v. Austria, 07.03.2017, 24.719/12). Außerdem ist das Schulrecht nicht von Art. 6 EMRK und auch nicht von Art. 47 GRC erfasst (vgl. VfGH 10.03.2015, E 1993/2014, sowie VwGH 23.05.2017, Ra 2015/10/0127).
3.2. Zur Zurückweisung des Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung [Spruchpunkt A) II.]
3.2.1. Gemäß § 59 Abs. 1 erster Satz AVG hat der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen.
Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.
3.2.2. Der Spruch des Bescheides ist der Kern des Bescheides, also die individuelle Norm. Der Spruch des Bescheides gibt den Inhalt der mit dem Bescheid erlassenen Norm wieder und ist somit der wichtigste Bestandteil des Bescheides. Nur der Spruch erlangt rechtliche Geltung (Verbindlichkeit), und er kann daher allenfalls rechtsverletzend sein. Nur die im Spruch angeordnete Rechtsfolge ist gegebenenfalls vollstreckbar; sie muss daher entsprechend bestimmt sein (vgl. VwGH 23.11.1989, 89/09/0103; 11.09.2008, 2007/08/0157, sowie Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage [2018] § 13 VwGVG mit weiteren Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie).
3.2.3. Da die Bildungsdirektion für Wien im angefochtenen Bescheid den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht nicht im Spruch angeordnet hat, sondern nur in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausführt, dass die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG ausgeschlossen werde, erlangte diese Anordnung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde keine rechtliche Geltung bzw. Rechtsverbindlichkeit. Folglich konnte sie die Beschwerdeführer nicht in Rechten verletzen, weshalb ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unzulässig war.
3.3. Zur Zulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B)
3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.3.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung von Rechtsfragen abhängt, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt und es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den maßgeblichen Bestimmungen fehlt - insbesondere zu § 11 Abs. 2a SchPflG und § 4 Abs. 2a SchUG; von einer klaren Gesetzeslage ist nicht auszugehen.
Schlagworte
Deutschkenntnisse, mangelnde Deutschkenntnisse, öffentliche Schule,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W227.2224883.1.00Zuletzt aktualisiert am
05.06.2020