Entscheidungsdatum
29.11.2019Norm
BDG 1979 §20Spruch
W221 2225739-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid des Landespolizeipräsidenten für Wien vom 16.10.2019, Zl. PAD/19/295055, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit im Spruch genannten Bescheid des Landespolizeipräsidenten für Wien vom 16.10.2019 wurde festgestellt, dass das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers mit 05.10.2019 ex lege gemäß § 20 Abs. 1 Z 3a BDG 1979 geendet hat. Begründend wird darin im Wesentlichen ausgeführt, dass ein rechtskräftiges Urteil des Landesgerichts XXXX vom 01.10.2019 wegen § 207a StGB vorliege.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in der er im Wesentlichen ausführt, dass § 20 Abs. 1 Z 3a BDG 1979 verfassungswidrig sei, weshalb er einen Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof anrege.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde und dem Verwaltungsakt am 25.11.2019 dem Bundesverwaltungsgericht vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer stand als Polizeibeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 01.10.2019 wurde der Beschwerdeführer wegen § 207a Abs. 1 Z 2, Abs. 3 erster und zweiter Fall, Abs. 3aStGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten sowie einer Geldstrafe von € 1.440,- verurteilt. Der Vollzug der Freiheitsstrafe wurde unter Bestimmung einer Probezeit in der Dauer von drei Jahren bedingt nachgesehen. Der Beschwerdeführer hat sich zwischen 2015 bis 2019 pornographische Darstellungen minderjähriger Personen (37 Videos) verschafft, diese besessen sowie im Internet wissentlich auf diese zugegriffen und solche Bilddateien anderen zugänglich gemacht. Als mildernd wurden sein reumütiges Geständnis sowie sein ordentlicher Lebenswandel und als erschwerend das Zusammentreffen zweier Vergehen, der lange Zeitraum und die Vielzahl an Material gewertet.
Das Urteil wurde am 05.10.2019 rechtskräftig.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt, insbesondere aus dem darin befindlichen Urteil des Landesgerichts XXXX vom 01.10.2019 und sind unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. § 135a BDG 1979 sieht eine Senatszuständigkeit nur für die Fälle des § 20 Abs. 1 Z 2 und Z 3 BDG 1979 vor, sodass im vorliegenden Fall Einzelrichterzuständigkeit gegeben ist.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Da sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus den Akten ergibt, kann von einer mündlichen Verhandlung, die der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer auch nicht beantragt hat, abgesehen werden.
Zu A)
1.1. Die für den vorliegenden Fall maßgebliche Bestimmung des § 20 BDG 1979 lautet wie folgt:
"Auflösung des Dienstverhältnisses
§ 20. (1) Das Dienstverhältnis wird aufgelöst durch
1. Austritt,
2. Kündigung des provisorischen Dienstverhältnisses,
3. Entlassung,
3a. rechtskräftige Verurteilung durch ein inländisches Gericht ausschließlich oder auch wegen eines ab dem 1. Jänner 2013 begangenen Vorsatzdelikts gemäß den §§ 92, 201 bis 217, 312 und 312a StGB,
4. Amtsverlust gemäß § 27 Abs. 1 des Strafgesetzbuches, BGBl. Nr. 60/1974,
4a. [...]
5. a) Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft bei Verwendungen gemäß § 42a,
b) Wegfall der Erfüllung der Ernennungserfordernisse gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 lit. b bei sonstigen Verwendungen,
6. Begründung eines Dienstverhältnisses zu einem Land (zur Gemeinde Wien) als Mitglied eines Landesverwaltungsgerichts,
7. Tod.
(2) Beim Beamten des Ruhestandes wird das Dienstverhältnis außerdem aufgelöst durch
[...]
(3) Durch die Auflösung des Dienstverhältnisses erlöschen, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, alle aus dem Dienstverhältnis sich ergebenden Anwartschaften, Rechte und Befugnisse des Beamten und seiner Angehörigen. Ansprüche des Beamten, die sich auf die Zeit vor der Auflösung des Dienstverhältnisses beziehen, bleiben unberührt.
(3a) - (7) [...]"
1.2. Nach dem klaren Wortlaut des § 20 Abs. 1 Z 3a BDG 1979 wird das Dienstverhältnis ex lege aufgelöst durch eine rechtskräftige Verurteilung durch ein inländisches Gericht ausschließlich oder auch wegen eines ab dem 1. Jänner 2013 begangenen Vorsatzdelikts gemäß den §§ 92, 201 bis 217, 312 und 312a StGB.
Unstrittig ist, dass im vorliegenden Fall eine entsprechende rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers gemäß § 207a StGB (pornographische Darstellungen Minderjähriger) vorliegt.
Den Erläuterungen zu dieser Bestimmung (RV 2003 BlgNR 24. GP, 6) ist dazu Folgendes zu entnehmen:
"Strafgerichtliche Verurteilungen wegen bestimmten Straftaten beschädigen das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Erfüllung der Aufgaben durch die betreffenden Beamtinnen und Beamten und durch den öffentlichen Dienst insgesamt derart massiv, dass es zu seiner Wiederherstellung einer sofortigen und unerbittlichen Reaktion des Dienstgebers bedarf. Das Disziplinarverfahren und die Regelungen über die Beendigung vertraglicher Dienstverhältnisse können diese Aufgabe regelmäßig nicht erfüllen; dem Ansehen der Bundesverwaltung wird dadurch immer wieder Schaden zugefügt. Auch der strafrechtliche Amtsverlust löst das Problem häufig nicht, da die Strafgerichte es regelmäßig nicht als ihre Aufgabe sehen, im Rahmen der Urteilsfindung die disziplinar- und standesrechtlichen Folgen der Begehung einer Straftat durch Beamtinnen oder Beamte vorwegzunehmen.
An die Stelle der vorgesehenen dienst- und verfahrensrechtlichen Instrumente soll daher in Zukunft ein ‚dienstrechtlicher Amtsverlust' treten: Das Dienstverhältnis soll von Gesetzes wegen mit Rechtskraft einer einschlägigen Verurteilung enden, und zwar unabhängig vom Strafausmaß. Diejenigen Straftaten, die im Fall der Verurteilung zu einer Auflösung des Dienstverhältnisses führen sollen, sind die in den §§ 92, 201 bis 217 und 312 StGB sanktionierten Handlungs- und Unterlassungsdelikte (strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung sowie Quälen oder Vernachlässigen unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen (§ 92 StGB) oder eines Gefangenen (§ 312 StGB). Weiters ist der neue Straftatbestand gegen Folter (§ 312a StGB) erfasst."
Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde vermeint, dass die Rechtsfolge des § 27 StGB im Hinblick auf die Beurteilung seines Beamtenverhältnisses lex specialis sei, ist ihm entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber - wie aus den Erläuterungen erkennbar - bewusst einen dienstrechtlichen Amtsverlust für Straftaten geschaffen hat, die aus Sicht des Gesetzgebers in jedem Fall und zwar unabhängig vom Strafausmaß zur Beendigung des Dienstverhältnisses führen sollen. Es kam sohin zu einer Verschärfung der Bestimmung des Amtsverlustes nach § 27 StGB (vgl. auch VwGH 28.06.2017, Ra 2017/09/0016).
Insoweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde einen Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof anregt und dazu ausführt, dass die Bestimmung verfassungswidrig sei, weil sie gegen den Gleichheitssatz und die Erwerbsfreiheit verstoße, teilt das Bundesverwaltungsgericht diese Bedenken nicht und kommt aus folgenden Erwägungen der Anregung nicht nach:
Vorweg ist auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, der zu Folge dem Gesetzgeber auf dem Gebiet des Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrechts (vgl. VfSlg. 16.176/2001 mwH und 17.452/2005) ein verhältnismäßig weiter Gestaltungsspielraum offen gelassen ist (er ist lediglich gehalten, das Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrecht derart zu gestalten, dass es im Großen und Ganzen in einem angemessenen Verhältnis zu den dem Beamten obliegenden Pflichten steht).
Gesetzliche Regelungen, die die Berufsausübung beschränken, sind auf ihre Übereinstimmung mit der verfassungsgesetzlich verbürgten Freiheit der Erwerbsbetätigung zu prüfen und müssen dementsprechend durch ein öffentliches Interesse bestimmt und auch sonst sachlich gerechtfertigt sein. Das bedeutet, dass Ausübungsregeln bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig sein müssen (vgl. zB VfSlg. 13.704/1994 und die dort zitierte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.024/2000 und 16.734/2002).
Nach dem durch die zitierten Erläuterungen zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers wollte dieser - wie bereits erwähnt - bewusst einen dienstrechtlichen Amtsverlust für Straftaten schaffen, die aus seiner Sicht in jedem Fall und zwar unabhängig vom Strafausmaß zur Beendigung des Dienstverhältnisses führen sollen. Bei den taxativ aufgezählten Straftaten handelt es sich um strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung, gegen Quälen oder Vernachlässigen unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen oder eines Gefangenen und gegen Folter. Bei diesen Delikten handelt es sich um besonders verwerfliche Delikte, sodass der Gesetzgeber zu Recht davon ausgeht, dass eine diesbezügliche Verurteilung das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Erfüllung der Aufgaben durch den betreffenden Beamten und durch den öffentlichen Dienst insgesamt derart massiv beschädigt, dass es zu seiner Wiederherstellung einer sofortigen Reaktion des Dienstgebers bedarf.
Aufgrund der klaren Rechtslage und mangels verfassungsrechtlicher Bedenken des Bundesverwaltungsgerichts ist die Beschwerde daher als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Der Wortlaut der angewandten Bestimmung ist eindeutig.
Schlagworte
Amtsverlust, ex lege - Beendigung, Exekutivdienst, strafrechtlicheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W221.2225739.1.00Zuletzt aktualisiert am
05.06.2020