Entscheidungsdatum
03.12.2019Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W203 2223808-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Oberösterreich vom 10.07.2019, GZ. Präs/3a-606-3/3-2019, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), besuchte im Sommersemester 2019 den Ausbildungslehrgang XXXX an der XXXX (im Folgenden: gegenständliche Schule).
2. Am 17.05.2019 legte der BF an der gegenständlichen Schule eine als "Verspätete Feststellungsprüfung" bezeichnete Prüfung ab, die mit "Nicht genügend" beurteilt wurde.
3. Am 17.05.2019 entschied die Klassenkonferenz der XXXX , dass der BF das letzte Halbjahr der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen habe, da er im Pflichtgegenstand Tragwerke die Note "Nicht genügend" erhalten habe.
Diese Entscheidung wurde dem BF am 20.05.2019 zugestellt.
4. Am 23.05.2019 brachte der BF einen Widerspruch gegen die Entscheidung der Klassenkonferenz vom 17.05.2019 ein.
5. Am 12.06.2019 teilte die Bildungsdirektion für Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) der Direktion der gegenständlichen Schule mit, dass das Widerspruchsverfahren unterbrochen und der BF im Gegenstand Tragwerke zu einer kommissionellen Prüfung zugelassen wird, die gemäß § 71 Abs. 5 SchUG iVm. § 62 SchUG-BKV durchzuführen ist. Gleichzeitig wurde die gegenständliche Schule ersucht, diese Prüfung "nach rechtzeitiger und nachweislicher Verständigung des Widerspruchswerbers vom Prüfungstermin" durchzuführen. Den Vorsitz der Prüfung werde der zuständige Schulqualitätsmanager übernehmen, aus diesem Grund solle die Prüfung im Zeitraum 27. bis 29. Juni 2019 anberaumt werden.
6. Am 14.06.2019 informierte die gegenständliche Schule den BF mit folgendem Schreiben über die Unterbrechung des Verfahrens und die kommissionelle Prüfung: "Aufgrund Ihres Widerspruches vom 23.05.2019 teilen wir Ihnen mit, dass die Bildungsdirektion für OÖ das Verfahren gemäß § 71 Abs. 4 des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/1986 i.d.g.F. unterbrochen hat und Sie zu einer kommissionellen Prüfung im Gegenstand Tragwerke am 28.07.2019 um 07:30 Uhr zugelassen werden. Sie werden darauf hingewiesen, dass das Nichtantreten zu dieser Prüfung, die abzulegen der Prüfungskandidat im Rahmen des Widerspruchsverfahrens verpflichtet ist, bewirkt, dass die negative Beurteilung aufrecht bleibt."
7. Am 27.06.2019 äußerte der BF telefonisch gegenüber der belangten Behörde seinen Unmut darüber, dass er die kommissionelle Prüfung an einem Sonntag in den Ferien ablegen müsse.
8. Mit Schreiben vom 27.06.2019 informierte die gegenständliche Schule den BF darüber, dass dieser am Dienstag, 02.07.2019 um 07:45 Uhr zur kommissionellen Prüfung zugelassen werde.
9. Am 02.07.2019 meldete sich der BF abermals telefonisch bei der belangten Behörde und gab an, dass er erst heute vom neuen Prüfungstermin erfahren habe. Daraufhin wurde ihm mitgeteilt, dass die kommissionelle Prüfung nunmehr am Mittwoch, 03.07.2019 in der Früh stattfinde, und dass im Falle eines Nichterscheinens des BF zur Prüfung die negative Beurteilung jedenfalls aufrecht bleibe. Der BF gab gegenüber der belangten Behörde an, dass er nur "unter Vorbehalt" zur Prüfung antreten würde. Die belangte Behörde teilte dem BF daraufhin mit, dass die negative Beurteilung auf jeden Fall aufrecht bliebe, sollte er am nächsten Tag nicht zur Prüfung erscheinen.
10. Am 03.07.2019 trat der BF an der gegenständlichen Schule zur kommissionellen Prüfung im Gegenstand Tragwerke an. Aus den am selben Tag angelegten "Anmerkungen zur Prüfung" geht hervor, dass die Prüfung unter dem Vorsitz des Direktors der Schule abgehalten wurde und dass die Vorbereitungszeit von 07:50 bis 08:20 Uhr und die Prüfung selbst von 08:29 bis 08:49 Uhr gedauert habe. Bei der Aufgabenstellung 1 habe der BF das Nachweisverfahren falsch zugeordnet, den Zusammenhang zwischen Schnittgrößen und den daraus resultierenden Bemessungswerten nicht herstellen können und gezeigt, dass er die Grundlagen des Stahlbetonbaus nicht verstanden habe. Bei der Aufgabenstellung 2 habe der BF viele Begriffe verwechselt, den Zusammenhang von Querschnittsdicke und Rissbreiten völlig falsch interpretiert, Fragen nach Ausführungsdetails nicht und die Frage zur Dichtheit im Zusammenhang mit den Lastfällen nur unzureichend beantworten können. Die Prüfung sei daher mit "Nicht genügend" zu beurteilen gewesen.
11. Am 08.07.2019 nahm der zuständige Schulqualitätsmanager zur kommissionellen Prüfung des BF am 03.07.2019 Stellung und führte dabei im Wesentlichen aus, dass ursprünglich vorgesehen gewesen wäre, dass er den Prüfungsvorsitz wahrnehme, es ihm aber aus verkehrstechnischen Gründen nicht möglich gewesen wäre, rechtzeitig zu Prüfungsbeginn an der Schule zu sein. Daher habe der Direktor der Schule den Prüfungsvorsitz übernommen und diesen auch bis zum Prüfungsende behalten. Er selber sei 10 Minuten nach Prüfungsbeginn hinzugekommen und sei dann bis zum Ende der Prüfung geblieben, sodass er den zweiten Teil der Prüfung direkt beobachten habe können. Die Beurteilung der Prüfung mit "Nicht genügend" sei in der Stellungnahme der Prüfungskommission "ausführlich und schlüssig" begründet und aufgrund seiner eigenen Beobachtung des zweiten Prüfungsteils gerechtfertigt. Der BF weise gravierende Mängel im technischen Verständnis und in der Wiedergabe relevanter Inhalte auf. Er habe auch die wesentlichen Teile der sehr grundlegenden Aufgabenstellungen nicht positiv lösen können. Er komme dadurch weder zu konkreten konstruktiven Anwendungen noch zu Erklärungen der theoretischen Grundlagen.
Nachdem dem BF das Prüfungsergebnis mitgeteilt worden sei, habe er diesen darauf hingewiesen, dass es unbedingt erforderlich sei, dass dieser in einem nächsten Schritt zuerst ["zuerst" kursiv hervorgehoben] die Prüfung im Fachbereich der Berufsreifeprüfung ablege, um überhaupt den bis dato gestundeten Nachweis über die Voraussetzungen zum Besuch des Aufbaulehrgangs zu erbringen.
12. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10.07.2019, GZ. Präs/3a-606-3/3-2019 (im Folgenden: angefochtener Bescheid), wurde
1. der Widerspruch des BF gegen die negative Beurteilung im Pflichtgegenstand "Tragwerke" als unbegründet abgewiesen, 2. die Beurteilung im Pflichtgegenstand "Tragwerke" mit "Nicht genügend" festgesetzt und 3. ausgesprochen, dass der BF das letzte Halbjahr des Aufbaulehrganges der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen habe. Begründend wurde ausgeführt, dass das Verfahren zur Abhaltung einer kommissionellen Prüfung unterbrochen worden sei, weil die der Behörde vorliegenden Unterlagen eine sichere Einschätzung der Richtigkeit oder Unrichtigkeit einer negativen Beurteilung nicht zugelassen hätten. So sei bei der Prüfung am 17.05.2019 dem BF eine nicht angemessene Vorbereitungszeit von lediglich 15 Minuten zugestanden worden und außerdem habe nicht zweifelsfrei festgestellt werden können, ob es sich dabei um eine Prüfung nach § 21 Abs. 2 SchUG-BKV oder nach § 5 Abs. 1 LBVO gehandelt habe. Bei einem derartigen Verfahrensfehler sei eine kommissionelle Prüfung anzuordnen.
Bei der Ansetzung der kommissionellen Prüfung sei es leider zu einem Tippfehler gekommen, sodass diese irrtümlich für den Sonntag, den 28.07.2019 anberaumt worden sei, wobei als tatsächlicher Termin natürlich Freitag, der 28.06.2019 gemeint gewesen wäre. Nach Zutagetreten des Fehlers am 27.06.2019 habe die gegenständliche Schule am selben Tag per Einschreiben den Dienstag, den 02.07.2019, 07:45 Uhr als neuen Prüfungstermin festgelegt. Nachdem der BF - laut seinen eigenen Angaben - das Einschreiben erst am 02.07.2019 habe beheben können, sei diesem am 02.07.2019 an der gegenständlichen Schule persönlich mitgeteilt worden, dass die Prüfung am 03.07.2019 um 07:30 Uhr stattfinde. Diese kurzfristige Ansetzung der Prüfung sei keinesfalls rechtswidrig. Der BF sei auch am 03.07.2019 zur Prüfung angetreten, die mit "Nicht genügend" beurteilt worden sei.
Aufgrund des Prüfungsprotokolls könne festgestellt werden, dass die formalrechtlichen Anforderungen an eine kommissionelle Prüfung sowohl hinsichtlich der Prüfungsdauer als auch der Vorbereitungszeit erfüllt worden seien und dass der BF die gestellten Anforderungen in der Erfassung und Anwendung des Lehrstoffes sowie in der Durchführung der Aufgaben in den wesentlichen Bereichen im Pflichtgegenstand "Tragwerke" nicht überwiegend erfüllt habe. Die Beurteilung mit "Nicht genügend" sei daher gerechtfertigt.
Der Bescheid enthält in seinem Begründungsteil auch den Hinweis, dass der BF die Berufsreifeprüfung immer noch nicht erfolgreich abgeschlossen habe, was aber - eine bisher gestundete - Voraussetzung dafür sei, den Aufbaulehrgang überhaupt besuchen zu dürfen.
Der Bescheid wurde am 07.09.2019 zugestellt.
13. Am 23.09.2019 brachte der BF Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 10.07.2019 ein und begründete diese zusammengefasst wie folgt:
Die am 17.05.2019 durchgeführte Prüfung sei unzulässig gewesen und es sei nicht einzusehen, warum auf eine falsch durchgeführte, nicht genehmigte Prüfung mit der Ansetzung einer kommissionellen Prüfung reagiert werde, da ohnehin ausreichend Unterlegen und Prüfungen vorliegen würden, um zu einer nachvollziehbaren Beurteilung zu gelangen.
Es könne auch nicht zu seinen Lasten ausgelegt werden, dass er - nach Ansicht der belangten Behörde - zu spät auf den Tippfehler im Schreiben vom 14.06.2019 betreffend die Anberaumung einer kommissionellen Prüfung reagiert habe. Schließlich sei - nach unterschiedlicher Inaussichtstellung und mehrmaliger Verschiebung des Prüfungstermins - der BF erst am 02.07.2019 anlässlich eines persönlichen Termins in der gegenständlichen Schule von dieser darüber informiert worden, dass die Prüfung bereits am nächsten Tag, nämlich am 03.07.2019 um 07:30 Uhr, stattfinde. Der BF habe diese mündliche Vorladung zur Prüfung zur Kenntnis genommen. Der BF halte diese äußerst kurzfristige Ansetzung des Prüfungstermins - noch dazu, da es sich bei ihm um einen erwachsenen Berufstätigen mit Familie handele - für äußerst bedenklich.
Die belangte Behörde habe auch ihre "Entscheidungspflicht" nicht eingehalten, da der BF nach Einbringung des Widerspruchs am 23.05.2019 - abgesehen von dem offenbar fehlerhaften Schreiben vom 16.06.2019 (gemeint wohl: vom 14.06.2019) - erst etwas mehr als fünf Wochen später, nämlich am 01.07.2019, über die weitere Vorgehensweise informiert worden sei.
Dass dem BF im angefochtenen Bescheid mangelnde Kenntnisse im Gegenstand "Tragwerke" attestiert werden stehe im Widerspruch dazu, dass der BF bis vor diesem "Zwischenfall" im Sommersemester 2019 auf der Note "Gut" gestanden wäre und diese Beurteilung auch im letzten Semester davor erhalten habe.
Das Vertrauensverhältnis des BF zum Prüfer sei schon längere Zeit beschädigt, da dieser vor Zeugen folgenden Ausspruch getätigt habe:
"Ich bin jetzt schon so lange Lehrer; wenn ich jemanden auf negativ prüfen will, dann kann ich das."
Festzuhalten sei, dass im gesamten Verfahren der gegenständlichen Schule sehr viele Fehler unterlaufen wären, während der BF selbst keine Fehler gemacht habe.
14. Einlangend am 27.09.2019 wurde die Beschwerde von der belangten Behörde ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen samt zugehörigem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der BF ist im Rahmen seines an der gegenständlichen Schule betriebenen Aufbaulehrgangs " XXXX " am 03.07.2019 zur kommissionellen Prüfung im Pflichtgegenstand "Tragwerke" angetreten.
Bei der Festsetzung des Prüfungstermins seitens der gegenständlichen Schule sind Mängel aufgetreten.
Diese im Vorfeld der Prüfung aufgetretenen Mängel hatten keine Auswirkung auf das Prüfungsergebnis.
Die kommissionelle Prüfung wurde ordnungsgemäß und mängelfrei durchgeführt.
Die vom BF im Rahmen der kommissionellen Prüfung erbrachten Leistungen waren mit "Nicht genügend" zu beurteilen.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und der gegenständlichen Beschwerde. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deswegen als erwiesen anzusehen.
Die Feststellung, dass bei der Festsetzung des Prüfungstermins Mängel aufgetreten sind, ergibt sich aus dem im Akt aufliegenden, an den BF gerichteten Schreiben der gegenständlichen Schule vom 14.06.2019, wonach zunächst irrtümlich Sonntag, der 28.07.2019, als Prüfungstermin angekündigt wurde, sowie aus Aktenvermerken über telefonische Kontakte zwischen dem BF und der gegenständlichen Schule, aus denen hervorgeht, dass der Prüfungstermin mehrmals verschoben werden musste und der BF schließlich erst sehr kurzfristig vom tatsächlichen Prüfungstermin am 03.07.2019 Kenntnis erlangte.
Die Feststellung, dass die im Vorfeld der Prüfung bei der Organisation des Termins aufgetretenen Mängel keine Auswirkung auf das Prüfungsergebnis hatten, ergibt sich zum einen daraus, dass nicht ersichtlich ist und vom BF auch nicht vorgebracht wird, inwiefern eine frühere Kenntnis vom tatsächlichen Prüfungstermin sich positiv auf die Prüfungsleistung des BF ausgewirkt haben könnte, und zum anderen daraus, dass der BF spätestens ab Erhalt des Schreibens der gegenständlichen Schule vom 14.06.2019 wusste, dass er eine kommissionelle Prüfung abzulegen hat, wenn auch der konkrete Prüfungstermin zum damaligen Zeitpunkt noch nicht klar war. Auch bei der sehr kurzfristigen Bekanntgabe des tatsächlichen Prüfungstermins 03.07.2019 hatte der BF noch ausreichend Zeit, um die für den Prüfungsantritt erforderlichen organisatorischen Maßnahmen zu treffen, was sich schon darin zeigt, dass der BF rechtzeitig und unter Mitnahme sämtlicher für die Prüfung erforderlicher Unterlagen und Hilfsmittel zur Prüfung erschienen ist.
Die Feststellung, dass die Durchführung der Prüfung mängelfrei erfolgte, ergibt sich aus dem im Akt aufliegenden, als "Anmerkungen zur Prüfung" bezeichneten Prüfungsprotokoll sowie aus der diesbezüglichen Stellungnahme des Schulqualitätsmanagers. Demzufolge waren sowohl die Vorbereitungszeit als auch die Dauer der Prüfung selbst sowie die Aufgabenstellungen ihrem Umfang und Schwierigkeitsgrad nach angemessen. Etwaige Mängel bei der Durchführung der Prüfung selbst wurden in der Beschwerde auch nicht vorgebracht.
Die Feststellung, dass die vom BF im Rahmen der kommissionellen Prüfung erbrachten Leistungen mit "Nicht genügend" zu beurteilen waren, ergibt sich ebenfalls aus dem Prüfungsprotokoll, insbesondere aus den Anmerkungen zu den beiden Aufgabenstellungen. Daraus sowie ebenfalls auch wieder aus der Stellungnahme des Schulqualitätsmanagers geht klar und unzweifelhaft hervor, dass der BF im Rahmen der Prüfung Leistungen erbracht hat, die nicht einmal alle Erfordernisse für eine Beurteilung mit "Genügend" - nämlich Leistungen, mit denen er die nach Maßgabe des Lehrplanes gestellten Anforderungen in der Erfassung und in der Anwendung des Lehrstoffes sowie in der Durchführung der Aufgaben in den wesentlichen Bereichen überwiegend erfüllt hat - erfüllen konnte. So geht daraus u.a. hervor, dass der BF nicht einmal die Grundlagen des Stahlbetonbaus verstanden hat, die materienspezifischen Begriffe verwechselt, wesentliche Zusammenhänge völlig falsch interpretiert und Fragen zu Ausführungsdetails nicht beantworten kann.
3. Rechtliche Beurteilung
1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Landesschulrates (Stadtschulrates für Wien) wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 i.d.g.F., entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels Anordnung einer Senatszuständigkeit liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 i.d.g.F., sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
2. Zu Spruchpunkt A)
2.1. Gemäß § 27 Abs. 1 Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge (SchUG-BKV), BGBl. Nr. 33/1997, i. d.g.F., ist eine Ausbildung, die nicht mit einer abschließenden Prüfung beendet wird, erfolgreich abgeschlossen, wenn jedes Modul (vorbehaltlich einer allfälligen Befreiung gemäß § 13 Abs. 4 oder einer Anrechnung gemäß § 30) positiv beurteilt wurde. Alle übrigen Ausbildungen sind mit dem erfolgreichen Abschluss der abschließenden Prüfung erfolgreich abgeschlossen.
Gemäß § 61 Abs. 1 SchUG-BKV finden für Entscheidungen auf Grund dieses Bundesgesetzes, die von anderen Organen als den Schulbehörden (Schulleiter, Abteilungsvorstand, Lehrerkonferenz, Prüfungskommission usw.) zu erlassen sind, die allgemeinen Verfahrensbestimmungen des AVG keine Anwendung und sind die Absätze 2 bis 4 anzuwenden.
Gemäß § 62 Abs. 1 SchUG-BKV ist gegen die Entscheidungen gemäß § 61, sofern ein solcher nicht ausgeschlossen ist, Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig. Der Widerspruch ist schriftlich (in jeder technisch möglichen Form, nicht jedoch mit E-Mail) innerhalb von fünf Tagen bei der Schule, im Falle der Externistenprüfungen bei der Prüfungskommission, einzubringen. Der Schulleiter hat den Widerspruch unter Anschluß aller zur Verfügung stehenden Beweismittel unverzüglich der zuständigen Schulbehörde vorzulegen.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. beginnt die Frist für die Einbringung des Widerspruchs im Falle der mündlichen Verkündung der Entscheidung mit dieser, im Falle der schriftlichen Ausfertigung der Entscheidung jedoch mit der Zustellung.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat in den Fällen, in denen nach Ablegung eines Kolloquiums gegen die Beendigung des Schulbesuches (§ 32) Widerspruch eingebracht wird, die zuständige Schulbehörde die behauptete unrichtige Beurteilung des Kolloquiums mit "Nicht genügend" bzw. die Nichtbeurteilung des Kolloquiums wegen vorgetäuschter Leistungen zu überprüfen. Wenn die Unterlagen zur Feststellung, dass eine Nichtbeurteilung oder eine auf "Nicht genügend" lautende Beurteilung unrichtig oder richtig war, nicht ausreichen, ist das Verfahren zu unterbrechen und der Widerspruchswerber zu einem neuerlichen Kolloquium, dem ein Vertreter der zuständigen Schulbehörde beizuwohnen hat, zuzulassen.
Gemäß Abs. 4 leg. cit. tritt mit Einbringen des Widerspruches die (provisoriale) Entscheidung der Organe in den Angelegenheiten des § 61 außer Kraft. In diesen Fällen hat die zuständige Schulbehörde das Verwaltungsverfahren einzuleiten und die Entscheidung mit Bescheid zu treffen.
Gemäß § 20 Abs. 1 SchUG-BKV erfolgt die Beurteilung der Leistungen der Studierenden durch den unterrichtenden Lehrer.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. sind Maßstab für die Leistungsbeurteilung die Anforderungen des Lehrplanes unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand des Unterrichtes. Die Nichtteilnahme an Schulveranstaltungen hat bei der Beurteilung der Leistungen des Studierenden außer Betracht zu bleiben.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. sind für die Beurteilung der Leistungen der Studierenden folgende Beurteilungsstufen (Noten) zu verwenden:
[...]
4. Genügend (4) für Leistungen, mit denen der Studierende die nach Maßgabe des Lehrplanes gestellten Anforderungen in der Erfassung und in der Anwendung des Lehrstoffes sowie in der Durchführung der Aufgaben in den wesentlichen Bereichen überwiegend erfüllt;
5. Nicht genügend (5) für Leistungen, mit denen der Studierende nicht einmal alle Erfordernisse für die Beurteilung mit "Genügend" erfüllt.
2.2. In der Beschwerde wird zusammengefasst Folgendes vorgebracht:
Da bereits die Prüfung vom 17.05.2019 nicht korrekt durchgeführt worden wäre, sei auch die Ansetzung einer kommissionellen Prüfung nicht zulässig gewesen.
Die äußerst kurzfristige Ansetzung des Prüfungstermins sei als "äußerst bedenklich" anzusehen.
Die belangte Behörde habe ihre "Entscheidungspflicht" nicht eingehalten.
Dass dem BF im angefochtenen Bescheid mangelnde Kenntnisse im Gegenstand "Tragwerke" attestiert werden stehe im Widerspruch zu den bisherigen Beurteilungen des BF in diesem Gegenstand.
Das Vertrauensverhältnis des BF zum Prüfer sei schon längere Zeit beschädigt gewesen.
2.3. Mit seinem Vorbringen ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Das Beschwerdevorbringen, wonach die Anberaumung einer kommissionellen Prüfung nicht zulässig gewesen wäre, weil bereits die im Vorfeld am 17.05.2019 abgelegte Prüfung nicht korrekt durchgeführt worden wäre, geht schon insofern ins Leere, als eine kommissionelle Prüfung gerade für den Fall, dass eine sichere Einschätzung der Richtigkeit oder Unrichtigkeit einer Beurteilung nicht möglich ist, anzuordnen ist. Eine sichere Richtigkeitsüberprüfung der Beurteilung der vom BF am 17.05.2019 abgelegten Prüfung war aber aufgrund der dabei aufgetretenen Mängel - zu kurz bemessene Vorbereitungszeit und keine Klarheit darüber, um welche Art der Prüfung es sich gehandelt habe - nicht möglich, sodass die belangte Behörde zu Recht die Durchführung einer kommissionellen Prüfung angeordnet hat.
Zum Vorbringen des BF, der Prüfungstermin sei zu kurzfristig angesetzt worden, ist Folgendes festzuhalten: Der BF hat zu Recht die Vorgehensweise der belangten Behörde im Vorfeld der Prüfung bei der Festlegung des Prüfungstermins und der Weitergabe der Informationen darüber an den BF bemängelt. Allerdings waren diese Mängel - wie schon im Rahmen der Beweiswürdigung gezeigt - nicht wesentlich in dem Sinn, dass sie sich auf das Prüfungsergebnis ausgewirkt haben oder zumindest auswirken hätten können. Außerdem erweist sich nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung die kurzfristige Ansetzung einer kommissionellen Prüfung dann nicht als rechtswidrig (vgl. VwGH vom 09.03.1981, Slg.Nr. 10.391A), wenn zumindest die Möglichkeit gegeben ist, die zum Prüfungsantritt notwendigen organisatorischen Vorkehrungen zu treffen (VwGH vom 10.06.1985, Slg.Nr. 11.788A). Diese Möglichkeit war - wie ebenfalls bereits im Rahmen der Beweiswürdigung gezeigt - für den BF gegeben. In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass der BF spätestens seit Mitte Juni 2019 wusste, dass er eine kommissionelle Prüfung abzulegen hat und sich ab diesem Zeitpunkt auch auf die Prüfung vorbereiten bzw. die organisatorischen Vorkehrungen dafür treffen konnte. Es widerspricht auch der Lebenserfahrung, dass dem BF erst zwei Wochen nach Erhalt des Schreibens betreffend den Prüfungstermin aufgefallen sein sollte, dass es sich beim Termin "28.07.2019" um einen Irrtum handelt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich ein Schüler - umso mehr, wenn es sich dabei um eine erwachsene Person handelt - unverzüglich einen derart wichtigen Termin im Kalender notiert, sodass dem BF schon früher auffallen hätte müssen, dass es sich bei dem für einen Sonntag mitten in den Hauptferien anberaumten Termin um einen Irrtum handeln muss. Insofern kann er sich von einem - zumindest leichten - Mitverschulden am Entstehen der Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Terminfestsetzung nicht gänzlich freisprechen.
Auch aus dem Vorbringen, dass die belangte Behörde dadurch, dass sie seit Einbringung des Widerspruchs am 23.05.2019 bis zum Schreiben vom 14.06.2019 untätig geblieben sei und somit ihre "Entscheidungspflicht" verletzt habe, lässt sich für den BF nichts gewinnen. Zum einen ist vor der Verfahrensunterbrechung und der Anberaumung einer kommissionellen Prüfung ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, welches eine bestimmte Zeit in Anspruch nimmt, zum anderen sehen die gesetzlichen Bestimmungen keine den BF begünstigenden Rechtsfolgen für den Fall vor, dass tatsächlich die zur Erledigung eines Widerspruches vorgesehen Fristen überschritten worden sein sollten.
Anzumerken bleibt auch, dass Grundlage für die Leistungsbeurteilung ausschließlich die insgesamt erbrachten Leistungen des Schülers in der von diesem gerade absolvierten Schulstufe sind. Insofern geht auch das Vorbringen des BF, dass die Beurteilung im Pflichtgegenstand "Tragwerke" im Sommersemester 2019 mit "Nicht genügend" nicht nachvollziehbar wäre, weil er im vorangegangenen Semester mit "Gut" beurteilt worden wäre und weil - seiner Ansicht nach - auch die zu Beginn des Sommersemesters 2019 erbrachten Leistungen mit "Gut" zu beurteilen gewesen wären, ins Leere.
Da Grundlage für die Leistungsbeurteilung ausschließlich die Leistungen des Schülers sind kommt es auch auf etwaige Umstände, die den Schüler an der Leistungserbringung gehindert haben könnten - wie z. B. unangebrachte Äußerungen von Lehrkräften im Vorfeld einer Prüfung - nicht an (vgl. VwGH 29.10.2007, 2007/10/0203). Insofern geht auch das Beschwerdevorbringen, das Vertrauensverhältnis zwischen dem BF und dem prüfenden Lehrer sei durch mehrere Aussagen des Lehrers gegenüber dem BF schon längere Zeit beschädigt gewesen, ins Leere.
Es ist somit keine Rechtswidrigkeit darin zu erkennen, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Beurteilung des Pflichtgegenstandes "Tragwerke" mit "Nicht genügend" festgesetzt und ausgesprochen hat, dass der BF das letzte Halbjahr des Aufbaulehrgangs nicht erfolgreich abgeschlossen hat.
2.4. Zur Unterlassung einer mündlichen Verhandlung:
2.4.1. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
2.4.2. Im gegenständlichen Fall konnte das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt werden, dass der Sachverhalt zur Beurteilung der Frage, ob die belangte Behörde zu Recht die Beurteilung des Pflichtgegenstandes "Tragwerke" mit "Nicht genügend" festgesetzt und entschieden hat, dass der BF das letzte Halbjahr des Aufbaulehrgangs nicht erfolgreich abgeschlossen hat, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erschien, da der Sachverhalt nach einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde festgestellt wurde und dieser Sachverhaltsfeststellung in der Beschwerde nicht substantiiert entgegen getreten wurde. Weder war der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig, noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat im verfahrensgegenständlichen Fall daher ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.6.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz 34 ff).
Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12).
Es war daher ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Spruchpunkt A) zu entscheiden.
3. Zu Spruchpunkt B)
3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 i.d.g.F., hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.2. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. (vgl. dazu die jeweils zitierten Erkenntnisse des VwGH). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
kommissionelle Prüfung, Lehrgang, Leistungsbeurteilung, negativeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W203.2223808.1.00Zuletzt aktualisiert am
05.06.2020