TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/9 W219 2221191-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.12.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

09.12.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
LFG §57b
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5
ZLPV §1b

Spruch

W219 2221191-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Walter TOLAR als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christian Margreiter, Pfarrplatz 1, 6060 Hall in Tirol, gegen den Bescheid der Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mbH vom 26.04.2019, GZ LSA 100-3/296-19-2, betreffend Antrag auf Verlängerung des Sprachkompetenzvermerks in einer Privatpilotenlizenz, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben.

Der bekämpfte Bescheid wird aufgehoben.

Dem Beschwerdeführer wird eine Verlängerung der Gültigkeit des Sprachkompetenzvermerks "English Level 4" in seiner Privatpilotenlizenz mit der Nummer XXXX um vier Jahre gewährt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde den am 20.02.2019 eingelangten Antrag des nunmehrigen Beschwerdeführers auf Verlängerung der Gültigkeit des Sprachkompetenzvermerks "English Level 4" in seiner Privatpilotenlizenz mit der Nummer XXXX ab (Spruchpunkt I.) und schrieb die Zahlung von Gebühren in der Höhe von € 14,00 vor (Spruchpunkt II.).

In der Begründung stellte die belangte Behörde als entscheidungsrelevanten Sachverhalt insbesondere fest, der Beschwerdeführer habe seinem Antrag einen Nachweis über die Sprachkompetenz "English Level 4", ausgestellt gemäß § 125 Abs. 1 der "deutschen LuftPersV", sowie das Protokoll einer Prüfung für die "Verlängerung Stufe 4" beigelegt.

Zur Rechtslage führt die belangte Behörde aus, gemäß der VO (EU) Nr. 1178/2011, Anhang I (Teil-FCL), FCL.055 lit. c und e, habe die zuständige Behörde die Sprachkompetenz in regelmäßigen Abständen zu prüfen, wobei die Art des Nachweises der Sprachkompetenz von der zuständigen Behörde festzulegen sei. Die belangte Behörde habe als zuständige Behörde gestützt auf § 57b LFG iVm § 1b ZLPV 2006 die Zivilluftfahrtpersonal-Hinweise (ZPH) FCL 7 und 8 publiziert. Für die Verlängerung eines Sprachkompetenzvermerks "English Level 4" sei es gemäß ZPH FCL 7 Pkt. 4.3.1.3 iVm Pkt. 4.3.1 erforderlich, die Beurteilung der Sprachkompetenz durch ein "Language Assessment Body" (LAB) anhand eines akzeptierten Sprachtests für die Luftfahrt vornehmen zu lassen. Eine generelle Anerkennung von Sprachkompetenzprüfungen bei Behörden anderer Mitgliedstaaten sei derzeit nicht vorgesehen. Daher könne weder der vorgelegte Nachweis über die Sprachkompetenz "English Level 4", ausgestellt gemäß § 125 Abs. 1 der deutschen LuftpersV, noch das vorgelegte Prüfungsprotokoll für die Verlängerung des Sprachkompetenzvermerks in der Lizenz des Beschwerdeführers herangezogen werden.

2. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Beantragt wird, das BVwG möge den bekämpften Bescheid dahingehend abändern, dass dem Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung des Sprachkompetenzvermerks "English Level 4" in der Privatpilotenlizenz des Beschwerdeführers stattgegeben werde.

Unter dem Titel "Rechtsgrundlage verletzt Unionsrecht" führt die Beschwerde aus, die von der belangten Behörde angewendeten ZPH widersprächen der Zielsetzung der VO (EU) Nr. 1178/2011, ein einheitliches hohes Sicherheitsniveau der Zivilluftfahrt in Europa zu schaffen. Der Umstand, dass Piloten mit österreichischer Lizenz der Sprachkompetenzvermerk lediglich dann verlängert werde, wenn das hierfür erforderliche Sprachniveau von einem von der belangten Behörde anerkannten Language Proficiency Examiner bestätigt wird, führe zu einer Beschränkung der Grundfreiheiten, die nicht notwendig sei, um zwingenden Erfordernissen des Allgemeininteresses gerecht zu werden. Der vom Beschwerdeführer abgelegten Prüfung gemäß § 125 deutsche LuftPersV liege dieselbe Rechtsgrundlage, nämlich die VO (EU) Nr. 1178/2011, und damit dasselbe Anforderungsprofil zugrunde. Die Gleichwertigkeit der jeweiligen Prüfungsinhalte erfordere eine wechselseitige Anerkennung der Language Proficiency Tests. Weiters führt die Beschwerde unter dem Titel "Inländerdiskriminierung" aus, die angewendeten ZPH seien wegen Verletzung des Gleichheitssatzes verfassungswidrig, weshalb ein Antrag auf deren Aufhebung an den Verfassungsgerichtshof gestellt werden möge.

3. Mit Schriftsatz vom 08.07.2019 legte die belangte Behörde dem BVwG die Beschwerde samt den Verwaltungsakten vor.

Gleichzeitig erstattete die belangte Behörde eine Äußerung, in der sie den Beschwerdeargumenten entgegen tritt. Darüberhinaus weist sie darauf hin, dass in naher Zukunft eine Änderung der Unionsrechtslage zu erwarten sei, die "eine Anerkennung von Sprachkompetenzprüfungen innerhalb der Mitgliedstaaten ohnehin vorsehen" werde. Die in diese Richtung weisende "Opinion Nr. 05/2017" der EASA habe jedoch für die Begründung eines derartigen Anspruchs nach der derzeitigen Rechtslage nicht berücksichtigt werden können.

4. Mit weiterem Schreiben vom 17.09.2019 teilte die belangte Behörde mit, dass sie die ZPH betreffend das Verfahren zur Prüfung der Sprachkompetenz geändert habe. Nunmehr sei es "unter den in Pkt. 4.3.1. genannten Voraussetzungen (15min Interview, Audioaufzeichnung)" möglich, ausländische Sprachkompetenzprüfungen anzuerkennen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Der Beschwerdeführer ist Inhaber der Privatpilotenlizenz Nr. XXXX , ausgestellt von der belangten Behörde.

1.2. Der Beschwerdeführer übermittelte der belangten Behörde gemeinsam mit seinem Antrag auf Verlängerung der Gültigkeit des Sprachkompetenzvermerks "English Level 4", der am 20.02.2019 (vor Ablauf der Gültigkeit des bestehenden Sprachkompetenzvermerks) bei der belangten Behörde einlangte, folgende Dokumente:

1.2.1. Ein Formblatt des deutschen Luftfahrt-Bundesamtes mit dem Titel "Confirmation of language proficieny subject to Annex I FCL.055 of Commission Regulation (Eu) No. 1178/2011". Das Formblatt wurde von XXXX als "Language assessor No. XXXX " in München am 14.02.2019 ausgefüllt und unterschrieben. Bescheinigt wird darin:

"[Der Beschwerdeführer] has demonstrated language proficiency according to § 125 para. 1 LuftPersV in conjuction with Annex I FCL.055 of Commission Regulation (EU) No. 1178/2011 as follows:

English, Level 4"

1.2.2. Ein Formblatt des deutschen Luftfahrt-Bundesamtes mit dem Titel "Abnahme einer Sprachprüfung nach § 125 LuftPersV - Verlängerungsprüfung - Stufe 4 Prüfungsprotokoll". Das Formblatt wurde von XXXX als Sprachprüfer mit der Nummer XXXX sowie vom Beschwerdeführer am 14.02.2019, Ort: München, unterschrieben. In diesem Dokument wird insbesondere festgehalten:

"Angaben zum Prüfungsmaterial (Prüfungssätze)

Teil Hörverstehen: [ausgefüllt:] VP 4001

Teil Sprechfertigkeiten: [ausgefüllt:] VP 4014

a) Teil Hörverstehen: [...] Dem Bewerber wurden acht Hörbeispiele mit Mehrfachantworten vorgespielt. Dabei wurden [ausgefüllt:] 8 der acht Aufgaben richtig beantwortet (Hinweis: Es müssen mindestens sechs Aufgaben richtig beantwortet worden sein)

Der Teil Hörverstehen ist bestanden: [angekreuzt:] Ja

b) Teil Sprechfertigkeiten:

Der Teil Sprechfertigkeiten ist bestanden: [angekreuzt:] Ja

Ergebnis der Verlängerungsprüfung:

Geprüfte Sprache: [angekreuzt:] Englisch

Stufe: 4 [angekreuzt:] Ja"

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen gründen sich auf die entsprechenden Dokumente im Verwaltungsakt. Sie sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

3.1. Die Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 der Kommission vom 3. November 2011 zur Festlegung technischer Vorschriften und von Verwaltungsverfahren in Bezug auf das fliegende Personal in der Zivilluftfahrt gemäß der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 [in der Folge:

VO (EU) Nr. 1178/2011] lautete in der Fassung vor Inkrafttreten der VO (EU) 2019/1747 der Kommission vom 15. Oktober 2019 zur Änderung der VO (EU) Nr. 1178/2011 auszugsweise wie folgt:

"ANHANG I

[TEIL-FCL]

ABSCHNITT A

ALLGEMEINE VORSCHRIFTEN

[...]

FCL.015 Beantragung, Erteilung, Verlängerung und Erneuerung von Lizenzen, Berechtigungen und Zeugnissen

[...]

d) Anträge auf die Erteilung einer Lizenz für eine weitere Luftfahrzeugkategorie oder auf die Erteilung weiterer Berechtigungen oder Zeugnisse sowie für einen Nachtrag zu oder eine Verlängerung oder Erneuerung dieser Lizenzen, Berechtigungen oder Zeugnisse sind bei der zuständigen Behörde zu stellen, die die Pilotenlizenz ursprünglich ausgestellt hat, es sei denn, der Pilot hat einen Wechsel der zuständigen Behörde und eine Übertragung seiner Lizenzierung und medizinischen Berichte auf diese Behörde beantragt.

[...]

FCL.055 Sprachkenntnisse

a) Allgemeines. Piloten von Flugzeugen, Hubschraubern, Luftfahrzeugen mit vertikaler Start- und Landefähigkeit und Luftschiffen, die am Sprechfunkverkehr im Flugfunkdienst teilnehmen, dürfen die mit ihren Lizenzen verbundenen Rechte und Berechtigungen nur ausüben, wenn sie in ihrer Lizenz einen Sprachenvermerk entweder für Englisch oder für die Sprache besitzen, die beim Flug für den Sprechfunkverkehr verwendet wird. In dem Vermerk müssen die Sprache, das Niveau der Sprachkenntnisse und das Gültigkeitsdatum angegeben sein.

b) Bewerber um einen Sprachenvermerk müssen gemäß Anlage 2 dieses Teils mindestens Sprachkenntnisse sowohl auf der Ebene der Einsatzfähigkeit für den Gebrauch der Sprechgruppen als auch für den Gebrauch normaler Sprache besitzen. Hierzu muss der Bewerber die Fähigkeit zu Folgendem nachweisen:

(1) effektiv zu kommunizieren sowohl bei rein akustischem Kontakt als auch mit einem anwesenden Gesprächspartner;

(2) präzise und deutlich über alltägliche und arbeitsbezogene Themen zu kommunizieren;

(3) geeignete Kommunikationsstrategien für den Austausch von Mitteilungen und zur Erkennung und Beseitigung von Missverständnissen in einem allgemeinen oder arbeitsbezogenen Zusammenhang zu verwenden;

(4) die sprachlichen Herausforderungen aufgrund von Komplikationen oder unerwarteten Ereignissen, die sich im Zusammenhang mit einer routinemäßigen Arbeitssituation oder Kommunikationsaufgabe ergeben, mit der sie ansonsten vertraut sind, erfolgreich zu handhaben und

(5) einen Dialekt oder mit einem Akzent sprechen, der in Luftfahrtkreisen verstanden wird.

c) Außer bei Piloten, die Sprachkenntnisse auf Expertenniveau gemäß Anlage 2 dieses Teils nachgewiesen haben, muss der Sprachenvermerk regelmäßig neu bewertet werden, und zwar:

(1) alle 4 Jahre, wenn die Stufe der Einsatzfähigkeit nachgewiesen wurde, bzw.

(2) alle 6 Jahre, wenn das erweiterte Niveau nachgewiesen wurde.

d) Besondere Anforderungen an Inhaber einer Instrumentenflugberechtigung (IR) oder Strecken-Instrumentenflugberechtigung (EIR). Unbeschadet der vorstehenden Absätze müssen Inhaber einer IR oder EIR die Fähigkeit nachgewiesen haben, die englische Sprache auf einem Niveau zu verwenden, das es ihnen erlaubt:

(1) alle Informationen für die Durchführung aller Phasen eines Fluges einschließlich der Flugvorbereitung zu verstehen;

(2) den Sprechfunkverkehr in allen Phasen des Fluges einschließlich Notfällen zu verwenden;

(3) mit anderen Besatzungsmitgliedern in allen Phasen des Fluges einschließlich der Flugvorbereitung zu kommunizieren.

e) Der Nachweis der Sprachkenntnisse und des Gebrauchs der englischen Sprache für IR-Inhaber oder EIR-Inhaber erfolgt nach einer von der zuständigen Behörde festgelegten Bewertungsmethode."

Die VO (EU) 2019/1747 der Kommission vom 15. Oktober 2019 zur Änderung der VO (EU) Nr. 1178/2011, kundgemacht im Amtsblatt der Europäischen Union vom 22.10.2019, lautet in englischer Sprache auszugsweise:

"Article 1

[...]

(14) Annex I (Part-FCL) [...] are amended in accordance with the Annex to this Regulation.

Article 2

This Regulation shall enter into force on the twentieth day following that of its publication in the Official Journal of the European Union.

[...]

ANNEX

Annex I to Regulation (EU) No 1178/2011 (Part-FCL) is amended as follows:

[...]

(4) point FCL.055 is replaced by the following:

'FCL.055 Language proficiency

(a) General. Aeroplane, helicopter, powered-lift and airship pilots required to use the radio telephone shall not exercise the privileges of their licences and ratings unless they have a language proficiency endorsement on their licence in either English or the language used for radio communications involved in the flight. The endorsement shall indicate the language, the proficiency level and the validity date, and it shall be obtained in accordance with a procedure established by a competent authority. The minimum acceptable proficiency level is the operational level (Level 4) in accordance with Appendix 2 to this Annex.

(b) The applicant for a language proficiency endorsement shall demonstrate, in accordance with Appendix 2 to this Annex, at least an operational level of language proficiency both in the use of phraseologies and plain language to an assessor certified by a competent authority or a language-testing body approved by a competent authority as applicable. To do so, the applicant shall demonstrate the ability to:

(1) communicate effectively in voice-only and in face-to-face situations;

(2) communicate on common and work-related topics with accuracy and clarity;

(3) use appropriate communicative strategies to exchange messages and to recognise and resolve misunderstandings in a general or work-related context;

(4) handle successfully the linguistic challenges presented by a complication or unexpected turn of events which occurs within the context of a routine work situation or communicative task with which they are otherwise familiar; and

(5) use a dialect or accent which is intelligible to the aeronautical community.

(c) Except for pilots who have demonstrated language proficiency at the expert level (level 6) in accordance with Appendix 2 to this Annex, the language proficiency endorsement shall be re-evaluated every:

(1) 4 years, if the level demonstrated is operational level (level 4); or

(2) 6 years, if the level demonstrated is extended level (level 5).

(d) Specific requirements for holders of an instrument rating (IR) or en-route instrument rating (EIR). Without prejudice to the points above, holders of an IR or an EIR shall have demonstrated the ability to use English at the appropriate proficiency level as defined in Appendix 2 to this Annex.

(e) The demonstration of language proficiency and the ability to use English for IR or EIR holders shall be done through a method of assessment established by any competent authority.'"

Aus den Erwägungsgründen:

"(10) The measures provided for in this Regulation have been suggested in Opinion No 05/2017 issued by the European Union Aviation Safety Agency ..."

Das in Erwägungsgrund 10 angesprochene Dokument "Opinion No 05/2017" (vgl. https://www.easa.europa.eu/document-library/opinions/opinion-052017) lautet auszugsweise:

"[...] FCL.055 Language proficiency

The changes made in [...] (e) will provide for the recognition of language proficiency assessments performed in accordance with the method of assessment established by Member States other than the one that is responsible for the issue of the pilot licence. This is necessary in order to resolve implementation problems for GA pilots and to ensure the free movement of goods, services, capital and persons. Comment No 585 proposed to require a ‚certified' assessor and this was accepted. [...]"

Das Luftfahrtgesetz (LFG) lautet auszugsweise:

"Zivilluftfahrtpersonal-Hinweise und Zivilluftfahrtpersonal-Anweisungen

§ 57b. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann mit Verordnung festlegen, ob und inwieweit die jeweils zuständige Behörde die zur Vollziehung der nationalen und unionsrechtlichen Bestimmungen über ziviles Luftfahrtpersonal und die Schulung von zivilem Luftfahrtpersonal erforderlichen allgemeinen Hinweise (Zivilluftfahrtpersonal-Hinweise) oder Anweisungen (Zivilluftfahrtpersonal-Anweisungen) vorzuschreiben bzw. zu veröffentlichen hat. Diese Hinweise bzw. Anweisungen sind in luftfahrtüblicher Weise zu veröffentlichen."

§§ 1a und 1b der Zivilluftfahrt-Personalverordnung 2006 (ZLPV 2006) lauten auszugsweise:

"Unionsrechtliche Bestimmungen

§ 1a. [...]

(4) [...] [A]b dem 1. Mai 2016 [sind] folgende Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 anzuwenden:

1. Kapitel 1 (Allgemeine Anforderungen) [...] des Anhangs I (Teil-FCL) [...]

Zivilluftfahrtpersonal-Hinweis (ZPH) und Zivilluftfahrtpersonal-Anweisung (ZPA)

§ 1b. Die zuständige Behörde ist ermächtigt, Informationen, Erläuterungen und Festlegungen im Hinblick auf die Bestimmungen dieser Verordnung und die in § 1a genannten unionsrechtlichen Bestimmungen in Form von Zivilluftfahrtpersonal-Hinweisen (ZPH) und Zivilluftfahrtpersonal-Anweisungen (ZPA) zu erlassen und zu veröffentlichen. Die entsprechenden Veröffentlichungen haben in luftfahrtüblicher Weise zu erfolgen."

Der ZPH FCL 7 der belangten Behörde (vgl. https://www.austrocontrol.at/jart/prj3/ac/data/dokumente/ZPHFCL7Rev5_2019-09-09_1109669.pdf) vom 06.09.2019 lautet auszugsweise:

"4.3 Anerkannte Prüfungsverfahren

4.3.1 Prüfungsverfahren Fremdsprachen

Jedes von einem EASA-Mitgliedstaat genehmigte Prüfungsverfahren zum Nachweis der Sprachkompetenz in jeder Sprache die im Flugfunk verwendet wird kann für die Eintragung des entsprechenden Sprachkompetenzvermerks in einer von der Austro Control GmbH ausgestellten Teil-FCL Lizenz herangezogen werden, sofern es den unter Punkt 4.1.1 angeführten Vorgaben entspricht. Dies ist auf dem Antragsformular entsprechend zu bestätigen.

Insbesondere ist die Erfüllung folgender Anforderungen zu bestätigen:

1. Die Sprachkompetenzprüfung muss einen mindestens 15minütigen Dialog mit dem Sprachkompetenzprüfer beinhalten.

2. Von dieser Prüfung ist eine Audioaufzeichnung anzufertigen, welche der Austro Control GmbH zur Verfügung zu stellen ist. [...]"

Die Verordnung des deutschen Bundesministers für Verkehr über Luftfahrtpersonal in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Februar 1984 (BGBl. I S. 265), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 12. Dezember 2016 (BGBl. I S. 2864) geändert worden ist (in der Folge: LuftPersV) lautet auszugsweise:

"§ 125 Nachweis von Sprachkenntnissen

(1) Sprachkenntnisse nach Anhang I FCL.055 der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 sind durch eine Sprachprüfung nachzuweisen, die bei einer nach § 125a anerkannten Stelle abgelegt wurde. [...]"

§ 125a Anerkennung einer Stelle für die Abnahme von Sprachprüfungen

(1) Das Luftfahrt-Bundesamt erkennt auf Antrag Stellen für die Abnahme von Prüfungen bestimmter Sprachen an, wenn [...]

3.2. Mit dem bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung der Gültigkeit des Sprachkompetenzvermerks "English Level 4" in seiner Privatpilotenlizenz ab, da gemäß der Bestimmung FCL.055 lit. e des Anhangs I der VO (EU) Nr. 1178/2011 in der damaligen Fassung der Nachweis der Sprachkenntnisse nach einer von der zuständigen Behörde, also von der belangten Behörde selbst (da diese die Pilotenlizenz, in welche die Verlängerung des Sprachkompetenzvermerks einzutragen ist, ausgestellt hat, vgl. FCL.015 lit. d), festgelegten Bewertungsmethode zu erfolgen hatte; der Beschwerdeführer hatte jedoch einen Sprachkompetenznachweis vorgelegt, der gemäß § 125 Abs. 1 der deutschen LuftPersV, also nach einem vom deutschen Luftfahrtbundesamt, nicht jedoch von der belangten Behörde anerkannten Verfahren, ausgestellt worden war. Die belangte Behörde wies im bekämpften Bescheid bzw. bereits im Schreiben an den Beschwerdeführer vom 05.04.2019 selbst darauf hin, dass sich die Rechtslage mit Umsetzung der Opinion 05/2017 der EASA (European Union Aviation Safety Agency) ändern werde, sodass auch solche Sprachkompetenzprüfungen anzuerkennen sein würden, welche nicht gemäß dem "österreichischen Verfahren" abgelegt wurden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat seiner Entscheidung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt dieser Entscheidung zu Grunde zu legen (vgl. etwa VwGH 09.09.2015, Ro 2015/03/0032). Mittlerweile ist die VO (EU) 2019/1747 der Kommission vom 15. Oktober 2019 zur Änderung der VO (EU) Nr. 1178/2011 in Kraft getreten, und zwar gemäß Art. 2 leg.cit. am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union (die Kundmachung dieser VO erfolgte im Amtsblatt vom 22.10.2019). In dieser Fassung lautet die Bestimmung FCL.055 lit. e: "The demonstration of language proficiency and the ability to use English [...] shall be done through a method of assessment established by any competent authority." Die frühere Fassung dieser Bestimmung hatte in englischer Sprache auf "... by the competent authority." gelautet. Erwägungsgrund 10 der VO (EU) 2019/1747 weist darauf hin, dass die vorgenommenen Änderungen in der Opinion No 05/2017 der EASA vorgeschlagen worden seien. Die Opinion No 05/2017 wiederum merkt zur Änderung der Bestimmung FCL.055 an: "The changes made in [...] (e) will provide for the recognition of language proficiency assessments performed in accordance with the method of assessment established by Member States other than the one that is responsible for the issue of the pilot licence. This is necessary in order to resolve implementation problems for GA pilots and to ensure the free movement of goods, services, capital and persons. Comment No 585 proposed to require a ‚certified' assessor and this was accepted. [...]"

Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer einen aktuellen Nachweis der Sprachkenntnisse "English Level 4" vorgelegt hat, der nach einem Prüfungsverfahren und vor einem Prüfungsorgan erbracht wurde, die vom deutschen Luftfahrtbundesamt - und damit von der zuständigen Behörde eines anderen EU-Mitgliedstaates - anerkannt wurden. Der Umstand, dass dieses Verfahren und dieser Prüfer nicht von der belangten Behörde anerkannt wurden, kann nach Inkrafttreten der neuen Fassung der Bestimmung FCL.055 lit. e nicht mehr zur Abweisung des Antrages auf Verlängerung der Gültigkeit des Sprachkompetenzvermerks in der Privatpilotenlizenz des Beschwerdeführers führen; vielmehr ist diesem Antrag nunmehr zu entsprechen.

Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass der ZPH FCL 7 der belangten Behörde vom 06.09.2019 die Heranziehung eines von einem anderen EASA-Mitgliedstaat genehmigten Prüfungsverfahrens zum Nachweis der Sprachkompetenz für die Eintragung des Sprachkompetenzvermerks in einer von der belangten Behörde ausgestellten "Teil-FCL Lizenz" unter den Vorbehalt stellt, dass im einzelnen genannte Anforderungen bestätigt sein müssten (insbesondere müsse die Sprachkompetenzprüfung einen mindestens 15-minütigen Dialog mit dem Sprachkompetenzprüfer beinhalten und von dieser Prüfung sei eine Audioaufzeichnung anzufertigen, welche der belangten Behörde zur Verfügung zu stellen sei). Denn die inzwischen in Kraft getretene Neufassung der Bestimmung FCL.055 lit. e des Anhangs I der VO (EU) Nr. 1178/2011 ist als Bestimmung einer EU-Verordnung unmittelbar anwendbar und erlaubt wie dargestellt keinen Vorbehalt der Anerkennung der Methode zur Prüfung der Sprachkompetenz durch die belangte Behörde mehr, wenn eine Sprachkompetenzüberprüfung nach einer von der zuständigen Behörde eines anderen EU-Mitgliedstaates anerkannten Methode vor einem von diesem EU-Mitgliedstaat anerkannten Prüfungsorgan nachgewiesen wird.

Der ZPH FCL 7 hat somit im vorliegenden Fall schon wegen des Anwendungsvorranges der unmittelbar anwendbaren unionsrechtlichen Bestimmung FCL.055 lit. e des Anhangs I der VO (EU) Nr. 1178/2011 gegenüber entgegenstehendem nationalem Recht unangewendet zu bleiben. Ein Antrag auf Aufhebung des ZPH FCL 7 wegen Rechtswidrigkeit an den Verfassungsgerichtshof kommt mangels Präjudizialität nicht in Betracht.

3.3. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Beschwerdeführer nach nunmehr geltender Rechtslage sämtliche Voraussetzungen für die begehrte Eintragung der Verlängerung der Gültigkeit des Sprachkompetenzvermerks "English Level 4" in seiner Privatpilotenlizenz erfüllt.

Die belangte Behörde hat (in Anwendung der Rechtslage, die zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung galt) die Vornahme des hoheitlichen Realaktes der begehrten Eintragung nicht schlicht verweigert, sondern - insoweit völlig zu Recht (vgl. etwa Bernhard Raschauer, Realakte, schlicht hoheitliches Handeln und Säumnisschutz, in:

Holoubek/Lang [Hrsg.], Rechtsschutz gegen staatliche Untätigkeit,

272) - den bekämpften, auf Abweisung des Antrages lautenden Bescheid erlassen.

Die gebotene - stattgebende - Sachentscheidung hat nach der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem es um die Durchsetzung der Vornahme eines Realaktes geht, jedenfalls auf Aufhebung des bekämpften Bescheides, mit dem der Antrag abgewiesen wurde, und darüber hinaus darauf zu lauten, dass dem Beschwerdeführer die begehrte Verlängerung der Gültigkeit des Sprachkompetenzvermerks "English Level 4" in seiner Privatpilotenlizenz (um vier Jahre - vgl. FCL.055 lit. c Z 1) gewährt wird.

Die belangte Behörde ist gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG nach der Aufhebung ihres Bescheides verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen, das bedeutet im vorliegenden Fall, den begehrten Realakt entsprechend der Anordnung des Verwaltungsgerichts - samt allfälliger Einhebung der entsprechenden Gebühr - vorzunehmen.

4. Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG (" ... wenn

bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der ... Bescheid

aufzuheben ist ...") entfallen.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (VwGH 28.5.2014, Ro 2014/07/0053).

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich. Die vorliegende Entscheidung ergeht aufgrund einer eindeutigen Rechtslage.

Schlagworte

Austro Control, Behebung der Entscheidung, Gültigkeit, Kassation,
Sprachkenntnisse, Unionsrecht, Verlängerung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W219.2221191.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten