TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/8 I422 2212374-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.01.2020
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Entscheidungsdatum

08.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I422 2212374-1/16E

I422 2212377-1/15E

I422 2212372-1/15E

I422 2212373-1/15E

I422 2212376-1/15E

I422 2215663-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX; der XXXX, geb. XXXX; des XXXX, geb. XXXX; des XXXX, geb. XXXX, des XXXX, geb. XXXX und der XXXX, geb. XXXX; jeweils StA Irak; jeweils vertreten durch Johannes SCHALK und durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.11.2018 sowie vom 07.02.2019, Zl. 1095942002/151822753 ; Zl. 1095943304/151822842; Zl. 1095945810/151822893; Zl. 1095946502/151822931, Zl. 1095944203/151822974 und Zl. 1218705207/190107079, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.10.2019 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführer reisten unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellten die volljährigen Erst-, Zweitbeschwerdeführer für sich und die minderjährigen Dritt-, Viert-, und Fünftbeschwerdeführer am 20.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründet wurde dieser im Wesentlichen damit, dass im Irak eine unruhige Lage bestehe und der Erstbeschwerdeführer immer wieder von den Milizen gezwungen worden sei in den Kampf zu ziehen. Er habe jedoch nicht töten wollen und habe er auch nicht getötet werden wollen. Durch seine Ablehnung in den Kampf zu ziehen, hätten die Milizen angefangen ihn zu bedrohen. Anfangs hätten sie ihn per Drohbriefe bedroht, dann seien sie persönlich bei ihm erschienen und hätten ihm mit dem Umbringen und mit Folter gedroht. Eines Tages sei der Erstbeschwerdeführer von einer Demonstration nachhause gefahren und sei er dabei von den Mitgliedern einer Miliz erwischt und verprügelt worden. Dadurch hätte er mehr Angst bekommen und habe sich dies auch auf seine Gesundheit in Form einer unbehandelbaren Depression ausgewirkt. Seit den Bedrohungen leide der Erstbeschwerdeführer auch an Diabetes. Er habe zwar Anzeige bei Gericht erstattet, jedoch sei dies umsonst gewesen. Deswegen hätten der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin ihre Kinder gepackt und seien weggeflogen.

2. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer wurden am 23.05.2018 erneut durch die belangte Behörde niederschriftlich einvernommen. Sie bestätigten im Rahmen der Einvernahme die Richtigkeit ihres bisherigen Vorbringens und brachten ergänzend vor, dass sie in Österreich mittlerweile zum Christentum konvertiert wären.

3. Mit den Bescheiden vom 30.11.2018 wies die belangte Behörde die Anträge der Erst- bis Fünftbeschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und des Status des Subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) ab und erteilte sie ihnen keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.). Sie erließ über die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), erklärte ihre Abschiebung in den Irak für zulässig (Spruchpunkt V.) und gewährte ihnen eine Frist für ihre freiwillige Ausreise von 14 Tagen (Spruchpunkt VI.).

4. Gegen den Bescheid erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

5. Am XXXX wurde die Sechstbeschwerdeführerin in Österreich geboren und im Zuge des Familienverfahrens ein Antrag auf Internationaler Schutz eingebracht.

6. Mit Bescheid vom 07.02.2019 wies die belangte Behörde den Antrag der Sechstbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und des Status des Subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) ab und erteilte sie ihr keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.). Sie erließ über die Sechstbeschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), erklärte ihre Abschiebung in den Irak für zulässig (Spruchpunkt V.) und gewährte ihr eine Frist für ihre freiwillige Ausreise von 14 Tagen (Spruchpunkt VI.).

7. Am 29.10.2019 erfolgte in Anwesenheit der Beschwerdeführer und ihrer Rechtsvertretungen eine mündliche Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Personen der Beschwerdeführer:

Die volljährigen Erst- und Zweitbeschwerdeführer und die minderjährigen Dritt-, Viert-, Fünft- und Sechstbeschwerdeführer sind Staatsangehörige des Irak, Angehörige der Volksgruppe der Araber, sprechen arabisch als Muttersprache. Die Identität der Beschwerdeführer steht nicht fest.

Die Beschwerdeführer haben den Irak als schiitische Muslime verlassen. Während Ihres Aufenthaltes sind die Beschwerdeführer zum christlichen Glauben konvertiert. Sie bekennen sich zur evangelischen Freikirche und sind Mitglieder der internationalen Baptistengemeinde in Graz. Die Konversion erfolgte nicht aus innerer Glaubensüberzeugung heraus, es liegt eine Scheinkonversion vor. Im Fall einer Rückkehr werden die Beschwerdeführer keine Verfolgung wegen ihrer in Österreich vorgenommenen Konversion ausgesetzt sein.

Der Erstbeschwerdeführer leidet an einer massiven gehemmten Depression sowie an einem posttraumatischen Belastungssyndrom. Bereits in seinem Herkunftsstaat litt der Erstbeschwerdeführer an Depression und wurde er auch dort medizinisch behandelt. In Österreich befindet sich der Erstbeschwerdeführer hinsichtlich seiner psychischen Beeinträchtigung in medizinischer Betreuung bei einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie und wird er dort auch medikamentös behandelt. Des Weiteren leidet der Erstbeschwerdeführer an Spannungskopfschmerz, Bluthochdruck, einem erhöhten Cholesterinwert, an Diabetes Typ II und einer Hyperlipidämie. Festgestellt wurde beim Erstbeschwerdeführer neben einer psychischen auch eine Verhaltensstörung durch Sedativa und Hypnotika mit Abhängigkeitssyndrom. Zudem besteht auch der Verdacht des Medikamentenmissbrauches durch den Erstbeschwerdeführer.

Die Zweitbeschwerdeführerin leidet an einer Allergie, welche sie bereits in ihrem Herkunftsstaat hatte. Hinsichtlich ihrer Allergie ließ sich bereits im Irak medizinisch behandeln und konsultierte sie diesbezüglich auch in Österreich einen Arzt.

Beim Drittbeschwerdeführer wurde in Österreich eine leichte Intelligenzminderung sowie eine fokale Epilepsie festgestellt.

Die minderjährigen Viert- bis Sechstbeschwerdeführer leiden an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Erst- bis Drittbeschwerdeführer stehen einer Rückkehr in den Irak nicht entgegen.

Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführer sind erwerbsfähig.

Die Erst- bis Fünftbeschwerdeführer reisten unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellten am 20.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Sechstbeschwerdeführerin wurden in Österreich geboren und wurde für sie im Rahmen des Familienverfahrens ein Antrag auf internationaler Schutz gestellt.

Der Erstbeschwerdeführer wurde in Al-Diwaniya geboren, wuchs dort auf und besuchte für zwölf Jahre die Grundschule, Mittelschule und eine industrielle Berufsschule mit dem Zweig Automechanik. Bis zu seiner Ausreise aus dem Irak betrieb er mit seinen Brüdern Autohandel, Devisenhandel sowie Immobilienhandel und führte mit seinen Brüdern ein Männerbekleidungsgeschäft.

Die Zweitbeschwerdeführerin wurde ebenso in Al-Diwaniya geboren, wuchs dort auf und absolvierte acht Jahre lang die Grund- und Mittelschule. Ihr Lebensunterhalt wurde zunächst durch ihre Eltern und anschließend durch ihren Ehemann sichergestellt.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind miteinander verheiratet. Aus der Beziehung entstammen der im Jahr 2005 im Irak geborene Drittbeschwerdeführer, der im Jahr 2008 im Irak geborene Viertbeschwerdeführer, der im Jahr 2010 im Irak geborene Fünftbeschwerdeführer und die im Jahr 2019 in Österreich geborene Sechstbeschwerdeführerin. Bis zur Ausreise besuchte der Viertbeschwerdeführer im Irak vier Jahre lang die Grundschule. Die ebenfalls im Irak geborenen Viert- und Fünftbeschwerdeführer haben im Irak bislang noch keine Schule besucht.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin befanden sich im Irak in einer guten finanziellen Situation und waren Eigentümer eines Hauses. Dieses verkauften sie vor ihrer Ausreise aus dem Irak. Die Beschwerdeführer haben familiäre Anknüpfungspunkte in ihrem Herkunftsstaat. Die Mutter, vier Brüder, drei Schwestern sowie mehrere Tanten und Onkeln des Erstbeschwerdeführers leben nach wie vor im Irak. Des Weiteren leben die Mutter, der Vater, ein Bruder und fünf Schwestern der Zweitbeschwerdeführerin im Irak. Die Beschwerdeführer kommunizieren untereinander in Arabisch.

Abgesehen voneinander haben die Beschwerdeführer in Österreich keine familiären Anknüpfungspunkte. Ein Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer in Österreich ist gegeben. Die Dritt-, Viert- und Fünftbeschwerdeführer besuchen in Österreich eine Schule. Die Sechsbeschwerdeführerin wird von den Erst- und Zweitbeschwerdeführer betreut und versorgt. Der Erstbeschwerdeführer besuchte einen Deutschkurs. Ob er die Deutschprüfung im Niveau A1 positiv abgelegt hat, kann nicht festgestellt werden. Die Zweitbeschwerdeführerin besucht mehrere Deutschkurse, absolvierte bislang jedoch keine Prüfung. Die Deutschkenntnisse der Beschwerdeführer sind unterschiedlich stark ausgeprägt. Mit dem Erstbeschwerdeführer ist eine ausreichende Verständigung auf Deutsch nicht möglich. Die Zweitbeschwerdeführerin spricht ausreichend deutsch und war mit ihr eine Kommunikation auf einfachem Niveau problemlos möglich. Die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer sprechen fließend Deutsch, wobei das Deutsch des Drittbeschwerdeführers bereits eine steirische Dialektfärbung aufweist. Die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer besuchen die Volksschule M[...] und die Neue Musikmittelschule M[...]. Die Beschwerdeführer besuchen einmal wöchentlich eine evangelische Kirche. Die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer sind Mitglieder in den örtlichen Fußballvereinen und weisen einen alterstypischen Freundes- und Bekanntenkreis auf. Eine darüber hinaus gehende maßgebliche und tiefgreifende Integration der Beschwerdeführer in kultureller, sozialer und beruflicher Hinsicht ist nicht gegeben.

Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer gehen in Österreich keiner Beschäftigung nach und beziehen Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

Die Beschwerdeführer sind strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtmotiven der Beschwerdeführer:

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Irak aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, einer politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder verfolgt werden.

Der Erstbeschwerdeführer ist in seinem Herkunftsstaat keiner Verfolgung durch eine Milizgruppe ausgesetzt gewesen. Die Zweit- bis Sechstbeschwerdeführer haben kein eigenes Fluchtvorbringen erstattet.

Zusammenfassend wird in Bezug auf das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer und aufgrund der allgemeinen Lage im Land festgestellt, dass die Beschwerdeführer im Fall ihrer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein werden.

1.3. Zur Lage im Herkunftsland:

Zur Allgemeinen Lage im Irak:

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit dem Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, zB den sogenannten Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite geprägt. Dabei stand vor allem die Kontrolle der Stadt Mosul, Hauptstadt der Provinz Ninewa, im Fokus. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen Anbar, Diyala und Salah Al-Din in Zentral- und Südirak voraus.

Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, gemeinsam mit den schiitischen Milizen, den Popular Mobilisation Forces (PMF), sowie mit Unterstützung alliierter ausländischer Militärkräfte die Einheiten des IS sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz Anbar als auch aus den nördlich an Bagdad anschließenden Provinzen Diyala und Salah Al-Din zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt Mosul sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze westlich von Mosul.

Der IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in Bagdad und anderen Städten im Südirak und im Zentralirak seine - wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte - Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren.

Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premierminister Haider AL-ABADI die Stadt Mosul für vom IS befreit. In der Folge wurden von der Militärallianz auch frühere Bastionen des IS westlich von Mosul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz Anbar sowie einer Enklave südlich von Kirkuk, doch gab der Premierminister AL-ABADI im Dezember 2017 bekannt, dass der IS, auch in diesen Gebieten, besiegt sei. Seitdem befindet sich der IS in einem taktischen Wandel, indem er sich auf die ländlichen Regionen des Landes fokussiert und dort versucht die Kontrolle zurückzuerlangen. Zugleich verstärkt er seine Konfrontation mit Sicherheitskräften. Im September 2018 fanden IS-Angriffe vermehrt in Bagdad statt, wobei eine Rückkehr zu Selbstmordanschlägen und Autobomben festzustellen ist. Mit Stand Oktober 2018 waren irakische Sicherheitskräfte gegen IS-Kämpfer in den Provinzen Anbar, Ninewa, Diyala und Salah al-Din im Gang, mit dem Ziel, eine Etablierung des IS zu verhindern und ihn von Bevölkerungszentren fernzuhalten. Betreffend vormals von IS kontrollierte ländliche Gebiete, in denen irakische Sicherheitskräfte abwesend sind, kommt es zu IS-Angriffen und zu Drohungen, Einschüchterungen und Tötungen durch IS-Kämpfer, vor allem nachts. Es gibt immer häufiger Berichte über Menschen, die aus Dörfern in ländlichen Gebieten, wie dem Bezirk Khanaqin im Nordosten Diyalas, fliehen. In vielen dieser ländlichen Gebiete wenig staatliche Präsenz gibt und die Bevölkerung eingeschüchtert wird. Sie kooperiert aus Angst nicht mit den Sicherheitskräften. Im vergangenen Jahr hat sich der IS verteilt und in der Zivilbevölkerung verborgen. Kämpfer verstecken sich an den unzugänglichsten Orten: in Höhlen, Bergen und Flussdeltas. Der IS ist auch zu jenen Taktiken zurückgekehrt, die ihn 2012 und 2013 zu einer Kraft gemacht haben: Angriffe, Attentate und Einschüchterungen, besonders nachts. In den überwiegend sunnitischen Provinzen, in denen der IS einst dominant war (Diyala, Salah al-Din und Anbar), führt die Gruppe nun wieder Angriffe von großer Wirkung durch. Die Sicherheitslage hat sich im Laufe des ersten Halbjahres 2019 wiederum verändert. Auch wenn die terroristischen Aktivitäten sind im Irak deutlich zurückgegangen sind, stellt der IS nach wie vor eine Bedrohung dar. Nachdem der IS im März 2019 auch in Syrien das letzte von ihm kontrollierte Territorium verloren hat, sickernden zunehmend IS-Kämpfer aus Syrien im Irak ein, wodurch ein leichter Anstieg der Anschlagzahlen in der ersten Aprilhälfte des Jahres 2019 zu verzeichnen war, ehe sich die Vorfälle wieder auf das niedrige Niveau der Vormonate einpendelte.

Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz BASRA, war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und seit 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen. Allerdingst arbeitet der Islamische Staat (IS) daran seine Netzwerke im Norden des Gouvernements Babil wieder aufzubauen, mutmaßlich um Angriffe auf leichte Ziele (Anm. orig. "soft targets") in Bagdad und im Süden, in den heiligen Städten Karbala und Najaf, auszuführen.

Fast immer, wenn es im Gouvernement Babil zu sicherheitsrelevanten Vorfällen kommt, geschehen diese im Bezirk Jurf al-Sakhr. Der vom Gouvernement Anbar aus zugängliche Bezirk musste von seiner Bevölkerung verlassen werden und dient nun den al-Hashd al-Sha'bi (Volksmobilisierungseinheiten, PMF) als Basis, weswegen der IS für gewöhnlich hier zuschlägt (Joel Wing 5.6.2019). Am 9. April stieß die 47. Brigade der Volksmobilisierungseinheiten (PMF) in Jurf al-Sakhr mit dem IS zusammen. Dieser zog sich zwar vorübergehend aus dem Gebiet zurück, es erfolgte jedoch keine vollständige Säuberung durch die PMF (ISW 19.4.2019). Im Mai fanden zwei Angriffe im nordwestlichen Jurf al-Sakhr und einer im zentralen Mahawil statt. Eine SVBIED-Attacke (Suicide Vehicle Borne Improvised Explosive Device) - die erste seit 2014 - in Jurf al-Sakhr konnte durch die 46. PMF-Brigade verhindert werden. Im April 2019 wurden in Babil drei sicherheitsrelevante Vorfälle mit fünf Verletzten registriert. Im Mai gab es drei Vorfälle mit zwei Toten und fünf Verletzten und im Juni (Anm. 2019) waren es drei Vorfälle mit zwei Verletzten. In Basra wurden im Juni (Anm. 2019) zwei Vorfälle mit drei Verletzten registriert. Ein von internationalen Ölgesellschaften genutzter Gebäudekomplex wurde von Raketen getroffen. Mutmaßlich steckt eine pro-iranischen Gruppe hinter diesem Angriff.

Hinweise auf eine etwaig religiös motivierte Bürgerkriegssituation finden sich in den Länderberichten ebenso wenig, wie Hinweise auf eine Säuberung von durch ethnische oder religiöse Gruppierungen bewohnten Gebieten.

Versorgungslage:

Der Staat kann die Grundversorgung der Bürger nicht kontinuierlich und in allen Landesteilen gewährleisten. Die Iraker haben eine dramatische Verschlechterung in Bezug auf die Zurverfügungstellung von Strom, Wasser, Abwasser- und Abfallentsorgung, Gesundheitsversorgung, Bildung, Verkehr und Sicherheit erlebt. Der Konflikt hat nicht nur in Bezug auf die Armutsraten, sondern auch bei der Erbringung staatlicher Dienste zu stärker ausgeprägten räumlichen Unterschieden geführt. Der Zugang zu diesen Diensten und deren Qualität variiert demnach im gesamten Land erheblich.

Die über Jahrzehnte internationaler Isolation und Krieg vernachlässigte Infrastruktur ist sanierungsbedürftig. Trotz internationaler Hilfsgelder bleibt die Versorgungslage für ärmere Bevölkerungsschichten schwierig. Die genannten Defizite werden durch die grassierende Korruption zusätzlich verstärkt.

Situation von Kindern:

Kinder gehören im Irak zur vulnerablen Gruppe, die im erhöhtem Maße durch die schwierige humanitäre Lage betroffen sind. Laut UNICEF machten Kinder im August 2017 fast die Hälfte der damals drei Millionen durch den Konflikt vertriebenen Iraker aus. Über ein Viertel aller Kinder im Irak leben in Armut. Gewalt - vor allem auch innerfamiliäre Gewalt - gegen Kinder bleibt ein großes Problem. Allerdings enthält die irakische Verfassung auch Bestimmungen zum Schutz der Kinderechte, verbietet zB Kinderarbeit und ist um eine Bildung der Kinder bemüht, was sich insbesondere darin zeigt, dass eine Schulpflicht für die ersten sechs Schuljahre besteht und diese auch kostenlos ist.

Protestbewegungen:

Die Protestbewegung, die es als solche schon seit Juli 2014 gibt, gewinnt derzeit an Bedeutung. Zumeist junge Leute gehen in Scharen auf die Straße, fordern bessere Lebensbedingungen, Arbeitsplätze, Reformen, einen effektiven Kampf gegen Korruption und die Abkehr vom religiösen Fundamentalismus. Im Juli 2018 brachen im Süden des Landes, in Basra, nahe den Ölfeldern West Qurna und Zubayr Proteste aus. Diese eskalierten, nachdem die Polizei in West Qurna auf Demonstranten schoss. Reich an Ölvorkommen, liefert die Provinz Basra 80 Prozent der Staatseinnahmen des Irak. Unter den Einwohnern der Provinz wächst jedoch das Bewusstsein des Gegensatzes zwischen dem enormen Reichtum und ihrer eigenen täglichen Realität von Armut, Vernachlässigung, einer maroden Infrastruktur, Strom- und Trinkwasserknappheit.

Die Protestbewegungen weiteten sich diese schnell auf andere Städte und Provinzen im Süd- und Zentralirak aus und sind Protestbewegungen auch in der Hauptstadt Bagdad zu verzeichnen. Die Dauer und Intensität von Protesten ist immer wieder wieder Schwankungen unterworfen. So gingen tausende Menschen in Dhi Qar, Maysan, Najaf und Karbala auf die Straße, um gegen steigende Arbeitslosigkeit, Korruption und eine schlechte Regierungsführung, sowie die iranische Einmischung in die irakische Politik zu protestieren. Demonstranten setzten die Bürogebäude der Da'wa-Partei, der Badr-Organisation und des Obersten Islamischen Rats in Brand; praktisch jede politische Partei wurde angegriffen. Bei den Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften sind immer wieder Todesfällen zu verzeichnen. Erneut flammten die Demonstrationen im September 2018 wieder auf. Dabei wurden in Basra Regierungsgebäude, die staatliche Fernsehstation, das iranische Konsulat, sowie die Hauptquartiere fast aller Milizen, die vom Iran unterstützt werden, angegriffen. Zuletzt gipfelte die landesweiten Proteste Herbst 2019 in einen gewaltsamen Höhepunkt mit mehreren hundert Toten.

Religionsfreiheit und Konversion:

Die Verfassung erkennt das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit weitgehend an. Gemäß Art. 2 Abs. 1 ist der Islam Staatsreligion und eine Hauptquelle der Gesetzgebung. Es darf kein Gesetz erlassen werden das den "erwiesenen Bestimmungen des Islams" widerspricht. In Abs. 2 wird das Recht einer jeden Person auf Religions- und Glaubensfreiheit sowie das Recht auf deren Ausübung garantiert. Explizit erwähnt werden in diesem Zusammenhang Christen, Jesiden und Mandäer-Sabäer, jedoch nicht Anhänger anderer Religionen. Art. 3 der Verfassung legt ausdrücklich die multiethnische, multireligiöse und multikonfessionelle Ausrichtung des Irak fest, betont aber auch den arabisch-islamischen Charakter des Landes. Art. 43 verpflichtet den Staat zum Schutz der religiösen Stätten. Das Strafgesetzbuch kennt keine aus dem islamischen Recht übernommenen Straftatbestände, wie z. B. den Abfall vom Islam; auch spezielle, in anderen islamischen Ländern existierende Straftatbestände, wie z.B. die Beleidigung des Propheten, existieren nicht. Das Zivilgesetz sieht einen einfachen Prozess für die Konversion eines Nicht-Muslims zum Islam vor. Das Strafgesetzbuch verbietet die Konversion vom Islam zum Christentum nicht, aber das Gesetz sieht keine rechtliche Anerkennung auf Änderung der konfessionellen Status vor. Somit ist die Konversion eines Muslims zu einer anderen Religion gesetzlich nicht vorgesehen. Auch wenn die Bekanntgaben der Religionszugehörigkeit für die Beantragung eines nationalen Personalausweises erforderlich ist, geben die neuen nationalen Personalausweise die Religionszugehörigkeit des Inhabers nicht mehr an. Über Fälle einer offenen Konversion vom Islam zum Christentum wird selten berichtet. Viele Konvertiten halten die ihren Glauben geheim. Konvertiten stehen in der irakischen Gesellschaft weitverbreiteten Feindseligkeiten gegenüber, da eine Konversion als Affront gegen die kollektive Ehre betrachtet wird und müssen Konvertiten mit gesellschaftlicher Diskriminierung und Benachteiligungen rechnen. Eine öffentliche Konversion würde wahrscheinlich zu Ausgrenzung und/oder Gewalt durch die Gemeinschaft, den Stamm oder die Familie des Betreffenden sowie durch islamistische bewaffnete Gruppierungen führen.

Die folgenden religiösen Gruppen werden durch das Personenstandsgesetz anerkannt: Muslime, chaldäische Christen, assyrische Christen, assyrisch-katholische Christen, syrisch-orthodoxe Christen, syrisch-katholische Christen, armenisch-apostolische Christen, armenisch-katholische Christen, römisch-orthodoxe Christen, römisch-katholische Christen, lateinisch-dominikanische Christen, nationale Protestanten, Anglikaner, evangelisch-protestantische Assyrer, Adventisten, koptisch-orthodoxe Christen, Jesiden, Sabäer-Mandäer und Juden. Die staatliche Anerkennung ermöglicht es den Gruppen, Rechtsvertreter zu bestellen und Rechtsgeschäfte wie den Kauf und Verkauf von Immobilien durchzuführen. Alle anerkannten religiösen Gruppen haben ihre eigenen Personenstandsgerichte, die für die Behandlung von Ehe-, Scheidungs- und Erbschaftsfragen zuständig sind. Laut der jesidischen NGO Yazda gibt es jedoch kein Personenstandsgericht für Jesiden.

Das Gesetz verbietet die Ausübung des Bahai-Glaubens und der wahhabitischen Strömung des sunnitischen Islams.

Die meisten religiös-ethnischen Minderheiten sind im irakischen Parlament vertreten. Grundlage bildet ein Quotensystem bei der Verteilung der Sitze (fünf Sitze für die christliche Minderheit sowie jeweils einen Sitz für Jesiden, Sabäer, Mandäer und Schabak). Das kurdische Regionalparlament sieht jeweils fünf Sitze für Turkmenen, Chaldäer und assyrische Christen sowie einen für Armenier vor.

Es gibt weiterhin Berichte, dass die irakischen Sicherheitskräfte (ISF), einschließlich der Peshmerga und schiitischer Milizen, sunnitische Gefangene töten. Internationale und lokale NGOs geben an, dass die Regierung das Anti-Terror-Gesetz weiterhin als Vorwand nutzt, um Personen ohne zeitgerechten Zugang zu einem rechtmäßigen Verfahren festzuhalten. Internationale Menschenrechtsorganisationen erklären, dass die Regierung es immer noch verabsäumt ethnisch-konfessionelle Verbrechen zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen, einschließlich Verbrechen, die von bewaffneten Gruppen in den vom IS befreiten Gebieten ausgeübt wurden. Sunnitische Araber berichten weiterhin, dass manche Regierungsbeamte bei Festnahmen und Inhaftierungen konfessionelles Profiling vornehmen, sowie Religion als bestimmenden Faktor bei der Vergabe von Arbeitsplätzen benützen.

Minderheiten sind auch weiterhin mit Belästigungen, einschließlich sexueller Übergriffe, und Einschränkungen durch lokale Behörden in einigen Regionen konfrontiert. Da Religion, Politik und Ethnizität oft eng miteinander verbunden sind, ist es schwierig, viele Vorfälle als ausschließlich auf religiöser Identität beruhend zu kategorisieren. Einige Jesiden und christliche Führer berichten von Belästigungen und Misshandlungen durch kurdische Sicherheitskräfte, einschließlich Anforderungen für Sicherheitsgenehmigungen, die von den Asayish auferlegt werden und die die Bewegungsfreiheit von Jesiden zwischen der Provinz Dohuk und dem Sinjar-Gebiet einschränken. Christen berichten von Belästigungen und Misshandlungen an zahlreichen Checkpoints, die von Einheiten der Volksmobilisierungseinheiten (PMF) betriebenen werden. Dadurch wird die Bewegungsfreiheit im Gebiet der Ninewa-Ebene behindert.

Christen und Jesiden geben an, dass die Zentralregierung in Bagdad eine gezielte demografische Veränderung fördert, indem sie Schiiten mit Land und Häusern ausstattet, damit diese in traditionell christliche Gebiete ziehen.

Vertreter religiöser Minderheiten berichten, dass die Zentralregierung im Allgemeinen nicht in religiöse Handlungen eingreift und sogar für die Sicherheit von Gotteshäusern und anderen religiösen Stätten, einschließlich Kirchen, Moscheen, Schreinen, religiösen Pilgerstätten und Pilgerrouten, sorgt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Der umseits unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte der belangten Behörde und der vorliegenden Gerichtsakte. Zudem fand am 29.10.2019 beim Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit der Beschwerdeführer und ihrer Rechtsvertretungen eine mündliche Verhandlung statt. Ergänzend wurde auch ein Bericht der Staatendokumentation zum Thema "Schiitische Milizen" [#2013050] datierend 22.07.2019, eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Thema "Rechtliche Folgen bei Konversion eines Sunniten zur christlichen Gemeinschaft; Verhalten schiitischer Milizen oder anderer Personengruppen (abseits der Gruppe Islamischer Staat) gegenüber zum Christentum konvertierter Personen; Auswirkungen einer Konversion zum Christentum auf den Zugang zum Arbeits- und Wohnungsmarkt [a-11036]" datierend vom 26.07.2019; eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Thema "Lage der Christen im Irak; assyrische Christen" datierend vom 23.07.2019; sowie der EASO Country Guidance Iraq "Common analysis and guidance note", datierend vom Juni 2019 und zudem auch die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Thema "Behandlungsmöglichkeiten bei psychischen Erkrankungen (zB bei posttraumatischen Belastungsstörungen, Verfügbarkeit von Antidepressiva und (sedierenden ) Antipsychotika, Verfügbarkeit von Medikamenten gegen Bluthochdruck bzw. Herzproblemen) [a-10861]" datierend vom 12.02.2019; die Home Office - Country Policy and Information Note "Iraq: Medical and healthcare issues" datierend vom Mai 2019 und eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Thema "Irak Wirktstoffe, Sertralin und Quetiapin" datierend vom 29.12.2017 eingeholt und der wesentliche Inhalt dieser Berichte und Anfragebeantwortungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung erörtert. Des Weiteren wurden Auskünfte aus dem Strafregister, dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) und dem Betreuungsinformationssystem über die Grundversorgung (GVS) eingeholt.

2.2. Zu den Personen der Beschwerdeführer:

Die Feststellung zur Volljährigkeit der Erst- und Zweitbeschwerdeführer und zur Minderjährigkeit der Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer, deren Staatsangehörigkeit, deren Volksgruppenzugehörigkeit und deren Muttersprache resultiert aus den glaubhaften Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführer vor der belangten Behörde und der diesbezüglich gleichbleibenden Angaben im Rahmen ihrer mündlichen Verhandlung vom 29.10.2019. Die Identität der Beschwerdeführer steht mangels Vorlage identitätsbezeugender Dokumente nicht fest.

Die Feststellung zur Glaubenszugehörigkeit der Beschwerdeführer und ihrer Konvertierung zum christlichen Glauben ergibt sich zunächst aus den Angaben der Erst- und der Zweitbeschwerdeführer im Rahmen ihres Administrativverfahrens. Allerdings fordert der VfGH dass, sobald auf Grund äußerer Tatsachen ein Wechsel der Religion aus innerer Überzeugung nicht unwahrscheinlich ist, sich das Gericht auf Grund einer ausführlichen Beurteilung der Persönlichkeit und aller Umstände der persönlichen Glaubwürdigkeit sowie darauf aufbauend einer ins einzelne gehenden Beweiswürdigung und allenfalls der Einvernahme von Personen, die Auskunft über den Glaubenswechsel und die diesem zugrunde liegenden Überzeugungen geben können, einen detaillierten Eindruck darüber verschaffen muss, inwieweit der Religionswechsel auf einer persönlichen Glaubensentscheidung beruht; dies selbst dann, wenn sich der Asylwerber zunächst auf unwahre Angaben betreffend seinen Fluchtgrund gestützt hat (vgl. VfGH 27.2.2018, E 2958/2017 mwN; und zuletzt auch VwGH 26.03.2019, Ra 2018/19/0603). Des Weiteren wurde daher deren Konversion der Beschwerdeführer und die Beweggründe dafür im Rahmen der mündlichen Verhandlung - insbesondere mit den Erst- und Zweitbeschwerdeführern - ausführlich erörtert. Ergänzend wurde auch der Presbyter jener Internationalen Baptistengemeinde als Zeuge befragt, zu der sich die Beschwerdeführer als Mitglieder bekennen. Die Feststellung, dass die Beschwerdeführer nicht aus innerer Glaubensüberzeugung heraus ihren Glauben gewechselt haben und im gegenständlichen Fall eine Scheinkonversion vorliegt, ergibt sich aus dem in der der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindrucks des erkennenden Richters. Durchaus zeigten die einvernommenen Erst- und Zweitbeschwerdeführer Kenntnisse über das Christentum auf (beispielsweise, dass Jesus die Sünden verzeiht oder dass er das "Brot" des Lebens sei und er sein "Blut" für die Menschheit geopfert habe bzw. sagte die Zweitbeschwerdeführerin das "Vater unser" korrekt auf Arabisch auf) und besuchen sie regelmäßig die Gottesdienste der evangelischen Freikirche. Es wird allerdings nicht außer Acht gelassen, dass die Beschwerdeführer sich seit rund eineinhalb Jahren mit dem christlichen Glauben beschäftigen und sie ihren eigenen Angaben nach seit rund drei bis vier Monaten einen Taufvorbereitungskurs besuchen, woraus sich die allgemeinen Kenntnisse der Beschwerdeführer über das Christentum und dessen wesentlichen Glaubensinhalte ergeben. Allerdings lässt sich alleine aus den regelmäßigen Gottesdienstbesuchen und den Kenntnissen über das Christentum keine innere Glaubensüberzeugung ableiten. Augenscheinlich war für den erkennenden Richter insbesondere, dass weder der Erstbeschwerdeführer, noch die Zweitbeschwerdeführerin ihren jeweils individuell persönlichen, konkreten und ausschlaggebenden "Erweckungsmoment" schildern vermochten. Die diesbezügliche Frage beantworteten der Erst- und die Zweitbeschwerdeführer sehr vage und allgemein gehalten. Im Wesentlichen schilderten sie unsubstantiiert und unkonkret das Zusammentreffen mit einem arabischsprechenden iranischen Missionar namens "Darius". Zudem führten sie allgemein gehalten aus, dass sie vor allem die in Österreich erlebte Menschlichkeit, Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft sie von einem Glaubenswechsel überzeugt habe, was sich im Wesentlichen auch in dem vom Erstbeschwerdeführer vorgelegten "Zeugnis", indem er die Gründe der Familie für die Konversion darlegt, widerspiegelt. Auch die Ausführungen des Erstbeschwerdeführers, dass er und die Zweitbeschwerdeführerin sich gemeinsam zu einer Konversion entschieden haben bzw. die Angaben der Zweitbeschwerdeführerin, dass sie von der Lehrerin der Schule gefragt worden sei, ob die Kinder in der Schule in die Kirche mitgehen möchten bzw. sie durch den Kontakt zu österreichischen Familien mehr über das Christentum erfahren haben, deuten darauf hin, dass rationale bzw. gesellschaftliche Überlegungen die Konversion leiteten und nicht die jeweils eigenen, inneren Glaubensüberzeugungen der Beschwerdeführer. In diesem Zusammenhang lässt der erkennende Richter auch nicht außer Acht, dass sich sowohl der Erstbeschwerdeführer, als auch die Zweitbeschwerdeführerin ihre eigene Glaubenseinstellung im Irak als nicht ausgeprägt bzw. säkular bezeichneten. Ebenso spielt bei den Beschwerdeführern nicht der christliche Kerngedanke "einer Auferstehung bzw. eines Lebens nach dem Tod" für die Konversion eine Rolle, sondern begründeten sie ihren Wunsch nach einer Konversion primär mit der strafenden Rolle des Gottes und der Gewaltbereitschaft im Islam sowie der im schiitischen Islam vorherrschenden Moral- und Sittenstrenge. So sei im Islam vieles verboten, was im Christentum erlaubt und selbstverständlich sei. Auch dies erhärtet den Eindruck des erkennenden Richters, dass sich die Beschwerdeführer den Religionswechsel nicht aus innerer Überzeugung, sondern aus reinem Pragmatismus durchführten. In einer Gesamtbetrachtung kann im gegenständlichen Fall somit nicht von einem Religionswechsel aus innerer Überzeugung ausgegangen werden (vgl. VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0260). Der Umstand, dass die Beschwerdeführer eine Taufe beabsichtigen, diese bislang jedoch noch nicht durchgeführt wurde, wird nicht zu Ungunsten der Beschwerdeführer berücksichtigt, da sie für die Frage der inneren Konversion bedeutungslos ist (vgl. VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0453).

Dass die Beschwerdeführer im Falle ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat keiner Verfolgung aufgrund ihrer in Österreich vorgenommenen Konversion ausgesetzt sein werden, ergibt sich aus folgenden Überlegungen: Wie zuvor ausgeführt, basiert die Konversion zum Christentum nicht auf einer inneren Glaubensüberzeugung, sondern aus rational-pragmatischen und sozialen Überlegungen. Daher ist auch davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer den christlichen Glauben im Irak nicht fortführen oder öffentlich ausüben werden. Dies vor allem auch unter der Berücksichtigung, dass sowohl der Erst-, als auch die Zweitbeschwerdeführer angaben, dass sie vor ihrer Ausreise aus dem Irak säkular bzw. den islamischen Glauben nicht aus Überzeugung gelebt hätten. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass wegen der Konversion eine Bedrohung seitens der Familie des Erstbeschwerdeführers ausgeht, einerseits vermochte der Erstbeschwerdeführer keine konkret gegen sie ausgesprochene Bedrohung durch die Familie benennen und verwies er lediglich lapidar darauf, dass seine Eltern von der Konversion wissen würden und es eine Schande sei. Allerdings verhärtet die weitere Ausführung, dass seine Mutter und seine Schwester Verständnis für ihn hätten, den Verdacht, dass eine Scheinkonversion zur Erlangung eines Aufenthaltstitels von der Familie geduldet wird [Verhandlungsprotokoll S 16]. Es ist nicht glaubhaft, dass die Familie der Zweitbeschwerdeführerin von der Konversion der Beschwerdeführer Kenntnis erlangt hat, dies aus folgenden Überlegungen: Wie sich aus den Ausführungen der Zweitbeschwerdeführerin vor der belangten Behörde ergibt [BF 2, AS 144], ist sie sich der Tragweite einer Konversion im Hinblick auf eine Familien- bzw. Clanproblematik bewusst und ist nicht davon ausgehen, dass die Zweitbeschwerdeführer wegen einer Konversion mit ihrer Familie bricht, zumal sie nicht darauf vertrauen durfte, dass sie trotz einer Konversion in Österreich verbleiben kann. Auch aus den Ausführungen in der Beschwerde vom Jänner 2019 ergibt sich, dass lediglich die Familie des Erstbeschwerdeführers von der Konversion erfahren habe. Wenn die Zweitbeschwerdeführerin nunmehr in der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2019 angibt, dass ihre Familie seit mehr als einem Jahr von der Konversion wisse, ist es nicht nachvollziehbar, weshalb dieser Umstand nicht bereits in der Beschwerdeschrift aufgegriffen wird und erhärtet dies die Vermutung, dass die Familie der Zweitbeschwerdeführerin nichts von der Konversion weiß.

Die Feststellungen hinsichtlich des Gesundheitszustande des Erst- bis Drittbeschwerdeführer ergeben sich aus den vorgelegten medizinischen Unterlagen. Hinsichtlich der Viert- bis Sechstbeschwerdeführer wurden weder im Administrativ-, noch im Beschwerdeverfahren gesundheitliche Beeinträchtigungen geltend gemacht. Zuletzt wurde hinsichtlich der Leiden des Erstbeschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung der ärztliche Befundbericht von Dr. Marlene S[...], einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie datierend vom 25.06.2019 und vom 22.10.2019; die ärztliche Bestätigung von Dr. Günther H[...], einem Arzt für Allgemeinmedizin und Geriatrie, datierend vom 24.05.2017 und vom 19.09.2019 sowie der Befund bzw. die Medikamentenbeschreibung von Dr. Alfred G[...], einem Facharzt für Innere Medizin, datierend vom 29.04.2019 und vom 27.05.2019. Die Zweitbeschwerdeführerin brachte hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung keinerlei medizinische Unterlagen in Vorlage, allerdings werden ihre diesbezüglichen Angaben in der mündlichen Verhandlung, wonach sie an Allergien leide und sie sich in ärztlicher Behandlung befinde, als glaubhaft erachtet. Bezüglich des Drittbeschwerdeführers wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung ein Kurzarztbrief des LKH H[...], Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, datierend vom 26.04.2019 vorgelegt. In diesem wird bestätigt, dass sich der Drittbeschwerdeführer wegen seiner fokalen Epilepsie bereits seit drei Jahren in medizinischer Kontrolle befindet. Dabei verkrampfen sich im Wachzustand für eine halbe Minute die rechte Hand mit Überstreckung der Finger und die rechte Gesichtshälfte bzw. der rechte Mundwinkel. Die Augen drehen sich bei den Krampfanfällen nach oben. Die Symptome würden rund sechs Mal am Tag auftreten. Darüber hinaus zeigen die durchgeführten Befunde des Gehirns keinerlei Auffälligkeiten und ergaben auch das EEG keine Anzeichen für die erhöhte Erregungsbereitschaft bzw. auch keine regionale Verlangsamung des Großhirns. Aus einem Parteiengehör der Bildungsdirektion Steiermark vom 17.05.2019 und einem schulpsychologischen Gutachten vom 17.01.2019 resultiert die Feststellung, dass der Drittbeschwerdeführer eine leichte Intelligenzminderung und Belastungsreaktionen aufweist.

Die Feststellung, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Erst- bis Drittbeschwerdeführer einer Rückkehr in den Irak nicht entgegensteht, ergibt sich daraus, dass die Leiden der Beschwerdeführer offenkundig bereits in ihrem Herkunftsstaat bestanden haben und sich zumindest die Erst- und Zweitbeschwerdeführer dort nachweislich in medizinischer Behandlung befunden haben. In einer vom Erstbeschwerdeführer vorgelegten ärztlichen Bestätigung des psychisch-medizinischen Komitees des Gesundheitszentrums von Al-Diwaniyah wird bestätigt, dass der an schwerer Depression leidet, er eine Behandlung verweigert und er arbeitsunfähig ist. Wie sich zudem aus dem ärztlichen Befundbericht der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 22.10.2019 wird den Erstbeschwerdeführer betreffend seit Jahren eine hochdosierte medikamentöse Therapie durchgeführt und konnte trotz regelmäßiger Therapie (monatliche Kontrolle) keine ausreichende Besserung der Symptomatik des Erstbeschwerdeführers bewirkt werden. Aus den Länderberichten und der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation ergibt sich die Sicherstellung der grundlegenden medizinischen Versorgung und auch eine ambulante und stationäre Behandlungsmöglichkeit von psychischen Beeinträchtigungen im Irak. Hinsichtlich der gesundheitlichen Beeinträchtigung des Drittbeschwerdeführers ist auszuführen, dass diese einer Rückkehr ebenfalls nicht entgegensteht. Aus dem Kurzartbrief des LKH H[...] leitet sich ab, dass der Beschwerdeführer erstmalig im August 2016 in Österreich untersucht wurde und sich aus der Anamnese seines letzten Kontrolltermins vom April 2019 die gleichbleibenden Probleme geschildert werden. Aus den Ausführungen des Kurzarztbriefes ergeben sich keine Anzeichen für eine lebensbedrohliche Erkrankung. Zudem ergibt sich aus dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes, dass die für Epilepsie erforderlichen Behandlungsmöglichkeiten sowohl in Bagdad als auch in der Provinz Najaf gegeben sind (vgl. den Bericht der Irakischen Vereinigung gegen Epilepsie - https://www.ilae.org/regions-and-countries/national-chapters/iraq).

Aus den Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführer hinsichtlich ihrer Schulausbildung und ihrer bisherigen Tätigkeit, ergibt sich in Zusammenschau mit deren Gesundheitszustand und deren Alter die Feststellung über ihre Erwerbsfähigkeit. Nicht unberücksichtigt bleibt in diesem Zusammenhang auch das von ihm vorgelegte, medizinische Entscheidung des medizinisch-psychologischen Komitees vom 10.12.2013. In diesem wird bestätigt, dass der Beschwerdeführer an einer schweren Depression leitet und er arbeitsunfähig ist. Dem ist entgegenzuhalten, dass sich aus den aktuellen medizinischen Unterlagen keine Anzeichen für eine Arbeitsunfähigkeit ableiten lassen und der Beschwerdeführer zuletzt in der mündlichen Verhandlung auch selbst bestätigte, dass er bis zu seiner Ausreise in den Branchen Textil, Geldwechsel und Autohandel selbständig tätig war und er dadurch bis zur Ausreise den Lebensunterhalt für sich und seine Familie verdienen habe können.

Die Einreise der Erst- bis Fünftbeschwerdeführer und deren Antragsstellung auf internationalen Schutz sowie die Geburt der Sechstbeschwerdeführerin und deren Antragsstellung resultiert aus der Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und den sich darin befindlichen Geburtsurkunde der Sechstbeschwerdeführerin.

Die Feststellungen zur Geburt, zur Schul- und Berufsausbildung sowie der bisherigen beruflichen Tätigkeiten der Erst- und Zweitbeschwerdeführer ergibt sich aus diesbezüglich Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführer im Rahmen ihrer mündlichen Verhandlung, welche mit den bisherigen Angaben übereinstimmen und als glaubhaft zu erachten sind.

Dass die Erst- und die Zweitbeschwerdeführer miteinander verheiratet sind und aus dieser Beziehung die Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer entstammen, ergibt sich ebenso wie die Feststellungen zu den familiären Anknüpfungspunkten in ihrem Herkunftsstaat aus ihren diesbezüglich glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde und zuletzt vor dem Bundesverwaltungsgericht. Zuletzt führten die Erst- und Zweitbeschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung aus, dass sie keinerlei Kontakt mehr zu ihren Familienangehörigen haben.

Im Zuge ihrer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht bestätigten die Erst- und Zweitbeschwerdeführer, dass sie - abgesehen voneinander und den Kindern - über keine Familienangehörige im Bundesgebiet verfügen. Aus dem rund vierjährigen Aufenthalt der Beschwerdeführer ergibt sich schon dem Grunde nach ein Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer in Österreich. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung konnte sich der erkennende Richter ein eigenes Bild von den unterschiedlich ausgeprägten Deutschkenntnissen der Beschwerdeführer machen. Die Erst- und die Zweitbeschwerdeführer bestätigten den Besuch eines Deutschkurses. Der Erstbeschwerdeführer legte im Rahmen der mündlichen Verhandlung eine Bestätigung des BFI vom 23.03.2017, betreffend seiner Teilnahme an einem Deutschseminar A1.1. vor. Dass der Erstbeschwerdeführer die Deutschprüfung im Niveau A1 positiv absolviert hat, konnte mangels vorliegender Unterlagen nicht verifiziert werden. Die Zweitbeschwerdeführer legte drei Bestätigungen des BFI, datierend vom 02.10.2017, 07.11.2017 und vom 18.12.2017 vor, wonach sie an den Deutschseminaren im Niveau A1.1 bis A1.3 teilgenommen hat. Die Absolvierung einer Deutschprüfung verneinte die Zweitbeschwerdeführerin.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung bestätigten die Dritt- bis Viertbeschwerdeführer glaubhaft, dass sie in die Schule gehen und ergab sich aus dem Vorbringen der Zweitbeschwerdeführerin, dass sie Sechstbeschwerdeführerin betreut und versorgt. Der Schulbesuch der Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer leitet sich zum aus der vorgelegten Teilnahmebestätigung am evangelischen Religionsunterricht durch die Leitung der Volksschule M[...] vom 25.10.2019 und Bestätigung der Neuen Musikmittelschule M[...] vom 25.10.2019 ab.

Dass keine maßgebliche tiefgreifende Integration der Beschwerdeführer in kultureller, sozialer und beruflicher Hinsicht vorhanden ist, resultiert aus dem Umstand, dass sich die integrativen Bemühungen der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Dauer ihres Aufenthaltes in ein überschaubares Ausmaß erschöpfen. Abgesehen vom nachgewiesenen Besuchen von Deutschkursen und der glaubhaften Angabe, dass die Beschwerdeführer in ihrer Kirchengemeinde eingebunden sind, verwies die Rechtsvertretung darauf, dass der Erstbeschwerdeführer zudem noch bei den Naturfreunden sei und mit ihnen Wanderungen unternehme. Die Zweitbeschwerdeführerin verwies auf einen Freundeskreis bestehend aus Helga und Martin sowie den Nachbarn Veronika und Lili. Zudem liegen zwei private Unterstützungserklärungen des Bürgermeisters der Gemeinde St. B[...] vom 18.05.2018 und eine undatierte Bestätigung des Quartiergebers im Verwaltungsakt ein. Die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer verwiesen in ihrer Befragung auf eine altersadäquate Freizeitgestaltung. So gab der Drittbeschwerdeführer an, dass er nach dem Nachhause Kommen von der Schule die Hausaufgaben mache und er anschließend nach draußen gehe und Fußball spiele. Der Viertbeschwerdeführer bestätigte, dass er nach der Schule in die Nachmittagsbetreuung gehe. Dort mache er die Hausaufgabe und spiele er mit seinen Freunden bzw. gehe er mit diesen nach draußen. Der Fünftbeschwerdeführer bestätigte ebenfalls, dass er sich nach der Schule mit seinen Freunden treffe.

Die Feststellung, dass die Erst- und Zweitbeschwerdeführer in Österreich keiner Beschäftigung nachgehen und Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung beziehen, bestätigten die Erst- und die Zweitbeschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung und leitet sich dies auch aus der Einsichtnahme in die Auszüge der GVS ab.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführer ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister der Republik.

2.3. Zu den Fluchtmotiven der Beschwerdeführer:

Grundsätzlich ist ein Verfolgungsschicksal von einem Antragsteller glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert (vgl. VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).

Hinsichtlich ihrer Fluchtgründe gaben die Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass der Erstbeschwerdeführer von einer schiitischen iranischen Miliz bedroht worden wäre. Konkret gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er erst am 10.10.2015 nach Al-Najaf gezogen sei und er bereits am Freitag, dem 18.10.2015, nach der Teilnahme an einer Demonstration in Al-Najaf persönlich von drei ihm unbekannten Personen verprügelt und bedroht worden sei und er aufgrund dieser Bedrohung das Land mit seiner Familie verlassen habe.

Zunächst ergeben sich Abweichungen zwischen den Angaben des Erstbeschwerdeführers im Erstbefragungsprotokoll und seiner Einvernahme vor der belangten Behörde, was sich in den widersprüchlichen Angaben des Erstbeschwerdeführers hinsichtlich der Gründe seiner Bedrohung widerspiegelt. Der VwGH hat zwar wiederholt Bedenken gegen die unreflektierte Verwertung von Beweisergebnissen der Erstbefragung erhoben, weil sich diese Einvernahme nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat (vgl. etwa VwGH vom 14.6.2017, Ra 2017/18/0001, mwN). Gleichwohl ist es aber nicht generell unzulässig, sich auf eine Steigerung des Fluchtvorbringens zwischen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der weiteren Einvernahme eines Asylwerbers zu stützen (VwGH 30.09.2019, Ra 2019/20/0455). Des Weiteren ist nach allgemeiner Lebenserfahrung aber auch davon auszugehen, dass ein Asylwerber, der bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, in der Regel bestrebt ist, alles diesem Wunsch Dienliche vorzubringen und zumindest die Kernfluchtgeschichte möglichst umfassend und gleichbleibend schildert, sodass der Behörde erkennbar ist, welchen massiven Bedrohungen er im Herkunftsland ausgesetzt ist.

So schilderte der Erstbeschwerdeführer im Rahmen seiner Erstbefragung, dass er immer wieder von Milizen aufgefordert worden sei (Anm. mit ihnen bzw. für sie) in zum Kampf zu ziehen. Der Beschwerdeführer habe aber nicht töten und getötet werden wollen und habe deshalb abgelehnt. Durch diese Ablehnungen sei er von den Milizen bedroht worden. Anfangs hätte ihn die Miliz mit einem Drohbrief bedroht, danach seien sie persönlich bei ihm erschienen und hätten ihn mit Folter und der Ermordung bedroht. Danach schildert der Erstbeschwerdeführer in der Erstbefragung seine Verprügelung beim Heimweg von einer Demonstration [BF1, AS 19]. Mit diesen Ausführungen schilderte der Erstbeschwerdeführer eindeutig eine Verfolgung seiner Person, weil er eine "Zwangsrekrutierung" ablehnt. Im Gegensatz dazu begründete der Erstbeschwerdeführer die Motive für eine Verfolgung seiner Person sowohl vor der belangten Behörde, als auch vor dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr hauptsächlich wegen seines aktiven politischen Engagements (Verhandlungsprotokoll S 19 und S 20). Bei seinen Ausführungen vor der belangten Behörde erwähnte der Erstbeschwerdeführer zudem weder die Drohbriefe, noch, dass Mitglieder der Milizen persönlich bei ihm erschienen wären. In diesem Zusammenhang verkennt der erkennende Richter auch nicht, dass der Erstbeschwerdeführer bei seiner Einvernahme durch die belangte Behörde völlig diametral angab, dass es vor seiner Übersiedelung nach Najaf keine Bedrohungen gegeben habe, diese hätten erst nach der Übersiedelung nach Najaf begonnen. Auch die Versuche einer "Zwangsrekrutierung" seitens der Miliz blieben bei seiner Einvernahme durch die belangte Behörde nunmehr völlig unerwähnt und gab er bei seiner Einvernahme erstmalig an, dass die Milizen eine Geldleistung von ihm gefordert hätten, da es ihm im Irak finanziell gut gegangen wäre. [BF1, AS 178]. Auch im Rahmen seiner Ausführungen bei seiner mündlichen Verhandlung ließ der Erstbeschwerdeführer die Drohbriefe und das persönliche Erscheinen von Mitgliedern einer Miliz und der von ihr resultierenden Bedrohung vollkommen unerwähnt. Auch von sich aus schilderte der Erstbeschwerdeführer nicht den Versuch einer "Zwangsrekrutierung" sondern erwähnt dies erst auf explizites Nachfragen durch den erkennenden Richter [Verhandlungsprotokoll S 25]. Zum Einwand der Erstbeschwerdeführers, wonach das Erstbefragungsprotokoll nicht richtig sei und es Antworten auf Fragen gäbe, die nicht gestellt worden wären bzw. auch seinem Vorbringen in der Beschwerde - wonach im Erstbefragungsprotokoll unrichtigerweise der Erhalt eines Drohbriefes protokolliert worden sei - wird auf die vorangegangenen Ausführungen verwiesen, wonach sich aus dem Erstbefragungsprotokoll eindeutig eine Rückübersetzung ergibt, weder der Erstbeschwerdeführer, noch die Zweitbeschwerdeführerin Verständigungsprobleme geltend machten und sie die Richtigkeit der Rückübersetzung mit ihrer Unterschrift bestätigten.

Ebenso wie die belangte Behörde kann auch das Bundesverwaltungsgericht nicht nachvollziehen, weshalb die Beschwerdeführer ihren Heimatort Al-Shamia verlassen und nach Al-Najaf ziehen sollten, zumal der Erstbeschwerdeführer in Al-Shamia nicht persönlich bedroht worden sei [BF1, AS 178].

Aber auch die Angaben des Erstbeschwerdeführers sowie der Zweitbeschwerdeführerin hinsichtlich des Vorfalls rund um die Verprügelung und die Bedrohung, welche sich am 18.10.2015 ereignet haben soll, können nicht nachvollzogen werden. So ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem 18.10.2015 um einen Sonntag, und nicht wie von dem Erstbeschwerdeführer angegeben, um einen Freitag handelt [BF1, AS 176]. Diesen Widerspruch vermag auch der Einwand des Erstbeschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung - wonach er damals viele Beruhigungstabletten genommen habe - nicht entkräften. So vermerkte der einvernehmende Beamte im betreffenden Einvernahmeprotokoll vom 23.05.2018, dass der Erstbeschwerdeführer während der Vernehmung zeitlich und örtlich orientiert war, er einen völlig normalen Eindruck gemacht habe und er auf Fragen klar und spontan geantwortet habe. Vermerkt wurde auch noch, dass es während der Einvernahme keinerlei Anzeichen für eine psychische Beeinträchtigung gegeben habe [BF1, AS 183]. Ebenso ergibt sich aus dem Einvernahmeprotokoll, dass ihm diese rückübersetzt wurde und bestätigte er die Richtigkeit der Rückübersetzung durch seine Unterschrift [BF1, AS 183]. Wenn im Beschwerdeschriftsatz darauf Bezug genommen wird, dass sich der Erstbeschwerdeführer schlichtweg im Datum geirrt habe und die Divergenz von 48 Stunden keinen allzu großen Einfluss auf die Beweiswürdigung haben solle, ist anzumerken, dass eine derartige Überlegung vom Grunde her durchaus richtig ist und geringen Abweichungen in Zeit- und Datumsangaben keine allzu große Gewichtung beigemessen werden sollen. Allerdings lässt der erkennende Richter im gegenständlichen Fall nicht außer Acht, dass die Zweibeschwerdeführerin bei ihrer Einvernahme ebenfalls gleichlautend ausführte, dass der Erstbeschwerdeführer am 18.10.2015 an einer Demonstration teilgenommen habe [BF2, AS 143] und bestätigte auch sie die Rückübersetzung und die Richtigkeit ihrer Angaben mit ihrer Unterschrift [BF2, AS 147]. Der Umstand, dass sich sowohl der Erst-, als auch die Zweitbeschwerdeführer ident in derselben Einzelheit irren, lässt den Schluss zu, dass das Vorbringen rund um die besagte Demonstration und der darauffolgenden Verprügelung des Erstbeschwerdeführers nicht selbst erlebt, sondern erdacht und abgesprochen ist. Aus diesem Grunde ist daher der Fehler in der Datumsangabe in der Beweiswürdigung entsprechend zu berücksichtigen.

Berücksichtigt man auch den Umstand, dass es grundsätzlich dem Asylwerber zukommt, dass dieser die Gründe seiner Furcht vor Verfolgung konkret und substantiiert vorbringt (VwGH 21.11.1996, Zahl 95/20/0334; 10.8.2018, Ra 2018/20/0314), ist es des Weiteren wenig plausibel, dass der Erstbeschwerdeführer die Aufforderung des erkennenden Richters, die Fluchtmotive ausführlich zu schildern, abschließend in insgesamt zehn Sätze darlegt. Der erkennende Richter lässt dahingehend auch nicht außer Acht, dass seine diesbezüglichen Ausführungen zudem äußerst vage und unsubstantiiert gehalten sind (zB. "Der Hauptgrund ist politisch. Ich wurde von irakischen Milizen, die dem Iran nahestehen, unter Druck gesetzt. [...] Ich und meine Familie wurden bedroht, dass man uns tötet. [...] Das ist der Hauptgrund, weshalb ich den Irak verlassen habe, weil man mich und meine Familie mit dem Tod bedroht hat.") [Verhandlungsprotokoll S 19]. Aus der Praxis des Bundesverwaltungsgerichts ist auch notorisch, dass detailreiche Aussagen mit Realkennzeichen in der Regel für die Glaubwürdigkeit eines entsprechenden Vorbringens sprechen. Der Erstbeschwerdeführer berichtete nicht von sich aus über die Geschehnisse im Rahmen einer narrativen und konkludenten Wiedergabe, so wie eben Menschen berichten, welche das Erzählte tatsächlich erlebt haben. Erst durch das gezielte und fortwährende Nachfragen schilderte der Erstbeschwerdeführer nach und nach die Verfolgungshandlung. In diesem Zusammenhang verkennt der erkennende Richter zudem nicht, dass der Erstbeschwerdeführer - trotz mehrfacher Gelegenheit - erstmals vor dem Bundesverwaltungsgericht den Namen jener Miliz nennt, durch deren Mitglieder er verprügelt worden sei. In diesem Zusammenhang verweist der erkennende Richter auch auf die Angabe der Zweitbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung hin, die auf Nachfragen diametral angibt, dass der Erstbeschwerdeführer von mehreren Milizen bedroht worden sei. Sie wisse aber nicht von welchen Milizen genau der Erstbeschwerdeführer bedroht worden sei und sei sich auch nicht sicher, ob der Erstbeschwerdeführer überhaupt wisse, welche Miliz konkret ihn überhaupt verfolgt habe [Verhandlungsprotokoll S 37]. Es ist dahingehend auch nicht glaubhaft, dass der Erstbeschwerdeführer "blutüberströmt" nach Hause kommt und die Thematik was passiert sei und vor allem wer bzw. eine Vermutung wer hinter diesem Vorfall steckt, nicht mit seiner Ehegattin bespricht. In diesem Zusammenhang ist bezüglich der Darstellung seiner Verfolgung auch augenscheinlich, dass der Erstbeschwerdeführer sowohl vor der belangten Behörde [BF 1, AS 179], als auch bei seiner mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht [Verhandlungsprotokoll S 20] die Verfolgung in beinahe gleichlautenden Sätzen schilderte. Für den erkennenden Richter wirken die Ausführungen über die Verfolgungshandlungen - insbesondere die Bedrohung nach seiner Demonstration - einstudiert, was sich zunächst vor allem daraus ergibt, dass sich die diesbezüglichen freien Schilderungen des Erstbeschwerdeführers (wie bereits zuvor erwähnt) abschließend in wenigen Sätzen erschöpften. Zudem gestalteten sich seine Ausführungen über das Fluchtvorbringen hinsichtlich des Aufbaus und der Struktur ident und aufsatzartig (Heimweg von Demonstration, Verfolgung durch Auto, drei Personen steigen aus und schlagen zu und sprechen Drohung aus) und schilderte er von sich auch des Weiteren lediglich dieselben Details und Einzelheiten (weißer Pick-Up; Autokennzeichen 194 Nadjaf, Bedrohung durch drei Personen). Auch diese Umstände sprechen somit gegen die Glaubhaftigkeit seines Fluchtvorbringens.

Entgegen der Behauptung in der Beschwerde, wonach die belangte Behörde unzureichende Ermittlungen hinsichtlich einer Rückkehr in den Herkunftsstaat im Wege stehenden westlichen Orientierung der Zweitbeschwerdeführerin vorgenommen habe, ist auszuführen, dass die Zweitbeschwerdeführerin konkret auf ihre Fluchtgründe und das Bestehen allfälliger Probleme im Herkunftsstaat befragt vorbrachte, dass sie ihren Herkunftsstaat einerseits aufgrund der schlechten Sicherheitslage und andererseits aufgrund der Verfolgung ihres Mannes verlassen habe [BF 2, AS 142]. Weder brachte die Zweitbeschwerdeführerin dabei vor, aufgrund einer westlichen Einstellung Probleme gehabt zu haben oder aufgrund einer nunmehr angenommenen westlichen Einstellung mit Problemen im Falle ihrer Rückkehr zu rechnen oder wegen allfälliger Unterdrückungen von Frauen im Irak au

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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