Entscheidungsdatum
08.01.2020Norm
AsylG 2005 §3Spruch
I401 2171651-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard AUER über die Beschwerde des XXXX, StA. Algerien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Außenstelle Wien, vom 31.08.2017, Zl. 1130728509/161289718, betreffend "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG" zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 24.09.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid vom 20.04.2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Außenstelle Wien (im Folgenden als Bundesamt bezeichnet) den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien ab (Spruchpunkt I. und II.), erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt III.), gewährte keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV.), erkannte einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.), stellte fest, dass der Beschwerdeführer das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 28.12.2016 verloren hat (Spruchpunkt VI.) und erließ gegen ihn ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VII.).
Am 21.04.2017 wurde dieser Bescheid dem Beschwerdeführer persönlich ausgefolgt.
Mit Schriftsatz vom 23.08.2017 brachte der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer beim Bundesamt eine mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist verbundene Beschwerde gegen den Bescheid vom 20.04.2017 ein.
(Die Beschwerde begründete der Beschwerdeführer damit, sein Heimatland aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung durch Privatpersonen verlassen zu haben. Zwischen dem Bruder des Vaters und seinem Vater habe es Erbstreitigkeiten gegeben. In diesen Streit hätten sich der Beschwerdeführer und sein Bruder eingemischt. Sein Bruder habe einen Cousin erschlagen. Im Fall seiner Rückkehr in sein Heimatland geriete er in eine lebensbedrohliche Situation. Wegen dieses Vorfalls wolle die Verwandtschaft mit ihm nichts mehr zu tun haben. Der Beschwerdeführe sei zudem vor kurzem Vollwaise geworden und er verfüge in Algerien über kein soziales Netzwerk mehr.)
Den Antrag auf Wiedereinsetzung begründete der Beschwerdeführe im Wesentlichen damit, dass er am 02.05.2017 mit einem Rechtsberater der ARGE-Rechtsberatung in der Justizanstalt W ein Beschwerdegespräch geführt habe. Der Rechtsberater, dem er Vollmacht erteilt habe, habe ihm versichert, dass er die Beschwerde gegen alle Spruchpunkte verfassen und sie per Fax dem Bundesamt übermitteln werde.
Der Rechtsberater habe die Beschwerde fristgerecht am 04.05.2017 an eine veraltete Faxnummer des Bundesamtes, welche auf der ersten Seite des bekämpften Bescheides angeführt gewesen sei, übermittelt. Der Rechtsberater sei im Besitz einer Faxbestätigung, wonach das Telefax bei der Nummer angekommen sei (s. die beigelegte Telefax-Sendebestätigung vom selben Tag).
Die Diakonie bringe seit vielen Jahren täglich Rechtsmittel und Stellungnahmen mittels Telefax beim Bundesamt ein, ohne dass es bisher zu Übermittlungsproblemen gekommen sei. Auch die Sendebestätigung bescheinige eine positive Übermittlung. Der zuständige Rechtsberater habe bisher die Beschwerden immer per Fax an die im Bescheid angeführte Nummer eingereicht. Deshalb habe er nach der eingegangenen Faxbestätigung (zu ergänzen: mit dem Ergebnis "OK") keine Zweifel an der ordnungsgemäßen Übermittlung an das Bundesamt gehabt. Erst nach der vom Bundesamt erteilten Information, dass ein Beschwerdeverfahren nicht anhängig sei, sei ein Vergleich zwischen der aktuellen Faxnummer auf der offiziellen Homepage des Bundesamtes und der im bekämpften Bescheid angeführten Nummer durchgeführt worden. Dabei habe sich herausgestellt, dass es sich bei der im Bescheid angeführten Telefax-Nummer um eine nicht richtige oder veraltete gehandelt habe.
Die dargestellte Verkettung von Umständen stelle jedenfalls ein unvorhergesehenes Ereignis dar, welches den Beschwerdeführer daran gehindert habe, rechtzeitig eine Beschwerde zu erheben. Weder ihn noch seinen bevollmächtigten Vertreter treffe ein über eine leichte Fahrlässigkeit hinausgehendes Verschulden.
Am 14.08.2017 habe die Diakonie-Rechtsberatung vom Bundesamt (per E-Mail) die Information erhalten, dass eine im Namen des Beschwerdeführers eingebrachte Beschwerde nicht erhoben worden sei. Der Antrag auf Wiedereinsetzung vom 23.08.2017 sei daher binnen offener Frist gestellt worden.
Mit Bescheid vom 31.08.2017 wies das Bundesamt den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ab.
Zusammenfassend begründete das Bundesamt diese Entscheidung damit, dass sich aus der Rechtsmittelbelehrung des bekämpften Bescheides die technischen Voraussetzungen für die elektronische Übermittlung einer Beschwerde klar hervorgehe:
"Technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs sind auf folgender Internetseite bekannt gemacht: http://www.Bundesamt.gv.at".
Den Beschwerdeführer treffe die Verpflichtung, die Faxnummer nicht auf der ersten Seite des Bescheides, sondern auf der genannten Internetseite ausfindig zu machen. Zudem sei es für das Bundesamt nicht verständlich, warum der Vertreter der Diakonie-Rechtsberatung gerade in diesem Fall an eine veraltete Faxnummer zuzustellen versucht habe, wo doch im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zugestanden werde, dass die Diakonie seit vielen Jahren, beinahe täglich, Rechtsmittel und Stellungnahmen mittels Telefax beim Bundesamt einbringe, ohne dass es bisher zu Übermittlungsproblemen gekommen sei. Von einer Unabwendbarkeit oder Unvorhersehbarkeit des Ereignisses könne damit keine Rede sein. Die Erhebung von Beschwerden per Fax immer an eine im Bescheid angeführte Nummer könne nicht als hinreichende Rechtfertigung für die Missachtung der in der Rechtsmittelfrist (gemeint: in der Rechtsmittelbelehrung) dargelegten Instruktionen sein. Hätte sich der Rechtsberater mit der Rechtsmittelbelehrung des gegenständlichen Bescheides auseinandergesetzt, hätte er (zu ergänzen: die beim Bundesamt einzubringende Beschwerde) auch richtig zugestellt.
Eine Beschwerde sei beim Bundesamt nicht eingelangt, obwohl eine Weiterleitungsfunktion der seit August 2016 nicht mehr aktiven Faxnummer auf die aktuelle Nummer des Bundesamtes eingerichtet worden sei. Das Risiko eines eventuellen Übertragungsverlustes habe der Absender im konkreten Fall selbst zu tragen, was ebenfalls in der Rechtsmittelbelehrung zu lesen sei.
Andere Wiedereinsetzungsgründe habe der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht.
Im Bescheid vom 20.04.2017 war die Telefax-Nummer "+43-01/42792-96-7099" angeführt. In der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides finden sich die auf der Internetseite des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl http://www.bfa.gv.at bekannt gemachten technischen Voraussetzungen oder organisatorischen Beschränkungen des elektronischen Verkehrs. Bei den Kontaktdaten auf dieser Internetseite ist beim Bundesamt, (Außenstelle Wien) Landstraßer Hauptstraße 171, die Faxnummer "43-(0)59133 98 7899" angegeben.
Der Beschwerdeführer übermittelte mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (und dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und der Bescheidbeschwerde) vom 23.08.2017 eine Faxbestätigung vom 08.05.2017, auf der sich folgende Hinweise finden:
"Uhrzeit Name Nr. Modus St. Ergebnis
...
04/05 03:20 PM 00142792967099 1426 Auto SE ECM 6 OK 02'30
..."
Die Faxnummer wurde mit einem gelben Textmarker markiert.
Zugleich wurde mit dieser Faxbestätigung (nur) die erste Seite des Bescheides des Bundesamtes vom 20.04.2017, nicht jedoch die erhobene Beschwerde vorgelegt. Auf der ersten Seite des übermittelten Bescheides scheinen die Faxnummer und der Name des (Ab-) Senders und /oder des Empfängers sowie der Tag und die Uhrzeit der erfolgten Übermittlung der Sendung (oben oder unten) nicht auf.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig und zulässig das Rechtsmittel einer Beschwerde.
Die Diakonie-Rechtsberatung in Traiskirchen sei im Normallfall nur für Beschwerden verantwortlich, welche von den niederösterreichischen Standorten des Bundesamtes erlassen werden, weshalb die Nummern der Standorte in Niederösterreich am Faxgerät gespeichert seien. Der bekämpfte Bescheid stamme aber von der Außenstelle Wien des Bundesamtes. Daher sei die Faxnummer auch händisch eingetippt worden. Auf Grund der eingegangenen Faxbestätigung (mit "OK") habe es keine Zweifel an der ordnungsgemäßen Übermittlung an die Behörde gegeben, zumal die Nummer am Bescheid mit jener auf der Sendebestätigung auch kontrolliert worden sei.
Das Bundesamt führe im Bescheid aus, dass seit August 2016 eine Weiterleitungsfunktion eingerichtet worden sei, also die Faxnummer seit acht Monaten nicht mehr richtig sei. Es verletze daher seine eigene Sorgfaltspflicht, wenn es nach acht Monaten der Änderung der Faxnummer immer noch die falsche Faxnummer anführe.
Der Beschwerdeführer stellte die Anträge, den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und in eventu den Bescheid zu beheben und zur neuerlichen Entscheidung an das Bundesamt zurückzuverweisen.
Die erhobene Beschwerde ist beim Bundesamt nicht eingelangt.
Der Beschwerdeführer wurde drei Mal verurteilt. Mit drittem Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 19.06.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen mehrerer Vergehen nach dem StGB (wegen schweren Diebstahls, gefährlicher Drohung) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, wobei die mit den beiden vorangegangenen Urteilen bedingt nachgesehenen Strafen (von sechs und vier Monaten) widerrufen wurden.
Das Bundesamt legte mit Schreiben vom 29.05.2018 einen rechtskräftigen Beschluss des Landesgerichtes Steyr vom 15.05.2018 vor, wonach dem Beschwerdeführer nach Verbüßung eines Teils seiner Strafe (von insgesamt zwei Jahren und vier Monaten) der Rest der Strafe (von elf Monaten) bedingt nachgesehen und er am 25.06.2018 bedingt entlassen wurde.
In diesem Beschluss war als künftige Wohnanschrift des Entlassenen (bzw. Beschwerdeführers) "Frankreich" angeführt.
Am 27.06.2018 erfolgte die Abschiebung des Beschwerdeführers mit einem vom algerischen Konsulat auf seine wahre Identität ausgestellten Heimreisezertifikat mittels eines unbegleiteten Fluges nach Algerien.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen und Beweiswürdigung:
Der in Punkt I. dargelegte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Er ergibt sich unzweifelhaft aus dem vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakt.
Dass der Beschwerdeführer den NamenXXXX führt, am XXXX geboren und algerischer Staatsbürger ist, fußt auf der durch das Bundesverwaltungsgericht getätigten Anfrage an das Informationsbundsystem Zentrales Fremdenregister vom 30.12.2019, die bescheinigt, dass das algerische Konsulat am 26.06.2018 ein Laissez-Passer-Dokument für diese Person ausgestellt hat.
Dass die Beschwerdeschrift bei der belangten Behörde nicht eingelangt ist, wird auch in der Beschwerde eingeräumt.
2. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A):
2.1. In der erhobenen Beschwerde werden der Zeitpunkt der Zustellung des an den Beschwerdeführer persönlich ausgefolgten Bescheides über die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz vom 20.04.2017 sowie das Verstreichen der Beschwerdefrist nicht in Zweifel gezogen. Die Rechtsansicht des Bundesamtes, die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den angeführten Bescheid sei versäumt worden, begegnet keinen Bedenken. Damit ist die Voraussetzung der Fristversäumung für die Zulässigkeit eines Wiedereinsetzungsantrages erfüllt (vgl. § 33 Abs. 1 VwGVG).
Wie der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 28.09.2016, Ro 2016/16/0013, in verfassungskonformer Auslegung des § 33 Abs. 4 VwGVG klargestellt hat, ist für die Entscheidung über Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde eingebracht werden, von dieser mit Bescheid zu entscheiden.
Die belangte Behörde war daher zur Entscheidung über den gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zuständig.
2.2. Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen nur in jenem Rahmen zu untersuchen ist, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers gesteckt wird (vgl. VwGH 21.05.1997, Zl. 96/21/0574). Den Antragsteller trifft somit die Obliegenheit, im Antrag konkret jenes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat. Eine Auswechslung dieses Wiedereinsetzungsgrundes in der Beschwerde gegen die verwaltungsbehördliche Entscheidung ist unzulässig (vgl. VwGH 14.12.1995, Zl. 95/19/0622).
Im gegenständlichen Wiedereinsetzungsantrag wird vorgebracht, dass eine Empfangsbestätigung mit dem Ergebnis "OK" vorliege und bisher Faxsendungen mit einer solchen Sendebestätigung immer ordnungsgemäß beim Empfänger angekommen seien.
In der erhobenen Beschwerde wurde ausgeführt, die Diakonie-Rechtsberatung in Traiskirchen sei im Normallfall nur für Beschwerden verantwortlich, welche von den niederösterreichischen Standorten des Bundesamtes erlassen werden, weshalb die Nummern der Standorte in Niederösterreich am Faxgerät gespeichert seien. Der bekämpfte Bescheid stamme aber von der Außenstelle Wien des Bundesamtes. Daher sei die Faxnummer auch händisch eingetippt worden. Auf Grund der eingegangenen Faxbestätigung (mit dem Ergebnis "OK") habe es für den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers keine Zweifel an der ordnungsgemäßen Übermittlung (zu ergänzen: der Beschwerde) an das Bundesamt gegeben, zumal die Nummer am Bescheid mit jener auf der Sendebestätigung kontrolliert worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung ein Anbringen nach dem § 13 Abs. 1 AVG nur dann als eingebracht angesehen, wenn es der Behörde tatsächlich zugekommen ist (vgl. VwGH vom 23.11.2009, Zl 2009/05/0118. Die Gefahr des Verlustes einer zur Post gegebenen Eingabe an die Behörde hat somit der Absender zu tragen. So hat ein Berufungswerber selbst zu ermitteln, ob er eine Berufung an die Einbringungsbehörde mittels Telefax einbringen kann, und er muss sich in der Folge auch vergewissern, ob die Übertragung erfolgreich durchgeführt worden ist. Der Nachweis, dass eine Übermittlung der Berufung veranlasst, im konkreten Fall die Faxnummer der Einbringungsbehörde angewählt und der zur Übermittlung der Nachricht erforderliche Vorgang durchgeführt worden ist, reicht für den Nachweis der Einbringung der Berufung bei der zuständigen Behörde nicht aus.
Unter Verwendung von Telefaxgeräten übermittelte Anbringen sind erst dann eingebracht, wenn die Daten in zur vollständigen Wiedergabe geeigneter Form bei der Behörde einlangen. Die Vorlage eines Sendeberichts mit dem Vermerk "OK" lässt nicht zwingend den Schluss zu, dass eine Schriftsatzkopie tatsächlich beim Adressaten eingelangt ist. Demzufolge hat sich ein Einschreiter, der einen Schriftsatz an die Behörde mittels Telekopierer abgesendet hat, danach zu vergewissern, ob die Übertragung erfolgreich durchgeführt wurde. In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wurde bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass auch bei missglückten Datenübermittlungen ein "OK-Vermerk" technisch möglich ist. Das Nichteinlangen des Telefaxes gerät stets dem Einschreiter zum Nachteil, zumal ein Schriftsatz bei der Behörde einlangen muss, um verfahrensrechtliche Wirkungen auszulösen (vgl. das zitierte Erk. des VwGH, Zl 2009/05/0118).
Es hat sich derjenige, der sich gegenüber der Behörde des Mittels der Telekopie bedient, zu vergewissern, ob die Übertragung erfolgreich durchgeführt wurde (vgl. VwGH 08.07.2004, Zl. 2004/07/0100; 15.09.2005, 2005/07/0104). Wird eine solche Kontrolle nicht vorgenommen, so kann im Rahmen eines Wiedereinsetzungsverfahrens nicht mehr von einem minderen Grad des Versehens die Rede sein (VwGH 08.10.2014, 2012/10/0100).
Im gegenständlichen Fall ist im Sinne der angeführten Rechtsprechung entscheidend, dass weder dem Wiedereinsetzungsantrag noch der erhobenen Beschwerde entnommen werden kann, dass der Beschwerdeführer bzw. dessen Rechtsberater sich des Einlangens der unter Verwendung eines Telefaxgerätes übermittelten Beschwerde beim Bundesamt, Außenstelle Wien, vergewissert hätten. Es wurde vielmehr explizit eingeräumt, dass der Rechtsberater des Beschwerdeführers keine Zweifel an der Übermittlung der Faxsendung gehabt habe, weil er auf Grund der Bestätigungen des Empfangs (mit dem Ergebnis "OK") bisher immer davon ausgehen habe dürfen, dass die Faxsendungen tatsächlich ordnungsgemäß beim Empfänger angekommen seien.
2.4. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei (vgl. VwGH 08.07.2004, Zl. 2004/07/0100; 15.09.2005, Zl. 2005/07/0104). Dabei stellt ein dem Vertreter widerfahrenes Ereignis einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Vertreter selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und dem Vertreter höchstens ein minderer Grad des Versehens vorzuwerfen ist. Ein Verschulden, das über den minderen Grad des Versehens hinausgeht, schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. sein Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt in dieser Weise außer Acht gelassen haben (vgl. VwGH 26.04.2002, Zl. 2002/02/0062, mwN). Dabei ist an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. VwGH 26.05.1999, Zl 99/03/0029).
Da vom Rechtsberater des Beschwerdeführers nicht einmal behauptet wurde, dass er eine (telefonische) Kontrolle der erfolgreichen Übertragung des Telefaxes vorgenommen hat, kann im Sinn der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht mehr von einem minderen Grad des Versehen die Rede sein.
In der erhobenen Beschwerde wird vom Rechtsberater des Beschwerdeführers eingeräumt, die Diakonie-Rechtsberatung in Traiskirchen sei im "Normallfall" nur für Beschwerden verantwortlich, welche von den niederösterreichischen Standorten des Bundesamtes erlassen werden. Der bekämpfte Bescheid sei aber im konkreten Fall vom Bundesamt, Außenstelle Wien, erlassen worden. Angesichts des Umstandes, dass es sich gegenständlich eben nicht um einen "Normalfall" gehandelt hat, wäre der Rechtsberater des Beschwerdeführers umso mehr gehalten gewesen zu kontrollieren, ob das Fax bzw. die Beschwerde tatsächlich beim Bundesamt, Außenstelle Wien, eingelangt ist.
Im Übrigen gilt es darauf hinzuweisen, dass zwar die in der Sendebestätigung und auf der ersten Seite des Bescheides angeführten Faxnummern ident sind, jedoch eine weitere Verifizierung, ob tatsächlich eine Beschwerde erhoben wurde, nicht möglich ist. Aus den vorliegenden Beweismitteln lässt sich nicht nachvollziehen, wer der Absender der Faxsendung war, zumal auch auf der ersten Seite des Bescheides eine der Diakonie-Rechtsberatung in Traiskirchen zuordenbare Faxnummer nicht aufscheint. Insbesondere lässt aber die Sendebestätigung (und die übermittelte erste Seite des Bescheides) keinen Schluss auf den Inhalt der übermittelten Schriftstücke zu. Es bleibt gänzlich offen, ob und allenfalls wann (an welchem Tag zu welcher Uhrzeit) per Telefax tatsächlich eine Beschwerde erhoben wurde.
Insbesondere angesichts der nicht vorgelegten, per Telefax eingebrachten Beschwerde und der in der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes explizit angesprochenen Fehleranfälligkeit des Absendens einer Telekopie ist dem Beschwerdeführer ein nicht nur minderer Grad des Versehens anzulasten.
Die Abweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch das Bundesamt erweist sich als rechtmäßig, sodass die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.
2.5. Diese Entscheidung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG ohne mündliche Verhandlung getroffen werden.
Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Asylverfahren, Beschwerdefrist, Diebstahl, Einbringung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I401.2171651.1.00Zuletzt aktualisiert am
05.06.2020