TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/2 I408 2228844-1

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Veröffentlicht am 02.03.2020
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Entscheidungsdatum

02.03.2020

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §53
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §9 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I408 2228844-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl RD XXXX vom 03.02.2020, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) wurde am 01.02.2020 in Wien polizeilich angehalten. Aufgrund eines in Italien verhängtes und bestehendes Einreise- bzw. Aufenthaltsverbotes im Schengener Gebiet wurde der BF festgenommen.

2. Am 02.02.2020 wurde der BF von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen, wobei er zusammengefasst angab, dass er in Wien lediglich auf der Durchreise sei und in diesem Rahmen seinen Cousin besuchen wolle.

3. Mit Bescheid vom XXXX wurde über den BF die Schubhaft zur Sicherung des angeordnet. Dieser Bescheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Am selben Tag wurde dem BF mit Verfahrensanordnung der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberatung zur Seite gestellt.

4. Mit Bescheid vom XXXX, des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.) und festgestellt, dass die Abschiebung nach Albanien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Zudem wurde gegen den BF ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

5. Am 03.02.2020 stellte der BF einen Antrag auf eine unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe, in dessen Zuge er den Besitz von Geldmitteln sowie seine Selbsterhaltungsfähigkeit verneinte. Unter Verweis auf die bereits erfolgte Buchung eines Rückfluges wurde dieser Antrag abgelehnt.

6. Am 12.02.2020 erfolgte die Abschiebung des BF auf dem Luftweg nach Albanien.

7. Mit der, über seinen Rechtsberater am 19.02.2020 beim BFA, RD Wien, eingebrachten, Beschwerde bekämpfte der BF den im Spruch angeführten Bescheid zu Spruchpunkt VI. und beantragte in eventu die Aufhebung und Zurückverweisung des angefochtenen Bescheides zur Gänze.

Die Beschwerde wurde zusammengefasst damit begründet, dass der BF weder mittellos sei, noch eine Gefährdung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen würde. Die Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von fünf Jahren sei daher nicht geboten.

8. Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 24.02.2020 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist Staatsangehöriger der Republik Albanien. Unter der Identität XXXX besteht gegen den BF ein Aufenthaltsverbot für den Schengenraum bis zum 23.03.2021. Der BF hielt sich somit unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Der BF ist im Besitz eines albanischen Reisepasses, lautend auf den Namen XXXX, ausgestellt am XXXX und mit Gültigkeit bis zum XXXX.

Der private und familiäre Lebensmittelpunkt des BF befindet sich in Albanien, seine Frau und seine beiden Kinder leben in XXXX. In Österreich lebt ein Cousin des BF.

In Österreich verfügt der BF über keinen Wohnsitz und geht keiner erwerbsmäßigen Beschäftigung nach. Es hatte bei seiner Festnahme am 01.02.2020 zwar € 300, -- bei sich, in seinem Antrag auf unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe gab aber einen Tag später selbst an, dass er über keine Eigenmittel verfügt und nicht selbsterhaltungsfähig ist.

Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat Albanien gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

Der BF befindet sich nicht mehr im Bundesgebiet und wurde am 12.02.2020 auf dem Luftweg nach Albanien abgeschoben.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser, in den bekämpften Bescheid sowie in den Beschwerdeschriftsatz.

2.2. Zur Person und zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Die Feststellungen betreffend die Einreise des BF in das österreichische Bundesgebiet, der Anhaltung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie der am 12.02.2020 erfolgten Abschiebung ergeben sich zweifelsfrei aus den jeweiligen Aktenbestandteilen.

Aus dem beim BF vorgefunden gültigen Reisepass und den Erhebungen der Landespolizeidirektion XXXX diesbezüglich (AS 5 und AS 9) ist zweifelsfrei zu entnehmen, dass gegen den BF ein, unter einer anderen Identität ergangenes Aufenthaltsverbot für den Schengenraum besteht. Dies wird vom BF auch nicht in Abrede gestellt, sondern indirekt bestätigt, wenn er anführt, dass über ihn kein neuerliches Einreiseverbot erlassen werde.

Die Feststellungen betreffend die privaten und familiären Verhältnisse und die persönlichen Lebensumstände des BF beruhen auf dem Umstand, dass der bisherige private und familiäre Lebensmittelpunkt des BF nach eigenen Angaben in Albanien gelegen ist und vom BF weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde gegenteilige Angaben getätigt wurden.

Die Feststellung zu seiner finanziellen Situation ergibt sich aus dem Antrag vom 03.03.2020, die der BF selbst über seine Rechtsvertretung eingebracht hat.

Der Feststellung betreffend die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Herkunftsstaat beruht darauf, dass der BF weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde konkrete Angaben dahingehend getätigt hat, denen zufolge eine rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung anzunehmen gewesen wäre. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Albanien gemäß § 46 aus vom BF zu vertretenden Gründen nicht möglich wäre (§ 52 Abs 9 FPG).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

§ 53 FPG lautet auszugsweise:

"Einreiseverbot

§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs 1 ist, vorbehaltlich des Abs 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

[...]"

Ein Einreiseverbot ist dann zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung seiner Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des oder der Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt ist. Es ist weiters in Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; siehe auch VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).

Bei der Festsetzung der Dauer eines Einreiseverbotes ist immer eine Einzelfallprüfung vorzunehmen. Dabei ist das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen, aber auch darauf abzustellen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist. Außerdem ist auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237

Die vom BFA mit fünf Jahren bemessene Dauer des Einreiseverbots ist angesichts der Wirkungslosigkeit der vorangegangenen fremdenrechtlichen Maßnahme keiner Reduktion zugänglich, weil der BF trotz eines bestehenden Aufenthaltsverbotes in Italien in das Bundesgebiet einreiste. Hinzu kommt, dass der BF offenkundig mit unterschiedlichen Identitäten im Schengenraum unterwegs ist und damit auch das Aufenthaltsverbot umgeht.

Der BF konnte überdies keinerlei berücksichtigungswürdige Interessen am Verbleib in Österreich glaubhaft machen. Das vergleichsweise geringe familiäre Interesse des BF an Besuchen bei seinem Cousin in Österreich steht dem nicht entgegen, zumal der Kontakt schon jetzt aufgrund des bestehenden Einreiseverbots eingeschränkt ist.

Das Vorbringen im Beschwerdeschriftsatz, wonach der BF keineswegs mittellos sei, steht im Widerspruch zum eigenen, über die Rechtsvertretung eingebrachten Antrag auf unterstütze freiwillige Rückkehrhilfe, in dem aufgrund seiner Mittellosigkeit sowohl die Übernahme der Reisekosten als auch die Gewährung einer finanziellen Starthilfe beantragt wurde. Maßgeblich für das, auch in dieser Höhe, richtigerweise verhängte Einreiseverbot ist der bewusste Verstoß gegen Einreisebestimmungen des BF in Österreich und sein Auftreten mit unterschiedlichen Identitäten.

Nach Durchführung einer Einzelfallprüfung unter Betrachtung des bisherigen Verhaltens des BF, seiner privaten und familiären Verhältnisse sowie einer Gefährdungsprognose war Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids daher zu bestätigen.

3.2. Zu den Spruchpunkten I. bis V. des angefochtenen Bescheides:

Zum Eventualbegehen auf Aufhebung des Bescheides zur Gänze und Zurückverweisung zur neuerlichen Entscheidung wurde keinerlei Vorbringen erstattet, für das Gericht war daher nicht ersichtlich, auf welche Gründe der BF diesen Antrag stützt. Amtswegig konnte ebenso kein Mangel festgestellt werden, sodass der angefochtene Bescheid auch hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis V. zu bestätigen war.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 9 Abs 5 FPG kann eine mündliche Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht unterbleiben, wenn der Sachverhalt abschließend feststeht. Dies ist hier der Fall.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Einreiseverbot, Gefährdung der Sicherheit, Gefährdungsprognose,
Interessenabwägung, Mittellosigkeit, öffentliche Interessen, Privat-
und Familienleben, private Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I408.2228844.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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