TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/3 I414 2229018-1

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Veröffentlicht am 03.03.2020
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Entscheidungsdatum

03.03.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 8
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §67 Abs3
FPG §67 Abs4
FPG §70 Abs3
StGB §107
StGB §83
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I414 2229018-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Ungarn, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als die Dauer des Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 FPG auf 18 (achtzehn) Monate herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (in der Folge ans BF bezeichnet) reiste erstmalig im Jahr 2011 in das österreichische Bundesgebiet ein und verfügt seit 12.03.2012 über eine Anmeldebescheinigung als Arbeitnehmer.

Seit diesem Zeitpunkt war der BF bei verschiedensten Dienstgeber als Saisonarbeiter beschäftigt.

Am 30.07.2016 wurde der BF von der PI XXXX bei der Staatsanwaltschaft angezeigt, da er im Verdacht stand, eine Verleumdung nach § 297 StGB begangen zu haben.

Am 14.01.2019 wurde der BF von der PI XXXX bei der Staatsanwaltschaft angezeigt, da er im Verdacht stand, zwei gefährliche Drohungen nach § 107 StGB, eine versuchte Körperverletzung nach §§ 15, 83 StGB und eine Erpressung nach § 144 StGB begangen zu haben.

Am 11.03.2019 brachte die Staatsanwaltschaft einen Strafantrag beim zuständigen Landesgericht ein.

Am XXXX wurde der BF vom Landesgericht XXXX zu Zahl XXXX rechtskräftig wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB, dem Verbrechen der versuchten Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1 StGB und dem Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt. Gemäß § 43 Abs 1 StGB wurde die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren nachgesehen.

Mit Parteiengehör des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA), zugestellt am 05.12.2019, wurde dem BF zur Kenntnis gebracht, dass gegen ihn ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet wurde und beabsichtigt ist, ein Aufenthaltsverbot gegen ihn zu erlassen.

Am 11.12.2019 langte die Stellungnahme bei der belangten Behörde ein.

Mit Bescheid des BFA vom XXXX wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von drei Jahren erlassen (Spruchpunkt I), gemäß § 70 Abs 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub gewährt (Spruchpunkt II) und der Beschwerde gegen den Bescheid gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III).

Mit Verfahrensanordnung vom 06.02.2020 wurde dem BF die XXXX als Rechtsberatung für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

Gegen den Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF zu Unrecht verurteilt wurde und er selbst ein hilfsbereiter und freundlicher Mensch sei, der weder Mensch noch Tier etwas zu Leide tun könne.

Bezughabender Verwaltungsakt samt Beschwerdevorlage langte am 28.02.2020 bei der zuständigen Gerichtsabteilung ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Pkt. I wiedergegebene Verfahrensgang wird festgestellt.

Dazu werden ergänzend folgende Feststellungen getroffen:

Der BF ist Staatsangehöriger Ungarn und volljährig.

Die Identität des BF steht fest.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig.

Der BF verfügt über die Anmeldebescheinigung Arbeitnehmer. Er ist nicht im Besitz eines Daueraufenthaltsrechts.

Der BF hat keine Sorgepflichten, ist geschieden und arbeitet als Taxifahrer.

Der BF hat sich mit mehreren Unterbrechungen seit 2011 wohnsitzrechtlich - hauptsächlich Nebenwohnsitz - in Österreich aufgehalten.

Der Lebensmittelpunkt des BF ist Ungarn. Der BF ist in Österreich lediglich als Saisonarbeiter aufhältig.

Der BF verfügt über gute Deutschkenntnisse.

Der BF verfügt über Familienangehörige in Österreich - der Sohn des BF ist ebenfalls als Saisonarbeiter tätig.

Mit Urteil vom XXXX wurde der BF vom Landesgericht XXXX zu Zahl XXXX rechtskräftig wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB, dem Verbrechen der versuchten Erpressung nach §§ 15 144 Abs 1 StGB und dem Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt. Gemäß § 43 Abs 1 StGB wurde die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren nachgesehen. Der BF hat seine damalige Lebensgefährtin und deren Freund bedroht und sie versucht zur Herausgabe von € 4.000 zu nötigen, sowie seine Lebensgefährtin mit einem Faustschlag im Gesichts- und Kopfbereich verletzt. Als mildernd wurde seine Unbescholtenheit und dass die Tat zur Nötigung beim Versuch blieb. Erschwerend kam hinzu, dass ein Verbrechen mit drei Vergehen zusammentraf und die Taten zulasten der Lebensgefährtin geführt wurden.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der Angaben des BF in der schriftlichen Beantwortung des Parteiengehörs vom 09.12.2019, in den Beschwerdeschriftsatz vom 11.02.2020 sowie Auskünfte aus dem Strafregister der Republik Österreich, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR).

Die Identität und Staatsangehörigkeit steht aufgrund der Verifizierung durch die Niederlassungsbehörde im Rahmen der Anmeldebescheinigung sowie aus dem Akteninhalt fest.

Dass der BF gesund und arbeitsfähig ist, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben aus der Stellungnahme vom 09.12.2019.

Der aufenthaltsrechtliche Status des BF ergibt sich aus dem IZR.

Die Feststellung, wonach der BF keine Sorgepflichten hat und als Taxifahrer arbeitet, ergeben sich aus den Angaben des BF und aus dem Sozialversicherungsauszug vom 03.02.2020.

Die Wohnsitznahme des BF in Österreich ergibt sich aus dem Auszug aus dem ZMR vom 27.02.2020.

Dass der BF über Familienangehörige in Österreich und Ungarn verfügt und seinen Lebensmittelpunkt in Ungarn hat, geht aus seinen eigenen Angaben hervor.

Die Feststellungen zu seiner Integration ergeben sich aus den Angaben des BF in der Stellungnahme vom 09.12.2019.

Die rechtskräftige Verurteilung ergibt sich aus dem Auszug aus dem Strafregister der Republik Österreich.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zu Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 2 Abs 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jeder der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 8 leg. cit. als EWR-Bürger, ein Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.

Der BF ist ungarischer Staatsbürger und daher EWR-Bürger gemäß § 2 Abs 4 Z 8 FPG.

In § 67 Abs 1 FPG ist vorgesehen, dass gegen EWR-Bürger ein Aufenthaltsverbot erlassen wird, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die eine Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

Die im selben Absatz folgende Sonderbestimmung für EWR-Bürger, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, kann außer Betracht bleiben, da diese Voraussetzungen nach den Feststellungen nicht vorliegen. Der BF befindet sich mit Unterbrechungen seit 2011 als Saisonarbeiter in Österreich und zudem war er immer nur für einige Monate in Österreich.

Nach der Rechtsprechung ist "bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Für diese Beurteilung ist demnach nicht das Vorliegen von rechtskräftigen Bestrafungen oder Verurteilungen, sondern das diesen zu Grunde liegende Verhalten des Fremden maßgeblich. Dabei ist [...] auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen." (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0143).

Der BF wurde unbestritten wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung, dem Verbrechen der versuchten Erpressung und dem Vergehen der Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten und einer Geldstrafe von € 1.800,00 verurteilt worden.

Der Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich darauf zu prüfen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug der Freiheitsstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. etwa VwGH 21.02.2013, Zl. 2011/23/0192). Seit der Verurteilung sind ca. 6 Monate vergangen und ist dieser Zeitraum zu kurz, um eine positive Zukunftsprognose erstellen zu können. Der BF befindet sich in der Probezeit. Aus dem Beschwerdeschriftsatz geht jedoch hervor, dass der BF Reue zeigt und es sich bei den begangenen Taten um emotionale Handlungen handelte. Die gesetzte Verurteilung wurde auch gesamt zu einer Probezeit nachgesehen, sodass auch das Strafgericht davon ausgeht, dass eine Haftstrafe den BF nicht nötig ist, um ihn von weiteren Straftaten abzuhalten. Gesamtheitlich ist erkennbar, dass es sich bei den gesetzten Tagen um eine Beziehungstat, geleitet von Emotionen heraus, handelte.

Es ist nicht erkennbar, wie die belangte Behörde vermeint, dass der BF sein Aufenthaltsrecht zur Begehung von Straftaten genützt habe. Der BF befand sich zu den Tatzeitpunkten bereits seit mehreren Jahren immer wieder zur Saisonarbeit in Österreich und reiste nicht ein, um Straftaten zu begehen.

Es wird nicht verkannt, dass der BF gegen die Rechtsordnung verstoßen hat und zugleich mehrere Delikte begangen hat. Dennoch kann nicht davon gesprochen werden, dass der BF über einen langen Zeitraum hinweg maßgeblich und nachhaltig die österreichische Rechtsordnung missachtet hätte, da hierzu schon ein etwas längerer und intensiverer Zeitraum notwendig wäre. Der BF hat mit seinen gesetzten Handlungen jedoch sehr wohl andere Personen gefährdet und in Furcht versetzt.

Gesamtheitlich betrachtet beeinträchtigt daher sein bisheriger Aufenthalt im Bundesgebiet die Interessen der Gesellschaft an Ordnung und Sicherheit für die Bevölkerung.

Das aufgezeigte strafbare Verhalten des BF stellt daher nach Auffassung des erkennenden Richters - wie auch von der belangten Behörde angenommen - unter Berücksichtigung aller dargelegten Umstände seines persönlichen Verhaltens eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (VwGH 23.03.1992, 92/18/0044; 10.12.2008, 200/22/0568).

Zu prüfen ist die behauptete Schutzwürdigkeit des BF im Sinne des Art 8 EMRK:

Der BF befindet sich mit Unterbrechungen seit 2011 als Saisonarbeiter in Österreich. Er war immer nur für einige Monate in Österreich aufhältig. Sein Aufenthalt beruht auf einer Anmeldebescheinigung als Arbeitnehmer.

Bei der Einschätzung der persönlichen und/oder familiären Interessen ist auch auf die Auswirkungen, die eine Beendigung des Aufenthalts, auf die familiären und sonstigen Bindungen hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Zl Ra 2015/19/0247). Auch wenn sein persönliches Interesse am Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts zunimmt, so ist die bloße Aufenthaltsdauer nicht alleine maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit er die in Österreich verbrachte Zeit genützt hat, sich privat, sozial und beruflich zu integrieren. Es ist eine unbestrittene Tatsache, dass der BF im Bundesgebiet straffällig wurde. Der BF verfügt in Österreich über Familienangehörige im Sinne seines Sohnes, welcher sich jedoch auch nur selbst als Saisonarbeiter hier befindet. Es besteht kein Abhängigkeitsverhältnis zu seinem Sohn. Der BF verfügt kaum über soziale Kontakte und beschränkt sich sein soziales Umfeld auf Arbeitskollegen.

Der BF spricht auf einem guten Niveau Deutsch, die Muttersprache des BF ist Ungarisch. Der BF gab selbst an, dass sein Lebensmittelpunkt in Ungarn ist, zumal sich dort noch seine betagte Mutter und seine Exfrau aufhalten. Zudem rechne er jederzeit damit, kurzfristig nach Hause reisen zu müssen, um sich um seine kranke Mutter zu kümmern. Dies zeugt davon, dass die Bindung an den Heimatstaat stärker ist, als jene an Österreich.

Dem BF ist es zudem zumutbar, mit seinem Sohn und auch seinen wenigen Freunden über soziale Netzwerke und Telefon den Kontakt aufrecht zu erhalten. Zudem ist davon auszugehen, dass der Sohn des BF sich immer wieder nach Ungarn begibt, sofern keine Saisonarbeit möglich ist.

Den persönlichen und familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht somit das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und der öffentlichen Sicherheit gegenüber. Diesen gewichtigen öffentlichen Interessen kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 12.03.2002, 98/180260, vom 18.01.2005, 2004/18/0365, vom 03.05.2005, 2005/18/0076, vom 17.01.2006, 2006/18/0001 und vom 09.09.2014, 2013/22/0246).

Ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des BF durch die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes kann daher als im Sinne des Art 8 Abs 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden. Die im vorliegenden Beschwerdefall vorzunehmende Interessensabwägung schlägt somit zuungunsten des BF und zugunsten des öffentlichen Interesses an seiner Außerlandesschaffung aus. Es ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dringend geboten, um ihn von der Begehung von Straftaten in Österreich abzuhalten.

Das persönlichen Interesse des BF stellt daher eine gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die Grundinteressen der Gesellschaft am Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar. Die Gesamtbeurteilung seines Verhaltens, seiner Lebensumstände sowie seiner familiären und privaten Anknüpfungspunkte haben daher ergeben, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gerechtfertigt und notwendig ist.

Nichtsdestotrotz ist auch im Fall des BF eine Einzelfallbetrachtung iSd § 67 Abs. 1 und 2 FPG anzustellen, in deren Zuge auch, unter Beachtung der in Abs. 3 genannten Tatbestände, ein Blick auf die Strafhöhe und das verletzte Rechtsgut zu werfen ist, die die Verhängung eines dreijährigen Aufenthaltsverbots rechtfertigen.

Hält man sich vor Augen, dass gegen den BF eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten ausgesprochen wurde, der Strafrahmen jedoch bis zu 5 Jahre möglich wäre und der BF erstmalig in Österreich straffällig wurde, erscheint die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes in der Dauer von drei Jahren als zu hoch. Zu denken ist etwa an eine größere Anzahl von Verurteilungen, die unmittelbare Beeinträchtigung eines schützenswerteren Rechtsgutes (Freiheit) oder die mehrmalige Begehung gleichgearteter strafbarer Handlungen im Bundesgebiet.

Angesichts der vom BF begangenen Straftat und der Strafhöhe, wird wohl im Sinne der bezughabenden Judikatur des VwGH - wonach die Dauer des Aufenthaltsverbotes sich am Bestehen der für den Ausspruch eines solchen maßgeblichen Gründe zu orientieren hat (vgl. VwGH 24.09.2009, 2007/18/0396) - anzunehmen sein, dass das von der belangten Behörde verhängte Aufenthaltsverbot eine angemessene Reduktion zu erfahren haben wird.

Die Bemessung des Aufenthaltsverbotes mit einer Dauer von 3 Jahren erweist sich sohin als nicht geboten. Dem erkennenden Gericht erscheint ein Zeitraum von 18 Monate als ausreichend und wird man danach (bei einem Wohlverhalten) nicht mehr von einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefahr, welche vom BF ausgehe, sprechen können. Die Dauer des Aufenthaltsverbotes war somit antragsgemäß zu reduzieren und auf 18 Monate herabzusetzen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie hinsichtlich Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG mit der Maßgabe der Herabsetzung des Aufenthaltsverbotes auf die Dauer 18 Monate abzuweisen ist.

3.2. Zu Spruchpunkt II und III des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 70 Abs 3 FPG ist EWR-Bürgen, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen, die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortigen Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat und wie sich aus den bereits zum Aufenthaltsverbot dargelegten Erwägungen ergibt, erwies sich die sofortige Ausreise des BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit als erforderlich. Der BF hat durch sein Gesamtfehlverhalten unzweifelhaft gezeigt, dass er nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung, insbesondere an die Strafgesetze, zu halten. Die Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sind somit zu Recht erfolgt.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich der Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung als unbegründet abzuweisen.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Es wurden alle für den BF sprechenden Tatsachen der Entscheidung zugrunde gelegt und musste sich der erkennende Richter kein eigenes Bild mehr vom Beschwerdeführer machen. Zwar kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen der mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zu (VwGH 23.03.2017, 2016/21/0349 (und das auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände. Daraus ist aber keine "absolute" (generelle) Pflicht zur Durchführung einer Verhandlung im Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, bei denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Verwaltungsgericht von ihm einen positiven persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte mündliche Verhandlung unterbleiben (VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422).

Das Gericht musste sich keinen persönlichen Eindruck vom BF verschaffen, da es sich um einen solchen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist.

Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer zudem nicht beantragt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Glaubhaftmachung von Asylgründen und zur Relevanz des Privat- und Familienlebens und der Aufenthaltsdauer bei Rückkehrentscheidungen; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, aufschiebende Wirkung - Entfall, Gefährdung der
Sicherheit, Gefährdungsprognose, gefährliche Drohung,
Interessenabwägung, Körperverletzung, öffentliche Interessen,
öffentliche Ordnung, öffentliche Sicherheit, Privat- und
Familienleben, private Interessen, Straffälligkeit, strafrechtliche
Verurteilung, Straftat, Verbrechen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I414.2229018.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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