Entscheidungsdatum
05.03.2020Index
L40009 Sonstige Polizeivorschriften Wien;Norm
WLSG §1 Abs1 Z2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin MMag. Dr. Salamun über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat C., vom 03.09.2019, Zl. …, betreffend Wiener Landes-Sicherheitsgesetz (WLSG) i.V.m. Sicherheitspolizeigesetz (SPG),
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde gemäß § 50 VwGVG als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 60 (das sind 20% der verhängten Geldstrafen) zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof durch die vor dem Verwaltungsgericht Wien belangte Behörde unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
Das angefochtene Straferkenntnis richtet sich gegen den Beschwerdeführer als Beschuldigten und enthält folgenden Spruch:
„1. Datum/Zeit: 21.11.2018, 20:18 Uhr
Ort: Wien, Bahnhof D., Bahnhofshalle
Sie haben durch folgende Begehungsweise ungebührlicher Weise störenden Lärm erregt: Schreien.
2. Datum/Zeit: 21.11.2018, 20:18 Uhr
Ort: Wien, Bahnhof D., Bahnhofshalle
Sie haben sich durch das unten beschriebene Verhalten trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieses seine gesetzliche Aufgabe wahrnahm, aggressiv verhalten.
Sie haben durch lautstarkes Beschimpfen der amtshandelnden Beamten sich aggressiv verhalten und dadurch die Amtshandlung behindert.
3. Datum/Zeit: 21.11.2018, 20:18 Uhr
Ort: Wien, Bahnhof D., Bahnhofshalle
Sie haben durch das unten beschriebene Verhalten, welches geeignet ist, berechtigtes Ärgernis zu erregen, die öffentliche Ordnung gestört, obwohl das Verhalten, insbesondere durch die Inanspruchnahme eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts, nicht gerechtfertigt war.
Sie haben durch aggressives Verhalten, lautstarkem Schreien, andere Fahrgäste beim Benutzen der öffentlichen Einrichtungen behindert.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
1. § 1 Abs. 1 Z. 2 WLSG
2. § 82 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. I Nr. 566/91 i.d.g.F.
3. § 81 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz i.d.F. BGBl. I Nr. 61/2016
Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafen(n) verhängt:
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist Gemäß
Ersatzfreiheitsstrafe von
1. € 100,00 1 Tage(n) 0 Stunde(n) 0 Minute(n) § 1 Abs. 1 WLSG
2. € 100,00 1 Tage(n) 0 Stunde(n) 0 Minute(n) § 82 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz
3. € 100,00 1 Tage(n) 0 Stunde(n) 0 Minute(n) § 81 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz,
BGBl.Nr. 566/1991 i.d.g.F.
Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung der Vorhaft):
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:
€ 30,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, jedoch mindestens 10 Euro für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).
€ als Ersatz der Barauslagen für
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher
€ 330,00“
Begründend führte die Behörde zusammengefasst aus, aufgrund der Angaben des Meldungslegers seien die Verwaltungsübertretungen als erwiesen anzusehen. Es könne kein Grund gefunden werden, warum der einer durch straf- und disziplinarrechtliche Bestimmungen normierten erhöhten Wahrheitspflicht unterliegende Meldungsleger den Beschuldigten wahrheitswidrig belasten sollte. Erschwerend seien mehrere einschlägige verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen.
II.
In der gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht erhobenen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, die Anschuldigungen seien aus der Luft gegriffen und sollte nicht alles Erfundene im Computer abgespeichert werden, um es bei Bedarf wieder zu verwenden und eine neue Lüge damit zu stützen. Er habe bereits alles geschrieben und bleibe bei seiner Aussage.
Im Anhang zur Beschwerde findet sich die Rechtfertigung des Beschwerdeführers vom 9.3.2019, in welcher dieser im Wesentlichen ausführt, die gegen ihn gemachten Aussagen würden in keinster Weise stimmen. Er habe am Christkindlmarkt Glühwein getrunken und am Weg nach Hause am Bahnhof D. bloß … umsteigen wollen. Er sei zu keiner einzigen Zeit aggressiv, sondern von Anfang an kooperativ gewesen, habe nett gegrüßt und selbstverständlich die Polizisten mit Respekt behandelt. Er habe gegen niemanden hingetreten oder unschuldige Passanten beschimpft.
III.
Am 27.3.2020 fand vor dem Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, zu welcher der Zeuge Insp. F. sowie die Zeugin Insp. G. erschienen. Der Beschwerdeführer blieb trotz ordnungsgemäßer Ladung der mündlichen Verhandlung fern. Er teilte am 27.3.2020 mit, er würde wegen Coronavirus zur mündlichen Verhandlung nicht erscheinen und habe seit gestern kein Wasser. Er ersuchte um Abberaumung der mündlichen Verhandlung. Die belangte Behörde hatte auf die Teilnahme ausdrücklich verzichtet. Da keine der Parteien einen Hinderungsgrund im Sinne von § 19 Abs. 3 AVG geltend gemacht hatte, lagen die Voraussetzungen für die Durchführung der Verhandlung in Abwesenheit der Parteien vor.
Der Zeuge Insp. F. gab nach Belehrung Folgendes zu Protokoll:
„Wir waren auf Fußstreife am Bahnhof D.. Wir haben einen Funkspruch bekommen, dass angeblich in der Bahnhofshalle mehrere Randalierer sind. Als wir dort einlangten hörten wir schon von weitem die Schreie von einer Person. Der Bf hat die Menschen unten an der Rolltreppe weggeschupst und angeschrien. Wir haben oben auf der Rolltreppe auf den Bf gewartet. Wir führten eine Kontrolle durch. Der Bf hat sich uns gegenüber aggressiv verhalten. Er hatte eine Bierdose in der Hand, die er uns nicht aushändigen wollte. Er beschimpfte uns z.B. als Arschlöcher. Er hat sich immer wiederholt und hat eine Zeitlang immer wieder das Gleiche geschrien, das alles unnötig und lächerlich ist. Wir haben ihm dann mit der Festnahme gedroht und ihm mitgeteilt, dass er dort seinen Hund nicht mitnehmen kann. Dann ist er weiter fluchend und schimpfend gegangen.“
Die Zeugin Insp. G. gab nach Belehrung Folgendes zu Protokoll:
„Ich kann mich an den Vorfall nicht mehr erinnern, er ist schon sehr lange her. Wir waren nur die zweite Streife, die zur Unterstützung dazugekommen ist.“
Gemäß § 29 Abs. 3 VwGVG entfiel eine mündliche Verkündung.
IV. Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
IV.1. Rechtsgrundlagen:
Die maßgebliche Bestimmung des Wiener Landes-Sicherheitsgesetzes, LGBl. für Wien Nr. 51/1993 in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung LGBl. für Wien 29/2001, lautet:
„Anstandsverletzung und Lärmerregung
§ 1. (1) Wer
1. […]
2. ungebührlicherweise störenden Lärm erregt oder
3. […]
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 700 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu einer Woche zu bestrafen.“
Die maßgeblichen Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 566/1991 in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung (§ 81 idF BGBl. I Nr. 55/2018, § 82 idF BGBl. I Nr. 61/2016) lauten:
„Aggressives Verhalten gegenüber Organen der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber militärischen Organen im Wachdienst
§ 81. (1) Wer durch ein Verhalten, das geeignet ist, berechtigtes Ärgernis zu erregen, die öffentliche Ordnung stört, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 500 Euro zu bestrafen, es sei denn, das Verhalten ist gerechtfertigt, insbesondere durch die Inanspruchnahme eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden.
[…]
Aggressives Verhalten gegenüber Organen der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber militärischen Organen im Wachdienst
§ 82. (1) Wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einem militärischen Organ im Wachdienst, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen, aggressiv verhält, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 500 Euro zu bestrafen. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden.
(2) Eine Bestrafung nach Abs. 1 schließt eine Bestrafung wegen derselben Tat nach § 81 aus.“
IV.2. Sachverhalt:
Aufgrund der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung, des Vorbringens des Beschwerdeführers, des Aktes des gegenständlichen behördlichen Verfahrens, des Aktes des Verwaltungsgerichts Wien sowie aufgrund der Aussage des Zeugen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen festgestellt:
Am 21.11.2018, um 20:18 Uhr schrie der Beschwerdeführer in Wien, Bahnhof D., Bahnhofshalle, lautstark mehrere Passanten an und schubste diese in Form von leichten Stößen bzw. attackierte sie mit Fußtritten. Dabei behinderte er Fahrgäste beim Benutzen der öffentlichen Einrichtungen. Trotz einer Abmahnung durch die einschreitenden Exekutivbeamten verhielt sich der Beschwerdeführer gegenüber den amtshandelnden Beamten aggressiv und beschimpfte der Beschwerdeführer die Beamten sowie Passanten lautstark mit Worten wie „Ihr Arschlöcher, ich hasse Österreich, ihr könnt mich alle am Arsch lecken“ und behinderte dadurch die Amtshandlung.
Gegen den Beschwerdeführer waren im Tatzeitpunkt mehrere einschlägige verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen aktenkundig. Er bezieht Notstandshilfe in der Höhe von ca. € 1.000 monatlich.
Diese Feststellungen beruhen auf folgenden Erwägungen:
Die Feststellungen ergeben sich im Wesentlichen aus dem Akteninhalt und der Aussage des zeugenschaftlich befragten Meldungslegers in der mündlichen Verhandlung.
Dass sich der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt am oben angegebenen Ort befand, ist unstrittig.
Dass der Beschwerdeführer das oben beschriebene Verhalten an den Tag legte, ergibt sich insbesondere aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Zeugen, an welchen kein Anlass bestand zu zweifeln, sowie aus freier Würdigung der Beweise. Der Zeuge hinterließ in der Verhandlung einen höchst objektiven, ausschließlich an der wahrheitsgemäßen Wiedergabe seiner Wahrnehmungen interessierten Eindruck und ist im gesamten Verfahren kein Anhaltspunkt dafür hervorgekommen, dass er ein Interesse oder einen Anlass gehabt hätte, den Beschwerdeführer wahrheitswidrig zu belasten. Das Verwaltungsgericht Wien schenkt daher seiner Zeugenaussage mehr Glauben als den mit der Aktenlage in Widerspruch stehenden Angaben des Beschwerdeführers. Es erscheint auch durchaus vorstellbar, dass der Beschwerdeführer aufgrund einer durch den vorangehenden Alkoholkonsum beeinflussten Sinneswahrnehmung (er gibt in der Beschwerde an, Glühwein getrunken zu haben) nicht mehr einschätzen konnte, welche Wirkung sein Verhalten auf andere Personen hatte. Die Angaben des Beschwerdeführers sind angesichts der glaubwürdigen Aussage des Zeugen, der sich im Rahmen von Einsätzen immer wieder in ähnlichen Situationen befindet, weniger glaubhaft und nachvollziehbar.
Der Sachverhaltsfeststellung liegen somit die Angaben des Zeugen zugrunde. Diesem ist als geschultem Sicherheitsorgan zuzusinnen, einen Sachverhalt wie den gegenständlichen richtig wahrzunehmen und wiederzugeben. Dass der Zeuge diesbezüglich falsche Angaben gemacht hätte, war nicht anzunehmen.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Sozialversicherungsregisterauszug.
IV.3. Rechtliche Beurteilung:
IV.3.1. Zu Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses:
Unter "störendem Lärm" im Sinne der Vorläuferbestimmung zu § 1 Abs. 1 Z 2 WLSG, dem Art. VIII zweiter Fall EGVG und den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wegen ihrer Lautstärke für das menschliche Empfindungsvermögen unangenehm in Erscheinung tretende Geräusche zu verstehen, mögen sie durch Betätigung der menschlichen Sprechorgane oder durch Anwendung von Werkzeugen oder auf sonstige Weise unmittelbar oder mittelbar hervorgerufen werden (vgl. etwa VwGH 1.7.2010, 2008/09/0149), auch wenn sich der Täter eines willenslosen, wenn auch lebenden Werkzeuges bedient, wie etwa eines bellenden Hundes (vgl. VwGH 13.03.1978, 2790/76 mit Hinweis auf BGH 29.1.1935 A 613/34 VwSlg 241 A/1935).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Lärm dann störend, wenn er wegen seiner Art und/oder seiner Intensität geeignet ist, das Wohlbefinden normal empfindender Menschen zu stören, das heißt, es muss jene Rücksichten vermissen lassen, die die Umwelt verlangen kann, wobei die Erfahrungen des täglichen Lebens ausreichen, dies zu beurteilen (vgl. VwGH 1.7.2010, 2008/09/0149 mit Hinweis auf VwGH 30.1.1973, 0315/71; 21.12.1987, 87/10/0136-0139; 26.9.1990, 90/10/0057; 26.9.1990, 89/10/0224, 0226; 15.6.1987, 85/10/0105).
Nicht schon die Erregung von störendem Lärm ist aber strafbar, sondern es muss noch ein zweites Tatbestandsmerkmal hinzukommen, dass nämlich dieser störende Lärm ungebührlicherweise erregt wurde. Lärm ist dann ungebührlicherweise erregt, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärms führt, gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muss, das heißt, es muss jene Rücksichten vermissen lassen, die die Umwelt verlangen kann (vgl. etwa VwGH 1.7.2010, 2008/09/0149 mit Hinweis auf VwGH 29.3.1993, 90/10/0153; 19.10.2005, 2003/09/0074, mwN).
Die Strafbarkeit der ungebührlichen Erregung störenden Lärms ist bereits dann gegeben, wenn die Lärmerregung nach einem objektiven Maßstab geeignet erscheint, von anderen nichtbeteiligten Personen als ungebührlich und störend empfunden zu werden (vgl. z.B. VwGH 26.9.1990, 90/10/0057). Ein Sicherheitswacheorgan ist in der Lage zu qualifizieren, ob eine Geräusch- bzw Klangentwicklung für die Nachbarschaft objektiv unzumutbar ist (vgl. VwGH 30.1.1973, 0315/71). Ob diese Voraussetzungen zur Beurteilung eines Geräuschs als ungebührlicher Weise störender Lärm in einem konkreten Fall erfüllt sind, ist daher - ähnlich wie im Fall der Verletzung des öffentlichen Anstandes - in jedem einzelnen Fall nach seinen konkreten Begleitumständen zu beurteilen (vgl. etwa VwGH 1.7.2010, 2008/09/0149 mit Hinweis auf 19.10.2005, 2003/09/0074; siehe zum Tatbestand der ungebührlicherweise störenden Lärmerregung, etwa VfGH 8.10.1985, V 37/84, VfSlg. 10.614).
Gegenständlich ist als erwiesen anzusehen, dass der Beschwerdeführer durch das beschriebene lautstarke Verhalten, welches jene Rücksicht vermissen lässt, die im Allgemeinen im Umgang mit anderen Menschen verlangt werden konnte, ungebührlicherweise störenden Lärm erregte.
IV.3.2. Zu Spruchpunkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses:
Gemäß § 82 Abs. 1 SPG begeht, wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einem militärischen Organ im Wachdienst, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen, aggressiv verhält, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 500 Euro zu bestrafen. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter einem ungestümen Benehmen ein solches Verhalten zu verstehen, durch das die jedermann gegen das Einschreiten eines obrigkeitlichen Organes zuzubilligende Abwehr vermeintlichen Unrechts derart überschritten wird, dass diese Abwehr zufolge des Tones des Vorbringens, der zur Schau gestellten Gestik oder durch beides zusammen bereits als aggressives Verhalten gewertet werden muss. Schreien mit einem obrigkeitlichen Organ nach erfolgter Abmahnung stellt ein ungestümes Benehmen dar (vgl. zur Vorgängerregelung des Art. 9 Abs. 1 Z 2 EGVG VwGH 20.12.1990, 90/10/0056).
Ein aggressives Verhalten iSd § 82 Abs. 1 SPG liegt jedenfalls auch dann vor, wenn das Verhalten seinem Schweregrad nach noch nicht als Anwendung von Gewalt oder als gefährliche Drohung iSd § 269 StGB (Widerstand gegen die Staatsgewalt) zu qualifizieren ist. Beschimpft der Beschuldigte die in rechtmäßiger Ausübung ihres Dienstes einschreitenden Polizeibeamten und verhält er sich diesen gegenüber aggressiv indem er mit den Händen heftig gestikuliert, so dass die Amtshandlung behindert wurde und stellt er dieses Verhalten trotz Abmahnung nicht ein, verwirklicht er das Tatbild des § 82 Abs. 1 SPG (vgl. auch UVS Oö 3.3.2008, VwSen-230991/20/Ste).
Gegenständlich musste das lautstarke Beschimpfen der amtshandelnden Beamten u.a. als „Arschlöcher“ durch den Beschwerdeführer, welches aufgrund des Tones des Vorbringens und der zur Schau gestellten Gestik über eine bloße Unmutsäußerung hinausgingen, als aggressives Verhalten gewertet werden, in dem er trotz Abmahnung verharrte.
IV.3.3. Zu Spruchpunkt 3 des angefochtenen Straferkenntnisses:
Gemäß § 81 Abs. 1 SPG begeht, wer durch ein Verhalten, das geeignet ist, berechtigtes Ärgernis zu erregen, die öffentliche Ordnung stört, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 500 Euro zu bestrafen, es sei denn, das Verhalten ist gerechtfertigt, insbesondere durch die Inanspruchnahme eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden.
Auf Grund des Umstandes, dass mit Inkrafttreten des Sicherheitspolizeigesetzes Art. IX Abs. 1 Z 1 EGVG in der damals geltenden Fassung, welcher am 31. Jänner 1991 außer Kraft trat, in § 81 SPG aufging, erscheint es auf Grund der in diesen Normen annähernd gleich formulierten Tatbestände als zulässig, auch die Judikatur des Höchstgerichtes zu Art. IX Abs. 1 Z 1 EGVG in der damals geltenden Fassung heranzuziehen.
Zu Art. IX Abs. 1 Z 1 EGVG in der Fassung vor BGBl Nr. 50/1991 sprach der Verwaltungsgerichtshof etwa aus, dass durch das Verhalten auch die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört worden sein muss. Hiezu ist es nicht erforderlich, dass das Verhalten zu Aufsehen, Zusammenlauf von Menschen u.a. führt, es muss vielmehr nur unmittelbar oder mittelbar zur Folge haben, dass ein Zustand geschaffen wird, der geordneten Verhältnissen an einem öffentlichen Ort widerspricht. Zur Herbeiführung eines derartigen Zustandes genügt es, dass etwa mehrere Personen an dem Verhalten Ärgernis genommen haben (vgl. VwGH 4.9.1995, 94/10/0166). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Tatbild der ORDNUNGSSTÖRUNG durch zwei Elemente gekennzeichnet: Zum ersten muss der Täter ein Verhalten gesetzt haben, dass objektiv geeignet ist, Ärgernis zu erregen. Zum zweiten muss durch dieses Verhalten die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört worden sein. Die Beurteilung, ob einem Verhalten die objektive Eignung zur Ärgerniserregung zukommt, ist nicht nach dem Empfinden der durch das Verhalten besonders betroffenen Personen vorzunehmen, sondern unter der Vorstellung, wie unbefangene Menschen auf ein solches Verhalten reagieren würden; von einem Ärgernis wird man dann sprechen können, wenn eine Handlung bei anderen die lebhafte Empfindung des Unerlaubten und Schändlichen hervorzurufen geeignet ist (vgl. etwa VwGH 26.2.1990, 89/10/0215; 30.5.1994, 93/10/0213).
Dafür, daß durch das Verhalten die Ordnung an einem öffentlichen Ort (tatsächlich) gestört wird, ist es erforderlich, dass dieses unmittelbar oder mittelbar die Schaffung eines Zustandes zur Folge hat, der geordneten Verhältnissen an einem öffentlichen Ort widerspricht, also eines Zustandes, der die gewöhnlichen Verhältnisse in wahrnehmbarer Weise negativ verändert (vgl. etwa VwGH 26.2.1990, 89/10/0215; 25.11.1991, 91/10/0207). Der Begriff, dass die Ordnung tatsächlich gestört wurde, erfasst eine negative Veränderung des „Zustandes des gewöhnlichen Verhältnisses der Dinge der Außenwelt zueinander“, wobei hier unter "Dingen" auch Personen zu verstehen sind. Eine solche negative Veränderung ist schon dann zu bejahen, wenn eine Person dazu bewogen wurde, sich anders zu verhalten, als wenn der Vorfall nicht stattgefunden hätte (vgl. VwGH 25.1.1991, 89/10/0021). So stellt etwa ein besonders rücksichtsloses Verhalten, indem der Beschwerdeführer versuchte in Richtung Bühnenaufbau und Rednerpult vorzudrängen, zumal dies zu Unmutsäußerungen von anwesenden Passanten führte, eine Störung der öffentlichen Ordnung dar (vgl. VwGH 19.10.2005, 2003/09/0074).
Der Spruch eines Bescheides hat in Ansehung des Tatbestandselementes der tatsächlichen Störung der öffentlichen Ordnung eine Aussage darüber zu enthalten, ob das Verhalten des Täters (einschließlich etwaiger Drohungen) von anderen Personen als der unmittelbar betroffenen wahrgenommen werden konnte und ob bzw. in welcher Weise allenfalls diese Personen darauf reagierten (vgl. VwGH 25.11.1991, 91/10/0207). Durch die bloße Anführung im Spruch des Straferkenntnisses, der Beschuldigte habe die Ordnung an einem öffentlichen Ort "in Ärgernis erregender Weise gestört", ist die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht in der vom Gesetz geforderten Form hinreichend konkretisiert (vgl. VwGH 26.9.1990, 89/10/0239).
Dies ist gegenständlich insofern erfolgt, als im Spruch des Straferkenntnisses ausgeführt wird, dass das Verhalten des Beschwerdeführers die Fahrgäste beim Benutzen der öffentlichen Einrichtungen behinderte. Es handelt sich somit nicht um dieselbe Tat wie unter Spruchpunkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses, sodass § 82 Abs. 2 SPG, wonach eine Bestrafung nach Abs. 1 eine Bestrafung wegen derselben Tat nach § 81 ausschließt, nicht anwendbar ist.
IV.3.4. Zu den Spruchpunkten 1 bis 3 des angefochtenen Straferkenntnisses:
Unter Zugrundelegung der unter Punkt IV.2. getroffenen Feststellungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer die objektive Tatseite der ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen verwirklicht hat.
Da die verletzten Rechtsvorschriften über das Verschulden keine Aussage treffen, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten (vgl. § 5 Abs. 1 erster Satz VStG). Bei den gegenständlichen Verwaltungsübertretungen handelt es sich um Ungehorsamsdelikte, weil weder der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr vorausgesetzt, noch über das Verschulden etwas bestimmt wird. Bei solchen Delikten obliegt es gemäß § 5 Abs. 1 VStG dem Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war. Das bedeutet, dass der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, z.B. durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung entsprechender Beweisanträge (vgl. beispielsweise etwa VwGH 20.11.2013, 2012/10/0070; 28.3.2006, 2002/03/0264 oder 24.11.2003, 2001/10/0137).
Bei Ungehorsamsdelikten ist das Verschulden des Täters nicht von der Behörde zu beweisen, sondern „ohne weiteres anzunehmen“. Dem Täter steht es jedoch frei, diese Vermutung durch Glaubhaftmachung seiner Schuldlosigkeit zu widerlegen. Der „Entlastungsbeweis“ ist aber nicht notwendig, wenn die Behörde schon bei Ermittlung des äußeren Tatbestandes schuldausschließende Umstände feststellt (vgl. Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 16. Aufl., Anm. 5 zu § 5 VStG). Schuldausschließende Umstände sind im Verfahren keine hervorgekommen.
Im gegenständlichen Fall ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass ihn an den vorliegenden Verwaltungsübertretungen kein Verschulden trifft. Er hat daher auch die subjektive Tatseite der in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen verwirklicht.
Zur Strafbemessung:
Der gemäß § 1 Abs. 1 WLSG maßgebliche gesetzliche Strafrahmen beträgt bis zu € 700, im Fall der Uneinbringlichkeit ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu einer Woche zu verhängen.
Der gemäß § 82 Abs. 1 SPG und § 81 Abs. 1 SPG maßgebliche gesetzliche Strafrahmen beträgt beim Fehlen erschwerender Umstände bis zu € 500.
Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 Abs. 1 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen, die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Taten schädigten das öffentliche Interesse an der Einhaltung von allgemein gültigen Regeln des Miteinanders der Gesellschaft und der Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung durch die Sicherheitsorgane in nicht unerheblichem Maße. Der objektive Unrechtsgehalt der Taten war daher nicht als geringfügig einzustufen. Die Intensität der Beeinträchtigung dieser Interessen durch die Taten war schon im Hinblick auf die damit in Zusammenhang stehende potentielle Beeinträchtigung der Interessen anderer Personen und der Allgemeinheit keinesfalls als gering zu werten.
Auch das Ausmaß des Verschuldens konnte nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der vom Beschwerdeführer übertretenen Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung der Tatbestände aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.
Der Beschwerdeführer verfügt über mehrere einschlägige Vormerkungen, welche erschwerend zu werten waren. Erschwerend wurde auch das Zusammentreffen mehrerer Verwaltungsübertretungen gewertet.
Der Beschwerdeführer bezieht Notstandshilfe in der Höhe von etwa € 1.000 monatlich. Bei der Strafbemessung wurden die ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers berücksichtigt.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und unter Berücksichtigung des gesetzlichen Strafrahmens sind die im unteren Bereich des Strafrahmens bemessenen Geldstrafen als jedenfalls angemessen zu bewerten. Die verhängten Geldstrafen erweisen sich zudem als erforderlich, um den Beschwerdeführer in spezialpräventiver Hinsicht in Hinkunft von weiteren Übertretungen derselben Natur wirksam abzuhalten.
Die Ersatzfreiheitsstrafen wurden gemäß § 16 VStG in angemessenem Verhältnis festgesetzt.
Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Schlusssatz VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013 (Ermahnung) sind gegenständlich ebenfalls nicht gegeben. Für die Anwendung dieser Gesetzesstelle ist das kumulative Vorliegen der in § 45 Abs. 1 Z 4 VStG genannten Kriterien, nämlich dass die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind, Voraussetzung (vgl. VwGH 5.5.2014, Ro 2014/03/0052). Von geringem Verschulden im Sinne von § 45 Abs. 1 Z 4 VStG ist jedoch nur dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Weder aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers noch aus dem Akteninhalt ergeben sich konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der objektive Unrechtsgehalt der Taten wesentlich hinter dem durch die Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt zurückgeblieben wäre. § 33a VStG konnte folglich ebenfalls nicht zum Tragen kommen.
Die Kostenentscheidung gründet auf § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
IV.4. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Vielmehr waren im Beschwerdefall nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung lediglich Fragen der Beweiswürdigung zu lösen und im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. VwGH 20.11.2015, Ra 2015/02/0167) eine Strafbemessung vorzunehmen, welche, da es sich um eine die Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfrage handelt, im Allgemeinen nicht revisibel ist (vgl. z.B. VwGH 29.7.2015, Ra 2015/07/0096).
Schlagworte
Lärmerregung; ungebührlicher Lärm; störender Lärm; aggressives Verhalten; BeschimpfenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.031.085.13429.2019Zuletzt aktualisiert am
04.06.2020