Entscheidungsdatum
30.03.2020Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §8Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Pühringer über die Beschwerde der A. B. gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 10. Dezember 2019, Zl. -…, mit welchem ein Einspruch gegen die Strafverfügung vom 5. September 2019 gemäß § 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG iVm § 32 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG zurückgewiesen wurde,
zu Recht e r k a n n t:
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof – soweit sie nicht bereits nach § 25a VwGG ausgeschlossen ist – nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem angefochtenen an "Frau zhd B. A. C. VERSICHERUNG" gerichteten Bescheid wurde ein Einspruch gegen eine Strafverfügung mangels Parteistellung zurückgewiesen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
3. Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung und legte dem Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde samt der Akten des behördlichen Verfahrens vor.
II. Sachverhalt:
1. Das Verwaltungsgericht Wien legt seiner Entscheidung folgende Feststellungen zugrunde:
Infolge einer Lenkererhebung erging gegenüber D. E. eine Strafverfügung vom 5. September 2019 wegen Übertretung des § 38 Abs. 5 iVm § 38 Abs. 1 lit. a StVO.
Gegen diese Strafverfügung erhob die Beschwerdeführerin mit E-Mail vom 16. September 2019 Einspruch im Namen des D. E. und bestritt darin die Tatbegehung. Über formlose Aufforderung der belangten Behörde legte die Beschwerdeführerin eine vom 16. September 2019 datierende Vollmacht vor, welche sich ihrem Wortlaut nach auf Versicherungsgeschäfte, nicht aber auf die Vertretung vor Behörden in Verwaltungsstrafverfahren bezog.
In der Folge erging eine Verfahrensanordnung der belangten Behörde vom 13. November 2019, welche an "Frau zhd B. A. C. VERSICHERUNG" gerichtet wurde, in welcher die Adressatin binnen zwei Wochen zur Vorlage einer Vollmacht für die Vertretung im Verwaltungsstrafverfahren aufgefordert wurde. Aus dieser Vollmacht müsse zu erkennen sein, dass diese bereits zum Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels bestanden habe. Auf die Folgen des § 13 Abs. 3 AVG wurde hingewiesen. Diese Verfahrensanordnung wurde von der Empfängerin am 19. November 2019 persönlich übernommen.
Am 22. November 2019 übermittelte die Beschwerdeführerin eine Vollmacht an die belangte Behörde, welche mit 21. Oktober 2019 datierte und die Beschwerdeführerin – unter anderem – zur "Vertretung bei Ämtern und Behörden" berechtigte. Nähere Bestimmungen über den zeitlichen Geltungsbereich enthält diese Vollmacht nicht.
Schließlich erging der im Kopf an "Frau zhd B. A. C. VERSICHERUNG" gerichtete angefochtene Bescheid vom 10. Dezember 2019, mit welchem der Einspruch gegen die Strafverfügung mangels Parteistellung zurückgewiesen wurde. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, die Vollmacht sei mit 21. Oktober 2019 datiert, der Einspruch jedoch bereits am 16. September 2019 erhoben worden.
2. Diese Feststellungen ergeben sich aus folgender Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich unzweifelhaft aus dem Verwaltungsakt, in welchem sämtliche der erwähnten Schriftstücke vollständig enthalten sind. Die Beschwerdeführerin hat diesen Verfahrensgang zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen.
III. Rechtliche Beurteilung:
1. Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Gemäß § 10 Abs. 2 AVG richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.
2. Vorauszuschicken ist, dass im Falle der Zurückweisung eines Rechtsmittels gemäß § 13 Abs. 3 AVG Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des Rechtsmittels ist (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung VwGH 29.1.2020, Ra 2019/09/0118).
3. Beschuldigter des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens ist D. E., nur dieser war zur Erhebung eines Einspruchs gegen eine ihm gegenüber ergangene Strafverfügung berechtigt (vgl. VwGH 14.11.2012, 2012/08/0007). Der Beschuldigte konnte sich jedoch vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich gemäß § 10 Abs. 1 AVG durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen.
Eine solche Vollmacht lag im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren zum Zeitpunkt der Erhebung des Einspruchs durch die Beschwerdeführerin mit E-Mail vom 16. September 2019 nicht vor. Auch durch die spätere Vorlage der Vollmacht vom 16. September 2019 wurde dieser Mangel nicht beseitigt, weil diese Vollmacht ihrem klaren Wortlaut nach eine Vertretung gegenüber Behörden in einem Verwaltungsstrafverfahren nicht umfasste.
§ 24 VStG iVm § 13 Abs. 3 AVG verpflichtet die Behörde vor der Zurückweisung eines Rechtsmittels die Behebung etwaiger Mängel zu veranlassen. Die Nichtvorlage des Nachweises einer Vollmacht ist ein derartiger (verbesserungsfähiger) Mangel (VwGH 13.10.2011, 2010/22/0093). Die belangte Behörde hat die Beschwerdeführerin daher zu Recht aufgefordert, eine Vollmacht vorzulegen, aus der sich ergibt, dass sie im Zeitpunkt der Erhebung des Einspruchs am 16. September 2019 von D. E. zur Einbringung desselben bevollmächtigt war.
Die Beschwerdeführerin reagierte auf diesen Mängelbehebungsauftrag durch Vorlage einer neuen Vollmacht des D. E., welche zur "Vertretung bei Ämtern und Behörden" berechtigte. Diese Vollmacht datierte mit 21. Oktober 2019. Damit hat die Beschwerdeführerin den auf § 13 Abs. 3 AVG gestützten Auftrag vom 13. November 2019 nicht ordnungsgemäß erfüllt, weil sich aus der vorgelegten Vollmacht in keiner Weise erschließen ließ, dass das Vollmachtsverhältnis zum Zeitpunkt der Erhebung des Einspruchs vom 16. September 2019 bereits bestand hatte (vgl. VwGH 11.6.1992, 92/06/0069, wonach ein Auftrag nach § 13 Abs. 3 AVG zur Gänze zu erfüllen ist).
Da keine vollständige Verbesserung durch die einschreitende Beschwerdeführerin erfolgte und somit keine Bevollmächtigung zum Zeitpunkt der Erhebung des Einspruchs nachgewiesen wurde, hatte die belangte Behörde von einem vollmachtslosen Einschreiten auszugehen und war der Einspruch der Beschwerdeführerin selbst zuzurechnen. Mangels Parteistellung der Beschwerdeführerin in dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren hat die belangte Behörde zu Recht den Einspruch der Beschwerdeführerin mangels Parteistellung zurückgewiesen (VwGH 13.12.2000, 2000/03/0336).
4. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass für das Verwaltungsgericht Wien aus der Adressierung des angefochtenen Bescheids an "Frau zhd B. A. C. VERSICHERUNG" zweifellos abzuleiten ist, dass dieser an die Beschwerdeführerin gerichtet wurde, zumal es sich bei dem Beisatz "C. Versicherung" um keine von der Beschwerdeführerin verschiedene juristische Person, sondern lediglich um den Firmennamen des Einzelunternehmens der Beschwerdeführerin handelt.
Schließlich ist festzuhalten, dass die gemeinsam mit der Beschwerde vorgelegte Vollmacht – nunmehr datierend mit 10. Jänner 2019 – die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des Einspruchs im Nachhinein nicht mehr beseitigen kann, weil Sache des Beschwerdeverfahrens einzig die Rechtmäßigkeit des Zurückweisungsbescheids im Zeitpunkt seiner Erlassung ist und dementsprechend die Behebung des Mangels auch nicht (mehr) nachgeholt werden kann (VwGH 16.9.2009, 2008/05/0206).
5. Der angefochtene Zurückweisungsbescheid ist folglich zu bestätigen und die dagegen gerichtete Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
6. Diese Entscheidung konnte gemäß § 44 Abs. 3 Z 4 VwGVG ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Beschwerdeführerin wurde in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheids auf das Erfordernis der Beantragung einer Verhandlung mit der Beschwerde hingewiesen (vgl. dazu VwGH 17.2.2015, Ra 2014/09/0007). Ein solcher Antrag erfolgte nicht.
7. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – insbesondere zur Sache des Beschwerdeverfahrens im Fall einer Zurückweisung eines Rechtsmittels – ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Vertretungsbefugnis; Vollmacht; UmfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.031.032.3611.2020Zuletzt aktualisiert am
04.06.2020