Entscheidungsdatum
12.12.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W196 2126801-1/24E
W196 2126803-1/20E
W196 2126804-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula SAHLING, als Einzelrichter über die Beschwerde von 1.) XXXX geboren am XXXX 2.) XXXX geb. XXXX und 3.) XXXX geb. XXXX alle StA: Ukraine, vertreten durch RA Dr. Farhad Paya gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.04.2016, 1.) Zl. 1031715301-14992224, 2.) Zl. 1031715410-14992245 und 3.) Zl. 1100360902-152068267 nach der Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 02.12.2019 zu Recht:
beschlossen:
A)
I. Die Verfahren werden wegen Zurückziehung der Beschwerden hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide gemäß §§ 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
erkannt:
A)
II. In Erledigung der Beschwerden gegen Spruchpunkt III. wird ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I. Nr. 100/2005 idgF, iVm § 9 Absatz 3 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, auf Dauer unzulässig ist.
III. Gemäß §§ 54 und 55 Abs. 2 AsylG 2005 idgF. wird 1.) XXXX und
2.) XXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" und 3.)
XXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin gelangten gemeinsam am 20.09.2014 nach Österreich und stellten am 21.09.2014 gegenständliche Anträge auf internationalen Schutz.
Im Rahmen der Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass er mit der Zweitbeschwerdeführerin verheiratet sei. Zu seinen Fluchtgründen brachte er vor, dass er für die Russen gegen die ukrainische Armee kämpfen habe sollen. Er habe das nicht wollen. Er wurde mehrfach telefonisch von unbekannten Personen angerufen. Es wurden ihm für diesen Einsatz 200 000 russische Rubel angeboten, das seien etwa € 4000. Es sei ihm gesagt worden, wenn er Frauen und Kinder töten würde bekäme er noch mehr Geld. Er wolle allerdings nur mit seiner Ehefrau in Frieden leben. Bei einer bei einer Rückkehr in die Heimat habe Angst um sein Leben.
Die Zweitbeschwerdeführerin wurde am selben Tag wie der Erstbeschwerdeführer einer Erstbefragung unterzogen, wobei sie im Wesentlichen vorbrachte, dass ihr Gatte in der Ukraine Probleme gehabt hätte, welche das wüsste sie nicht. Am 13.07.2014 habe sie ein unbekannter Mann in einem Park geschlagen und zu ihr gesagt sie solle ihren Mann "schöne Grüße" ausrichten. Sie möchte allerdings mit ihrem Ehemann in Frieden leben. Ihr Leben sei in der Ukraine in Gefahr gewesen und deshalb habe sie sich entschlossen mit ihrem Ehemann die Heimat zu verlassen. Bei einer Rückkehr in die Heimat fürchte sie um ihr Leben und um das Leben ihres Mannes.
Am 14.09.2015 wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Russisch niederschriftlich einvernommen. Dabei erläuterten die Beschwerdeführer die bereits angegebenen Fluchtgründe auf Befragung durch den Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl genauer.
Am 21.11.2015 wurde die Drittbeschwerdeführerin und Tochter des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin in Österreich geboren. Am 28.12.2015 stellten ihre gesetzliche Vertreterin einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 13 Asylgesetz.
Im Rahmen der niederschriftlichen Befragung am 02.02.2016 gab die Zweitbeschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin an, dass die für sie geltend gemachten Fluchtgründe auch für ihre Tochter geltend gemacht werden. Die Drittbeschwerdeführerin habe keine eigenen Fluchtgründe.
Mit den im Spruch angeführten Bescheiden vom 27.04.2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz vom 21.09.2014 bzw vom 28.12.2015 die Drittbeschwerdeführerin betreffend, bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) ab. Unter Spruchpunkt III. wurde ihnen ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Z 2 FPG erlassen und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in die Ukraine gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise auf 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).
In seiner Begründung stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen fest, dass die Beschwerdeführer allesamt Staatsangehörige der Ukraine seien. Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftslandes folgerte die Behörde, dass keine Gründe für eine Flüchtlingseigenschaft nach der Genfer Flüchtlingskonvention festgestellt werden könnten. Die Ausführungen des Erstbeschwerdeführers zu den angegebenen Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates seien nicht glaubwürdig. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführer einer Gefährdung vor Verfolgung im Herkunftsland ausgesetzt wären bzw. seien.
Zu Spruchpunkt II. folgerte die Behörde, dass in den gegenständlichen Fällen von einer asylrelevanten Verfolgung nicht gesprochen werden könne, weshalb im Falle einer Rückkehr der Beschwerdeführer in ihren Heimatstaat Ukraine nicht mit einer Gefahr im oben definierten Sinn zu rechnen sei. Grundsätzlich bestünden bzgl. der Ukraine keine Anhaltspunkte dafür, dass dort gegenwärtig eine derart extreme Gefahrenlage herrsche, durch die praktisch jeder - unabhängig vom Vorliegen individueller Gründe - im Falle einer Rückkehr der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre. Auch wenn dabei der Aspekt der derzeitig instabilen Lage in Teilen der Ostukraine nicht verkannt werde, so sei dahingehend festzuhalten, dass die übrigen Landesteile nicht von den Unruhen betroffen seien und sohin einer innerstaatlichen Fluchtalternative nichts im Wege stehe. Aus Sicht der Behörde sei auch nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer nach ihrer Rückkehr in die Ukraine in eine ausweglose Lebenssituation geraten könnten. Eine lebensbedrohende Erkrankung oder einen sonstigen auf die Beschwerdeführer bezogenen "außergewöhnlichen Umstand", welche ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK darstellen könnte, habe im Verfahren nicht festgestellt werden können.
Zu den Spruchpunkten III. wurde u.a. ausgeführt, dass im Fall der Beschwerdeführer keine Ansatzpunkte dafür hervorgekommen, dass Gründe für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" vorliegen würden. Es liege ein Familienverfahren vor, da jedoch keinem der Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden sei, könne die Familie gemeinsam in die Ukraine ausgewiesen werden. Eine Rückkehrentscheidung stelle somit auch keinen Verstoß gegen das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK dar. Der Aufenthalt der Beschwerdeführer sei lediglich aufgrund des laufenden Asylverfahrens legalisiert. Es bestünden in Österreich keine schützenswerten privaten oder sozialen Anknüpfungspunkte. Auch wenn der Erst und die Zweitbeschwerdeführerin Deutschkurse besuchen würden könne keine Integrationsverfestigung in Österreich festgestellt werden. Die Beschwerdeführer würden auch keiner geregelten Arbeit nachgehen und seien nicht selbsterhaltungsfähig. Die Beschwerdeführer würden über keine Kontakte zu österreichischen Staatsbürgern verfügen. Sie hätten fast ihr gesamtes Leben im Heimatstaat verbracht. Der Vater, die Großmutter sowie die Eltern und Großeltern der Ehefrau seien noch in der Ukraine. Sie hätten regelmäßigen Kontakt zu ihren Angehörigen. Die Beschwerdeführer sind strafrechtlich unbescholten. Dies bewirke aber keine Erhöhung des Gewichts der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einen Aufenthalt in Österreich. Vielmehr sei von den im Bundesgebiet aufhältigen Fremden zu erwarten, dass sie sich an die hierorts herrschenden Gesetze halten würden und diese respektieren würden. Auch ein mögliches Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden in Bezug auf die Verfahrensdauer könne aus der Aktenlage nicht entnommen werden.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht Beschwerde wobei sie in einer ausführlichen Stellungnahme abermals ihre Fluchtgeschichte detailliert schilderten.
Am 02.12.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, bei der die belangte Behörde auf eine Teilnahme ausdrücklich verzichtete.
Aus dem Protokoll:
RI an BF1: Erzählen Sie mir bitte Ihren Fluchtgrund so ausführlich und umfassend als möglich.
BF1: Ich habe als Brandschutzinspektor gearbeitet. Als bei uns in der Ukraine das Problem begann, kam mein Vorgesetzter zu mir. Das Problem war, dass wir als Freiwillige in die ATO- Zone geschickt werden sollten. Ich habe dann gefragt, ob das alles legal wäre, dass wir geschickt werden und dafür entsprechende Unterlagen vorhanden wären.
RI: Hat es diese normalerweise gegeben?
BF1: Diese Brandschutzinspektion ist eine behördliche Stelle bei uns und da muss alles ordentlich mit einer Verfügung erledigt werden, wenn wir irgendwo hingeschickt werden. Der Vorgesetzte hat mich aufgefordert, dass ich als Freiwilliger in dieses Gebiet gehe. Ich habe ihn aufgefordert, dass er hierfür Dokumente vorlegen sollte. Er sagte, es gäbe keine Dokumente. Daraufhin habe ich den Auftrag verweigert, weil es für mich illegal wäre.
RI: Als Freiwilliger haben Sie auch Dokumente benötigt?
BF1: Ich möchte zur Freiwilligkeit folgendes erklären: Wir hätten innerhalb unserer Behörde selbst entscheiden sollen, wer dorthin gehen sollte.
RI: Gibt es Menschen, die das ganz freiwillig machen, also nicht geschickt werden?
BF1: Das weiß ich nicht. Ich kenne niemanden, der das freiwillig gemacht hat. Nachdem ich das verweigert habe, bekam ich einen Anruf von einem Mann, der mir angeboten hat, viel Geld zu verdienen. Er meinte, wenn ich nichts dagegen hätte, würde mich ein weiterer Mann anrufen und mir erklären, worum es geht. Der Mann der mich angerufen hat hieß XXXX und ich habe mit ihm gemeinsam an der Brandschutzakademie studiert. Der Mann war von der Krim. Dieser XXXX war drei Studienjahre vor mir und er ist auf die Krim gegangen um als Brandschutzinspektor. Damals war die Krim noch Ukrainisch. Danach hat Russland die Krim annektiert und er ist dortgeblieben und hat für die Russen gearbeitet. Ich habe nichts dagegen gehabt, Geld zu verdienen. Er meinte, er werde mich nochmals anrufen und mir die Details erklären. Dann bekam ich einen weiteren Anruf, von einem weiteren Mann, der sich nicht vorgestellt hat. Er sagte mir, dass ich in das Gebiet Luhansk und Donetsk fahren werde und dort an der Seite der Separatisten kämpfen werde. Dafür bekomme ich monatlich 200.000 Rubel, ich bekomme auch mehr, wenn ich an den Kampfhandlungen teilnehmen werde. Als ich das alles gehört habe, habe ich gesagt, dass ich das nicht brauche und nicht möchte. Ich habe das Handy ausgeschaltet. Erstens kann ich keine Menschen töten, es ist ein Problem für mich - egal auf welcher Seite - an diesem Konflikt teilzunehmen. Aus diesem Grund wollte ich das nicht machen. Nach ein paar Tagen hat mich dieser Mann nochmals angerufen und mich gefragt, ob ich meine Meinung geändert hätte und ich habe gesagt, dass ich das nicht tun möchte. Danach sagte er, dass sie alles über mich wissen, wo ich mit meiner Familie wohne und hat mich sozusagen bedroht. Danach war der Vorfall im Park mit meiner Frau.
BF2: Ich bin von einer Freundin unterwegs nach Hause gewesen und bin durch diesen Park gegangen. Mir kam ein Mann mit einer Kapuze entgegen. Als er sich mir genähert hat, hat er etwas wie einen Stock herausgeholt und mich damit geschlagen. Ich bin hingefallen. Er hat mir nichts weggenommen. Beim Weggehen hat er gesagt: "Lass deinen Mann grüßen". Ich bin aufgestanden und hinkend nach Hause gegangen. Dort habe ich meinem Mann alles erzählt.
BF1: Meine Frau kam nach diesem Vorfall nach Hause. Sie hatte starke Schmerzen. Sie musste ins Krankenhaus. Das wollten wir nicht, denn man hätte dort automatisch die Polizei geholt. Diese Leute sagten, wir sollten auf keinen Fall die Polizei verständigen. Wir mussten aber ins Krankenhaus gehen, denn meine Frau hatte starke Schmerzen. Im Krankenhaus haben wir gesagt, dass meine Frau hingefallen sei. Ich ging dann zur Arbeit und wollte einen freien Tag bekommen. Ich habe meinen Vorgesetzten meine Situation geschildert, aber diese lehnten das ab. Sie fragten mich im Gegenzug, ob ich nun bereit sei für die Abreise. Ich verneinte. Mein Vorgesetzter sagte, dass ich Probleme bekommen könnte und mir etwas passieren könnte. Dann wurde mir mein Dienstausweis an meiner Arbeitsstelle vom Tisch gestohlen. Es ist problematisch, wenn so etwas bekannt wird. Da bekommt man Probleme mit den Vorgesetzten. Ich habe weitergearbeitet ohne Dienstausweis. Mein Vorgesetzter hat mich wieder auf die Abreise angesprochen und ich sagte wieder, dass ich das nicht will. Ich sagte ihm auch, wenn er mich weiter dazu zwingen würde, ich mich an die Polizei wenden würde. Ich bin dann schließlich zur Polizei gegangen und habe eine Anzeige erstattet. Ich habe alles zusammengeschrieben, über den Vorgesetzten, über den Vorfall mit meiner Frau und die Bedrohungen. Ich hatte auch eine Aufnahme auf meinem Handy, die meinen Vorgesetzten betraf und ich erzählte auch von der Korruption ihn betreffend. Danach wurde ich zum Leiter der Bezirksstelle der Polizei geladen. Der Leiter der Polizei hat die Angaben aus meiner Anzeige angezweifelt und mir gesagt, dass er meinen Vorgesetzten kennen würde und er ist ein anständiger Mann und das seien alles Verleumdungen. Er sagte mir, dass die Polizei für solche Sachen keine Zeit habe und dass alles, was ich geschrieben habe Lügen seien und hat den Zettel vor meinen Augen zerrissen.
RI: Sind Sie der Einzige, dem es so ergangen ist, oder wissen Sie noch von anderen Kollegen, die gehen hätten sollen?
BF1: Ich weiß nicht, aber ich hatte ständig Probleme mit meinem Vorgesetzten, weil dieser korrupt ist. Es ist so, dass die Behörde die Einhaltung von Brandschutzvorschriften überprüft hat. Bei jedem Objekt, das man prüfen musste, gab es Verletzungen der Bestimmungen. Damit das Objekt weiter betrieben werden konnte, gab es Geld, damit man wegschauen sollte. Mein Vorgesetzter wollte, dass ich ihm das Geld bringe von diesen Unternehmern, aber das wollte ich nicht.
Nach diesem Gespräch bei der Polizei, war ich bei meiner Dienststelle und mein Vorgesetzter sagte mir, dass er wisse, dass ich bei der Polizei war. Ich habe dort weitergearbeitet. Ende August 2014, ca. zwei Tage nach meinem Polizeibesuch, war ich bei einer Geburtstagseinladung bei meinem Freund. Es war schon spät als ich nach Hause ging, bei der Bushaltestelle wurde ich von zwei Personen angegriffen. Ich bekam einen Schlag auf den Hinterkopf und wurde bewusstlos. Als ich wieder zur mir kam merkte ich, dass nichts gestohlen worden war. Ich hatte starke Kopfschmerzen. Ich ging wieder zurück zu meinem Freund und habe ihm alles erzählt. Ich blieb bei ihm über Nacht und am nächsten Tag sind wir ins Krankenhaus gegangen. Ich hatte vergessen, meinem Freund zu sagen, dass er niemandem von dem Vorfall erzählen sollte, weil sonst automatisch die Polizei eingeschaltet werden würde. Er hat es erzählt und ich wurde zur Polizei vorgeladen. Bei dieser Polizeistelle habe ich eine Anzeige erstattet. Das war nicht die gleiche Polizeistelle wie zuvor.
Nach all diesen Vorfällen bekam ich einen Anruf von einem Mann, der mir gesagt hat, dass er durch meinen Freund von meinen Problemen erfahren hätte und er kann uns insofern helfen, dass er uns nach Österreich bringen könne. Der Mann hieß glaube ich Oleg. Er sagte auch, wenn wir das Angebot annehmen wollten, sollten wir unsere Dokumente und 6.000 Euro mitnehmen. Ich habe meiner Frau davon erzählt. Wir kannten aber diese Person nicht, die uns angerufen hatte. Wir haben gedacht, dass es vielleicht eine Falle sein könnte. Wir hatten damals schon so große Angst, dass wir nicht mehr wussten, wen wir wonach fragen könnten. In dieser Situation wussten wir nicht, was wir machen sollten. Wir haben dann doch beschlossen, das zu tun, weil wir keinen anderen Ausweg wussten. Wir haben dann diesem Mann geschrieben und er hat Kontakt mit uns aufgenommen.
RI: Was haben Sie zu all dem gesagt?
BF2: Nach all dem, was mir mein Mann erzählt hat, was vorgefallen war, war das für mich die einzige vernünftige Möglichkeit, das Land zu verlassen.
BF1: Wir haben den Mann kontaktiert und er hat uns angerufen und uns gesagt, dass wir in die Stadt Liwov (Lemberg) kommen sollten und wir uns dort treffen sollten. Wir sind dann nach Lemberg gekommen und haben uns mit dem Mann getroffen. Wir haben ihm unsere Pässe gegeben.
RI: Wie war es, als Sie in der Ukraine Ihre "Zelte" abgebrochen haben? - 6 -
BF1: Wir hatten dort ein Auto, eine Eigentumswohnung. Mein Vater ist dortgeblieben und er passt auf alle diese Sachen auf.
RI an BF1 und BF2: Was glauben Sie, wenn Sie jetzt wieder in Ihr Heimatland zurückkehren würden, wären Sie dort noch immer in Gefahr?
BF2: Wir haben jetzt Verantwortung für ein Kind. Ich kann nicht wissen, inwiefern es für uns gefährlich ist. Ich möchte aber mein Kind nicht gefährden.
BF1: Ich denke, dass wir noch immer in Gefahr sind, denn ich weiß, dass dieser Vorgesetzte nach wie vor dort arbeitet. Der ältere Bruder meines Vorgesetzten ist bei der Zentrale der Feuerwehr in Dnepropetrovsk, das ist die Gebietshauptstadt. Er hat Verbindungen zur Polizei und überall hin. Der Vorgesetzte hasst mich weiterhin, weil er weiß, dass ich über ihn Bescheid weiß, dass er korrupt ist. Er hat schon damals gesagt, dass er uns etwas antun will. Ich denke, dass mein Vorgesetzter und diese Leute, die mich angerufen haben und gefragt haben, ob ich Geld verdienen möchte, alle zusammengehören.
Unsere Dokumente hat uns der Schlepper nicht zurückgegeben und wir müssten diese wieder mühsam wiederherstellen. Ich müsste mich überall bei der Behörde melden, egal wo ich mich in der Ukraine niederlassen würde.
Nach Belehrung zogen die Beschwerdeführer ihre Beschwerde gegen die Spruchpunkte I und II in allen drei Bescheiden zurück, sodass das Verfahren diesbezüglich einzustellen war.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III blieb aufrecht.
Im Zuge des Verfahrens wurden folgende im Akt befindlichen
Unterlagen in Kopie in Vorlage gebracht:
Integrationsunterlagen für BF1:
? Dokumentenkonvolut des Kärntner Landesfeuerwehrverband (Zeungis TS-Maschinistenlehrgang vom 28.04.2019, Urkunde Ernennung zum Feuerwehrmann der Freiwilligen Feuerwehr Althofen, Zeugnis Grundausbildung ÖBFV Truppenmann- Ausbildung),
? Arbeitsbestätigung über Probearbeitszeit Kärntner Gemüseland RW GmbH, Arbeitsvertrag, SV-Unterlagen, AMS-Bescheid
? Geburtsurkunde von BF1,
? 3 Arbeitsvorverträge (Ing. Hans Tilly vom 19.11.2019, Restaurant Bachler, Restaurant Moon Gastronomie GmbH),
? Integrations- und Deutschprüfung des ÖIF vom 15.12.2018 über B1,
Integrationsunterlagen für BF2:
? Geburtsurkunde;
? Integrationsprüfung B1 des ÖIF und Kursbestätigung für B2;;
Integrationsunterlagen für BF3:
? Geburtsurkunde,
Integrationsunterlagen für BF1 - BF3:
? Heiratsurkunde der Eltern vom 21.08.2013
? Mietvertrag, Kindergartenbesuchsbestätigung,
? Konvolut Empfehlungsschreiben (Empfehlungsschreiben des Kindergartens für BF3, Empfehlungsschreiben der Feuerwehr Althofen, 2 private Empfehlungsschreiben von Privatpersonen)
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Ukraine und somit Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Sie führen die im Spruch genannten Namen. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und die Eltern der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin. Die Identität aller Beschwerdeführer konnten zweifelsfrei festgestellt werden. Vor ihrer Ausreise und Einreise nach Österreich lebten die Beschwerdeführer in der Ukraine. Am 21.09.2014 stellten der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin Anträge auf internationalen Schutz, nachdem sie illegal in das österreichische Bundesgebiet einreisten. Die Drittbeschwerdeführerin wurde am 21.12.2015 im österreichischen Bundesgebiet geboren und stellte ihre gesetzliche Vertreterin am 21.12.2015 den gegenständlichen Antrag. Seit deren Antragstellung halten sich die Beschwerdeführer in Österreich auf. Für alle Beschwerdeführer liegt ein Familienverfahren gem. § 34 AsylG vor.
Die Zweitbeschwerdeführerin bezog sich auf die Fluchtgründe des Erstbeschwerdeführers und wurden für die minderjährige Drittbeschwerdeführerin auch keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.
Die Beschwerdeführer sind gesund.
Die unbescholtenen Beschwerdeführer halten sich seit mehr als fünf Jahren im Bundesgebiet auf. Die Beschwerdeführer leben in einem gemeinsamen Haushalt. Sie beziehen Leistungen aus der Grundversorgung. Die Beschwerdeführer sind herausragend sozial und karitativ tätig, absolvierten diverse Sprachkurse und sind bemüht, sich zu integrieren, wie durch eine Anzahl von Empfehlungsschreiben bewiesen wird.
Die Erst- bis Zweitbeschwerdeführer haben einen Werte- und Orientierungskurs besucht. Der Erstbeschwerdeführer hat die Prüfung der Niveaustufe B1 am 15.12.2018 abgelegt. Die Zweitbeschwerdeführerin verfügt über ein Sprachdiplom der Niveaustufe B1, und besucht derzeit den Kurs B2. Der Erstbeschwerdeführer ist ehrenamtlich aktiv. Er verfügt über eine bedingte Anstellungszusage ab Februar 2020. Der Erstbeschwerdeführer ist aktives Mitglied bei der Feuerwehr, ist Feuerwehrmann, hat zahlreiche Kurse und Fortbildungen der Freiwilligen Feuerwehr besucht. Die minderjährige Drittbeschwerdeführerin besucht in Österreich den Kindergarten. Sie spricht Russisch und Deutsch.
Am 02.12.2019 zogen die Beschwerdeführer ihre Beschwerden gegen den Bescheid bezüglich der Spruchpunkte I und II zurück.
2. Beweiswürdigung:
Die Identität und die Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer konnte durch die Vorlage der ukrainischen Inlands- und Auslandsreisepässe sämtlicher Beschwerdeführer eindeutig festgestellt werden. Die Identität der Drittbeschwerdeführerin ergibt sich aus der vorgelegten Geburtsurkunde. Die Feststellung zu ihren persönlichen Verhältnissen, ihrem Familienstand, ihren Aufenthaltsorten, ihrem Familienleben ergeben sich aus dem bezüglich dieser Feststellungen widerspruchsfreien und daher glaubwürdigen Vorbringen der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und den vorgelegten Dokumenten. Darüber hinaus ergibt sich die Feststellung zur Antragstellung zweifelsfrei aus dem Akteninhalt.
Ob die von den Beschwerdeführern als Gründe für ihre Ausreise angegebenen Vorkommnisse glaubwürdigen Verfolgungshandlungen aus den Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung, darstellen kann dahingestellt bleiben, da sich die Beschwerde nur noch gegen die Rückkehrentscheidung wendet.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand ergeben sich aus den Angaben der Beschwerdeführer im Verfahren.
Der VwGH hat festgestellt, dass die Außerlandesbringung eines Fremden in den Herkunftsstaat auch dann eine Verletzung des Art 3 EMRK bedeutet, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Auch eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063). Im gegenständlich Fall liegen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend vor, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den BF ein derartiges Risiko nach Art 3 EMRK darstellen würde.
Die Feststellungen zur strafrechtlichen Unbescholtenheit der Beschwerdeführer ergeben sich aus dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Strafregisterauszügen vom 12.12.2019. Dass die Drittbeschwerdeführerin strafunmündig ist, ergibt sich denklogisch aus deren Alter. Die Feststellungen zum Aufenthalt der Beschwerdeführer und zum Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus den Auszügen aus dem GVS-Register vom 12.12.2019.
Die Feststellungen zum derzeitigen Familien- und Privatleben der Beschwerdeführer in Österreich ergeben sich aus den diesbezüglichen glaubhaften Angaben der Beschwerdeführer im Laufe des Verfahrens, den vorgelegten Bestätigungen und Empfehlungsschreiben sowie den eingeholten aktuellen IZR, GVS und ZMR-Auszügen. Die vorgelegten Beweismittel sind in ihrer Gesamtschau schlüssig und nachvollziehbar und waren in Zusammenschau als Nachweis der Integration zuzuerkennen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG hat die Behörde (hier: das Bundesverwaltungsgericht) Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid (hier: Erkenntnis). Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG die Entscheidungen und Anordnungen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Beschluss.
Zu
Spruchpunkt I. (Einstellung)
In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall der Zurückziehung der Beschwerde zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5).
Der Verwaltungsgerichtshof hält in seinem Beschluss vom 29. April 2015, Fr 2014/20/004711, fest, aus den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und §31 Abs. 1 VwGVG gehe hervor, dass eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerkes) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens nicht in Betracht kommt. Bezogen auf nach dem AVG geführte Berufungsverfahren ist davon auszugehen, dass - auch ohne diesbezügliche ausdrückliche gesetzliche Anordnung - eine Verfahrenseinstellung (ua.) dann vorzunehmen ist, wenn die Berufung rechtswirksam zurückgezogen wurde.
Nach Ansicht des VwGH hat diese Auffassung auch für das von Verwaltungsgerichten geführte Beschwerdeverfahren Platz zu greifen.
Aufgrund der am 02.12.2019 durch die Beschwerdeführer erfolgten Zurückziehung der Beschwerde betreffend die Spruchpunkte I und II ist der Bescheid vom 27.04.2016 in diesem Umfang rechtskräftig geworden und war daher das diesbezügliche Verfahren mit Beschluss einzustellen.
Zu
Spruchpunkt II und III (Rückkehrentscheidung)
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraus-setzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt ei-ne Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechts-kräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitender Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
Der Aufenthalt der Beschwerdeführer im Bundesgebiet ist nicht geduldet. Sie sind auch nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und ebenso wenig ein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen daher im Fall der Beschwerdeführer nicht vor. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen daher im Fall der Beschwerdeführer nicht vor, wobei dies weder im Verfahren vor dem Bundesamt noch im Beschwerdeverfahren auch nur ansatzweise behauptet worden war.
Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab-gewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Die Beschwerdeführer sind weder begünstigte Drittstaatsangehörige noch kommt ihnen ein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:
§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine
Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
Im Hinblick auf § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG (früher: § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 38/2011) ist festzuhalten, dass bei jeder Rückkehrentscheidung auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Asylwerbers nach Art. 8 Abs. 1 EMRK Bedacht zu nehmen ist, wobei in diesem Zusammenhang Art. 8 Abs. 2 EMRK eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs erfordert und somit eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen verlangt (vgl. VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).
Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Nach Art 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (vgl. EGMR Kroon sowie VfGH vom 28.06.2003, G 78/00). Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (vgl. EGMR Marckx, EGMR vom 23.04.1997, X u.a.).
Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EuGRZ 2006, 554, Sisojeva ua. gegen Lettland). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessensabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt.
Es entspricht aber der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das durch eine soziale Integration erworbene Interesse an einem Verbleib in Österreich in seinem Gewicht gemindert ist, wenn der Fremde keine genügende Veranlassung gehabt hatte, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt auszugehen (vgl. auch VwGH 21.03.2013, Zl. 2011/23/0360). Nach der bisherigen Rechtsprechung ist auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0126).
Dass sich Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat ihres unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit ihrer Integrationsschritte bewusst sein müssen gilt so für Asylwerber, die selbstständig nach Österreich einreisen; minderjährigen Kindern, die ihre Eltern nach Österreich begleiten, kann dies nicht in gleichem Maß zugerechnet werden wie den Obsorgeberechtigten (VfSlg. 19.086/2010, 19.357/2011, 19.612/2011, 19.752/2013).
Soweit Kinder von einer Ausweisung betroffen sind, sind nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen (vgl. EGMR 18.10.2006, Fall Üner, Appl. 46.410/99, Z 58; 6.7.2010, Fall Neulinger ua., Appl. 1615/07, Z 146). Maßgebliche Bedeutung hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte dabei den Fragen beigemessen, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaats sprechen, und insbesondere ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter ("adaptable age"; vgl. EGMR 31.7.2008, Fall Darren Omoregie ua., Appl. 265/07, Z 66; EGMR 17.2.2009, Fall Onur, Appl. 27.319/07, Z 60; 24.11.2009, Fall Omojudi, Appl. 1820/08, Z 46; siehe dazu auch VwGH 17.12.2007, Zlen. 2006/01/0216 bis 0219) befinden.
Bei dieser Interessensabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007 sowie VwGH vom 03.04.2009, Zl. 2008/22/0592; vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216; vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479 und vom 26.01.2006, Zl. 2002/20/0423).
Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen sowie der in § 9 Abs. 2 BFA-VG normierten Integrationstatbestände, die bei der Beurteilung eines schützenswerten Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sind, ist im gegenständlichen Fall der Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers nicht durch die in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen gerechtfertigt. Dies aus folgenden Gründen:
Der Erstbeschwerdeführer und die Zweibeschwerdeführerin sind verheiratet und die Eltern der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin. Das in der Ukraine bestandene Familienleben wurde im Bundesgebiet fortgeführt. Es war daher ein Familienleben iSd. Art 8 EMRK zwischen den Beschwerdeführern zu bejahen.
Wie festgestellt befinden sich die Beschwerdeführer seit September 2014 - die Drittbeschwerdeführerin seit ihrer Geburt im November 2015 - in Österreich, sind unbescholten und leben im gemeinsamen Haushalt. Hinweise für ein über den angesprochenen Familienverband hinaus bestehendes Familienleben der Beschwerdeführer im Bundesgebiet sind nicht hervorgetreten.
In dieser Zeit entwickelte die Familie ein schützenswertes Privatleben in Österreich:
Die Beschwerdeführer haben ihre Aufenthaltsdauer auch nicht durch wiederholte Stellung unbegründeter Asylanträge zu verlängern versucht (vgl. auch VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0033), sondern waren deren einzige Verfahren auf internationalen Schutz seit März 2015 anhängig, ohne dass den Beschwerdeführern diese lange Verfahrensdauer zu Last gelegt werden kann.
Die Beschwerdeführer verfügen sowohl in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht über eine fortgeschrittene Integration. Sie zeigten sich während ihres Aufenthaltes sehr um die Erlangung einer umfassenden Integration im Bundesgebiet bemüht.
Der Erstbeschwerdeführer verfügt über Sprachkenntnisse der Niveaustufe B1, hat, als Mitarbeiter in der Gemüseproduktion in Althoven gearbeitet, und legte 3 Arbeitsvorverträge in der Forst- und Gastwirtschaft vor.
Der Erstbeschwerdeführer ist am 05.01.2019 zum Feuerwehrmann der Feuerwehr Althoven ernannt worden. Er hat die diesbezügliche Grundausbildung und den TS-Maschinisten Lehrgang mit "sehr gutem" Erfolg absolviert.
Die Beschwerdeführer legte eine Vielzahl an privaten Empfehlungsschreiben vor.
Die Zweitbeschwerdeführerin hat Deutschkenntnisse der Niveaustufe B2.
Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin haben den Werte- und Orientierungskurs besucht und die Zeugnisse über die bestandene Prüfung vorgelegt.
Hervorzuheben ist auch die umfassende Verwurzelung der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin die im Bundesgebiet geboren ist, perfekt Deutsch und Russisch spricht und den Kindergarten besucht. Auch diesbezüglich wurde ein Empfehlungsschreiben des Kindergartens vorgelegt, worin betont wurde, dass die Drittbeschwerdeführerin bereits zahlreiche Freunde und Freundinnen hat und sich problemlos mit diesen auf Deutsch unterhält.
Dabei ist hervorzuheben, dass die Verwurzelung von Kindern, insbesondere auch durch den Schulbesuch, in Österreich schneller erfolgt als bei Erwachsenen, wobei auch im Hinblick auf die Aufenthaltsdauer bei Minderjährigen schon aufgrund der Relation zum Gesamtlebensalter eine kürzere Zeit als bei Erwachsenen ausschlaggebend sein wird (vgl. auch AsylGH vom 12.12.2012, D19 307.392-3/2008). Auch der Verfassungsgerichtshof spricht sich in seinem Erkenntnis vom 07.10.2010, Zl. 950/10 u.a. für eine stärkere Gewichtung der schulischen und gesellschaftlichen Integration von minderjährigen Beschwerdeführern, die einen Großteil ihres Lebens in Österreich verbracht haben, aus, wobei Kindern auch nicht in dem Maß wie ihren Obsorgeberechtigten der Umstand eines unsicheren bzw. auf Folgeanträgen basierenden Aufenthaltsstatus angelastet werden kann (vgl. dazu auch VfGH 07.10.2014, Zl. U2459/2012; VfGH 12.06.2010, Zl. U614/10).
Im Hinblick auf die Aufenthaltsdauer wird bei Kindern häufig schon eine kürzere Zeit als bei Erwachsenen ausreichen, um eine Verwurzelung im Gastland festzustellen. Auch kommt bei Kindern dem Bezug von Sozialhilfeleistungen (durch ihre Eltern) keine entscheidende Bedeutung zu, auch wenn zur Beurteilung einer Verfestigung in Österreich und der Frage einer Reintegration im Heimatstaat alle Umstände - und damit auch die familiären Verhältnisse - zu berücksichtigen sind (vgl. VfSlg 16.657/2002; VwGH 19. 10. 1999, 99/18/0342 u.a.).
Es wird nicht verkannt, dass die Beschwerdeführer Leistungen aus der Grundversorgung beziehen. Für den Aspekt des Privatlebens spielt auch die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessensabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007, 852ff). In diesem Zusammenhang kommt gerade dem Grad der sozialen Integration der Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Die Beschwerdeführer knüpften in ihrem Wohnumfeld Kontakte zu österreichischen Staatsbürgern und bringen sich bei Veranstaltungen und Projekten ein, was aus den vorgelegten Unterstützungsschreiben ersichtlich ist. Im Rahmen der vorgelegten Unterstützungsschreiben aus ihrem sozialen Umfeld werden die Beschwerdeführer als hilfsbereite, integrationswillige Familie beschrieben. Letztlich zeigen sich auch der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin bezüglich der Erlernung der deutschen Sprache bemüht, indem sie regelmäßig an Sprachkursen teilnehmen und ihre Sprachkenntnisse überdies durch Interaktion mit ihrem sozialen Umfeld erweitern.
Der Umstand, dass die Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten sind, stellt laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (vgl. VwGH vom 21.01.1999, Zl. 98/18/0420). Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält, als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.
Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) zwar grundsätzlich ein hoher Stellenwert zu (vgl. etwa VfGH vom 01.07.2009, U992/08 sowie VwGH vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216; vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479; vom 16.01.2007, Zl. 2006/18/0453; vom 08.11.2006, Zl. 2006/18/0336 bzw. 2006/18/0316; vom 22.06.2006, Zl. 2006/21/0109 und vom 20.09.2006, Zl. 2005/01/0699), im gegenständlichen Fall überwiegen aber aufgrund der dargestellten exzeptionellen Umstände in einer Gesamtabwägung dennoch die privaten - im vorliegenden Fall insbesondere die familiären - Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung, für die sich in der vorliegenden Konstellation keine begründete Rechtfertigung erkennen lässt (vgl. VfSlg. 17.457/2005 sowie VwGH vom 26.03.2007, Zl. 2006/01/0595 und vom 22.02.2005, Zl. 2003/21/0096). Die vom Bundesamt im angefochtenen Bescheid verfügte Rückkehrentscheidung in die Ukraine ist angesichts der vorliegenden Bindungen unverhältnismäßig im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK.
Insgesamt kann im Falle der beschwerdeführenden Familie von einer ausreichenden Integration ausgegangen werden. Wie dargestellt, beruhen die drohenden Verletzungen des Privat- und Familienlebens auf Umständen, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind.
Da somit das Interesse an der Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens der Beschwerdeführer im konkreten Fall die in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen überwiegt, erfüllen diese die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG.
Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ist einem im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
Liegt gemäß Abs. 2 leg. cit. nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.
Gemäß § 54 Abs. 2 AsylG ist eine "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen.
Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus" die Voraussetzungen nach Z 1 und Z 2 des § 55 Abs. 1 AsylG kumulativ vorliegen müssen und ist daher nicht nur zu prüfen, ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels für die Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung ihres Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist, sondern auch, ob die Beschwerdeführer das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz erfüllen.
Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 9 Abs. 4 IntG erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gem