Entscheidungsdatum
23.01.2020Norm
AsylG 2005 §35 Abs1Spruch
W185 2182489-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 26.07.2017, ZI. Damaskus-OB/KONS/2033/2017, aufgrund des Vorlageantrages von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, LV Steiermark, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 21.06.2017, beschlossen:
A)
Das Verfahren wird gemäß §§ 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 VwGVG als gegenstandslos eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Syriens, stellte am 05.10.2016 persönlich bei der Österreichischen Botschaft in Damaskus (im Folgenden: ÖB Damaskus) unter Anschluss diverser Unterlagen einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005.
Als Bezugsperson wurde XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, ihr angeblicher Ehemann, genannt. Der Bezugsperson sei mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom 19.07.2016, der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden.
Am 04.05.2017 teilte das Bundesamt gemäß § 35 Abs. 4 AsylG mit, dass die Gewährung des Status eines Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Begründend wurde ausgeführt, dass die Angaben der Antragstellerin zur Angehörigeneigenschaft den von der Bezugsperson im Asylverfahren gemachten Angaben widersprechen würden. Näheres ergebe sich aus der angefügten Stellungnahme des Bundesamtes.
Hiezu wurde der Beschwerdeführerin am 15.05.2017, übernommen am 16.05.2017, die Möglichkeit zur Erstattung einer Stellungnahme eingeräumt (Parteiengehör).
Die Beschwerdeführerin erstattete am 23.05.2017 eine Stellungnahme. Zusammengefasst wurde darin vorgebracht, dass die Eheschließung mit der Bezugsperson nach religiösem Ritus im Jänner 2015 in Syrien stattgefunden habe und die Eheleute ab diesem Zeitpunkt in einem gemeinsamen Haushalt mit den Eltern der Bezugsperson gelebt hätten. Die Eheschließung sei dann im Nachhinein gerichtlich bewilligt worden, was sich auch aus dem angeschlossenen Heiratsdokument ergebe. Die Bewilligung erfolge rückwirkend, was bedeute, dass die Ehe ab dem Zeitpunkt der religiösen Eheschließung an als gültig anzusehen sei. Die Ehe sei somit bereits in Syrien gültig gewesen. Die Eheleute würden bis dato jeden Tag miteinander kommunizieren. Bei der Heiratsurkunde handle es sich nicht um eine "Gefälligkeitsurkunde" wie dies die Behörde (ungeprüft) in den Raum stellen würde. Es liege eine Verletzung des Rechts auf Parteiengehör vor. Die angeblichen Widersprüche zwischen den Angaben der Bezugsperson und der Beschwerdeführerin zum Familienstand würden auf Verständigungsproblemen seitens der Bezugsperson und einer mangelhaften Übersetzung seiner Angaben beruhen.
Nach Übermittlung der Stellungnahme an das Bundesamt, erstattete dieses am 02.06.2017 erneut eine negative Prognose und verwies dabei im Wesentlichen auf die erste (negative) Wahrscheinlichkeitsprognose. Es seien keine Neuerungen vorgebracht worden; der Sachverhalt bleibe für das Bundesamt somit unverändert.
Mit Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 21.06.2017 wurde der Einreisantrag gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen. Dies mit Hinweis auf den Inhalt der Wahrscheinlichkeitsprognosen des Bundesamtes vom 04.05.2017 bzw vom 02.06.2017. Mit Schreiben der ÖB Damaskus hätte die Beschwerdeführerin Gelegenheit erhalten, die Ablehnungsgründe zu zerstreuen. Die Beschwerdeführerin hätte zur beabsichtigten Entscheidung auch Stellung genommen. Diese Stellungnahme sei dem Bundesamt weitergeleitet worden, welches nach Prüfung der Stellungnahme an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festgehalten habe.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin, nunmehr vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, Landesverband Steiermark, am 24.07.2017 Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften. Begründend wurde in der Beschwerde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bescheid damit begründet worden sei, dass selbst wenn die vorgelegten Dokumente nicht ausreichen sollten, um die Familieneigenschaft nachzuweisen, wären sonstige Beweismittel zu prüfen, wie etwa die Einvernahme der Bezugsperson. Hier sei das Recht auf Parteiengehör verletzt worden. Im Übrigen sei auf den Inhalt der erstatteten Stellungnahme zu verweisen. Mit diesem habe sich die Behörde jedoch nicht erkennbar auseinandergesetzt. Dies stelle eine Begründungsmangel dar und sei letztlich als willkürliches Verhalten der Behörde zu qualifizieren.
Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 09.01.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 11.01.2018, wurde der Verwaltungsakt übermittelt. ES wurde mitgeteilt, dass dem Akt ein Entwurf einer Beschwerdevorentscheidung beiliege und kein Vorlageantrag gestellt worden sei.
Am 02.10.2019 und zuletzt am 22.01.2020 veranlasste das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der Beschwerdeführerin Abfragen aus dem Zentralen Melderegister bzw dem Betreuungsinformationssystem (GVS) sowie aus dem Zentralen Fremdenregister (IZR). Diese Abfragen ergaben, dass die Beschwerdeführerin am 05.04.2018 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels stellte. Der Beschwerdeführerin wurde am 24.08.2018 eine Rot-Weiß-Rot-Karte Plus ausgestellt. Von der ÖB Beirut wurde in der Folge ein Visum D zur Abholung eines Aufenthaltstitels erteilt. Die Beschwerdeführerin ist seit 02.10.2018 in Österreich aufrecht polizeilich gemeldet und lebt mit der Bezugsperson, einem Asylberechtigten, im gemeinsamen Haushalt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu Spruchpunkt A)
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG, FPG) nicht getroffen, und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 57/2018, geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Aus den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG geht hervor, dass das Verwaltungsgericht in jenem Fall, in dem das Verfahren - hier: das Beschwerdeverfahren - einzustellen ist, eine Entscheidung in der Rechtsform des Beschlusses zu treffen hat. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen nämlich die Entscheidungen und Anordnungen eines Verwaltungsgerichts durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. § 28 Abs. 1 VwGVG nimmt die Einstellung des Verfahrens, wozu jedenfalls die Einstellung des Beschwerdeverfahrens zu zählen ist, von der Erledigung mittels Erkenntnis ausdrücklich aus. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich aber auch, dass eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerkes) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens nicht in Betracht kommt. Handelt es sich doch bei der Entscheidung eines Verwaltungsgerichts, ein bei ihm anhängiges Verfahren nicht weiterzuführen, um eine Entscheidung iSd § 31 Abs. 1 VwGVG (vgl. zur Bejahung der Notwendigkeit der Fällung eines Beschlusses über die Verfahrenseinstellung auch Fuchs in Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, § 28 VwGVG Anm 5 und § 31 VwGVG Anm 5, sowie Schmid in Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahren der Verwaltungsgerichte, § 28 VwGVG Anm K 3 und § 31 VwGVG Anm K 2) [ vgl. VwGH vom 29.04.2015, Zl. Fr 2014/20/0047].
In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde kann analog zu § 33 VwGG eine Einstellung auch bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers (Wegfall der Beschwer) in Betracht kommen. Dies grundsätzlich sowohl bei formeller Klaglosstellung wegen Beseitigung des für den Beschwerdeführer belastenden Abspruchs, als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses (Art. 132 B-VG) (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2018] § 28 VwGVG, Anm. 5, Vgl VwGH, 28.1.2016, Ra 2015/11/007; 31.1.208, Ra 2018/10/0022).
Auf den gegenständlichen Sachverhalt finden diese allgemeinen Erwägungen Anwendung wie folgt:
Mit Bescheid der ÖB Damaskus vom 21.06.2017 wurde der Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Eine Beschwerdevorentscheidung erging nicht.
Ein rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung über die ursprüngliche Verweigerung des Visums besteht nicht mehr; dies aufgrund folgender Erwägungen:
Die Beschwerdeführerin beantragte am 05.04.2018 (vom Ausland aus) bei einem Amt einer Landesregierung die Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte plus und damit die Familienzusammenführung nach dem NAG (§ 46 Abs 1 Z 2 NAG). Es wurde eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus für die Beschwerdeführerin ausgestellt. Die ÖB Beirut erteilte der Beschwerdeführerin in der Folge ein Visum D zur Abholung ihres Aufenthaltstitels und reiste die Beschwerdeführerin in weiterer Folge legal in das Bundesgebiet ein, wo sie sich bis heute befindet und im gemeinsamen Haushalt mit der im Verfahren genannten Bezugsperson lebt.
Das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses ist immer dann zu verneinen, wenn es für die Rechtsstellung des einzelnen keinen Unterschied macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird, bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles keinen objektiven Nutzen hat (Vgl. VwGH Ro 2016/21/0008 v. 30.06.2016). Die Beschwerdeführerin konnte gegenständlich einen Aufenthaltstitel erlangen, in der Folge legal nach Österreich reisen und führt hier seit über einem Jahr mit der als Ehemann angeführten Bezugsperson ein Familienleben, was die Beschwerdeführerin auch ursprünglich mit der Beantragung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG beabsichtigt hat.
Die Beschwerde ist infolge materieller Klaglosstellung der Beschwerdeführerin als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich im vorliegenden Fall auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Diese wird durch die Erläuterungen (ErlRV 2009 BlgNR XXIV. GP, 7) gestützt, wonach eine Einstellung des Verfahrens durch Beschluss zu erfolgen hat.
Schlagworte
Einreisetitel, Einstellung, Gegenstandslosigkeit, Rot-Weiß-Rot-KarteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W185.2182489.1.00Zuletzt aktualisiert am
04.06.2020