Entscheidungsdatum
27.01.2020Norm
ASVG §351hSpruch
W147 2201482-1/29E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan KANHÄUSER als Vorsitzenden sowie den fachkundigen Laienrichterinnen Dr.in Sabine VOGLER und Dr.in Anna BUCSICS und den fachkundigen Laienrichtern ao. Univ.-Prof. Dr. Peter PLACHETA und DDr. Wolfgang KÖNIGSHOFER über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch GILLHOFER & PLANK GesBR, Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger vom 22. Juni 2018, Zl. VPM-68.1/18/Bar:Rag:Hch/Stv, Abschnitt IV/4271-2018, betreffend Antrag auf Aufnahme der Arzneispezialität XXXX in den Erstattungskodex
A) zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird infolge der Zurückziehung des Antrages gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, ersatzlos behoben.
beschlossen:
Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wird gemäß § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, eingestellt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger vom 22. Juni 2018, Zl. VPM-68.1/18/Bar:Rag:Hch/Stv, Abschnitt IV/4271-2018, wurde der Antrag auf Aufnahme einer von der beschwerdeführenden Partei vertriebenen Arzneispezialität in den Erstattungskodex abgewiesen.
2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.
3. Mit Schriftsatz vom 21. Jänner 2020 wurde der verfahrenseinleitende Antrag zurückgezogen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 351h Abs. 1 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 in der Fassung BGBl. I Nr. 100/2018, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht
1. über Beschwerden des vertriebsberechtigten Unternehmens,
a. dessen Antrag auf Aufnahme einer Arzneispezialität in den gelben oder grünen Bereich des Erstattungskodex (teilweise) ab- oder zurückgewiesen wurde oder
b. über dessen Antrag nicht fristgerecht (§ 351d Abs. 1) entschieden wurde;
2. über Beschwerden des vertriebsberechtigten Unternehmens, dessen Arzneispezialität aus dem Erstattungskodex gestrichen bzw. von Amts wegen aufgenommen wird.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. entscheidet das Bundesverwaltungsgericht auch über Beschwerden des vertriebsberechtigten Unternehmens gegen Entscheidungen des Dachverbandes, mit denen Anträge nach einer Änderung der Verschreibbarkeit oder nach einer Preiserhöhung von Arzneispezialitäten (teilweise) ab- oder zurückgewiesen wurden, oder wenn über diese Anträge nicht fristgerecht (§ 351e Abs. 1 und 2) entschieden wurde.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
In Angelegenheiten nach § 351h ASVG hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch einen Senat zu erfolgen, der aus dem/der Senatsvorsitzenden und vier fachkundigen Laienrichtern/Laienrichterinnen besteht, wobei zwei davon Fachärzte/Fachärztinnen für Pharmakologie und Toxikologie oder Fachärzte/Fachärztinnen mit dem Additivfach klinische Pharmakologie und zwei Ökonomen/Ökonominnen mit spezifischen Kenntnissen im Gesundheits- und Sozialversicherungsbereich (Gesundheitsökonomen/Gesundheits-ökonominnen) sind. Die Zusammensetzung der Laienrichter/Laienrichterinnen im Senat hat das paritätische Nominierungsrecht nach Abs. 2 abzubilden (§ 351i Abs. 1 ASVG). Die fachkundigen Laienrichter/Laienrichterinnen werden vom Bundeskanzler auf Vorschlag des Bundesministers für Gesundheit bestellt. Der Bundesminister für Gesundheit hat hierfür Vorschläge der Bundesarbeitskammer und der Wirtschaftskammer Österreich einzuholen. Die Bundesarbeitskammer und die Wirtschaftskammer Österreich haben jeweils in ihren Vorschlägen Fachärzte/Fachärztinnen für Pharmakologie und Toxikologie oder Fachärzte/Fachärztinnen mit dem Additivfach Klinische Pharmakologie sowie Gesundheitsökonomen/Gesundheitsökonominnen namhaft zu machen. Für die fachkundigen Laienrichter/Laienrichterinnen sind Stellvertreter/Stellvertreterinnen in gleicher Anzahl und auf dieselbe Weise zu bestellen (§ 351i Abs. 2 ASVG).
Gemäß § 351h Abs. 3 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 in der Fassung BGBl. I Nr. 130/2013, sind Beschwerden nach Abs. 1 und 2 binnen vier Wochen nach Zustellung der Entscheidung des Dachverbandes beim Dachverband über das Internetportal www.sozialversicherung.at einzubringen. Eine Beschwerdevorentscheidung und eine Nachholung des Bescheides nach den §§ 14 bis 16 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, sind unzulässig. Der Dachverband hat dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich die Beschwerde unter Anschluss der Verfahrensakten vorzulegen. Dem Dachverband steht es frei, binnen vier Wochen ab Einbringung der Beschwerde eine Stellungnahme an das Bundesverwaltungsgericht abzugeben. Die Beschwerden haben aufschiebende Wirkung; Beschwerden gegen die Streichung einer Arzneispezialität nach § 351c Abs. 10 Z 1 aus dem grünen Bereich des Erstattungskodex haben aufschiebende Wirkung im Ausmaß von 90 Tagen ab Einbringung der Beschwerde. Beschwerden gegen die Streichung einer Arzneispezialität auf Grund mangelnder Erstattungsfähigkeit (§ 351c Abs. 2 und 4) haben keine aufschiebende Wirkung. § 13 Abs. 2 VwGVG ist nicht anzuwenden.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 in der Fassung BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu Spruchteil A):
Behebung des Bescheides:
Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest.
Gemäß § 13 Abs. 7 AVG können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden. Die Zurückziehung eines Antrages ist so lange möglich, als dieser noch unerledigt ist. Dies bedeutet für jene Fälle, in denen der Antrag auf die Einleitung eines mit Bescheid abzuschließenden Verfahrens gerichtet ist, dass eine Antragszurückziehung bis zur Bescheiderlassung, im Fall einer Berufung, auch bis zur Erlassung des Berufungsbescheides möglich ist. Diese zum früheren Berufungsverfahren vor den Verwaltungsbehörden ergangene Rechtsprechung ist auf das seit 1. Jänner 2014 bestehende Beschwerdeverfahren vor den Verwaltungsgerichten zu übertragen (VwGH 6. 7. 2016, Ra 2016/08/0041 mwN).
Die Zurückziehung des ursprünglichen Antrages während des Beschwerdeverfahrens bewirkt somit den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung eines Bescheides und damit nachträglich seine Rechtswidrigkeit. Das Verwaltungsgericht ist damit angehalten, den bekämpften Bescheid ersatzlos aufzuheben (vgl. VwGH 23. 1. 2014, 2013/07/0235; VwGH 19. 11. 2014, Ra 2014/22/0016 und VwGH 12. 9. 2016, Ra 2014/04/0037).
Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ihren ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrag zurückgezogen. Der bekämpfte Bescheid war somit ersatzlos zu beheben.
Einstellung des Beschwerdeverfahrens:
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG die Entscheidungen und Anordnungen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Beschluss.
In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter unter anderem auch der Fall der Zurückziehung der Beschwerde zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5).
Der Verwaltungsgerichtshof hält in seinem Beschluss vom 29. April 2015, Fr 2014/20/0047-11, fest, aus den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG gehe hervor, dass eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerkes) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens nicht in Betracht kommt.
Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht war daher mit Beschluss einzustellen.
Zu Spruchteil B):
Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Arzneimittel, Aufnahmeverfahren, Behebung der Entscheidung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W147.2201482.1.00Zuletzt aktualisiert am
04.06.2020