TE Vwgh Erkenntnis 1998/3/24 97/18/0465

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Veröffentlicht am 24.03.1998
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des G in Wien, vertreten durch Dr. Martin Prokopp, Rechtsanwalt in Baden, Rathausgasse 7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 15. Mai 1997, Zl. SD 634/97, betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 15. Mai 1997 wurde aufgrund des Antrages des Beschwerdeführers vom 9. Jänner 1997 gemäß § 54 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, festgestellt, daß keine stichhältigen Gründe für die Annahme bestünden, daß er im Staatsgebiet der Jugoslawischen Föderation gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei.

Weiters wurde mit diesem Bescheid die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Abweisung seines Antrages auf Gewährung eines Abschiebungsaufschubes gemäß § 70 Abs. 3 FrG zurückgewiesen.

Den Abspruch gemäß § 54 Abs. 1 FrG begründete die belangte Behörde wie folgt:

Der Beschwerdeführer, der am 29. Dezember 1996 in das Bundesgebiet eingereist sei, gehöre der albanischen Bevölkerungsgruppe im Kosovo an. Sein Asylantrag sei mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Februar 1997 abgewiesen worden. Seinen Asylantrag habe er damit begründet, daß er als Schüler einer privaten albanischen Mittelschule im November 1996 von einem Schüler der serbischen Volksgruppe beschuldigt worden wäre, serbische Schülerinnen belästigt zu haben. Im Zuge der folgenden Auseinandersetzungen hätte er diesen serbischen Schüler, der ihn mit einem Messer und einem Revolver bedroht hätte, am 20. November 1996 in Notwehr geschlagen und zu Boden gestoßen. Am nächsten Tag hätte ihn die Polizei von zu Hause abgeholt und zu einer Polizeistelle gebracht, wo er bis 5. Dezember angehalten worden wäre. Während dieser Zeit wäre er mit einem Gummiknüppel geschlagen und mit Füßen getreten worden. Am 20. Dezember 1996 hätte er eine Ladung des Gerichtes in Klina für den folgenden Tag erhalten. Er hätte vermutet, wegen der Auseinandersetzung mit dem Serben geladen worden zu sein. Der Ladung hätte er keine Folge geleistet, weil er befürchtet hätte, zu Unrecht verurteilt und mißhandelt zu werden.

Im vorliegenden Verfahren habe der Beschwerdeführer auf die Begründung seines Asylantrages verwiesen und zusätzlich ausgeführt, daß gegen ihn weder eine Verurteilung noch ein Haftbefehl vorläge.

Die bloße Befürchtung des Beschwerdeführers, zu Unrecht verurteilt und mißhandelt zu werden, sei nicht geeignet, eine Bedrohung im Sinne des § 37 FrG darzutun. Dem Beschwerdeführer wäre es vielmehr zumutbar gewesen, der Ladung Folge zu leisten und - sollte sie sich tatsächlich auf die Auseinandersetzung mit dem Serben beziehen - sich einem Gerichtsverfahren zu stellen. Die behaupteten Mißhandlungen durch die Polizei stellten Übergriffe einzelner Personen dar, die keinen Schluß auf eine staatliche Verfolgung zuließen. Weiters sei festzuhalten, daß nicht jede polizeiliche Maßnahme (Festnahme, Verhör, Hausdurchsuchung) den Schluß auf eine Verfolgung zulasse, wenngleich die serbischen Behörden aufgrund der extremen Protesthaltung der albanischen Bevölkerung häufig rauh und grob vorgingen.

2. Gegen den Abspruch gemäß § 54 Abs. 1 FrG richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 54 FrG das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung in den vom Antrag erfaßten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 17. Februar 1998, 97/18/0177 mwN).

2.1. Der Beschwerdeführer hat vorgebracht, aufgrund einer Auseinandersetzung mit einem Serben, den er in Ausübung von Notwehr zu Boden geschlagen habe, von der Polizei zwei Wochen inhaftiert und dabei mißhandelt worden zu sein. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, daß die belangte Behörde dieses Vorbringen nicht als unglaubwürdig erachtete, sondern die Ansicht vertrat, daraus ergebe sich noch nicht, daß der Beschwerdeführer einer Gefahr im Sinne des § 37 Abs. 1 FrG und/oder einer Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 2 leg. cit ausgesetzt sei.

2.2. Diese Ansicht begegnet auch dann keinen Bedenken, wenn man die Mißhandlungen des Beschwerdeführers während seiner Anhaltung durch die Polizei nicht bloß als Übergriffe von Einzelpersonen wertete. Der Beschwerdeführer, der zugegeben hat, daß gegen ihn kein Haftbefehl existiere, hegt lediglich aufgrund einer - im Verfahren nicht vorgelegten - gerichtlichen Vorladung, über deren Grund er nur Vermutungen anstellen kann, die Befürchtung, zu Unrecht verurteilt und neuerlich mißhandelt zu werden. Dieser Umstand reicht auch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes zur Glaubhaftmachung einer im Fall der Rückkehr drohenden Verfolgung des Beschwerdeführers im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG entsprechend den sich aus der Judikatur ergebenden Anforderungen (siehe oben II.1.) nicht aus.

3.1. Soweit der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe den von ihm in der Berufung zum Beweis für die vorgebrachten Mißhandlungen durch die Polizei beantragten Zeugen nicht vernommen, ist ihm - abgesehen davon, daß die Berufung nur einen Hinweis auf die Aussage eines anderen Asylwerbers, jedoch keinen Antrag auf Vernehmung eines Zeugen enthält - zu entgegnen, daß die belangte Behörde dem Vorbringen betreffend die Mißhandlungen -wie oben II.2.1. ausgeführt - ohnehin Glauben geschenkt hat.

3.2. Auch in der Nicht-Berücksichtigung der in der Berufung vorgelegten Berichte zur allgemeinen Lage der ethnischen Albaner im Kosovo durch die belangte Behörde liegt kein Verfahrensmangel, weil derartige Berichte nicht geeignet sind, eine konkret den Beschwerdeführer betreffende Gefährdung und/oder Bedrohung darzutun, zumal die bloße Zugehörigkeit zur albanischen Bevölkerungsgruppe im Kosovo nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 13. November 1997, Zl. 96/18/0612) - bezogen auf den hier allein relevanten Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - hiezu nicht ausreicht.

3.3. Da die belangte Behörde kein eigenes Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, zu dessen Ergebnis sie dem Beschwerdeführer Parteiengehör hätte einräumen können, liegt auch die gerügte Verletzung der Verpflichtung zur Einräumung des Parteiengehörs nicht vor.

4. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997180465.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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