TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/20 W226 2128862-5

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Veröffentlicht am 20.02.2020
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Entscheidungsdatum

20.02.2020

Norm

BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 8
FPG §53
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §53 Abs3 Z5
StGB §127
StGB §130
StGB §146
StGB §83 Abs1
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W226 2128862-5/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. WINDHAGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Ukraine alias Weißrussland, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, Diakonie-Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.03.2019, Zl. 333027309/171353316 zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass

Spruchpunkt IV. des Bescheids der belangten Behörde vom 26.03.2019 zu lauten hat:

"Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, wird gegen Sie ein Einreiseverbot für die Dauer von 10 Jahren erlassen."

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ist ukrainischer Staatsbürger und reiste unter Angabe einer Aliasidentität sowie einer weißrussischen Staatsbürgerschaft im April 2004 auf unbekannten Wege illegal ins Bundesgebiet ein. Er stellte einen Antrag auf Gewährung von Asyl, welcher bezogen auf den Herkunftsstaat Weißrussland geprüft und letztlich rechtskräftig mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.05.2005, Zl. 04 07.149-BAG, abgewiesen wurde. Zugleich wurde die Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Weißrussland festgestellt und diese Entscheidung mit einer rechtskräftigen Ausweisung verbunden.

2. Nach einem vorübergehenden illegalen Aufenthalt in der Schweiz und der erfolgten Rückübernahme erließ die XXXX mit Bescheid vom 29.08.2005 ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot. Laut Aktenlage wurde im Zusammenhang mit diesem Aufenthaltsverbot ein Antrag an die Botschaft der Republik Belarus in der Republik Österreich auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates gestellt, wobei laut Aktenlage die Botschaft der Republik Belarus der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg schriftlich mitteilte, dass es einen weißrussischen Staatsbürger mit der Identität des BF nicht gebe. Die Botschaft des angeblichen Herkunftsstaates nahm ausdrücklich darauf Bezug, dass es eine Person mit der vom BF geführten Identität laut Information der weißrussischen Polizeibehörden nicht gebe.

3. Gegen den BF wurde in weiterer Folge durch die BPD XXXX am 18.02.2008 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen, da gegen den BF zahlreiche strafrechtliche Verurteilungen vorlagen. So wurde er mit Urteil des XXXX vom XXXX wegen §§ 127, 130 StGB (Jugendstraftat) zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, davon sechs Monate bedingt auf drei Jahre verurteilt. Anschließend erging ein rechtskräftiges Urteil des LG XXXX vom XXXX , wiederum wegen der Begehung der Delikte nach §§ 127, 130 StGB sowie § 27 Abs. 1 Suchtmittelgesetz (unbedingte Freiheitstrafe von drei Monaten). Weiters erging eine rechtskräftige Verurteilung des BG XXXX vom XXXX wegen der neuerlichen Begehung des Delikts nach §§ 15, 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von fünf Monaten und darüber hinaus ein Urteil des XXXX vom XXXX wegen §§ 127, 130 StGB (unbedingte Freiheitsstrafe von drei Monaten). Weiters wurde der BF mit Urteil des XXXX vom XXXX wegen der Begehung des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den §§ 15, 142 Abs. 1 und 143 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 6 Jahren verurteilt.

4. Nach Verbüßung seiner langjährigen Freiheitsstrafe stellte der BF am 17.11.2014 einen Antrag auf Feststellung der tatsächlichen vom Antragsteller nicht zu vertretenden Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 46a Abs. 1 FPG und weiters einen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 2 FPG.

5. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 02.05.2016 wurde gemäß § 46a Abs. 1 FPG der Antrag vom 17.11.2014 bezüglich der Feststellung der tatsächlichen Unmöglichkeit der Abschiebung und der Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 2 FPG abgewiesen. Mit Erkenntnis des BVwG vom 06.09.2016 zur Zl. W226 2128862-1/2E wurde die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 iVm Abs. 3 FPG idF BGBl. I Nr. 70/2015 als unbegründet abgewiesen.

6. Mit Urteil des LG XXXX vom XXXX wurde der BF wegen §§ 15, 83 Abs. 1, 84 Abs. 2, 146, 269 Abs. 1 Z 3 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 22 Monaten verurteilt.

7. Mit Bescheid des BFA vom 18.01.2017 wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF in die Ukraine gemäß § 46 FPG zulässig ist. Ferner wurde unter Spruchpunkt III. dieses Bescheides gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).

8. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.02.2017, Zl. W103 2128862-2, wurde der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen.

9. Am 04.12.2017 stellte der BF aus dem Stande der Strafhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem er niederschriftlich erstbefragt wurde. Zu den Gründen seiner neuerlichen Antragstellung verwies der BF auf einen durch die Ukraine gestellten Auslieferungsantrag an die StA XXXX , über welchen noch nicht rechtskräftig entschieden worden sei. Da sich aufgrund dieses Antrages seine Situation gänzlich geändert hätte, stelle er hiermit erneut einen Antrag auf Asyl. Die Bedingungen in ukrainischen Justizanstalten seien menschenunwürdig - Folter, Gewalt, Misshandlungen und Missbrauch stünden an der Tagesordnung, medizinische Versorgung und hygienische Bedingungen erwiesen sich ebenfalls als sehr schlecht; der BF habe sich in der Ukraine bereits in Jugendhaft in einer Arbeitsstrafkolonie befunden und kenne daher die Bedingungen sehr gut. Im Falle einer Rückkehr würde er umgehend eingesperrt werden, was er physisch und psychisch nicht mehr durchstehen könnte. Er hätte keine Familie und keine Angehörigen in der Ukraine, weshalb sich sein Überleben in der Ukraine als sehr schwer darstellen würde.

10. Mit Beschluss des LG XXXX vom XXXX (AZ: XXXX ) wurde die Auslieferung des BF in die Ukraine aufgrund des Auslieferungsersuchens des dortigen Justizministeriums vom XXXX wegen dem BF zur Last gelegter näher angeführter Straftaten (welche nach österreichischem Recht als die Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB sowie des räuberischen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs. 2 Z 1, 131 erster Fall StGB zu qualifizieren wären) für unzulässig erklärt. Begründend wurde - gestützt auf einen Report des CPT (Anti-Folter-Komitee) vom 19.06.2017 über die aktuellen Haftbedingungen in der Ukraine - im Wesentlichen ausgeführt, dass eine dem BF im Falle seiner Auslieferung drohende Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) widersprechende Behandlung durch die ukrainischen Strafverfolgungsorgane nicht ausgeschlossen werden könne.

11. Am 21.12.2017 wurde der BF durch das BFA niederschriftlich einvernommen. Zu seinem Gesundheitszustand gab er an, in guter körperlicher Verfassung zu sein, aber das Asylverfahren psychische Auswirkungen habe. Er könne nicht gut schlafen. Er nehme derzeit nur Schlafmittel ein. In Behandlung oder Therapie befinde er sich nicht. Er habe in der Ukraine 10 Schulklassen besucht und Schlosser gelernt. In Österreich habe er eine Bäckerlehre gemacht, aber nie legal gearbeitet. Er sei ledig und habe in der Ukraine in XXXX gelebt. Er habe zuletzt im Sommer 2005 Kontakt zu Familienangehörigen in der Ukraine gehabt. Sein Vater und der ältere Bruder seien schon gestorben, sonst habe er nur noch seine Mutter und einen älteren Bruder. In der Ukraine habe seine Familie keine Besitztümer. Er sei von 2000 bis 2003 wegen Einbruchsdiebstahl im Gefängnis gewesen.

Zum Fluchtzeitpunkt befragt, gab er an, er habe sich Ende 2003 dazu entschlossen die Ukraine zu verlassen. Der Auslöser sei gewesen, dass er zunächst im Dorf eine Arbeit gehabt habe. Er habe alle ein bis zwei Wochen auf die Polizeistation gehen müssen und sein Arbeitgeber habe aufgrund der Schikane gesagt, dass er sich eine neue Arbeit suchen müsse. Er sei dann in die Hauptstadt gefahren, um Arbeit zu finden, dort sei ihm der Pass abgenommen worden. Er sei bei seiner Einreise nach Österreich jung und beeinflussbar gewesen, an falsche Leute gekommen und habe daher er im ersten Verfahren falsche Angaben gemacht. Leute hätten ihm gesagt, dass er dies machen solle, so könne er nicht abgeschoben werden. Er habe damals oft Rauschmittel genommen und sich keine Gedanken gemacht was er anrichte.

Zu seinem Fluchtgrund gab er an, in seinem Heimatland Probleme mit den Behörden gehabt zu haben. Er sei in der Ukraine und in Österreich vorbestraft und auch in der Ukraine inhaftiert gewesen. Es würden gegen ihn aktuelle staatliche Fahndungsmaßnahmen bestehen. Nachdem er in der Jugendhaft gesehen habe, wie man mit den Leuten umgehe, sei das Leben in seinem Land unmöglich gewesen. Nach seiner Jugendhaft sei er von der Polizei schikaniert und geschlagen worden. Er habe versucht sich ein neues Leben aufzubauen und zu arbeiten, aber in der Arbeit habe man ihm nahe gelegt zu gehen. Er sei in die Hauptstadt gegangen und habe auf einer Baustelle gearbeitet. Er habe gemerkt, dass etwas nicht stimme. Er habe seinen Pass zurückhaben wollen, aber man habe behauptet, er werde für die Anmeldung benötigt. Er sei aber nie angemeldet worden. Er habe keine Möglichkeit gehabt nach Hause zurückzukehren und habe dort zu dritt auf 20 m2 gewohnt. Daher sei er nach Europa gegangen. Andere Gründe habe es zur damaligen Zeit nicht gegeben. Heute suche ihn die Ukraine angeblich wegen einer Straftat aus dem Jahr 2003. Es habe ein Auslieferungsverfahren gegeben. Er werde aber nicht ausgeliefert. Nach Vorhalt, dass er jetzt von den ukrainischen Behörden wegen des Verdachtes auf Mord und räuberischen Diebstahl gesucht werde, gab er an, dass dies behauptet werde, er dies aber nicht gemacht habe. Er sei zur Tatzeit anscheinend nicht zu Hause auffindbar gewesen und angeblich gebe es einen Fingerabdruck. Er wisse nicht, wie die Behörden darauf kommen würden. Bei einer Rückkehr würde er das eine Jahr absitzen müssen, das ihm damals nach der 2/3 Entlassung erlassen worden war. Dann würden noch die ganzen Sachen, die sie ihm jetzt anhängen wollen dazukommen.

Zu seinem Leben in Österreich führte er aus, dass er seinen Lebensunterhalt durch Diebstahl und Strafhaft bestritten habe. Sozialhilfe habe er nicht bezogen. Verwandte habe er hier keine. Er habe den Bäckerabschluss gemacht, sei in keinem Verein Mitglied und habe in Österreich nie legal gearbeitet. Er könne sehr gut Deutsch und habe kurz die Schule besucht.

Abschließend gab der BF an, dass er in seiner Jugend in eine russische Schule gegangen sei, aber in einer Gegend gewohnt habe, in der das Ukrainische streng durchgesetzt wurde. Er könne nicht so gut ukrainisch. Dadurch habe er auch während der Haft viele Probleme gehabt.

13. Mit Bescheid des BFA vom 13.06.2018 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des BF vom 04.12.2017 in Spruchpunkt I. hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, in Spruchpunkt II. wurde der Antrag hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ebenfalls gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. In Spruchpunkt III. wurde ausgesprochen, dass der BF sein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet gemäß § 13 Abs. 2 Ziffer 1 AsylG ab dem 11.12.2017 verloren habe. Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde.

14. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.08.2018 wurde der Beschwerde gemäß § 21 Abs. 3 erster Satz BFA-VG stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben (Spruchpunkt I.). Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde in Spruchpunkt II. als unzulässig zurückgewiesen.

15. Am 14.09.2018 wurde der BF vom BFA dazu aufgefordert Änderungen zu seinem Privat- und Familienleben seit der Einvernahme am 21.12.2017 bekannt zu geben und ihm dazu eine Frist von einer Woche zur Stellungnahme gewährt. Der BF brachte keine Stellungnahme ein.

16. Mit dem Bescheid des BFA vom 09.10.2018 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 04.12.2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 100/2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. wurde der Antrag des BF bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Ukraine gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Ferner wurde dem BF unter Spruchpunkt III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Unter Spruchpunkt IV. wurde einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1, 2, 3, 5, 6 BFA-VG, BGBl. Nr. 87/2012 idgF die aufschiebende Wirkung aberkannt und in Spruchpunkt V. gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG festgestellt, dass der BF sein Recht auf Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 11.12.2017 verloren habe.

Das Bundesamt führte aus, dass die Identität des BF feststehe. Er sei ukrainischer Staatsbürger, habe in der Ukraine 10 Jahre lang die Schule besucht und eine Ausbildung zum Schlosser absolviert. In Österreich sei er keiner legalen Beschäftigung nachgegangen. Er sei ledig und habe keine Sorgepflichten. Er habe in Österreich keinen aufrechten Wohnsitz und weise sechs strafrechtliche Verurteilungen in Österreich auf. Auch habe er in der Ukraine mindestens eine Vorstrafe wegen Einbruchsdiebstahls. Zudem werde er von den ukrainischen Behörden wegen des Verdachtes auf Mord und räuberischen Diebstahl gesucht, dies ergebe sich aus dem Auslieferungsantrag. Der BF nehme Schlafmittel ein, lebensbedrohliche Krankheiten würden keine vorliegen. Es sei aufgrund seiner Verurteilungen bereits mehrmals ein Aufenthaltsverbot erlassen worden, der BF sei aber seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen. Das mit Bescheid vom XXXX erlassene unbefristete Aufenthaltsverbot (RK 07.03.2008) sei nach wie vor gültig.

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass Verfolgungshandlungen in der Ukraine nicht glaubhaft gemacht werden konnten. Auch aus sonstigen Umständen habe eine Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung nicht festgestellt werden können. Der BF sei bereits im Jahr 2004 illegal nach Österreich eingereist und habe einen Asylantrag gestellt, dabei jedoch eine vollkommen falsche Identität angegeben und eine erfundene Geschichte erzählt. Dieses Asylverfahren sei mit 08.06.2005 rechtskräftig abgeschlossen worden. Seine Angaben in der schriftlichen Stellungnahme, wonach er aufgrund seines jugendlichen Alters sowie mangelnder Sprachkenntnisse seine Probleme nicht ausreichend hätte darstellen können und auch der Dolmetscher nicht vertrauenswürdig gewesen sei, wodurch er seine schwierige Lage nicht zur Gänze mitteilen habe können, seien nicht glaubwürdig. Bei seinem Asylantrag im April 2004 sei er XXXX Jahre alt und somit volljährig gewesen. In diesem Alter sei man durchaus fähig, erlebte Vorkommnisse wahrheitsgemäß wiederzugeben. Er habe aber eine konstruierte Lügengeschichte vorgetragen und eine komplett falsche Identität angegeben. Dass ihm der Dolmetscher nicht vertrauenswürdig vorgekommen sei, hätte er bereits während der Einvernahme mitteilen müssen. Er sei auch befragt worden, ob er mit dem Dolmetscher einverstanden sei. Eine nachträgliche Beanstandung sei nicht glaubwürdig. Sein Verhalten lasse darauf schließen, dass er die Ukraine verlassen habe, da er von der Behörde wegen seiner Straftaten gesucht werde und er in seinem Asylantrag falsche Angaben gemacht habe, um nicht an die Ukraine zur Strafverfolgung ausgeliefert zu werden. Seine Behauptungen von der Polizei schikaniert worden zu sein und keine Arbeit gefunden zu haben, seien daher unglaubwürdig. Zu den Korruptionsvorwürfen und den beanstandeten Haftbedingungen habe sich in den vergangenen 14 Jahren sehr viel geändert.

Das LG XXXX habe zwar die Auslieferung an die ukrainischen Behörden für unzulässig erklärt, die Behörde sei an diesen Beschluss jedoch nicht gebunden. Die ukrainischen Behörden hätten sämtlichen eingeforderten Zusicherungen zugestimmt und lediglich noch nicht bekannt gegeben, in welcher Justizanstalt der BF seine Haft verbüßen müsse. Zu den Haftbedingungen in der Ukraine wurde ausgeführt, dass eine Reform des Strafvollzuges im Gange sei, welcher auch aktiv von der EU unterstützt werde. Nach einer Reform der Strafprozessordnung sei auch die Zahl der Insassen deutlich rückläufig. Trotzdem sich die Haftbedingungen eher langsam und ungleichmäßig verbessern würden, seien bereits erhebliche Fortschritte erzielt worden. So würden z.B. in psychiatrischen Einrichtungen noch unerträgliche Bedingungen herrschen, es bestehe aber nicht die Gefahr, dass der BF in eine derartige Einrichtung eingeliefert werde. Gefangene würden in der Ukraine auch Beschwerden an den Ombudsmann richten können und sei eine unabhängige Überwachung der Hafteinrichtungen durch nationale und internationale Menschenrechtsgruppen erlaubt. Die Haftbedingungen würden zwar noch nicht westeuropäischen Standards entsprechen, durch diesen Umstand werde der Schutzbereich des Art. 3 EMRK allerdings nicht tangiert und stelle eine Abschiebung keine unmenschliche Behandlung dar. Die Ukraine gelte laut Herkunftsstaaten-Verordnung als sicherer Drittstaat. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der BF im Falle der Rückkehr in eine lebensbedrohliche Lage versetzt werde. Bei einer Rückkehr werde er zunächst ein Strafverfahren über sich ergehen lassen müssen, für sein unmittelbares Auskommen sei folglich gesorgt. Anschließend werde er als junger, gesunder Mann sicherlich keine Schwierigkeiten haben eine Arbeit zu finden und würden auch Verwandte in der Ukraine leben, mit welchen er den Kontakt wiederaufnehmen könne. Für die Behörde stehe fest, dass bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung gegeben sei. Der BF bedürfe nicht des Schutzes Österreichs.

17. Gegen diesen Bescheid richtete sich eine fristgerecht eingebrachte Beschwerde, mit der dieser seinem gesamten Inhalt nach angefochten wurde. Es wurde ausgeführt, dass der Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten werde. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.11.2018 wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

18. Mit Erkenntnis vom 20.12.2018, W226 2128862-4/7E, wies das BVwG die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids (bzgl. der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten) als unbegründet ab. Die restlichen Spruchpunkte des Bescheids (II.-V.) hob das BVwG auf und verwies sie zur neuerlichen Erledigung gem. § 28 Abs. 3 VwGVG an das BFA zurück.

19. Mit dem Bescheid des BFA vom 26.03.2019 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 04.12.2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Ukraine gem. § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Ferner wurde unter Spruchpunkt III. gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Im Spruchpunkt IV. wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen. In Spruchpunkt V. wurde jedoch festgestellt, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat gem. §§ 8 Abs. 3a, 9 Abs. 2 AsylG iVm § 52 Abs. 9 FPG unzulässig ist. Schließlich wurde in Spruchpunkt VI. festgestellt, dass die Frist zur freiwilligen Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (§ 55 Abs. 1 bis 3 FPG) und in Spruchpunkt VII. erneut festgestellt, dass der Beschwerdeführer ab dem 11.12.2017 sein Recht zum Aufenthalt in Bundesgebiet verloren hat (§ 13 Abs. 2 Z 1 AsylG).

Das BFA stellte zum Einreiseverbot nur die strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers fest und führte in der rechtlichen Beurteilung dazu im Wesentlichen aus, dass daher die Z1 des § 53 Abs. 3 FPG erfüllt sei. Es sei dem Beschwerdeführer aufgrund seines bisherigen Verhaltens nur eine negative Zukunftsprognose auszustellen und ihm könne kein Vertrauensvorschuss mehr gewährt werden. Aufgrund der Schwere des Fehlverhaltens würde der Beschwerdeführer eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen. Aufgrund der fehlenden familiären und privaten Anknüpfungspunkte in Österreich könne auch das Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich nicht überwiegen.

20. Nur gegen den Spruchpunkt IV. (Einreiseverbot) des Bescheids des BFA vom 26.03.2019 brachte der Beschwerdeführer am 18.04.2019 fristgerecht Beschwerde ein. Darin brachte er vor, die belangte Behörde habe sein Recht auf Parteiengehör und den Grundsatz der amtswegigen Erforschung des maßgeblichen Sachverhalts verletzt. Der Beschwerdeführer sei nie zur geplanten Rückkehrentscheidung und dem Einreiseverbot einvernommen worden. Auch hinsichtlich der Gefährdungsprognose wäre eine Einvernahme, insbesondere bzgl. des persönlichen Eindrucks, maßgeblich gewesen. Der Beschwerdeführer würde jedenfalls keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit für unbestimmte Zeit darstellen. Weiters sei der angefochtene Bescheid auch inhaltlich rechtswidrig, weil das unbefristete Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG gestützt würde. Ein unbefristetes Einreiseverbot hätte sich aber nur auf Abs. 3 Z 5 bis 9 leg. cit. stützen können. Auch in der rechtlichen Beurteilung habe sich die belangte Behörde nur mit Abs. 3 Z 1 leg. cit. befasst und dort im Wesentlichen auch nur formelhaft die Verurteilungen des Beschwerdeführers wiedergegeben und sich nicht mit der konkreten Gefährdung(-sdauer) auseinandergesetzt.

21. In der Beschwerdevorlage vom 03.05.2019 hob das BFA im Wesentlichen erneut die Verurteilungen des Beschwerdeführers hervor und begründet die nicht erneut durchgeführte Einvernahme des Beschwerdeführers mit der nunmehrigen Unzulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat und der - vom Beschwerdeführer nicht genutzten - Möglichkeit der Stellungnahme vom 14.09.2018.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Auf Grundlage der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungs- und Gerichtsakten des Beschwerdeführers, der Einsichtnahmen in das zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister sowie in das zentrale Fremdenregister werden die folgenden Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

Zur Person des Beschwerdeführers:

Der BF, dessen Identität feststeht, ist ukrainischer Staatsangehöriger und reiste erstmals im Jahr 2004 (unter Angabe einer Aliasidentität und Angabe einer weißrussischen Staatsbürgerschaft) ins Bundesgebiet ein. Er stellte in weiterer Folge einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher bezogen auf den Herkunftsstaat Weißrussland im Jahr 2005 rechtskräftig negativ entschieden wurde. Am 04.12.2017 stellte der Beschwerdeführer erneut einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher bezogen auf den Herkunftsstaat Ukraine rechtskräftig negativ entschieden wurde.

Der BF wird von den ukrainischen Justizbehörden wegen des Verdachtes auf Mord und räuberischen Diebstahl gesucht. In Österreich weist der Beschwerdeführer folgende strafrechtliche Verurteilungen auf:

01) LG XXXX

PAR 127 130 (1. FALL) 15 StGB

Freiheitsstrafe 7 Monate, davon Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Jugendstraftat

Vollzugsdatum 02.02.2014

zu LG XXXX

XXXX

XXXX

zu XXXX

XXXX

XXXX

zu XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

zu XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

02) XXXX

PAR 127 130 (1. FALL) 15 StGB

PAR 27/1 SMG

Freiheitsstrafe 3 Monate

Jugendstraftat

Vollzugsdatum 03.03.2005

03) BG XXXX vom XXXX

PAR 127 15 StGB

Freiheitsstrafe 5 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Junge(r) Erwachsene(r)

Vollzugsdatum 02.07.2014

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

04) LG XXXX vom XXXX

PAR 127 130 (1. FALL) StGB

Freiheitsstrafe 3 Monate

Junge(r) Erwachsene(r)

Vollzugsdatum 21.07.2006

05) LG XXXX vom XXXX

PAR 142/1 143 (2. FALL) StGB

Datum der (letzten) Tat 01.10.2007

Freiheitsstrafe 6 Jahre

Junge(r) Erwachsene(r)

Vollzugsdatum 01.10.2013

06) LG XXXX vom XXXX

§ 15 StGB §§ 83 (1), 84 (2) StGB

§ 15 StGB § 146 StGB

§ 15 StGB § 269 (1) 3. Fall StGB

Datum der (letzten) Tat 13.03.2016

Freiheitsstrafe 22 Monate

Vollzugsdatum 13.01.2018

Festgestellt wird weiters, dass der Beschwerdeführer keine Familienangehörigen im Bundesgebiet hat.

Der Beschwerdeführer ist auch arbeitsfähig und hat eine Bäckerlehre absolviert.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalten des vorgelegten Verwaltungsakts des Bundesasylamtes, des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des Gerichtsakts des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers in Österreich stützen sich auf einen aktuellen Strafregisterauszug. Die Haftaufenthalte des Beschwerdeführers ergeben sich aus der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister.

Da der Beschwerdeführer während seiner Gesamtaufenthaltsdauer von knapp 16 Jahren in Österreich - nach eigenen Angaben - nie einer legalen Erwerbstätigkeit nachging, innerhalb dieser Zeit im Bundesgebiet insgesamt 6 Mal strafrechtlich in Erscheinung trat und trotz seiner mehrfachen Inhaftierung immer wieder rechtswidrige Handlungen setzte, ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer den Unrechtsgehalt seiner Tathandlungen überhaupt nicht erkennt oder einsehen will, woraus abzuleiten ist, dass er auch in Zukunft zu keinem rechtskonformen Verhalten zu bewegen sein wird. Sein Wohlverhalten in Freiheit dauert auch erst zu kurz an um einer geänderten Bewertung zugeführt werden zu können.

Damit kann nicht nachhaltig dargelegt werden, dass der Beschwerdeführer die österreichische Rechtsordnung in Zukunft achten und sich wohlverhalten wird. Dass der Beschwerdeführer somit eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt, ergibt sich unzweifelhaft aus den vorliegenden Strafurteilen sowie seiner im Laufe des Verfahrens doch stetig gestiegenen kriminellen Energie, die sich vor allem darin zeigt, dass der Beschwerdeführer seine als junger Erwachsener begonnenen rechtswidrigen Handlungen auch nach Überschreiten der diesbezüglichen Altersgrenze konstant fortsetzte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Auf Grundlage des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu A) Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Der mit "Einreiseverbot" überschriebene § 53 FPG lautet:

"(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht."

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 15.12.2011, 2011/21/0237, zur Rechtslage vor dem FPG idgF (in Kraft seit 01.01.2014) erwogen, dass bei der Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes nach dem FrÄG 2011 eine Einzelfallprüfung vorzunehmen (vgl. ErläutRV, 1078 BlgNR 24. GP 29 ff. und Art. 11 Abs. 2 Rückführungs-RL) sei. Dabei hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen und zu berücksichtigen, ob (bzw. inwieweit über die im unrechtmäßigen Aufenthalt als solchen zu erblickende Störung der öffentlichen Ordnung hinaus) der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Eine derartige Gefährdung ist nach der Gesetzessystematik insbesondere in den Fällen der Z 1 bis 9 des § 53 Abs. 2 FPG idF FrÄG 2011 anzunehmen. In den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG idF FrÄG 2011 ist das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit indiziert, was dann die Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von bis zu zehn Jahren und, liegt eine bestimmte Tatsache im Sinn der Z 5 bis 8 vor, von unbefristeter Dauer ermöglicht. Dass bei Vorliegen der letztgenannten Konstellation - wie die ErläutRV formulieren - "jedenfalls" ein unbefristetes Einreiseverbot zu erlassen ist, findet im Gesetz aber keine Deckung und stünde auch zu Art. 11 Abs. 2 der Rückführungs-RL (arg.: "kann") in Widerspruch. Dagegen ist festzuhalten, dass - wie schon nach bisheriger Rechtslage (vgl. VwGH 20.11.2008, 2008/21/0603) - in Bezug auf strafgerichtliche Verurteilungen nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern immer auf das zugrundeliegende Verhalten abzustellen ist. Maßgeblich sind Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild; darauf kommt es bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots an (vgl. VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289; 24.03.2015, Ra 2014/21/0049).

Nach der Rechtsprechung des VwGH zum früher geltenden § 63 FPG (idF vor dem FrÄG 2011), der die Festlegung der Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltsverbotes regelte, war ein Aufenthaltsverbot für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit (unbefristet), wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann.

§ 53 Abs. 3 FPG idgF hat im Vergleich zur Rechtslage vor dem 01.01.2014 keine inhaltliche Änderung erfahren. Daraus ist zu schließen, dass auch in Bezug auf die vom VwGH statuierten (obgenannten) Kriterien, die bei der Verhängung des Einreiseverbots und seiner Dauer zur Anwendung gelangen sollen, kein Wandel stattgefunden hat. Der VwGH selbst bestätigte dies auch in seinem Erkenntnis vom 24.05.2018, Ra 2017/19/0311 (vgl. Rz 12ff).

Nach dem nunmehr geltenden § 53 Abs. 2 zweiter Satz FPG ist bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes von der Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. In diesem Sinn sind auch die bei einem auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 FPG gegründeten Einreiseverbot die dort genannten Umstände als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant sind, zu berücksichtigen (VwGH 22.05.2013, 2011/18/0259).

Weiters ist bei der Entscheidung über die Dauer des Einreiseverbots auch auf die privaten und familiären Interessen des Fremden Bedacht zu nehmen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/21/0002; vgl. auch Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, 2016, § 53 FPG, K12).

3.2.2. Im zu beurteilenden Fall stützte das BFA das unbefristet verhängte Einreiseverbot im Spruch und in seiner rechtlichen Beurteilung unzutreffenderweise auf den Tatbestand des § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG (u.a. gerichtliche Verurteilung zu mind. drei Monaten unbedingter Freiheitsstrafe). Dies ist rechtswidrig, weil für Fälle des Abs. 3 Z 1 leg. cit. nur eine maximale Einreiseverbotsdauer von 10 Jahren vorgesehen ist.

§ 53 Abs. 3 FPG sieht die Möglichkeit eines unbefristeten Einreiseverbots nur bei der Erfüllung eines Tatbestands des Abs. 3 Z 5 bis 9 FPG vor. Der Beschwerdeführer erfüllt sogar den Tatbestand der Z 5 leg. cit., da er - wie aus der Strafregisterauskunft erkenntlich - am XXXX vom Landesgericht XXXX zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren (nämlich zu sechs Jahren) rechtskräftig verurteilt wurde.

Infolge der strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers zu den unbedingten Freiheitsstrafen von teilweise mehr als drei Monaten und der wiederholten Verurteilungen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen, ist aber auch § 53 Abs. 3 Z 1 unbestrittenermaßen erfüllt. Die Erfüllung dieser Tatbestände indiziert bereits gemäß § 53 Abs. 3 FPG das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit.

3.2.3. Wie bereits ausgeführt, haben die zahlreichen verbüßten Haftstrafen keine Läuterung beim Beschwerdeführer bewirkt. Diese Ausführungen lassen auf eine nach wie vor fehlende Verbundenheit mit der österreichischen Werteordnung schließen und sind mit einem demokratischen Rechtsstaat nicht vereinbar.

Auch die im Lichte des Art. 8 EMRK gebotenen Abwägung der privaten und familiären Interessen des BF mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen konnte eine Abstandnahme von der Erlassung eines Einreiseverbotes nicht rechtfertigen. Der BF ist ledig und vermochte keine Beziehung im Inland darzutun. Er hat auch den Bestand von Sorgepflichten nicht dargetan und ist selbsterhaltungs- und arbeitsfähig. Einen engen Bezug zu in Österreich wohnhaften Personen hat er nicht nachgewiesen. Im Übrigen hat er seine gesellschaftliche und berufliche Integration nicht in einem Ausmaß betrieben, dass man von einem besonderen Bemühen sprechen kann, welches den Verbleib im Bundesgebiet gerechtfertigt hätte. Vielmehr wurde er immer wieder straffällig.

Es muss daher nun, unter Berücksichtigung des in § 53 Abs. 3 FPG genannten Tatbestandes ebenso davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit dem persönlichen Interesse an einem Verbleib in Österreich überwiegt.

Der belangten Behörde kann daher nicht vorgeworfen werden, wenn sie im vorliegenden Fall von einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausging, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes grundsätzlich erforderlich macht.

Der Beschwerdeführer wurde erst 2018 aus der Haft entlassen. Die bisher verstrichene Zeitspanne erweist sich im Hinblick auf das Gesamtverhalten somit zu kurz, um bereits jetzt von einem Wegfall der Gefährdungsprognose auszugehen. Um von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der vom Fremden ausgehenden Gefährlichkeit ausgehen zu können, bedarf es grundsätzlich eines Zeitraums des Wohlverhaltens, wobei in erster Linie das gezeigte Wohlverhalten in Freiheit maßgeblich ist (vgl. B 22. Jänner 2015, Ra 2014/21/0009 Ra 2017/22/0194 vom 22.03.2018).

Angesichts des Gesagten ist davon auszugehen, dass der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit und Ordnung tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährden werde und sohin der Tatbestand des § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG jedenfalls verwirklicht ist.

Der Beschwerdeführer muss auch gegen sich gelten lassen, dass er wie dargestellt jahrelang die Asylinstanzen über seine Identität und selbst über den Herkunftsstaat getäuscht hat, er zudem im Herkunftsstaat wegen einer schweren Straftat gerichtlich gesucht wird und im Ergebnis dieses Verhalten vor der Ausreise zur Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung durch die belangte Behörde (wegen der Haftbedingungen) geführt hat. Der Beschwerdeführer ist somit darauf zu verweisen, dass er sich des unsicheren Aufenthaltsstatus immer bewusst sein musste und nie darauf vertrauen konnte, einen rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich zu begründen.

3.2.4. Im gegenständlichen Fall erweist sich die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbotes - auch bei Subsumtion unter den richtigerweise anzuwendenden § 53 Abs. 3 Z 5 FPG - jedoch als nicht angemessen.

Schließlich darf bei der Verhängung eines Einreiseverbots das Ausschöpfen der vorgesehenen Höchstfristen nicht regelmäßig schon dann erfolgen, wenn einer der Fälle des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 bzw. des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG vorliegt (vgl. etwa VwGH 30.6.2015, Ra 2015/21/0002 mwH).

Die von der belangten Behörde gewählte Höhe eines unbefristeten Einreiseverbotes, welches die Ausschöpfung des gesamten gesetzlichen Rahmens des auf den § 53 Abs. 3 FPG gestützten Einreiseverbotes bedeutet, ist - unter Anwendung von § 53 Abs. 3 Z 5 FPG - grundsätzlich zulässig. Im Hinblick auf die begangenen Straftaten erweist sich allerdings das für § 53 Abs. 3 Z 5 FPG zulässige unbefristete Einreiseverbots als zu lange, zumal einerseits in anderen, noch gravierenderen Fällen (etwa in solchen, in welchen der Beschwerdeführer wegen eines Tatbestands der Z 6 bis 9 leg. cit. [insb. im Zusammenhang mit Terrorismus] verurteilt wird) kein Spielraum mehr nach oben offen bleiben würde. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die Verurteilung vom XXXX , welche einen Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 5 FPG verwirklichte, bereits mehr als 12 Jahre zurückliegt.

An dieser Stelle ist auch anzumerken, dass die belangte Behörde sich in ihrem Bescheid vom 18.01.2017 (AS 179ff) mit einem Einreiseverbot von 10 Jahren begnügte und dies auf denselben Sachverhalt (angeführte Verurteilungen) und im Wesentlichen die gleiche rechtliche Beurteilung stützte.

Im Hinblick darauf und unter Berücksichtigung der auf Grund des Fehlverhaltens und der sonstigen persönlichen Umstände des Beschwerdeführers getroffenen Gefährlichkeitsprognose konnte daher spruchgemäß mit einem Einreiseverbot in der Dauer von zehn Jahren das Auslangen gefunden werden, wobei anzumerken ist, dass die Frist des Einreiseverbots mit Ablauf des Tages der - derzeit ohnedies angesichts der Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung durch die belangte Behörde nicht zu erwartenden - Ausreise des Beschwerdeführers beginnt (§ 53 Abs. 4 FPG).

3.3. Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Nach Abs. 4 leg. cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetze nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtslage nicht erwarten lässt, und einem Entfall der mündlichen Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S 389, (2010, C 83/02) entgegensteht.

Gemäß Art. 47 Abs. 1 GRC hat jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Zufolge des Abs. 2 leg. cit. hat jede Person das Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.

Nach Art. 25 Abs. 1 GRC muss jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie notwendig sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.

Zur Frage der Verhandlungspflicht brachte der Verfassungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 14.03.2012, U 466/11, u.a. zum Ausdruck, er hege vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zur Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung weder Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 41 Abs. 7 AsylG, noch könne er finden, dass der Asylgerichtshof der Bestimmung durch das Absehen von der Verhandlung einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt habe. Das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheine oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergebe, dass das Vorbringen tatsachenwidrig sei, steht im Einklang mit Art. 47. Abs. 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden habe, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt worden sei.

Übertragen auf den vorliegenden Beschwerdefall erfordert ein Unterbleiben einer Verhandlung vor dem BVwG somit, dass aus dem Akteninhalt der belangten Behörde die Grundlage des bekämpften Bescheides unzweifelhaft nachvollziehbar ist.

Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt darauf hingewiesen, dass bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zukomme, und zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK sonst relevanten Umstände. In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Verwaltungsgericht von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft, kann eine Verhandlung jedoch unterbleiben (vgl. VwGH 26.04.2018, Ra 2018/21/0052 mwN).

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorausgegangen und ist der Sachverhalt darüber hinaus eindeutig aus dem vorliegenden Verwaltungsakt ersichtlich, sodass im Falle einer Verhandlung ein für den Beschwerdeführer günstigeres Ergebnis nicht zu erwarten ist.

In der Beschwerde wurde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüberhinausgehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet, vielmehr beschränkte sich die Beschwerde ausschließlich auf Rechtsfragen, deren Lösung ausschließlich dem erkennenden Gericht obliegt. Mit der Beschwerde wurde daher auf Sachverhaltsebene nichts Entscheidungsrelevantes mehr vorgebracht und wurden auch keine weiteren Dokumente oder Unterlagen vorgelegt.

Dem BVwG liegt sohin kein Beschwerdevorbringen vor, das mit dem Beschwerdeführer mündlich zu erörtern gewesen wäre und wurde der Beschwerde mit der nunmehr festgelegten Dauer des Einreiseverbots entsprochen.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

3.4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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