Entscheidungsdatum
06.03.2020Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W179 2226139-1/4E
W179 2226137-1/4E
W179 2225934-1/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch seinen Richter Mag. iur. Eduard Hartwig PAULUS als Einzelrichter über die Beschwerden 1.) der XXXX vertreten durch bpv Hügel Rechtsanwälte GmbH in 1220 Wien, ARES-Tower, Donau-City-Straße 11, 2.) der XXXX , vertreten durch Haslinger Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, und 3.) der XXXX , vertreten durch Niederhuber & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1030 Wien, Reisnerstraße 53, gegen den Bescheid des Vorstands der Energie-Control Austria für die Regulierung der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft (E-Control) vom XXXX , GZ XXXX , betreffend die Feststellung der Kosten und des Mengengerüstes der XXXX für das Jahr XXXX nach dem GWG 2011, beschlossen:
A) Beschwerden:
Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs 4 VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.
B) Revision:
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Vorauszuschicken ist Nachstehendes:
1.1. Das Bundesverwaltungsgericht hat (nach Beiziehung eines Amtssachverständigen und Durchführung einer mündlichen Verhandlung) die von der Rechtsmittelwerberin - gegen die von der belangten Behörde für die Jahre XXXX , XXXX und XXXX erlassenen Kostenbescheide - erhobenen Beschwerden mit Erkenntnis vom XXXX , GZlen XXXX , mit einer Maßgabe (für die Jahre XXXX und XXXX ) als unbegründet abgewiesen und in teilweiser Stattgabe die (für das Jahr XXXX ) ergangene Beschwerdevorentscheidung abgeändert.
1.2. Aufgrund einer hiegegen eingebrachten Revision wurde diese Entscheidung mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.09.2019, Ro 2018/04/0002-7, wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
1.3. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Zuge der ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidung mit Beschluss vom XXXX , GZlen XXXX , nicht nur die drei besagten für die Jahre XXXX , XXXX und XXXX zu Rechtsmittelwerberin erlassenen Kostenbescheide, sondern auch den zu ihr für das Jahr XXXX ergangenen Kostenbescheid, sowie ferner mit Beschlüssen vom XXXX , GZ XXXX , und vom XXXX , GZlen XXXX , den zu dieser für die Jahre XXXX und XXXX erlassenen Kostenbescheide aufgehoben und die jeweilige Angelegenheit an die belangte Behörde zurückverwiesen.
2. Verfahrensgegenständlich ist vorliegend der zu Rechtsmittelwerberin für das Jahr XXXX ergangene zweite Folgekostenbescheid der 3. Regulierungsperiode Gas der belangten Behörde vom XXXX , GZ XXXX .
3. Gegen diesen Bescheid richten sich die erhobenen Beschwerden:
3.1. Zum Rechtsmittel der Erstbeschwerdeführerin ( XXXX ):
Die Erstbeschwerdeführerin ficht den in Beschwer gezogenen Bescheid vollumfänglich an, und macht dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, sowie als Beschwerdegründe insbesondere die im Lichte der besagten Judikatur des VwGH gebotene, aber behördlicherseits unterlassenen Feststellungen zu den fiktiven Errichtungskosten einer regionalen Stichleitung zur Erschließung des XXXX geltend.
Beantragt wird, das Bundesverwaltungsgericht möge 1. eine mündliche Verhandlung durchführen, sowie 2. den bekämpften Bescheid dahin abändern, dass die den Entgelten zugrunde liegenden Kosten im Sinne der Beschwerdegründe festgestellt werden, sohin insbesondere die fiktiven Errichtungskosten einer regionalen Stichleitung anerkannt werden, und die Änderungen gemäß § 71 GWG 2011 im Rahmen des Regulierungskontos berücksichtigt werden, in eventu 3. den bekämpften Bescheid aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverweisen.
3.2. Zum Rechtsmittel der Zweitbeschwerdeführerin ( XXXX ):
Die Zweitbeschwerdeführerin ficht ausschließlich den Spruchpunkt 1. an, und macht als Beschwerdegründe Rechtswidrigkeit infolge entscheidungswesentlicher Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend.
Beantragt wird, das Bundesverwaltungsgericht möge a. eine mündliche Verhandlung durchführen, b. den bekämpften Bescheid ersatzlos beheben, c. den bekämpften Bescheid dahingehend abändern, dass der Spruchpunkt 1. zu lauten hat:
"1. Die den Entgelten zu Grunde liegenden Kosten werden gemäß § 69 Abs 1 iVm § 79 Abs 1 GWG 2011 für das Jahr XXXX [sic!] pro Netzebene (NE) wie folgt festgestellt (in EUR):
XXXX
XXXX
XXXX"
d. in eventu den bekämpften Bescheid beheben und zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverweisen.
3.3. Zum Rechtsmittel der Drittbeschwerdeführerin ( XXXX ):
Die Drittbeschwerdeführerin ficht den in Beschwer gezogenen Bescheid zur Gänze an, und macht dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit als auch Mangelhaftigkeit des durchgeführten Verfahrens geltend.
Beantragt wird, das Bundesverwaltungsgericht möge, 1. eine mündliche Verhandlung durchführen, und 2. nach Durchführung der im Rahmen der gegenständlichen Beschwerde als unterlassen aufgezeigten, notwendigen Ermittlungen des Sachverhalts im Sinne des Vorbringens der Beschwerdeführerin in der Sache selbst entscheiden, in eventu 3. den angefochtenen Bescheid aufheben und die Angelegenheit zu Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverweisen.
4. Die belangte Behörde legt die Beschwerden samt Verfahrensakt vor, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu treffen, eine Gegenschrift zu erstatten oder einen Antrag zu stellen.
5. Mit Schriftsatz vom XXXX stellen alle drei Beschwerdeführer den gemeinsamen Antrag, den generellen Produktivitätsfaktor (Xgen) auf einen bestimmten Wert anzuheben und den positiven Anreizregulierungsfaktor (k1) auf eine näher bezifferte Höhe zu reduzieren, sowie die vorstehend geänderten Parameter der Neufestsetzung der Kosten des Netzbetreibers für das Jahr XXXX zugrunde zu legen, zudem werden die Beschwerdegründe der Erstbeschwerdeführerin explizit aufrechterhalten.
6. Mit Schreiben vom XXXX begründen die XXXX und die XXXX gemeinsam, inwieweit ein Begründungsmangel vorliegt und damit das Ermessen hinsichtlich der Faktoren Xgen und k1 nicht im Sinne des Gesetzes geübt wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1. Die belangte Behörde leitete hinsichtlich des Tarifjahres XXXX mit Beschluss ein Verfahren zur Feststellung der Kosten und des Mengengerüsts gemäß § 69 GWG 2011 betreffend die Erstbeschwerdeführerin ein.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde nach Durchführung eines Administrativverfahrens die Kosten und das Mengengerüst der Erstbeschwerdeführerin für das Jahr XXXX gemäß §§ 69 ff GWG 2011 fest.
3. Die belangte Behörde hat sich im Zusammenhang mit der Berücksichtigung der Kosten des von der Erstbeschwerdeführerin errichteten Teilstücks der XXXX nicht damit auseinandergesetzt, ob ein rationell geführtes, vergleichbares Unternehmen zumindest ein Verteilernetz für die nunmehr angeschlossenen Gemeinden des XXXX errichtet hätte, und hat die fiktiven Errichtungskosten einer regionalen Stichleitung nicht ermittelt.
4. Die belangte Behörde geht bei der im Zuge ihrer Ermessensausübung erfolgten Festlegung des generellen Produktivitätsfaktors (Xgen) als auch des positiven (k1) und des negativen (k2) Anreizregulierungsfaktors jeweils von einer bestimmten Bandbreite mathematisch gleichwertiger Faktoren aus, von denen sie jeweils einen im Wege ihres Auswahlermessens festsetzt.
2. Beweiswürdigung:
1. Die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus der gegebenen Aktenlage sowie dem dazu übereinstimmenden Vorbringen der Verfahrensparteien.
2. Die behördliche Vorgehensweise zur Festlegung des generellen Produktivitätsfaktors (Xgen) sowie des positiven (k1) und des negativen (k2) Anreizregulierungsfaktors ist gerichtsbekannt.
3. Rechtliche Beurteilung:
1. Die Beschwerden wurden rechtzeitig erhoben und sind zulässig.
3.1. Rechtsnormen:
2. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Gaswirtschaftsgesetz 2011, BGBl I Nr 110/2010, lauten wortwörtlich:
"Feststellung der Kostenbasis
§ 69. (1) Die Regulierungsbehörde hat die Kosten, die Zielvorgaben und das Mengengerüst von Verteilernetzbetreibern von Amts wegen periodisch mit Bescheid festzustellen.
(2) Die Regulierungsbehörde hat die vom Fernleitungsnetzbetreiber gemäß § 82 eingereichten Methoden auf Antrag des Fernleitungsnetzbetreibers oder von Amts wegen periodisch mit Bescheid zu genehmigen. Die Genehmigung ist zu befristen.
(3) Der Wirtschaftskammer Österreich, der Landwirtschaftskammer Österreich, der Bundesarbeitskammer und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund ist vor Abschluss des Ermittlungsverfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Regulierungsbehörde hat deren Vertretern Auskünfte zu geben und Einsicht in den Verfahrensakt zu gewähren. Wirtschaftlich sensible Informationen, von denen die Vertreter bei der Ausübung ihrer Einsichtsrechte Kenntnis erlangen, sind vertraulich zu behandeln. Die Wirtschaftskammer Österreich sowie die Bundesarbeitskammer können gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde gemäß Abs. 1 und 2 wegen Verletzung der in § 73 bis § 82 geregelten Vorgaben Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht sowie in weiterer Folge gemäß Art. 133 B-VG Revision an den Verwaltungsgerichtshof erheben."
"Kostenermittlung für Verteilernetzbetreiber
§ 79. (1) Die den Entgelten zugrunde liegenden Kosten haben dem Grundsatz der Kostenwahrheit zu entsprechen und sind differenziert nach Netzebenen zu ermitteln. Dem Grunde und der Höhe nach angemessene Kosten sind zu berücksichtigen. Der Netzsicherheit, der Versorgungssicherheit unter Berücksichtigung von Qualitätskriterien, der Marktintegration sowie der Energieeffizienz ist Rechnung zu tragen. Die Bestimmung der Kosten unter Zugrundelegung einer Durchschnittsbetrachtung, die von einem rationell geführten, vergleichbaren Unternehmen ausgeht, ist zulässig. Investitionen sind in angemessener Weise ausgehend von den historischen Anschaffungskosten sowie den Finanzierungskosten zu berücksichtigen. Außerordentliche Aufwendungen oder Erträge können über einen mehrjährigen Zeitraum anteilig verteilt werden. Die bei einer effizienten Implementierung neuer Technologien entstehenden Kosten sind in den Entgelten unter Berücksichtigung der beschriebenen Grundsätze und der Nutzung von Synergieeffekten angemessen zu berücksichtigen. Die Kosten des Verteilernetzbetreibers für das Netznutzungsentgelt im Fernleitungsnetz gemäß § 74 sind als Kosten der Netzebene 1 zu berücksichtigen.
(2) Für die Ermittlung der Kosten sind Zielvorgaben zugrunde zu legen, die sich am Einsparungspotential der Unternehmen, der strukturellen Entwicklung der Versorgungsaufgabe und des Marktanteils im jeweiligen Netzgebiet orientieren. Dabei sind die festgestellten Kosten sowohl um generelle Zielvorgaben, die sich an Produktivitätsentwicklungen orientieren, als auch um die netzbetreiberspezifische Teuerungsrate anzupassen. Individuelle Zielvorgaben können aufgrund der Effizienz der Netzbetreiber berücksichtigt werden. Die dabei anzuwendenden Methoden haben dem Stand der Wissenschaft zu entsprechen. Bei der Ermittlung der individuellen Zielvorgaben können neben einer Gesamtunternehmensbetrachtung bei sachlicher Vergleichbarkeit auch einzelne Teilprozesse herangezogen werden. Dabei ist sicher zu stellen, dass für die Verteilernetzbetreiber Anreize bestehen, die Effizienz zu steigern und notwendige Investitionen angemessen durchführen zu können.
(3) Der Zeitraum zur Realisierung der Zielvorgaben (Zielerreichungszeitraum) kann durch die Regulierungsbehörde im jeweiligen Kostenbescheid in ein- oder mehrjährige Regulierungsperioden unterteilt werden. Zum Ende einer Regulierungsperiode können die unternehmensindividuellen Effizienzfortschritte einer Evaluierung unterzogen werden. Nach einer Regulierungsperiode kann neuerlich ein Effizienzvergleich oder ein alternatives dem Stand der Wissenschaft entsprechendes Regulierungssystem zur Ermittlung der Netznutzungsentgelte umgesetzt werden.
(4) Beeinflusst das vertikal integrierte Erdgasunternehmen die Kosten des Netzbetreibers durch Verrechnungen, muss der Netzbetreiber diese Kosten ausreichend belegen. Auf Verlangen der Regulierungsbehörde hat das vertikal integrierte Erdgasunternehmen die Kalkulationsgrundlage für die Verrechnungen vorzulegen.
(5) Zur Abdeckung der netzbetreiberspezifischen Teuerungsrate ist ein Netzbetreiberpreisindex zu berücksichtigen. Dieser setzt sich aus veröffentlichten Teilindices zusammen, die die durchschnittliche Kostenstruktur der Netzbetreiber repräsentieren.
(6) Zielvorgaben gemäß Abs. 2 sowie die netzbetreiberspezifische Teuerungsrate gemäß Abs. 5 wirken ausschließlich auf die vom Unternehmen beeinflussbaren Kosten. Nicht beeinflussbare Kosten sind insbesondere Kosten:
1. für die Nutzung funktional verbundener Netze im Inland sowie für den Verteilergebietsmanager;
2. für Landesabgaben zur Nutzung öffentlichen Grundes (Gebrauchsabgabe);
3. zur Deckung von Netzverlusten auf Basis transparenter und diskriminierungsfreier Beschaffung;
4. aufgrund gesetzlicher Vorschriften im Zuge von Ausgliederungen, welche dem Grunde nach zum Zeitpunkt der Vollliberalisierung des Erdgasmarktes mit 1. Oktober 2002 bestanden haben. Die näheren Kostenarten sind spätestens nach Ablauf von 3 Monaten ab Inkrafttreten dieses Gesetzes durch eine Verordnung der Regulierungskommission festzulegen.
(7) Die Kosten für die Bestimmung der Netznutzungsentgelte gemäß § 73 sind bezogen auf die jeweiligen Netzebenen auf Basis der festgestellten Gesamtkosten abzüglich vereinnahmter Messentgelte, Entgelte für sonstige Leistungen sowie der anteiligen Auflösung von passivierten Netzbereitstellungs- und Netzzutrittsentgelten zu ermitteln. Die festgestellten Gesamtkosten sind um vereinnahmte Förderungen und Beihilfen zu reduzieren.
(8) Sofern die angewandte Regulierungssystematik für ein- oder mehrjährige Regulierungsperioden gemäß Abs. 1 bis Abs. 6 einen Zeitverzug in der Abgeltung durch die Systemnutzungsentgelte bewirkt, können entsprechende Differenzbeträge im Rahmen des Jahresabschlusses aktiviert werden bzw. sind diese im Rahmen des Jahresabschlusses als Rückstellung zu passivieren. Die Bewertung der Posten richtet sich nach den geltenden Rechnungslegungsvorschriften."
3.2. Zu Spruchpunkt A) Beschwerden:
a) Fehlende Ermittlungen (im Lichte der VwGH-Rsp):
3. Die belangte Behörde hat sich, wie dargestellt, im vorliegenden Fall im Zusammenhang mit der Berücksichtigung der Kosten des von der Erstbeschwerdeführerin errichteten Teilstücks der XXXX nicht damit auseinandergesetzt, ob ein rationell geführtes, vergleichbares Unternehmen zumindest ein Verteilernetz für die nunmehr angeschlossenen Gemeinden des XXXX errichtet hätte, und hat daher die fiktiven Errichtungskosten einer regionalen Stichleitung nicht ermittelt.
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat hiezu in seinem Erkenntnis vom 18.09.2019, Ro 2018/04/0002-7, unter anderem Folgendes ausgeführt:
"XXXX
XXXX
XXXX
XXXX
XXXX
XXXX
XXXX
5. Hiezu ist Nachstehendes zu erwägen:
5.1. Gegenständlich fehlen die erforderlichen Ermittlungsschritte, um die vom VwGH als notwendig und damit fehlend gerügten Feststellungen betreffend fiktiver Errichtungskosten einer regionalen Stichleitung treffen zu können, zur Gänze. Die Ermittlungsschritte der belangten Behörde erweisen sich somit vor dem Hintergrund der höchstgerichtlichen Vorgaben als unzureichend, weshalb eine zurückverweisende Entscheidung geboten ist (vgl etwa VwGH 04.07.2016, Ra 2016/04/0014; 29.07.2015, Ra 2015/07/0034).
5.2. Hinzutritt, dass die Ermittlung der Kosten der Erstbeschwerdeführerin - auf dem Boden der nachzuholenden Ermittlungen - nicht nur ökonomischen Sachverstandes, welchen die belangte Behörde direkt im Haus hat, sondern insbesondere einer entsprechenden für diese ökonomischen Fragen zugeschnittenen kostenintensiven Software und zugehöriger Lizenzen, worüber die belangte Behörde gerichtsbekanntermaßen verfügt, bedarf, sodass auch im Interesse der Raschheit und aus Gründen der erheblichen Kostenersparnis eine diesbezügliche Ermittlung direkt durch die belangte Behörde indiziert ist.
b) Ermessensfehler:
6. Allerdings fehlen im Lichte der VwGH-Rsp nicht nur die dargestellten Ermittlungen, sondern liegen auch Ermessensfehler vor:
6.1. Die im Gaswirtschaftsrecht relevante Bestimmung ua für die Festsetzung des generellen Produktivitätsfaktors (Xgen) und von Anreizregulierungsfaktoren ist § 79 GWG 2011, wobei der belangten Behörde hinsichtlich der Festlegung der Werte ein Ermessensspielraum zugestanden wird.
6.2. Bei Ermessensentscheidungen ist die Behörde verpflichtet, in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensübung maßgeblichen Überlegungen und Umstände insoweit offen zu legen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfung der Ermessensentscheidung auf ihre Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes durch ein Verwaltungsgericht erforderlich ist (vgl VwGH 01.03.2016, Ra 2015/11/0106; 02.06.2016, Ro 2015/08/0030).
6.3. Erweist sich die behördliche Ermessensausübung als nicht im Sinne des Gesetzes erfolgt - was insbesondere auch der Fall wäre, wenn die für die Übung des Ermessens maßgeblichen Umstände nicht frei von Verfahrensmängeln oder unvollständig festgestellt wurden -, so ist das Verwaltungsgericht befugt, bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Entscheidung in der Sache selbst (§ 28 Abs 4 iVm § 28 Abs 2 VwGVG) eigenes Ermessen zu üben (vgl VwGH 02.06.2016, Ro 2015/08/0030; 26.07.2018, Ra 2017/11/0294).
6.4. Das gemeinsame Vorbringen der Beschwerdeführer (insbesondere die zugehörigen Ausführungen der XXXX und der XXXX ) zur mangelnden Begründung und damit zum Vorliegen eines Ermessensfehlers beim Festlegen des generellen Produktivitätsfaktors (Xgen) als auch des positiven (k1) Anreizregulierungsfaktors (und damit zwangsläufig auch des negativen (k2) Anreizregulierungsfaktors) sind von Erfolg getragen:
6.4.1 Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid den Xgen mit XXXX festgesetzt. Sie hat jedoch nicht ausreichend begründet, warum sie innerhalb der ihr zur Verfügung stehenden Bandbreite an mathematisch gleichwertiger Faktoren gerade diese Festlegung getroffen hat: Die belangte Behörde führt in diesem Zusammenhang lediglich an, dass sie den Xgen-Wert "nach Abwägung der Ergebnisse der erwähnten Gutachten und zahlreicher Diskussionen sowie der vorgebrachten Stellungnahmen" festgesetzt hat (vgl Seite 15f der Beilage ./2 des angefochtenen Bescheides). Damit bleibt sie aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts eine den gesetzlichen Erfordernissen genügende Darlegung ihrer Beweggründe schuldig.
6.4.2. Weiters hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid k1 mit XXXX und k2 mit XXXX festgesetzt. Durch die getroffene Festlegung des positiven Anreizfaktors k1 und des negativen Anreizfaktors k2 wird die Auswirkung des Anreizsystems nach oben mit EUR XXXX pro Jahr und nach unten mit EUR XXXX pro Jahr begrenzt. Das führt dazu, dass die Summe aller Zuschläge für effizientere Unternehmen jene aller Abschläge für minder effiziente Unternehmen um insgesamt EUR XXXX übersteigt, was wiederum zu einer zusätzlichen Anhebung des WACC (Weighted Average Cost of Capital bzw gewichtete durchschnittliche Kapitalkosten) führt. Die belangte Behörde lässt im angefochtenen Bescheid eine nachvollziehbare Begründung dafür vermissen, warum sie diese "asymmetrische Begrenzung" gewählt hat, insbesondere bleibt auch gänzlich unbegründet, aufgrund welcher Überlegungen die Höhe des positiven Überhangs (EUR XXXX pro Jahr) festgesetzt wurde (vgl Seite 13f der Beilage ./2). Damit bleibt die belangte Behörde aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts gleichermaßen eine den gesetzlichen Erfordernissen genügende Darlegung ihrer Beweggründe für die Festlegung der Werte k1 mit XXXX und k2 mit XXXX schuldig.
6.4.3. Vor diesem Hintergrund ist der belangten Behörde hinsichtlich der Festlegung des generellen Produktivitätsfaktors (Xgen) als auch des positiven (k1) und des negativen (k2) Anreizregulierungsfaktors ein Begründungsmangel und damit ein Ermessensfehler unterlaufen (vgl zum vorliegenden Ermessensfehler auch BVwG, XXXX ), der auf alle mit diesen Faktoren im angefochtenen Bescheid untrennbar verbundenen anderweitigen Parametern "durchschlägt" und sich in diesen fortsetzt.
6.5. Allerdings ist das erkennende Gericht - im vorliegenden Fall - nicht berechtigt, wie von der XXXX , der XXXX und dem betroffenen Unternehmen gemeinsam beantragt, nun sein Ermessen anstelle des behördlichen Ermessens zu setzen, weil hiezu eine der grundlegenden Voraussetzung, nämlich die Erfüllung des § 28 Abs 2 VwGVG fehlt; steht doch - wie zuvor unter dem Punkt "a) Fehlende Ermittlungen" gezeigt - weder der maßgebliche Sachverhalt fest noch ist die Feststellung desselben durch das Bundesverwaltungsgericht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden.
Damit ist ein Vorgehen nach § 28 Abs 4 VwGVG - zwingend - geboten, sind doch die erhobenen Beschwerden weder zurückzuweisen noch abzuweisen, noch § 28 Abs 2 VwGVG erfüllt, und steht dem BVwG diesfalls eine Sachentscheidung in keinem Fall offen (vgl insb VwGH 25.4.2018, Ra 2018/03/005: "Liegen [die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung nach § 28 Abs 2 VwGVG 2014] hingegen nicht vor, ist das VwG im Fall des § 28 Abs 4 VwGVG 2014 (also bei Überprüfung von Ermessensentscheidungen) zur Aufhebung und Zurückverweisung verpflichtet".).
c) Ergebnis:
7.1. Im Ergebnis ist spruchgemäß nach § 28 Abs 4 VwGVG vorzugehen.
7.2. Da keiner der Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides bisher in Rechtskraft erwachsen ist, fechten doch sowohl das betroffene Unternehmen als auch die XXXX den vorliegenden Bescheid in vollem Umfange an, steht es somit der belangten Behörde wieder offen, nach entsprechenden (nachzuholenden) Ermittlungen und ausreichender Darlegung ihrer Ermessensübung den angefochtenen Bescheid in faktischer wie in rechtlicher (auch ermessensausübender) Hinsicht abzuändern.
3.3. Zu Spruchpunkt B) Revision:
8. Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (VwGH 28.05.2014, Zl Ro 2014/07/0053).
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich. Die vorliegende Entscheidung folgt der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermessen, Ermessensausübung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W179.2226139.1.00Zuletzt aktualisiert am
04.06.2020